In wenigen Tagen ist es soweit, dann werden am Sonntag, den 28. Februar 2016, wieder einmal die Academy Awards verliehen (ab 23:05 deutscher Zeit beginnt auf Pro7 die Vorberichterstattung). Auch in diesem Jahr möchte ich mit euch meine Prognosen zu den einzelnen Kategorien teilen. Dabei sei angemerkt, dass ich nicht auf jede Kategorie gleichwertig oder überhaupt eingehen kann, da ich nicht immer alle relevanten Filme gesehen habe.
In diesem Jahr wird sich wohl die breite Masse vor allem fragen, ob denn Leonardo DiCaprio mit seiner 6. Nominierung - das 4. Mal als bester Hauptdarsteller - nun schlussendlich den begehrten Goldjungen mit nach Hause nehmen darf. Auch auf meine Einschätzung seiner Chancen werde ich zu gegebener Zeit natürlich eingehen.
Ich habe vor kurzem einen Blogeintrag verfasst, in dem ich auf einige Gründe einging, warum er bisher noch nicht gewann. Interessierte klicken einfach hier!
Bester Film
Beginnen wir aber zunächst mit der Hauptkategorie. Jedes Jahr werden hier bis zu 10 Filme nominiert, dieses Jahr entschied man sich für nur 8. Die Nominierten in dieser Kategorie sind The Big Short, Bridge of Spies, Brooklyn, Mad Max: Fury Road, Der Marsianer, Raum, The Revenant und Spotlight. Bis auf Brooklyn habe ich hier auch alle Filme gesehen.
In The Big Short geht es um die Entstehung der großen Finanzkrise Ende der 2000er und vor allem um ein paar Leute, die diese vorhersehen konnten. Obwohl das Thema potentiell eher langweilig und unverständlich für den normalen Zuschauer ist, schafft es der Streifen, durchweg interessant und unterhaltsam zu bleiben. Dabei wird an einigen Stellen die vierte Wand durchbrochen und direkt mit dem Zuschauer kommuniziert, um einige komplizierte Sachverhalte von bekannten Stars, die nichts mit dem eigentlichen Thema zu tun haben, erklären zu lassen. Das lockert die Thematik auf und sorgt für ein paar kleine Lacher. Ich würde dem Film jedoch eher geringe Chancen auf den Preis attestieren.
Bridge of Spies ist ein historisches Drama in der Zeit des kalten Krieges und erzählt die Geschichte des russischen Spions Rudolf Abel und seines Pflichtverteidigers James Donovan. Der Film weiß mit tollen Bildern zu überzeugen und ist Steven Spielbergs bestes Werk seit langer Zeit. Er kann die Spannung über die gesamte Laufzeit halten, auch dank seiner Protagonisten. Vor allem Mark Rylance weiß zu überzeugen, aber auch ein Tom Hanks muss sich natürlich nicht verstecken. Die Geschichte ist Spielberg-typisch nicht sonderlich komplex, dafür aber konsequent erzählt. Für einen Oscar wird es meiner Meinung nach trotzdem nicht reichen.
Brooklyn habe ich, wie gesagt, noch nicht sehen können. Es handelt sich hier um ein historisches Drama. Wie gut der Film ist, wage ich nicht, zu beurteilen, ich gehe aber davon aus, dass er durchaus geringe Chancen hat, den Award zu gewinnen.
Dass Mad Max: Fury Road überhaupt nominiert wurde, ist bereits eine Auszeichnung für diesen Film. Er unterscheidet sich von allen anderen Nominierten in dieser Kategorie durch die Simplizität der Geschichte, die er erzählt. Dieser Film zeichnet sich eher durch handwerkliche und technische Aspekte aus als durch die Thematik, die er bespricht. George Miller schafft es hier, die Essenz eines 80er Jahre Action Films zu konservieren, aufzubereiten und in die heutige Zeit zu übertragen. Der Streifen bietet handgemachte Effekte, tolle Kamerafahrten, schöne Bilder und einen bombastischen Sound. Ich würde ihm jeden erdenklichen Erfolg gönnen, für den Sieg in dieser Kategorie wird es aber kaum reichen.
