Wann ist eine Rezension hilfreich?

Von Yeager · 21. Mai 2014 · Aktualisiert am 1. Juni 2014 ·
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  1. Wann ist eine Rezension hilfreich?



    Wenn Sie folgende 3 Punkte erfüllt:

    1. Wenn sie nachvollziehbar ist
    2. Wenn sie nachvollziehbar ist
    3. Wenn sie ... den Rest kann man sich denken, oder?

    Anders gefragt:

    Wann ist denn eine Rezension nachvollziehbar?


    (Passend wäre jetzt: "Wenn sie hilfreich ist :D")

    Sie ist dann nachvollziehbar, wenn sie mindestens folgende 6 Fragen beantwortet, am besten in genau dieser Reihenfolge und am besten ohne zu spoilern:
    (Die Punkte 1, 2 und 6 sind fixiert, der Rest kann gemischt auftreten)

    1. Was ist das für ein Spiel?

    Zu welchem Genre gehört es?
    Ist es ein Shooter, ist es ein Strategie-Spiel, was ist es?
    Ist es ein altes oder neues Spiel, in welchem Jahr erschien es?

    2. Worum geht es in diesem Spiel?

    Was kann man Grundlegendes über das Spiel an sich sagen?
    Wie wird es gespielt?
    Wovon handelt es?
    Gibt es eine Story?
    Falls ja, wovon handelt sie? (allgemein halten, da Spoiler-Gefahr)
    Wen oder was spielt man darin?
    Gibt es Gegner?
    Falls ja, wer oder was ist das? (evtl. allgemein halten, da evtl. Spoiler-Gefahr)
    Was kann man über diese sagen?
    Gibt es eine bestimmte Perspektive, aus der man das Spiel spielt?
    Welche ist das, Schulter-Perspektive, isometrisch (v. schräg oben), Side- oder Top-Scroller, Ego-Perspektive, Draufsicht, ... ?

    3. Was sind die Stärken des Spiels?

    Jedes Spiel hat Stärken - und wenn es nur eine funktionierende Deinstallations-Routine ist ;-) - welche sind das bei diesem Spiel?
    Macht ein bestimmter Teil des Spiels besonderen Spaß?
    Welcher ist das - und warum?
    Wie sieht das beim Rest des Spiels aus?

    4. Was sind die Schwächen des Spiels?

    Jedes Spiel hat Schwächen - und wenn es nur eine nicht funktionierende Deinstallations-Routine ist ;-) - welche sind das bei diesem Spiel?
    Macht ein bestimmter Teil des Spiels besonders wenig Spaß?
    Welcher ist das - und warum?
    Wie sieht das beim Rest des Spiels aus?

    5. Gibt es noch etwas Wichtiges, das der Leser wissen sollte?

    Ist das Spiel z.B. nur auf Englisch?
    Braucht es Steam, Origin, uPlay oder Ähnliches?
    Ist es USK 18?
    Hat es besondere Hardware- oder sonstige Voraussetzungen?
    Setzt es z.B. bestimmtes Vorwissen oder gute Allgemeinbildung voraus?
    An wen richtet sich dieses Spiel wahrscheinlich?
    An den Gelegenheitsspieler, den Profi, irgendetwas dazwischen, jemanden, der etwas Bestimmtes an dem Spiel mag - z.B. dessen eigenwilligen Humor?
    Leidet es unter vielen Fehlern oder Abstürzen?
    Hat es ein unbefriedigendes Ende? (seeehr allgemein halten, da große Spoiler-Gefahr!)
    Ist es sehr schnell vorbei?
    Lohnt es sich noch einmal zu spielen?
    Für wen ist das Spiel wohl nicht geeignet?

    6. Wie bewertest du das Spiel?

    Sei dabei fair, sei nicht übertrieben streng, aber auch nicht zu lasch.
    Orientiere dich auch an anderen Spielen ähnlicher Art.

    Meine freie Auslegung der Skala:

    0%:
    Rein theoretischer Wert, nicht anwendbar.
    So schlecht kann kein Spiel sein.
    Schon ein vorhandener Installations-Prozeß müsste es auf mind. 1% heben.

