Eine Kurzgeschichte mit einem zu langen Titel

Von Yeager · 1. September 2015 · Aktualisiert am 1. September 2015 ·
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  1. Einstein, Mozart, Elvis und Bogart in einem Raum mit einer Tür, hinter der Ziegeln sind



    Einstein zupte sich sein wirres Haar zurecht, während Elvis ihn grinsend dabei betrachtete.
    "Hey, was soll'n das hier bringen? Schöner als ich wirste eh nicht werden."
    Der Weisshaarige blickte ihn genervt an und entgegnete darauf:
    "Schönheit ist einzig eine Frage des Geistes. Also wieso kommst ausgerechnet du dann dazu mitreden zu wollen beim besagten Thema?"
    Elvis machte Anstalten von seinem Stuhl am Tisch aufstehen und zu Einstein gehen zu wollen, der gegenüber saß. Um den Rest der Unterhaltung non-verbal auszutragen.
    "Würden die Herren die Freundlichkeit besitzen mit dieser profanen Auseinandersetzung aufzuhören? Dies ist nicht schicklich und bringt uns in unserer vermaledeiten Angelegenheit keinen Deut weiter." entgegnete Mozart, der sich bisher rausgehalten hatte und fortwährend im Zimmer auf und ab schritt, grübelnd.
    Bogart nickte mit seinem Dackelblick Mozart wohlwollend zu.
    Er saß etwas abseits vom Rest auf einem Stuhl nahe der Tür und rauchte eine Zigarette.
    Die nicht kürzer wurde mit der Zeit.
    Er räusperte sich und sagte:
    "Unsere Nerven liegen blank. Wir sind zu lange hier und fangen an, uns gegenseitig auf die Eier zu fallen."
    "Ja, ja, so ist es." bestätigte ihn Einstein.
    Elvis lehnte sich zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und fragte Bogart:
    "Und? Biste dahinter gekommen, was wir hier machen, warum wir hier sind? Ich nämlich noch nicht."
    "Hätte ich auch nicht für im Bereich des Möglichen erwartet.", spöttete Einstein, erntete aber daraufhin einen finsteren Blick von Mozart, der seinen Gang unterbrochen hatte.
    "Lieber Herr Einstein, es reicht! War das deutlich genug?"
    "Ist ja gut", beruhigte Albert ihn.
    "Also fassen wir nochmal zusammen, wie es einer der Detektive, die ich mal gespielt habe, getan hätte, " begann Humphrey Bogart.
    "Wir haben hier zwei Schauspieler, von denen aber nur einer Sänger ist, einen Komponisten, der aber nie geschauspielert, noch selbst gesungen hat und einen Wissenschaftler, dem beides nicht zusagt. Drei der vier haben von der Thematik des Wissenschaftlers, die ihn auszeichnet no idea, der Sänger kann nicht wirklich komponieren. Drei stammen aus dem 20. Jahrhundert, einer aus dem 18. Alle müssten eigentlich tot sein. Falls wir jetzt das 21. Jahrhundert haben, wobei niemand von uns weiss, woher wir das wissen. Oder wissen können. Zwei von uns starben im mittleren Alter, einer wurde alt, einer verstarb in jungen Jahren. Also, wo sind die Zusammenhänge?"
    Bogart blickte fragend jeden Einzelnen an. Einstein legte seine Stirn in Falten und kaute auf seiner Pfeife herum, nickte zwar, sagte aber nichts. Elvis sass immer noch mit verschränkten Armen am Tisch und zuckte mit den Achseln. Mozart stand im Raum und blickte ebenfalls fragend auf die Gesichter seiner Zimmergenossen.
    "Es wäre noch hinzu zu fügen", sagte Wolfgang Amadeus Mozart, "dass die Räumlichkeit, die wir hier in unserer unlustigen Gesellschaft miteinander zu teilen genötigt sehen, offenbar in abstruser Weise nicht die Form besitzt, wie entsprechende, an jene wir uns erinnern können, besaßen."
    "Junge, mach's nicht so kompliziert. Los, Albert, ist doch dein Thema, sag was dazu. Der Raum, in dem wir sind hat kein "Aussen", richtig?" entgegnete Elvis Presley nörgelnd.
    "Ausnahmsweise hat unser Schönling mal was Kluges festgestellt" sagte Einstein, erntete daraufhin sowohl von Elvis, als auch von Mozart warnende Blicke, die er aber vorgab zu übersehen, stand auf, ging durchs Zimmer, an Mozart vorbei und blickte dabei zu Boden, grübelnd. Dann nahm er die Pfeife aus dem Mund und sagte:
    "Wie es aussieht sind wir in einem künstlichen Universum gefangen. Ein AUSSEN ist nicht definiert. Und genauso umgesetzt. Das sollte uns nicht weiter verwundern. Es ist exakt, wie wir es aus unserem Universum kennen, in dem wir zu Lebzeiten verweilten."
    "Ja, alter Mann", sagte Bogart, "aber was soll die Tür? Warum ist sie da? Wir machen sie auf und sehen dahinter Ziegeln. Wozu also eine Tür, wenn sie doch kein Ausgang ist, sondern zu einer Wand führt?"
