Beginn der Reise und die ersten Pässe in Österreich

Von belerad · 2. Juni 2022 ·
Kategorien:
  1. Seit dem Start der Reise ist nun fast ein Monat vergangen und ich möchte einmal die Ereignisse der letzten Tage zusammenfassen.

    Am 04.5. war der inoffizielle Start der Reise, an dem ich meine Sachen gepackt und mit allen was ich noch an Besitz hatte, vom Landkreis Haßberge, zu meinen Vater im Kreis Lichtenfels gefahren bin, entgegengesetzt der eigentlichen Route.
    Dort bin ich dann fünf Tage geblieben, um mich von den Strapazen der letzten fast 5 Jahre, sowie Long Covid zu erholen. Gut sechs Wochen vorher hatte ich es geschafft mich mit Corona zu infizieren. Während die eigentliche Erkrankung bei mir relativ harmlos war und ich außer Schlappheit und starken Husten keine Symptome hatte, hörte der Husten aber nicht auf. Noch während der Tour zu meinen Vater, bin ich aus dem Husten teilweise nicht mehr heraus gekommen. Auch hat mir einiges an Kondition gefehlt, die ich vorher mühsam antrainiert hatte.

    DSCF2079.jpg

    Zum Glück gibt es keinen Menschen bei dem ich mich so wohl fühle und mich so gut erholen kann, wie bei meinem Vater.

    Als es dann endlich weiter ging, war der Husten nur noch minimal und nur noch nach wirklich anstrengenden Passagen merkbar. So führte mich mein erster Weg noch einmal zurück zu Oma, um ein letztes Mal auf Wiedersehen zu sagen und schließlich zu meiner Tante um dort die erste Nacht zu verbringen.

    Frisch erholt ging es dann weiter, mit dem nächsten Ziel den Bodensee zu erreichen, wo ich meiner nächsten Tante Lebewohl sagen werde. Ausgemacht hatte ich, grob Freitags oder Samstags anzukommen, da ich mir keinen Zeitdruck geben wollte. Kaum bin ich aber losgefahren, kam schon die Nachricht meines Onkels, Grillen am Freitag. Wer mich kennt weiß, dass möchte ich nur ungern verpassen.

    340Km mussten also in vier Tagen gefahren werden, d.h. jeden Tag 85km zu radeln, wenn nichts dazwischen kommt. Also war das Ziel des ersten Tages mehr zu fahren, um zumindest einen Puffer zu haben. Am Ende des Tages standen 100km und über 1.000hm auf dem Tacho und ich hatte starke Probleme mit meinen Knie das den ganzen Tag geschmerzt hat. Auch wenn es in Franken keinen wirklichen Berge gibt, geht das ständige auf und ab doch schon extrem auf die Substanz. Ich war jedenfalls froh als ich endlich einen Schlafplatz neben einer Parkbucht einer Bundesstraße neben Rothenburg o.d.T. gefunden habe.

    Das nächste, etwas utopische Ziel des Tages war Ulm, was ich aber nicht geschafft hatte. Unterwegs bei Lauchheim wollte ich in der öffentlichen Toilette Wasser auffüllen, als ich peinlicherweise feststellen musste, dass ich in der Damentoilette stand, plötzlich umringt von einer Busladung älterer Damen einer Kaffeefahrt. Zum Glück haben die das mit Humor genommen und waren an meiner Reise sehr interessiert. Anschließend ging es hoch zur Kapfenburg, wo ich mich heute noch frage, welcher Idiot hat dem Fahrradweg mit einer solchen Steigung angelegt? Zum Zelten fand ich schließlich einen Platz neben einem alten, alleinstehenden Schuppen, in der Nähe von Herbrechtingen. Nachdem das Zelt stand stellte ich fest, dass ich direkt unter einer Überwachungskamera schlafen wollte, aber das war mir egal, ich war fertig.