    1 bis 10% :

    eine einzige Katastrophe, geradezu beleidigend schlechtes Spiel, keinerlei Empfehlung

    11 bis 20%:
    immer noch eine Katastrophe, sehr schlechtes Spiel, keinerlei Empfehlung

    21 bis 30%:
    eine gute Idee drin, ansonsten weiterhin eine Katastrophe, nicht gutes Spiel, keine ernsthafte Empfehlung

    31 bis 40%:
    zwei gute Ideen drin, ansonsten weiterhin eine Katastrophe, kaum gutes Spiel, keine ernsthafte Empfehlung

    41 bis 50%:
    drei gute Ideen drin, Rest siehe oben ;-), Ansätze vorhanden, dennoch ist das Spiel nicht empfehlenswert

    51 bis 60%:
    nur für absolute und schmerzfreie Fans, unterdurchschnittliches Spiel, kaum empfehlenswert

    61 bis 70%:
    für Fans und tolerante Spieler, mäßiges Spiel, nur bedingt empfehlenswert

    71 bis 80%:
    für Fans, tolerante Spieler und viele andere, gutes Spiel, empfehlenswert

    81 bis 90%:
    für sehr viele Spieler geeignet, sehr gutes Spiel, sehr empfehlenswert

    91 bis 99%:
    für fast alle Spieler geeignet, brilliantes Spiel, Empfehlung ohne Einschränkungen

    100%:
    Rein theoretischer Wert, nicht anwendbar.
    Dieses Spiel wäre dann nicht mehr fähig zur Weiterentwicklung.
    Das ist nicht möglich, da schon der erste Gratis-DLC es auf über 100% heben müsste.

    Gut - und dann ist also die Rezension hilfreich, weil nachvollziehbar?


    Jein.

    Es gibt noch ein paar "Kleinigkeiten" zu beachten:


    -> Begründungen sind kein Nice-to-have

    Du kannst nahezu alles über das Spiel und seine Elemente sagen, du kannst dich darüber aufregen oder es hochjubeln - so lange du es auch begründest.
    Mit einer vernünftigen - du ahnst es schon - einer nachvollziehbaren Begründung.
    Keinem selbstgefälligen "'s halt so", mit dem niemand etwas anfangen kann.
    Je besser du deine Behauptungen begründest, umso glaubwürdiger wird deine Rezension.

    -> Rezension != Kommentar

    Wenn du das Spiel kommentieren willst, nur kurz mitteilen möchtest, dass es dir gefallen / nicht gefallen hat, dann nutze die Kommentarfunktion beim offiziellen Test, das Forum oder schreibe einen Blog darüber.
    Rezensionen sind keine Kommentare, sondern der Versuch sich umfassend und fair mit einem Game auseinander zu setzen.
    Daher ist es mit einem Zwei-Zeiler nicht getan.

    -> Rezension != Rezession

    Keine Ahnung, warum es so häufig auftaucht. Lässt es sich leichter schreiben? Stört sich irgendwer an dem befremdlichen "N" in der Mitte?
    Oder ist man von Euro- und sonstigen Krisen mittlerweile so konditioniert, dass man automatisch an Rezessionen denkt?
    Wie auch immer: eine Rezension ist etwas ganz anderes, als eine Rezession.
    Tip: Wikipedia aufschlagen, "Rezession" eingeben.

    -> Angemessene Länge für "große" Spiele

    Selbst über Tetris könnte man locker 20 Zeilen schreiben.
    Doch über ein riesiges Rollenspiel, ein Strategie-Spiel mit hunderten von Optionen oder einen sehr langen, "story-driven" Shooter ebenfalls nur 20 Zeilen zu schreiben ist in den meisten Fällen unangemessen. Viel zu kurz.
    Dabei geht es nicht um Länge als solche, sondern darum, dass riesige Spiele im Regelfall auch sehr viele Spielinhalte haben.
    Die in ein paar Zeilen aufzuzählen und auch noch zu bewerten dürfte ein Ding der Unmöglichkeit sein. Lässt du wiederum Vieles weg, musst du dir den Vorwurf gefallen lassen, das Spiel überhaupt nicht zu kennen. Das war's dann mit einem "Hilfreich". Künstliche Lückenfüller, wie etwa das Wiederholen von Textblöcken, um die Mindestlänge zu erreichen, kommen gar nicht gut beim Leser an.
    Da ist dir ein Dislike so gut wie sicher.

    -> Groß- und Kleinschreibung & Co:

    Die Form ist nicht egal.
    Es ist sehr, sehr mühsam sich durch unleserliche Texte zu quälen, die sich lesen, als hätte sie jemand beim Schei...en auf dem Lokus unter sehr viel "Druck" geschrieben.
    Dadurch wirken sie unhöflich, dadurch unprofessionell, dadurch unglaubwürdig, dadurch nicht mehr nachvollziehbar - und dadurch schließlich nicht hilfreich.
    Zur Not: Text von jemand anderen oder einem Office-Programm checken lassen.