Der Marsianer basiert auf dem gleichnamigen Roman und erzählt die fiktive Geschichte des Astronauten Mark Watney, der auf dem Mars "vergessen" wird und dort überleben muss. Das klingt zwar eher nach einem ernsten Drama, der Film kommt aber eher witzig, erfrischend und leicht verdaulich daher. Bei den Golden Globes wurde er sogar als Komödie eingereicht und gewann dort die Kategorie "Bester Film – Komödie oder Musical". Der Streifen weiß durchweg gut zu unterhalten und sorgt für gute Laune beim Zuschauer. Zudem liefern die Darsteller gute Leistungen ab, allen voran natürlich Matt Damon. Ich würde dem Film geringe Chancen in dieser Kategorie einräumen.
Raum ist ein Drama, in dem es um eine junge Frau und ihren fünfjährigen Sohn geht. Die Protagonistin ist von einem Mann, den sie nur als "Old Nick" bezeichnet, vor 7 Jahren in seinem Schuppen eingesperrt worden. Wie diese kurze Beschreibung der Ausgangslage bereits vermuten lässt, handelt es sich hier eher um schwer verdauliche Kost, die sich mit unserer Wahrnehmung der Welt beschäftigt und wie sich diese, je nach Situation, wandeln kann. So gibt es für den kleinen Jungen, der nur den Schuppen kennt, in dem sie sich befinden, keine Welt außerhalb des Raumes. Obwohl der Großteil des Films nicht im namensgebenden "Raum" spielt, bleibt die Geschichte durchweg spannend. Ich glaube nicht, dass es für den Award reicht, aber ein paar Chancen hat der Streifen durchaus.
Bei The Revenant handelt es sich um einen Historien-Western-Thriller, der auf dem Roman "Der Totgeglaubte" von Michael Punke basiert und die Geschichte des Trappers Hugh Glass erzählt. Einige der größten Talente in Hollywood arbeiteten an diesem Film mit und das merkt man auch. Die Bilder, die Emmanuel Lubezki hier einfängt sind schlicht großartig. Man könnte den Film gefühlt an jeder Stelle pausieren und das Ergebnis wäre jedes Mal zum Wallpaper geeignet. Leonardo DiCaprio und Tom Hardy wissen in den Hauptrollen zu überzeugen. Der Film kommt mit sehr wenigen Worten aus und ist angenehm entschleunigend, aber dennoch extrem intensiv. Gerade die Bärenszene bleibt einem hier besonders in Erinnerung. Insgesamt ist für mich in diesem Jahr an diesem Film kein Vorbeikommen und er geht in meinen Augen als klarer Favorit ins Rennen.
In Spotlight dreht sich alles um ein Team von Journalisten der Zeitung "The Boston Globe", welches den sexuellen Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche in Boston aufdeckt. Der Film lebt von seinem Cast und der kann sich durchaus sehen lassen. Mit Marc Ruffalo, Michael Keaton, Rachel McAdams und Co. hat man einige bekannte und zum Teil geschätzte Gesichter an Bord, die auch durch die Bank weg gute Leistungen liefern. Glücklicherweise verlässt sich der Streifen nicht allein auf seine Darsteller, sondern erzählt seine interessante Geschichte auf packende Art und Weise. Die besten Szenen sind nicht etwa irgendwelche herzzerreißenden Geständnisse, sondern eher die, in denen sich den Protagonisten langsam aber sicher das erschreckende Ausmaß dessen offenbart, was sie recherchieren. Ich glaube, dass man sich hier einige Chancen ausrechnen darf, gewinnen wird man aber wohl nicht.
Beste Regie
Die Nominierten in dieser Kategorie sind Lenny Abrahamson für Raum, Alejandro G. Iñárritu für The Revenant, Tom McCarthy für Spotlight, Adam McKay für The Big Short und George Miller für Mad Max: Fury Road. Ich mach's hier relativ kurz, da ich von Regie nicht soviel Ahnung habe.
Am liebsten als Gewinner sehen würde ich George Miller, denn wie oben bereits angedeutet, halte ich es für unglaublich schwer, den Stil der 80er Jahre Action Filme auf die heutige Zeit zu übertragen. Ich hoffe, dass das bei der Academy ebenso große Anerkennung findet.
