Warum Games Kunst sind

Von 8Lisa91 · 30. September 2014 ·
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  1. Was ist eigentlich Kunst?
    Es ist wohl nicht zu bestreiten, dass Kunst ein Thema sein kann, das bisweilen sehr subjektiv wahrgenommen wird. Dennoch gibt es bestimmte Attribute, mit denen man Kunst zumindest ansatzweise definieren kann.

    a) Kunst besitzt einen ästhetischen Wert.
    b) Kunst löst etwas aus.
    c) Kunst übermittelt eine Botschaft.
    d) Kunst spricht die Sinne an.

    Punkt a) ist wohl in Zusammenhang mit Games leicht zu beschreiben - und das in nur einem Wort: Grafik. Das erst kürzlich erschienene "The Vanishing of Ethan Carter" ist hier wohl ein passendes Beispiel. Mit neuester Technologie wird eine Spielwelt geschaffen, die aussieht, als hätte man sie aus einem Reise-Katalog abfotografiert! Aber nicht nur das, eher gesagt wird eine interaktive Postkartenidylle zum Schauplatz der Handlung und führt den Spieler auf eine Erkundungstour, die sich erstaunlich real anfühlt. Auch das in der Produktion teure "Destiny" und das schon etwas "betagtere" "The Last of Us" dienen als Beispiele für grafisch hochwertige Spiele, die einen gewissen ästhetischen Wert besitzen, der das Auge und somit auch das Spielerherz erfreut. Hier kommen wir wieder zum Thema zurück: Kunst erfreut das Auge.
    Aber nicht nur durch neueste Technologien werden ästhetische Bilder geschaffen. Vor allem Indie-Entwicklier, die zumeist nicht viel Budget zur Verfügung haben, erzeugen durch oft überraschend einfache Mittel äußerst faszinierende Spiele. "Limbo" wäre hier ein Beispiel, das in schwarz und weiß gehalten wird und dadurch eine Stimmung der Melancholie übermittelt und eine ganz eigene Ästhetik mitbringt. Auch im Schwarz-Weiß-Look und ebenso faszinierend erscheint das neue Horrorspiel "Neverending Nightmares". Allerdings kommen hier auch Farbtupfer zum Einsatz, die Dinge, mit denen man interagieren kann, hervorheben. Auf den ersten Blick sieht die Grafik aus, als bestünde sie nur aus einfachen Bleistiftskizzen, doch sobald man das Spiel startet und sich die Bilder beginnen zu bewegen, offenbart sich der vollkommene künstlerische Wert dieses Games, der auf ganz eigene und einfache Weise besticht.
    (Natürlich gibt es noch viele weitere Beispiele.)

    Aber was bringt die schönste Grafik, wenn der Rest des Games nicht mitzieht?
    Punkt b) und Punkt c) klingen auf den ersten Blick ziemlich ähnlich, doch geht es in erster Linie darum, dass zum einen etwas erweckt wird, was schon da ist und zum anderen, dass etwas geschenkt wird, was davor gefehlt hat.
    Hier rücken vor allem Handlung, Charakterzeichnung und erzählerische Elemente in den Vordergrund, die Gefühle beim Spieler auslösen. Punkt c) bezieht sich nicht auf Moral oder Ethik (die natürlich trotzdem übermittelt werden können), sondern viel mehr auf eine Empfindung, die einen unter Umständen aufrüttelt und einen etwas erleben lässt, was man davor noch nicht kannte.
    Wer kennt nicht dieses eine Spiel, das einen zum ersten Mal staunend zurückließ, einen in fremde Welten entführte, von denen man nicht einmal hätte träumen können? Wer erinnert sich nicht an dieses eine Spiel, dessen Handlung einem die Tränen in die Augen trieb und dessen Charaktere so wohl vertraut geworden waren, als wären sie Freunde oder gar Geschwister?
    Für jeden besitzt ein anderes Spiel solch eine Bedeutung. Und jeder nimmt Kunst anders war, aber heißt es nicht "Kunst liegt im Auge des Betrachters"? Kunst kann eine ganz schön emotionale Angelegenheit sein, die den Einzelnen so tief erschüttern kann, dass er nicht genau weiß, woher diese Emotionen jetzt genau kommen. Diese Empfindungen sind jedoch von Person zu Person unterschiedlich und lassen den einen kalt, wo sie den andern begeistern. Genauso ist es mit Games: die einen sind fasziniert, die anderen können damit nichts anfangen. Doch bei denen, die es können, werden die unterschiedlichsten Empfindungen ausgelöst.