    -> Freak-Sprech vermeiden:

    Du kannst nicht wissen, wer deinen Text liest.
    Dir mag 3z c00| v0rk0mm3n s0 zoo00h sChr3yB3n, denk aber daran, dass du der Einzige bist, der das so sieht, denn alle anderen sehen nur, dass du dich gar nicht mitteilen willst, gar nicht verstanden werden möchtest.
    Und wer nicht verstanden werden möchte, legt auch keinen Wert darauf, dass andere seine Meinung nachvollziehen können.
    Und was das wiederum heisst sollte mittlerweile klar sein ;-)

    -> Mit anderen Augen:

    "I am Legend" mit Will Smith gesehen?
    Es wäre doch scheiße, wenn man die einzige Person auf der Welt wäre, oder?
    Es wäre auch kaum besser, wenn da draußen nur Klone von einem rumliefen.
    Todlangweilig wäre es.
    Ist es glücklicherweise aber nicht.
    Es gibt also jede Menge Leute - und die sind sehr unterschiedlich.
    Was dir Spaß macht, muß denen keinen Spaß machen - und umgekehrt.
    Geschmäcker sind sehr, sehr verschieden.
    Versuch daher darauf einzugehen.
    Versuch das Spiel nicht nur durch deine Augen zu sehen, sondern auch durch die anderer Personen.
    Würden diese wirklich das oder jenes so hyper-super-geil finden, wie du?
    Sicher?
    Wirklich sicher?
    Na also.
    Dann bring das rein, relativiere deine Begeisterung / deine Abneigung.
    Auch, wenn es dein Lieblings-Spiel ist:
    Vergleiche es mit anderen seiner Art, versuche fair und objektiv zu sein, egal, wie schwer es dir fällt.
    Je mehr dir dies gelingt, umso glaubwürdiger wird deine Rezension.
    Je glaubwürdiger sie wird, umso nachvollziehbarer wird sie.
    Je ... du weißt Bescheid :-)

    -> Eine Rezension soll fair sein.
    Hass und Werbung fallen damit automatisch raus.


    Wenn du deutlich Werbung für das Spiel machst, wirst du unglaubwürdig.
    Damit wieder ... die alte Logik-Kette.
    Das Gleiche passiert bei einer "Hass-"Rezi, also einem gezielten Verriss, wo du selbst gute oder wenigstens mäßige Dinge am Spiel so darstellst, als wären sie der allerletzte Dreck.
    Du disqualifizierst dich damit nur selbst, mehr nicht.

    -> Schreibe ruhig in Bildern.

    Der Leser hat einen klaren Nachteil gegenüber dir.
    Wahrscheinlich kennt er das Spiel nicht, daher liest er ja deine Rezi.
    Dadurch, dass er das Spiel nicht kennt, kann er sich auch kein richtiges Bild machen.
    Du hingegen hast das Spiel gespielt, du kannst dir ein Bild davon machen.
    Versuch also dieses Wissen zu transportieren.
    Beschreibe markante Eindrücke, Wirkungen auf dich.
    Beschreibe Farben, Stimmungen, Atmosphäre.
    Nutz ruhig bildhafte Sprache - übertreib es aber nicht, eine Tolkien'sche Landschaftsbeschreibung über 3 Seiten ist über das Ziel hinaus geschossen.


    Ok - got it. Und das war's jetzt?



    Ja.

    Alles darüber hinaus sind Extras.
    Wenn du diese Punkte oben einhälst - wenigstens den sichtbaren Versuch unternimmst sie einzuhalten - dann ist deine Rezension wirklich hilfreich für die Masse der Leute.

    Die wenigsten Leute disliken Rezis, weil sie Neidköppe wären oder deine Meinung nicht teilten. Jene kannst du eh in der Pfeife rauchen, weil deren Meinung keine ist, sondern nur ein Reflex.
    Der braucht schließlich auch kein Großhirn, damit er funktioniert.

    Die meisten Leute disliken Rezis deswegen, weil diese eben nicht hilfreich waren.

    Warum sie nicht hilfreich waren?
    Weil sie nicht nachvollziehbar waren, weil...
    siehe oben :)


    Hmm - das war jetzt sehr theoretisch - kannst du Beispiele bringen?