Bester Hauptdarsteller
Kommen wir nun zur am meisten antizipierten Kategorie der diesjährigen Awards. Die Nominierten sind hier Bryan Cranston in Trumbo, Matt Damon in Der Marsianer, Leonardo DiCaprio in The Revenant, Michael Fassbender in Steve Jobs und Eddie Redmayne in The Danish Girl.
Bryan Cranston fand ich in Trumbo durchaus sehr überzeugend, für einen Oscar reicht seine Leistung meiner Meinung nach aber noch nicht. Dazu kommt, dass Trumbo im Vergleich zu den anderen Filmen in dieser Kategorie eher untergeht. Die Nominierung halte ich aber für verdient.
Matt Damon ist zugegebenermaßen sehr stark als Mark Watney und spielt seine Rolle durchweg überzeugend, aber auch hier habe ich das Gefühl, dass es nicht über die Nominierung hinaus reicht. In einem anderen Jahr hätte Matt Damon vielleicht bessere Chancen gehabt.
Eddie Redmayne hat sich wohl gedacht, dass er nach seinem verdienten Sieg im letzten Jahr mit einem thematisch gewichtigen Film wie The Danish Girl erneut abräumen kann. Und so in etwa spielt er seine Rolle/n dann auch. Im Film muss er - und das ist zugegebenermaßen eine schwere Aufgabe - sowohl einen Mann (Einar Wegener) als auch eine Frau (Lili Elbe) spielen, die aber dennoch ein und dieselbe Person sind. Als Einar spielt er eigentlich nur wieder Steven Hawking, Lili Elbe stellt er dagegen so übertrieben feminin dar, dass das ganze schon parodistische Züge annimmt. Das passt leider überhaupt nicht zum Thema. Entsprechend kann ich noch nicht mal seine Nominierung verstehen, geschweige denn würde ich ihm irgendwelche Chancen einräumen.
Michael Fassbender spielt einen Steve Jobs, wie man ihn sich vorstellt. Er ist derart überzeugend, man könnte meinen, man sähe tatsächliche Kameraaufnahmen aus dem Leben des Unternehmers. Die Darstellung ist wirklich enorm stark und somit ist er wohl die stärkste Konkurrenz für DiCaprio.
Apropos Leonardo DiCaprio: Wie stehen denn nun seine Chancen? Nun, ich würde sagen reichlich gut. Obwohl er nicht besonders viel spricht, spielt er einen durchweg überzeugenden Hugh Glass in The Revenant. Kurioserweise gewinnt er den begehrten Award nun wahrscheinlich mit einer Rolle, die ihm schauspielerisch weniger abverlangt als Andere, die er in anderen Filmen bereits spielen musste. Trotzdem wäre ein Sieg absolut verdient und ich gehe fest davon aus, dass er dieses Jahr den Oscar bekommt.
Beste Hauptdarstellerin
Hier muss ich zu meiner Schande gestehen, dass ich von den nominierten Damen erst eine im relevanten Film gesehen habe, dabei aber wohl die Richtige. Nominiert sind hier Cate Blanchett in Carol, Brie Larson in Raum, Jennifer Lawrence in Joy, Charlotte Rampling in 45 Years und Saoirse Ronan in Brooklyn. Gesehen habe ich, wie man weiter oben schon lesen kann, den Film Raum.
Ich habe mir sagen lassen, dass diese Kategorie extrem schwer einzuschätzen ist, da alle Nominierten oscarwürdige Leistungen erbracht haben. Viele glauben, dass Charlotte Rampling auch aufgrund ihres hohen Alters - und der damit einhergehenden Unwahrscheinlichkeit einer weiteren Nominierung in den nächsten Jahren - hier das Rennen machen wird. Ich persönlich hoffe aber, dass Brie Larson die Statuette erhält. In Raum spielt sie die verzweifelte Mutter eines Jungen, der erst spät anfängt, die Welt außerhalb der "eigenen" vier Wände zu entdecken. Ihre Darstellung kann man als nachvollziehbar und extrem intensiv bezeichnen. Über die Außenseiterrolle wird sie wahrscheinlich nicht hinaus kommen, ich tippe aber trotzdem mal auf sie. Man darf gespannt sein.