    Ebenso sind Games sinnlich. Sehen, Hören, Fühlen. Ein gutes Spiel hat eine Soundkulisse, die zu den Bildern passt. Dieses Zusammenspiel erzeugt eine Stimmung, die den Spieler etwas fühlen lässt. Sei es nun Spannung, Freude, Trauer. Sogar Vibrationen in diversen Controllern und Gamepads werden eingesetzt, um den Effekt noch zu verstärken oder zu untermalen.

    Games erfüllen all diese Eigenschaften, mit denen auch Kunst in anderen Bereichen, sei es nun in Bildern oder Gemälden, in Filmen, Literatur, Musik oder anderen Genres, definiert wird. Kunst lässt sich in vielen Bereichen unseres Lebens finden und Games zählen definitiv dazu :)

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    8Lisa91
    Schreiben, Kino, Games&Medien, Kultur

Kommentare

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  1. -zwecki-
    Hmm, wie gesagt, ich kann eure Sichtweise schon verstehen.

    Dennoch wirft das dann einige Fragen auf. Wo setzt man die Grenze? Was sind die Anforderungen an Kunst? Kann man das überhaupt objektiv beurteilen? Vermutlich nicht.

    Ich würde ein Spiel nicht nur als Übertragungsmedium sehen und finde auch, dass man das nicht so einfach mit einem Blatt Papier vergleichen kann. Auch die Gameplay-Mechaniken eines Spiels beispielsweise sind das Ergebnis eines kreativen Prozesses, ein Blatt Papier dagegen erfordert in der Herstellung nicht wirklich viel Kreativität. Ein Film wäre nach eurer "Definition" von Kunst ja dann auch nur Übertragungsmedium.

    Im Endeffekt ist es eben, wie gesagt, sehr subjektiv, was man als Kunst betrachtet und was nicht.
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  2. HappyPhilXD
    Für mich nehmen Spiele den selben Platz wie Filme oder Bücher ein. Man erlebt eine Geschichte. Und das Beste an Spielen ist dass ich es nicht nur lese oder sehen, sondern ICH erlebe und agiere in dieser Geschichte, und das sogar meistens so wie ich will.
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  3. Bastius
    Ich habe keine Definition von Kunst, ich wollte nur den ganzheitlichen Aspekt reinwerfen. Aber ich verstehe auch, dass es ein herausragendes Merkmal(Story, Grafik oder was auch immer) geben kann, welches in uns das Gefühl auslöst, ein Kunstwerk vor uns zu haben. Aber für mich darf dieses eine Merkmal nicht vom Rest des Spiels tangiert werden. Genau hier sehe ich aber das Problem der meisten Spiele.

    Vermutlich ist das, was uns dazu bringt, etwas als Kunstwerk zu bewerten, nicht nur subjektiv, sondern auch unserem Verstand nur lückenhaft zugänglich und deshalb nicht verbalisierbar.
  4. 8Lisa91
    Wow, ich bin echt überrascht über die rege Diskussion hier :D als ich gerade hier rein geschaut habe, dachte ich anfangs, ich hätte mich verlesen, als da "18 Kommentare" stand :D
    Erst einmal danke für eure Meinungen und Kommentare! :)
    Man merkt gleich, dass die Meinungen hier ziemlich auseinander gehen und das finde ich gut :) Das Ganze ist eben eine sehr subjektive Sache und wirklich jeder Kommentar hatte einen interessanten Gedanken, der es wert war, einmal darüber nachzudenken! ;)
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  5. Bethoniel
    Da muss ich HAL9000 zustimmen. Dazu kommt dann noch die Krux das in Meinen Augen etwas von dem nur Teile die Anforderungen an die Kunst erfüllt, nicht das gesamte Werk ein Kunstwerk sein kann. Zumal das ein Spiel ja aus vielen Einzelteilen besteht, anders als ein Buch, ein Bild oder Musik. Ein Spiel besteht Grob gesagt aus Musik, einer Geschichte und Bildern (Texturen). Alles für sich genommen kann Kunst sein, aber das Spiel selbst ist nur das Übertragungsmedium, ähnlich wie das Papier nur das Übertragungsmedium für die Geschichte oder das Bild ist.