    Jo.

    NICHT nachvollziehbar:

    "Die Grafik ist schlecht, sie ist einfach nur schlecht.
    Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, bin einfach nur enttäuscht."

    Nachvollziehbar:

    "Bei der Grafik hat man sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Die Polygone kann man mit der Hand abzählen und die Texturen - sorry, aber da wirkt meine Alte-Oma-Decke schärfer! Und die habe ich zig mal falsch gewaschen, die Farben sind alle verlaufen."

    NICHT nachvollziehbar:

    "Das Spiel macht super viel Spaß. Von der ersten, bis zur letzten Sekunde. Also, jetzt nicht jedem oder so. Mir aber schon! Wer es nicht mag, ist ein Idiot."

    Nachvollziehbar:

    "Selten hat mir ein Spiel so viel Spaß gemacht, es toppt Spiel X und sogar Y, man wird durch die Story gut unterhalten, die Balance stimmt, die Einheiten machen wunschlos glücklich, wie ich schon geschrieben hatte - und der Wiederspielwert ist enorm. Fast schon zu enorm, weil ich dadurch keinen einzigen Spieldurchlauf zu Ende gespielt habe, immer wieder neu mit anderen Start-Optionen begonnen habe, einfach nur, um zu sehen, was dann alles anders ist. Es macht neugrierig! Ich kann es wirklich nur sehr empfehlen. Vielleicht nicht jedem: für Gelegenheitsspieler, die nicht bereit sind sich in die doch ziemlich trockene Materie einzulesen oder die keine Erfahrungen mit Spielen dieser Art gemacht haben, dürfte das Spielerlebnis ein ganz anderes sein. Doch für jene ist das Spiel auch nicht gedacht, es richtet sich ganz klar an Fans des Genres."

    NICHT nachvollziehbar:

    "Die zahlreichen Bugs sind echt übel, sie ruinieren das Spiel. Teilweise geht gar nix mehr. Auch später nicht. Nur Mist, wer programmiert sowas?"

    Nachvollziehbar:

    "Keine 10 Minuten war ich im Spiel - und schon der erste CTD (Crash to Desktop). Ok, Grummeln meinerseits, bin ja leidgeprüft, neu gestartet - und was sehe ich: der automatische Spielstand wurde nicht automatisch angelegt, alles, was ich bisher gespielt habe war umsonst. Gut, dass ich nur 10 Minuten zockte - aber was ist, wenn das später auch noch passiert? Noch mehr Grummeln meinerseits, speichere nun laufend manuell ab. Und was soll ich sagen? Nach einem weiteren CTD im mittlerweile späten Spielverlauf (nach 3 h) kann ich meinen Spielstand nicht mehr laden. "Korrupte Datei" sagt mir das Spiel. "Korruptes Spiel", sag ich dazu nur."

    NICHT nachvollziehbar:

    "alter ich glaub, es hakt ich so am zogg3n volle 2 stundenoder soh kommd doh wirklich meine mudderrein als wo grad ich die knahrä am wummen und der kopf flog mal richti wei t weg und nimmt die mir das spiwl ainfach weg! was das fürne kagge ey kann miehr einr sgane wies waeitergehh"

    Nachvollziehbar:

    "Das Spiel ist USK 18. Explizite Gewaltszenen nicht gerade zimperlicher Art dürften der Grund dafür sein."



    Vergiss nicht:

    Der Leser muss deine Meinung über das Spiel nicht teilen.
    Doch nur, wenn er sie auch nachvollziehen kann, sieht er sie - in Form deiner Rezension -
    als hilfreich an.

    Aber dann ist das ja echte Arbeit ?!

    Ja.
    Und?
    Etwas anderes erwartet?

    Über den Autor

    Yeager
    Chuck Yeager durchbrach als erster Mensch die Schallmauer.
    <br/>Ich stolperte über seinen Namen als damals noch kleiner Junge beim Gucken von "Der Stoff aus dem die Helden sind".
    <br/>Sein Name gefiel mir, wurde zum Nick und blieb es.

Kommentare

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  1. Musikus
    Zu der Diskussion "100 % ja oder nein" - grade bei der Gamestar ist theoretisch ein 100 %-Spiel sehr wohl möglich. Zum einen wegen dem bereits erwähnten System der zehn Einzelwertungen - zum anderen aber vor allem, weil die Gamestar die Wertungen nach dem AKTUELLEN Stand vergibt. (Und deshalb ja auch in regelmäßigen Abständen Abwertungen vornimmt - wenn Teilaspekte mittlerweile im Vergleich zu anderen Spielen schlechter dastehen.)