    DSCF3350.jpg DSCF3390.jpg

    Früh um Sechs war das Zelt schon wieder zerlegt und ich saß auf dem Bock. Die Kamera war mir dann doch zu unheimlich. Kurz davor ist mir noch der Ständer gebrochen, was mich aber weniger stört.
    Heute waren es noch 140km bis ans Ziel und ich wollte es schön ruhig angehen lassen und als eigentliches Ziel des Tages lag mir der Bereich um Bieberach im Sinn. In Ulm, beim Dom, kam es dann schließlich zur nächsten Panne. Da ich das Fahrrad, um es abzustellen, immer an Pfosten heranfahren und heben muss, hab ich als „Griff“ den Sattel benutzt. Das war ein Fehler, da sich beim Sattel plötzlich die Spannschraube gelöst hat (Brooks Ledersattel) und ich diese nur mit viel Fluchen und herumprobieren, zumindest provisorisch festmachen konnte.
    Als ich schließlich in Bierbach angekommen bin und im Biebercenter noch schnell für Abendessen eingekauft hab, war das Ziel, nur noch durch die Stadt und anschließend Campinspot suchen. Natürlich traf ich in der Stadt eine nette Mitfahrerin, die sehr interessiert an meiner Tour war und mich 10km begleitet hat, bis sich unsere Wege getrennt hatten.
    Es war jetzt kurz vor 16Uhr und ich hatte nur noch 50km zu fahren und musste auch erst noch einen Zeltplatz finden. Das auf morgen schieben hatte also irgendwie keinen Sinn mehr und so hab ich die 140km bis zum Ende durchgezogen. Meine Tante hat Augen gemacht als ich ihr plötzlich das Ortsschild per Whats App geschickt hab.

    Dann kam erst einmal eine Woche am Bodensee. Neben viel guter Laune und viel leckerem zu Essen, hab ich mir auch ein paar sportliche Herausforderungen für die Woche ausgesucht, natürlich ohne dem Gepäck. So gab es eine Bodenseeumrundung, mit 280km an einem Tag, eine Fahrt auf den Gehrenberg sowie den „Höchsten“ und einige sonstige Fahren durch die Gegend.

    Nachdem eine wundervolle Woche herum war, musste ich aber weiter. Nicht das ich nicht mehr gern gesehen gewesen wäre, aber auch wenn man zeitlich relativ unbegrenzt eine Weltreise startet, muss man einige Prioritäten setzten, sonst kommt man nicht voran.

    DSCF3599.jpg DSCF3611.jpg

    So ging es am 21.Mai schließlich weiter, wenn auch erst spät um kurz nach drei. Österreich wollte ich an dem Tag noch erreichen und so weit wie möglich Richtung Feldkirch kommen. Kurz vor Dobrint war aber schon Ende, da ein Traumhafter Campinsport vor mir lag den ich auch nutzen wollte, bevor ich bis es Dunkel wird nach einen passenden Platz suche.

    Am nächsten Tag kam dann der erste Pass, das Furkajoch. Und mein Gott hab ich mir schwer getan. Der Anfang, mit frischen Beinen war noch schaffbar, bis nach Bad Laterns, wo die Steigung nochmal richtig angezogen hat und ich den Berg fast nicht mehr hoch gekommen wäre. Selbst kurz vor Ende, als nochmal ein einigermaßen gerades Stück kam, musste ich mich wirklich extrem quälen und ich machte dort nochmal eine Pause, bevor ich die letzten 150hm in Angriff nehmen wollte.
    Gefühlt mittendrin ging dann nichts mehr, ich wollte einfach nicht mehr trampeln. Also absteigen und schieben, was definitiv nicht besser war, aber ich war einfach zu erschöpft. Just in diesem Moment fährt ein Rennradler an mir vorbei und schreit mir zu: „Sitz auf, nach der nächsten Kurve ist es vorbei!“ Mein Stolz wurde sofort wachgerüttelt, "Die 50hm schaff ich doch wohl noch!". Also rauf auf den Bock und trampeln. Lass die Muskeln schreien wie sie wollen und auf gehts. Und ich habe es geschafft. Voller Inbrunst und Triumphgefühl ließ ich einen Freudenschrei los und hab mich sogleich mit dem Rennradler, den Peter getroffen und eine ganze Weile gequatscht.