Bester Nebendarsteller
Nominiert sind hier Christian Bale in The Big Short, Tom Hardy in The Revenant, Mark Ruffalo in Spotlight, Mark Rylance in Bridge of Spies und Sylvester Stallone in Creed. Die Herren haben sich dabei alle gut bis sehr gut präsentiert.
Das Rennen um den Award wird sich aber in meinen Augen zwischen einem brillianten Tom Hardy und einem überraschend starken Sylvester Stallone entscheiden. Hardy ist ein großartiger Schauspieler und ich wünsche ihm, dass er irgendwann einen Oscar bekommt, aber ich denke, dieses Jahr gehört die Trophäe Stallone. Er liefert einfach eine Performance ab, die man ihm nicht mehr zugetraut hätte. Den Golden Globe hat er schon. Ich glaube, der Oscar wird folgen.
Beste Nebendarstellerin
In dieser Kategorie sind Jennifer Jason Leigh in The Hateful Eight, Rooney Mara in Carol, Rachel McAdams in Spotlight, Alicia Vikander in The Danish Girl und Kate Winslet in Steve Jobs nominiert. Ich habe Carol wie gesagt noch nicht gesehen, dennoch kann ich sagen, dass auch hier sämtliche Nominierten völlig zurecht dabei sind.
Ich bin mir sicher, dass der Award entweder an Alicia Vikander geht, die im Gegensatz zu ihrem Co-Star Eddie Redmayne eine tolle und vor allem glaubwürdige Performance abliefert, oder an Kate Winslet, die in Steve Jobs mit jeder Gestik, jeder Mimik, jedem Wort vollends überzeugt. Gönnen würde ich es beiden, ich glaube aber, dass Kate Winslet den Oscar mit nach Hause nehmen wird.
Weitere Kategorien
Im Folgenden werde ich nun noch ganz kurz auf weitere Kategorien eingehen.
In der Kategorie Bestes adaptiertes Drehbuch sind Emma Donoghue (Raum), Drew Goddard (Der Marsianer), Nick Hornby (Brooklyn), Phyllis Nagy (Carol) und Charles Randolph + Adam McKay (The Big Short) nominiert. Ich erwarte, dass Emma Donoghue den Award gewinnt.
Die Nominierten der Kategorie Bestes Originaldrehbuch sind Matt Charman + Coen Brothers (Bridge of Spies), Pete Docter + Meg LeFauve + Josh Coole (Alles steht Kopf), Alex Garland (Ex Machina), Jonathan Herman + Andrea Berlof (Straight Outta Compton) und Josh Singer + Tom McCarthy (Spotlight). Meine Favoriten sind hier Straight Outta Compton und Alles steht Kopf und ich denke, Letzterer wird den Oscar bekommen.
Den Academy Award in der Kategorie Beste Kamera muss in meinen Augen Emmanuel Lubezki (The Revenant) bekommen, den für die Beste Filmmusik wird wohl Ennio Morricone (The Hateful Eight) einheimsen. Der Beste Animationsfilm im letzten Jahr war ganz klar Alles steht Kopf.
Der Rest ist schwer einzuschätzen, da ich entweder die Filme nicht gesehen habe oder es sich um technische Kategorien handelt. Ich denke, in den Technischen wird Mad Max: Fury Road noch den ein oder anderen Preis erhalten, vor allem bei den visuellen Effekten kann man sich sicherlich Chancen ausrechnen. Wenn man nach den Entscheidungen bei den Golden Globes geht, dann könnte "Writing’s on the Wall" (James Bond 007: Spectre) gute Chancen in der Kategorie Bester Filmsong haben.
Das sind aber jetzt wirklich nur noch Spekulationen, entsprechend ist es wohl an der Zeit, diesen Blogeintrag zu beenden.
Wie nah ich mit meinen Voraussagen an der tatsächlichen Realität bin, wird sich dann am Wochenende zeigen. Ich wünsche allen, die vorhaben, die Academy Awards zu verfolgen, eine tolle Verleihung. Danke für's lesen!
Oscar-Prognosen 2016: Das DiCaprio Jahr?
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