    Konkret: Ein Spiel, das bei Erscheinen mit Crysis-Grafik, Half-Life-zwei-Spieldesign, Warcraft3-Präsentation und -Atmosphäre, ebenfalls Blizzard-Balancing, GTA-Synchronsprecher/Musikvielfalt etc und entsprechend weiteren Referenz-Bauteilen daherkommt, könnte sehr wohl zum Zeitpunkt des Erscheines 100 % abräumen.

    Praktisch spricht dagegen, dass vermutlich kein Produzent der Welt derart viel Geld in ein Spiel steckt, um sämtliche Aspekte so hinzubekommen, dass jeder Teilaspekt das aktuell machbare komplett ausreizt. Stattdessen werden Prioritäten gesetzt. Was vermutlich auch gut so ist - denn wer würde nach DEM perfekten Spiel danach noch eins anfassen wollen, bei dem nur ein, zwei Teilaspekte nur "gut" bis "sehr gut" sind? :-)
  2. Musikus
    Yeager - you made my day!

    Nur eine (persönliche!) Anmerkung, wo ich etwas anders sehe (und hoffentlich all Deine Kriterien gleich erfüllen werde): Nichts geht über einen großartigen Verriss. Jener muss selbstverständlich all Deine anderen Kriterien erfüllen - ich will ja verstehen, WARUM der Rezensent etwas hasst. Wenn er dies aber ausführlichst bösartig erklärt, habe ich einerseits viel zu lachen - und andererseits DENNOCH eine gute Vorstellung von dem Spiel und kann sogar zu der Erkenntnis kommen, dass es mir persönlich dennoch gefallen könnte. :-)

    Aber für mich als Leser ist ein geharnischter Verriss viel unterhaltsamer als eine staubtrockene schlechte Kritik, die nur einen Makel nach dem anderen auflistet.
    Um mal von Spielen wegzugehen - in meiner Tageszeitung finde ich regelmäßig wunderbare Verrisse zu den Salzburger oder Baden-Badener Festspielen. Die sind an Bösartigkeit kaum zu übertreffen - und gerade deshalb ein Genuss. Und dazu noch hilfreich - denn sie machen mit einem Schlag klar, dass es rein gar nichts gibt (aus Sicht des Kritikers!), was den Kauf einer Eintrittskarte rechtfertigen würde.

    Als einziges "Gegenargument" lasse ich gelten, dass ich hier grade von Berufskritikern schreibe - und Du mutmaßlich die inflationäre Zahl irgendwelcher User-Bewertungen im Netz im Auge hast. (Deinen Text könnte man bei amazon praktisch 80 % aller Rezensenten um die Ohren schlagen.)

    Aber nochmal - you made my day. :-)
  3. Yeager
    Selbst, wenn es so wäre, wie du sagst:
    Was soll dann ein 100-Punkte-Spiel sein?
    Ich löse mal auf:
    10 / 10 in..
    ...Grafik: toll, sieht gut aus!
    ...Sound: perfekt, hört sich immer gut an!
    ...Balance: super, egal wie rum, es passt immer!
    So weit, so gut, weil das bisher nur generisch-objektive Dinge waren.
    Doch nun geht es in den speziellen Part über:
    ...Einheiten: ?!
    ...Endlossspiel: ?!
    ...Waffen: ?!
    ...Atmosphäre: ?!
    Was bedeutet 10/10 bei Einheiten?
    Wären keine mehr vorstellbar?
    Aber sicher wären sie das!
    Was bedeutet 10/10 bei Waffen?
    Kann man sich da keine weiteren mehr vorstellen?
    Aber sicher kann man das!
    Was bedeutet 10/10 beim Endlosspiel?
    Könnte man den Spielspaß daran nicht doch noch ankurbeln?
    Aber sicher könnte man das!
    Was bedeutet 10/10 in Sachen Atmosphäre?
    Ist da keine Steigerung mehr möglich?
    Aber sicher ist sie das!
    Ich habe hier einige problembehaftete Kategorien genannt, doch nur eine einzige davon würde reichen, um die magische 100 niemals erreichen zu können.
    Daran kannst du sehen:
    Es ist exponentiell, dein Modell versagt.