    DSCF3727.jpg DSCF3723.jpg

    Nach einer kurzen Abfahrt nach Damüls sollte es das eigentlich gewesen sein. Ich dachte es geht nur noch bergab. Aber da sieht man mal wieder, dass der Marcus zu faul ist Karten ordentlich zu lesen. Nach dem Furkajoch, stand noch das Faschinajoch vor meinem Tagesziel. Nochmal 250hm zu +8% Steigung. Man hab ich gekotzt! Aber ich habe es, wenn auch mit einigen Pausen, geschafft. Das schöne an dem Pass war, er war besiedelt und oben an der Spitze standen Leute die einen zugejubelt und applaudiert hatten. Das war echt eine tolles Gefühl.
    Aber es war immer noch nicht vorbei. Das eigentliche Ziel des Tages war Brudenz. Und als ich, oben am Faschinajoch stehend nochmal das Höhenprofil der Strecke gecheckt hab, hab ich gesehen, dass noch einmal 500hm hochgetrampelt werden müssen. Ganz ehrlich gesagt: Leck Mich! So ging der Tag zu Ende, ohne das ich mein Ziel erreicht hab, war aber trotzdem überglücklich.

    Der Nächste Tag sollte nicht minder leichter werden. Klostertal und Arlbergpass standen auf dem Plan, auch wenn die Beine früh noch so schwer wie Blei waren. Leider, oder zu meinem Glück, hat sich aus dem prallen Sonnenschein des Tages, innerhalb von weniger als fünf Minuten ein Gewitter zusammengebraut und glücklicherweise stand ich zu dem Zeitpunkt direkt neben einem Campingplatz bei Klöstere, was ich natürlich ausnutzen musste.

    Als es schließlich weiter ging, war immer noch Regen gemeldet und das Wetter hat auch dementsprechend ausgeschaut. Aber es kam nicht ein Tropfen herunter. Auch der Pass war, wenn mit 1802m auch höher wie die davor, auch weitaus angenehmer zu fahren und ich hatte richtig spaß dabei. Noch besser war nur die Abfahrt, die am Anfang zwar steil war, aber schon ab der nächsten Ortschaft bis nach Innsbruck durchgehend leicht bergab ging. Einfach toll.

    DSCF3747.jpg DSCF3753.jpg

    Der nächste Stopp war im Zillertal, um kurz vor dem Gerlospass nochmal Luft schnappen zu können. Und was soll ich sagen, Traumwetter, Rückenwind und ein wirklich toll zu fahrender Pass, nimmt man die Autofahrer mal heraus. Einer hätte mich sogar fast erwischt. Rechts von mir Betonwand, Gegenverkehr in der Serpentine und der Depp versucht zu überholen und schneidet mich. Da waren keine 2cm zwischen ihm und meinen Vordertaschen. Man hab ich geflucht und geschriehen. Aber es war auch gleich wieder vergessen, da der Rest des Tage so wundervoll war.

    In Gerlos angekommen entschied ich meinen Instinkten trauend dazu, ab da der MTB Route zu folgen. War zwar viel anstrengender, aber dennoch viel angenehmer zu fahren, da kein Verkehr und viel näher an der Natur. Dem Instinkt hab ich nach erreichen des Gerlos Stausees weiter vertraut und bin dem MTB Weg herum um den See gefahren. Das waren zwar einige Höhenmeter extra, aber Man! Hat sich das gelohnt.
    Nach kurzer Einkehr im Finkauhaus, ging es dann weiter nach Wald im Pinzgau, wo ich eine Woche auf Verwandte von mir warten und einige Radtouren auf die Berge hier machen werde, bevor ich nach dem Wochenende mit der Verwandtschaft weiter Richtung Slowenien radeln werde.

    DSCF3830.jpg DSCF3869.jpg

    Über den Autor

    belerad
    Baujahr 1982, 30 Jahre Videospielgeschichte und jetzt Abstinent, gehe ich auf Weltreise und versuche Menschen mitzunehmen, die neben dem Zocken, auch auf wirkliches Abenteuer Interesse haben.
    Firewind und Matt Gore gefällt das.

Kommentare

Um einen Kommentar zu schreiben, melde dich einfach an und werde Mitglied!
Top