    "Das ist die Frage. Vielleicht sind wir Opfer einer Art Gottheit. Die über zugegeben schlechten Humor verfügt. Oder dies ist das Leben nach dem Tode. Vielleicht das Fegefeuer. Und wir sind hier, um über unsere Sünden zu grübeln um einstweilen bessere Menschen zu werden. Damit wir in den Himmel kommen. Wobei mich diese ganzen Begrifflichkeiten etwas stören, besonders, deren naturverbundene Herkunft. Was allerdings ebenfalls zum Leidensaspekt des Fegefeuers dazugehören mag. Nein, falsch. Dies gelte nur für mich, ist keine plausible Erklärung für euch." entgegnete Einstein und verfiel wieder ins Grübeln.
    Niemand sagte etwas.
    Mozart durchbrach die Stille, die sich nun im Raum breit gemachte hatte:
    "Angenommen es ist so. Angenommen, wir sind in einer Art unseeligem Unfriedenszustand hier überein gekommen. Wo liegt dann die Verbindung zwischen uns? Warum jene Konstellation wertester Herren? Warum gibt es keine Damen?"
    "Na, das ist dann ja wohl logisch", begann Elvis. "Die würdeste wohl kaum im Fegefeuer oder in der Hölle erwarten. Oder ist einer von euch schwul?"
    Alle schüttelten den Kopf, Mozart jedoch erst, nachdem er ein Weilchen sinnierend über die Frage nachgedacht hat.
    "Du machst mir Angst, Amadeus." sagte Bogart daraufhin, dem der zeitliche Versatz von Mozart nicht entgangen war. Mozart lief geringfügig rot an in seinem ansonsten recht bleichen und gepudertem Gesicht.
    "Es ist nicht so, wie Sie denken."
    "Schon gut, glaub, will gar keine Details wissen." sagte Bogart und zog wieder Rauch aus seiner Zigarette an. Er schaute sie sich kurz in seiner Hand an und sprach abermals:
    "Und warum gehen weder deine Pfeife, Albert, noch meine Kippe hier aus?"
    Einstein zeigte mit dem Zeigefinger auf Bogart.
    "Richtig. Dies stört mich ganz besonders. Das hatte ich ganz vergessen. Es verstösst gegen irgendein physikalisches Gesetz, welches genau, müsste ich allerdings nachschlagen und ich habe ja hier keine Bücher. Vielleicht ist es doch das Fegefeuer!"
    "Jungs" begann Elvis, "wie lange sind wir eigentlich schon hier? Ich habe keine Uhr, wie ich sehe, ihr auch nicht. Jemand wenigstens ein Feeling? 'N paar Stunden? Sind's Tage? Jahre?"
    "No idea" sagte Bogart, die anderen beiden schüttelten den Kopf.
    "Also, wir stellen fest, der Komponist ist nicht imstande, sich auf die Gegebenheiten einen adäquaten Reim zu machen. Noch ist dies beim Sänger, auch nicht beim Acteur der Fall. Was mich erstaunt, ist, dass unser Existenzialphilosoph dies auch nicht kann, bei allem relevanten und höflichkeitsgebietendem Respekt." fasste Mozart zusammen.
    Einstein wirkte verärgert.
    "Wieso? Warum sollte ausgerechnet ich das besser können, als ihr?"
    "Weil du dich mit so'nem Scheiss immer beschäftigt hast, Boy" antwortete ihm Elvis.
    "Es ist kein SCHEISS, mit dem ich mich beschäftigt habe - und hat mit DIESER Angelegenheit höchstens peripher zu tun."
    "Peripher", klinkte sich Bogart ein, "aber mehr, näher dran, als beim Rest von uns. Vielleicht bist du der Key. Vielleicht bist du auch der Einzige, der vorgibt diese Figur zu sein. Und in Wirklichkeit bist du einer von IHNEN"
    "Ihnen?" fragte Mozart.
    "Naja, einer von denen, denen wir den Schlamassel hier zu verdanken haben."
    "Ich bin empört über diese Anmaßung!" echauffierte sich Einstein.
    "Wie kannst du es wagen? Denkst du, ich wäre glücklich hier? Es gibt hier keine Tafeln, keine Schreibutensilien. Und meine Gesprächspartner verstehen von Kosmologie nicht das Geringste. Sind wahrscheinlich sogar noch schlechter im Kopfrechnen, als dies bei mir schon zutrifft, was etwas heissen mag. Also alles andere, als eine zufriedenstellende Hilfe oder ein netter Zeitvertreib für mich."
    "Kann jeder sagen", sagte Elvis. "Kannst du es beweisen, dass du der bist, für den du dich ausgibst?"
    "Nein. Und du? Kannst DU es beweisen? Wohl kaum, oder? Niemand von uns kann das. Also sollten wir solcherlei abenteuerliche Betrachtungen gar nicht erst anstellen."
    Wieder entstand eine Stille im Raum.
    Die abermals Mozart durchbrach:
    "Nun gut, aber was sollen wir dann tun?"
    "Das weiss ich auch nicht. Weiter nachdenken. Vielleicht braucht es Zeit, bis wir eine Lösung finden. Und an Zeit - daran scheint es hier ja nicht zu mangeln" entgegnete Einstein und zeigte dabei auf seine Pfeife, die immer noch rauchte und niemals aus ging. Mozart setzte sich nun ebenfalls an den Tisch und liess den Kopf sinken.
    Bogart lehnte sich auf seinem Stuhl wippend gegen die Wand und zog weiter an seiner Zigarette. Elvis blickte nachdenklich mit vor der Brust verschränkten Armen vor sich hin. Und Einstein zupfte sich wieder an seinem Haar.
    Hinter der Tür waren Ziegeln.
    Der Raum war geschlossen und fensterlos.
    Zeit schien nicht zu vergehen oder nicht messbar zu sein.
    Es musste das Fegefeuer sein, dachten, voneinander unabhängig alle.