    Und ob ich "out of sync" bin oder nicht ist mir sowas von egal :D
    Ich lache mich jedesmal schlapp, wenn irgendein GameTester "Waffen: 10/10" schreibt.
    Das Problem macht er sich selbst, denn danach gibt's ein Update, die Firma liefert 100% neue Waffen dazu, die alle toll sind, die Community schreit: "Hey, Nachbewertung bitte" - und der Tester ist angeschissen :D.
    Bei 9/10 - und ehrlicher Zugabe, dass es sich um ein exponentielles System handelt - hätte er keinerlei Probleme und müsste rein gar nichts mehr machen.
    So ist er aber entweder genötigt 20/10 zu schreiben und damit sein Bewertungssystem völlig auf den Kopf zu stellen - oder es bei 10/10 zu lassen mit dem Ergebnis, dass ein Aussenstehender nicht mehr erkennen kann, ob sich da was verbessert hat.
    (Im Rahmen seines reinen Aufaddier-Systems hätte er mit dem Fortbestand von 10/10 sogar gelogen!)
    Das könnte er bei 99 (%) zwar auch nicht, würde aber durch die Suggestion des Exponentialsystems auch gar nicht erst danach fragen.
    Es wäre ihm schlichtweg egal.
    Endliche Aufaddier-Systeme haben den gewaltigen Nachteil, dass sie v.a. eines voraussetzen: das Kennen des Limits.
    Doch man kann das Limit nicht kennen, selbst bei vermeintlich objektiven, technischen Werten wie der Grafik nicht, geschweige denn von so subjektiven Dingen, wie der Atmosphäre.
    Daher sind endliche Aufaddier-Systeme keinen Pfifferling wert, sie sagen rein gar nichts aus - oder lügen sogar.
    Exponentielle hingen lassen sich stets ein Hintertürchen offen.
    Dass sich die Redaktionen nicht stringent daran halten und dass jeder hierbei sein Süppchen kocht ist nicht mein Problem ;-)
  4. knnn
    Eine Wertung bewertet nicht die Zukunft, kann sie auch nicht, also ist es unsinnig, von zukünftigen Fehlern zu reden. Eine Wertung ist subjektiv, weswegen es DIE Perfektion nicht gibt, wohl aber die subjektive Perfektion. Wenn der Werter beim Durchspielen einen vorhandenen Bug nicht sieht, wie kann der in die Wertung einfliessen?

    Du hast dir dein für dich ideales Wertungssystem vorgestellt und das ist nun exponentiell, 100% stellt das unerreichbare Ideal dar. Gut. Muss es aber nicht, die 100 könnte auch schlicht ein Sammelwert für alles sein, ab der eine Unterscheidung eh nicht mehr sinnvoll ist, weil der Tester eben kein Haar, kein Microhaar und auch kein Nanohaar in der perfekt schmeckenden Suppe gefunden hat. Das ist selbst bei exponentiellem Anstieg machbar.

    So wie Gamestar ihre Bewertung aufgebaut hat, ist ihre Bewertung anscheinend eher meinem Modell ähnlich. Sie sagen auch nicht 100%, sie sagen 100 Punkte. Andere Zeitschriften werden es anders machen, deshalb gibt es bei metacritic die schon genannten Umrechnungstabellen, die aber *auch* zwischen den 100er Systemen umrechnen!!!!, nicht nur wenn es um 5-Sterne-Bewertungen geht.

    Auch die PCgames spricht von Punkten, nicht Prozent. Und auch hier scheint eine 100 möglich zu sein. Falls es dir nur darum ging, dein gewünschtes System vorzustellen, gut. Andernfalls bist du aber vermutlich out of sync mit der realen Bewertung bei gamestar.