    Wer sagt Spiele seien ein Kulturgut, da kann ich schon eher zustimmen (obwohl ich da auch Einschränkungen sehe). Aber sie als Kunst zu sehen, da tue ich mich schwer.
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  6. HAL9000
    So wie ich sie betreibe vermutlich nicht ;)

    Es ging hier aber eher um den Unterschied zwischen einem maschinell bedruckten Stück Papier und dem was z.B. ein Pablo Picasso daraus machen konnte. Wenn ich ein Gemälde fotokopiere, dann ist die Fotokopie als solches auch keine Kunst, sondern nur ein Abbild derer.

    Dann sind wir aber schnell an dem Punkt, wo alles Kunst ist, was "künstlich" ist und es würde mir das Wort für das besondere, hervorstechende, von Menschen geschaffene, schlicht die hohe Stufe des Handwerks fehlen.
  7. -zwecki-
    Ich respektiere deine Meinung, sehe das aber ganz anders. In meinen Augen kann auch ein Auto und auch ein OS oder eine Anwendung Kunst sein, zumindest in Teilen. Man darf ja auch nicht vergessen, wo das Wort Kunst ursprünglich herkommt. Die eigentliche Bedeutung ist ja auch viel weitreichender als die heute geläufige.
  8. Yeager
    Interessanter Blog, 8Lisa91 - aber ich befürchte, dass es nicht so leicht ist mit der Kunst.
    Laut deiner Eingangsdefinition fiele z.B. auch Schokolade darunter ;-).

    Ich sehe es ähnlich, wie es hier schon beschrieben wurde: Kulturgut auf jeden Fall, Kunst? Vielleicht in einigen, zudem seltenen Fällen, sonst aber eher nicht. Andererseits kommt es auch darauf an, WER das defniert: Ein Künstler hätte vielleicht gesagt, Kunst sei einfach alles.

    Übrigens sehe ich dies losgelöst von der Zensur-Debatte, die ich, so wie sie geführt wird, nicht völlig nachvollziehen kann. Wenn ich 18+ bin und dann noch zensierte Sachen vorgesetzt bekomme, stimmt etwas am System dahinter nicht.
  9. Jabor08
    Moment, sagst du gerade dass Fotografie keine Kunst ist? :O
  10. HAL9000
    Meiner Meinung nach können Spiele in Ihrer Gesamtheit keine Kunst sein.

    Wenn ich auf ein Blatt Papier ein Foto drucke, ist es auch keine Kunst. Wenn jedoch ein begabter Maler eine Landschaft darauf verewigt und mit seiner Begabung und Kreativität etwas Einzigartiges erschafft, ist es Kunst.

    Mit Spielen ist es ähnlich. Man sollte hier zwischen Handwerk und Kunsthandwerk unterscheiden. Die Ubisoft-Formel ist ein gutes Beispiel dafür, was ein lediglich handwerklich gutes Spiel ausmacht. Das kann trotzdem sehr viel Spaß machen, ist aber eher mit einer maschinellen Fertigung zu vergleichen, die Kreativität der Entwickler wird sehr stark dadurch eingeschränkt, was Marketinganalysen und Effizienzvorgaben zur Gewinnoptimierung diktieren.

    Für mich beginnt Kunst eben schon bei der Herstellungsart und dafür fehlt mir die Auflistung von Originalität als Kriterium. Ein wunderschönes Spiel, dessen Spielwelt per Random-Seed erzeugt wurde, kann keine Kunst sein, wenn doch wäre Kunst beliebig reproduzier- und maschinell generierbar.

    Zusätzlich würde ich die einzelnen Elemente (Grafik, Audio, Narration, Spielmechanik) zunächst getrennt betrachten, zumindest bei den ersten 3 dürfte die Kunstdefinition nicht schwer fallen, bevor man das Spiel im Gesamten als Kunst sieht (was erheblich schwieriger ist).

    Wenn keines dieser Elemente einem Originalitätsanspruch genügt, fällt es mir schwer, dieses als Kunst zu betrachten. Das übliche Call of Duty - Beispiel passt hier relativ gut.

    Abschließend kann ich nur zustimmen, dass Kunst etwas subjektives ist und andere Ansichten absolut gerechtfertigt sind.
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