    "Computer, hier bitte abspeichern und runterfahren", sagte die fünfzehnjährige Nicole.
    Der Rechner tat, wie ihm befohlen wurde und sie stand auf und ging ins Bad, liess sich Wasser in die Wanne ein.
    Es war ihr erster Schulferientag und ihr war jetzt schon langweilig.
    Immerhin konnte man sich etwas die Zeit vertreiben am PC und
    glücklicherweise wurde vor ein paar Jahren die künstliche Intelligenz erfunden.
    Es machte einfach Spaß zu schauen, was passiert.
    Sie würde die Psychostudie des ungleichen Quartetts noch ein Weilchen laufen lassen. Bisher blieben sie noch relativ ruhig, aber früher oder später würden sie sich an die Gurgel gehen.
    Ob Einstein Elvis erschlägt?
    Mit seiner Pfeife?
    Oder Bogart von Mozart verführt wird?
    Nein, Letzteres war unwahrscheinlich.
    Naja, als nächstes würde sie den Raum verkleinern, die Tür entfernen und die KI hinzuladen, deren Profildatei sie letztens downgeloadet hatte.
    Wird sicher ein Riesenspaß werden zu schauen, wie die vier darauf reagieren.
    Auf Marilyn Monroe.







    (c) Yeager

    Über den Autor

    Yeager
    Chuck Yeager durchbrach als erster Mensch die Schallmauer.
    <br/>Ich stolperte über seinen Namen als damals noch kleiner Junge beim Gucken von "Der Stoff aus dem die Helden sind".
    <br/>Sein Name gefiel mir, wurde zum Nick und blieb es.

Kommentare

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  1. Yeager
    Gut erkannt :)
    Es gibt noch einen zweiten Bezug, eine Star Trek - Folge (STTNG), in der Picard nebst anderen entführt wird.

    Danke :)
  2. der.Otti
    Ist die Story ein wenig von Sartres "Geschlossene Gesellschaft" inspiriert? Hat mich nämlich stark daran erinnert, frei nach dem Motto "Die Hölle, das sind die 15-jährigen SIMS-Spieler(innen)!"

    Ansonsten aber wieder mal ein sehr schöner Blog, das Resort ist auch mal in meine Lesezeichenleiste gewandert.

    Gruß, Otti
  3. Yeager
    Hi, Ryuzaki.

    Es ging um die Reflektion, was und wie der Mensch ist.
    Oder zumindest sein kann. Wie wir mit einer "echten" KI wohl umgingen - genauso wie bei SIMS nämlich.

    Die Story ist von mir, ich würde keine fremden Stories uploaden, schon allein wegen Urheberrecht. Es gibt noch mehr, ich bin Teilzeit-Schriftsteller, aber diese ist eine mit Game-Bezug, daher stellte ich sie auch hier rein.

    Wer Bock auf mehr (Gratis-Stories) hat:
    https://fan-resort.com/ao/index.php
      3 Person(en) gefällt das.
  4. Ryuzaki
    Unterhaltsame Geschichte aber irgendwie verstehe ich den Sinn von dem Block nicht so ganz.
    Gibt es hierzu einige Hintergrundinfos? Hast du dir die Story selber erdacht oder entstammt der Text aus einem Buch, Film etc... ?

    Bitte hier um Aufklärung.

    Grüße
      2 Person(en) gefällt das.
  5. Yeager
    :)

    Lies mal "Good Game", könnte dir evtl. auch gefallen.
  6. Tsabotavoc
    Fand ich schon im Resort sehr cool :)
      1 Person gefällt das.
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