  5. Yeager
    Dass es unterschiedliche Systeme gibt liegt daran, dass sie unterschiedlich die Sache betrachten.
    Ein Fünf-Sterne-System mit einem 100%-System gleich zu setzen funktioniert nicht, da beide andere Aussagen treffen:
    Das 5-Sterne-System sagt bei 5 Sternen aus: grossartiges Spiel, sehr empfehlenswert.
    100% sagen jedoch genau das aus, wofür sie stehen: ein hundertprozentig gutes Spiel.
    Das hat es noch nie gegeben, wird es nie geben und kann es auch nicht geben.
    Ich hatte es bereits versucht zu erklären:
    Spiele sind Software.
    Software ist IMMER unvollständig, IMMER fehlerbehaftet.
    Selbst eine FEHLERLOSE Software ist eines Tages evtl. fehlerbehaftet, wenn sich das Betriebssystem zum Beispiel fundamental ändert.
    Wie ich schon schrieb: das betrifft nicht nur Bugs, es betrifft ebenso auch Features.
    Eine Software, die alles richtig gemacht hat, jeden zufrieden stellt, keinerlei Wünsche mehr offen lässt, in jedweder Hinsicht als nicht mehr zu übertreffen zu bezeichnen wäre - das ist schlichtweg das, was ich im Blog schrieb:
    unmöglich.
    Eine Software jedoch, die diesem unerreichbaren Ideal sehr, sehr nahe kommt hat eine 99% völlig zurecht verdient.
    Da käme der Exponential-Charakter auch zum Tragen, denn das ist als 99+ zu verstehen. Daher wäre es okay, wenn eine andere ebenfalls 99 hätte, die käme dem Ideal ebenfalls sehr nahe. Die Unterschiede lägen im Detail, wären aber angesichts der ausserordentlichen Güte beider Spiele völlig zu vernachlässigen.
    Doch solche hat es (bei GS) noch nie gegeben.
    Ebenfalls völlig zurecht.
    Ich zocke seit nunmehr 30 Jahren.
    Niemals ist mir solch ein Game unter die Finger gekommen.
    Selbst die getätigten 90+ - Wertungen sind in einigen Fällen völlig überzogen, das geben die Redakteure (im Nachhinein) sogar selbst zu (so geschehen bei J. Gebauer in einem der letzten Feedback-Videos).
    50% ist auch kein halb gutes Spiel, die Analogie zum Schulsystem ist durchaus anwendbar. Wenn der Kandidat dort eben nur 50% hat, dann reicht das für eine Vier oder Fünf. Gut (2) beginnt afaik bei 83% in der Schule.
    Die von dir angesprochene Geringschätzung liegt nicht an der Wertung, sondern wie wir mit ihr umgehen, respektive: was wir erwarten. Wenn der Schüler eine Vier erhalten hat, war das eben "ausreichend", wird aber fast immer als "hmm, das war nicht so doll" ausgelegt.
    Doch Spiele haben nicht nur ein Soll zu erfüllen, das abgeklappert wird, sie machen unterschiedlichen Leuten unterschiedlich viel Spaß. Ein 100%-Spiel müsste jedem gleichermaßen viel Spaß machen. Das kann es gar nicht geben, da Geschmäcker viel zu verschieden sind.
    Genau, wie es keinen 100%-Film geben kann, kein 100%-Buch und so weiter :)
    Dass es eine exponentielle Steigung hat ist demnach auch der Grund für die seltenen 90+ - Wertungen. Jeder weitere Punkt im 90er Bereich "wiegt" viel mehr, als ein Punkt im 80er Bereich oder drunter. So, wie beim Versuch ein Objekt auf Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen. Mit jedem weiteren prozentualen Anstieg wird immer mehr Energie nötig. Von 99 auf 100 wäre mehr nötig, als es im Universum gibt.
    Gamestar macht den Fehler, dass sie subjektiven Spielspaß mit mehr oder weniger objektiven Größen, wie z.B. Ausreizen der Grafik im Verlgiech zu artverwandten Spielen gleichsetzen. Ich hatte dazu vor ein paar Wochen einen Blog geschrieben, wo auch steht, wie man das Problem lösen kann, ohne gleich alles umstellen zu müssen.
  6. knnn
    Oder sie beginnen deshalb im 70er Bereich, weil mittelmässige Spiele sehr leicht herzustellen sind und erst ab einer gewissen Qualität es sich für den Spieler lohnt.
    Oder sie beginnen deshalb im 70er Bereich, weil wir dazu neigen "Mittelmass" bereits als mittelmässig zu empfinden, die Geringschätzung steckt ja bereits in dem Wort.
    Siehe auch Schulnoten, gut fängt erst beim oberen Drittel an.

    Jede Spielezeitschrift hat ihr eigenes Wertungssystem. Nicht umsonst hat metacritic eine Umrechnungstabelle. Wenn wir die Wertung bei gamestar anschauen, da steht klipp und klar, der Endscore ist die Summe aus den zehn Einzelwertungen. Bei guten Spielen sind dabei viele 10er Wertungen dabei. Also ist die "Perfektion" in einzelnen Kategorien bei der gamestar praktisch "problemlos" erreichbar. Ich sehe keinen logischen Grund, warum ein Spiel nicht in allen 10 Kategorien 10 Punkte erreichen könnte (die Kategorien sind unabhängig genug, daß eine 10 in einer Kategorie nicht eine 10 in einer anderen ausschliesst).

    Ausser den Redakteueren ist es nicht geheuer, eine 100 zu vergeben und sie finden dann ein künstliches Haar in der Suppe. Das wäre dann aber eine psychologische Barriere, i.e. sie trauen sich das nicht, weil sie befürchten, später lächerlich gemacht zu werden, wenn sich das Spiel langfristig als doch nicht so perfekt herausstellt. Dieser Effekt tritt ja aber bereits vorher schon ein, eine Wertung über 94 oder so wurde doch noch nie vergeben. Es ist aber keine inhärente Eigenschaft der Wertungstabelle.
  7. Yeager
    Falsch :)
    Liegt daran, dass es sich nicht um eine lineare Gerade handelt, sondern die Steigung exponential in einer Kurve stattfindet.
    Daher beginnen auch gute Spiele erst im 70er-Bereich und nicht etwa bei 50%.
    99 ist daher keine Hundert minus 1, sondern der letzte reell erreichbare Wert, bevor die Steigung gegen unendlich geht.
    Damit wäre 99 ein Spiel, das kurz vor der Perfektion steht, jene aber nie wird erreichen können.
    Der Sprung von einer 90 zu einer 99 ist entsprechend riesig, vergleichbar mit dem Sprung eines Games von 30 zu 70.
    Ich bin selbst Software-Entwickler und wenn du jemals EULAs unterschrieben hast - was du mit Sicherheit gemacht hast - findest du darin immer Folgendes: die Ablehnung von Gewährleistung für die Software.
    Es ist bei Software, wie bei Bildern: sie sind NIE fertig, können das auch gar nicht sein.
    Das trifft auf Bugs zu - aber eben auch auf Features bzw. die Gesamtwirkung beim Konsumenten.
    Daher auch Wertungen mit Exponentialkurven.
    Daher auch keine Hundert Prozent.
      1 Person gefällt das.
  8. knnn
    Falsch. Wäre es immer möglich, daß ein DLC eine Wertung erhöht, wäre auch die 99% nicht möglich. Denn ein DLC würde das Spiel auf 100% heben, was ja nicht möglich ist. Damit ist aber dann auch 98% nicht möglich, weil... und so weiter

    Natürlich sollte man in der Realität sehr vorsichtig sein mit einer maximalen Bewertung, aber sobald du die 100 für unmöglich erklärst, wird die 99 zur neuen maximal erreichbaren Nummer und du musst sie aus dem gleichen Grund auch für unmöglich erreichbar erklären.

    Anders argumentiert: Ein DLC muss ein Spiel nicht zwangsläufig verbessern können. Ein Spiel, das perfekt beginnt, perfekt seine Geschichte auf den Punkt bringt und mit dem perfekten Ende aufhört, kann durch einen DLC nur verschlechtert werden.

  9. Yeager
    Vielen Dank :)

    Habe mir gestern Abend nichtsahnend das Feedback-Video angeschaut und war angenehm überrascht.
    Damit hatte ich nicht gerechnet.

    Bin auch so ein "älterer", nur kein Professor.
    Ähnlich, wie Bart Simpson habe auch ich endlose "dass'es" mit "ß" zu Schulzeiten an die Tafel schreiben müssen.
    Will damit sagen:
    Ich wurde konditioniert.
    Zu Zeiten der "Alten Republik", also noch aus zivilierteren Tagen, als es noch Laser-Schwerter gab - und "dass" mit ß geschrieben wurde :D

    Daher:
    Beschwerden bitte an das Imperium, äh, das Kultusministerium richten.
    Ich bin mir keiner Schuld bewußt - oder war es "bewusst"?

    ;-)

    /agree & thx

    (&lt;- Englisch ist cool. Da gibt's keine "ß"...)

    Danke & same to you, Pinnwand-Nachbar ;-)

    Wo du das gerade sagst: das kommt auch häufig in Rezis vor.
    Hätte ich vlt. noch reinnehmen sollen im Blog...ich hol's mal fix nach.
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  10. badtaste21
    Quasi ab sofort die offizielle FAQ für Rezensionen hier auf Gamestar. Spitze!

    Dazu wirklich großartig geschrieben. Verdiente Ehrung im Feedback Format. Glückwunsch ;)
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