Wenn Märchen eine Rolle spielen – Armello

Von Juetas · 24. Februar 2017 · Aktualisiert am 27. Februar 2017 ·
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    Brettspiele? Am Computer? What year is it? Die Vorzüge der Technologie bringen großartigste Unterhaltungsmöglichkeiten hervor. Was früher der Krokodoc war ist heute der Standrechner, wobei die Verletzungsgefahr, von bösen Krämpfen abgesehen, noch geringer ist. Vom Krokodil ist es nicht mehr weit bis zum Hasen, einen der spielbaren Charaktere in Armello. Warum legt sich eine Ratte mit einem Bären an? Kann man RNG in einem Spiel noch mehr hassen als in Hearthstone? Lebten sie wirklich glücklich bis ans Ende ihrer Tage? Das kommt ganz auf den Spieler an.


    Es war einmal ein verfluchter König

    Schlechte Nachrichten für den König, den Löwen. Er wurde von einer geheimnisvollen dunklen Macht erfasst, Fäulnis genannt. Dadurch verfallen sein Körper und auch seine Seele immer mehr dem Wahnsinn. Aus diesem Grund haben die vier größten Clans nach ihren stärksten Helden gerufen. Aber nicht um den König zu retten, sondern um den besten unter ihnen zu seinem Thronfolger zu machen. Und wenn sie ihn dafür umlegen müssen. Somit ist auch klar, was zu tun bleibt. Der Spieler muss einen Helden erwählen, sich gegen die anderen Konkurrenten durchsetzen und die Krone erlangen, um über das Königreich zu herrschen. Mit eiserner Karotte.

    Die Inszenierung des Spiels ist ästhetisch sehr ansprechend. Von Hexfeldern über Würfel bis hin zu Karten (benutz- und ausrüstbar) ist alles dabei. Abgerundet mit einer ansprechenden Grafik, die wunderbar zum Spielthema selbst passt, erfreut es das Herz jedes Tierfantasy-Fans. Es gibt stimmige Tag- und Nachtwechsel, Werte wie Kampf, Leben, Magie oder Scharfsinnigkeit, Begleiter, Gold, Zauber und Ausrüstung. Allerdings nicht wild durcheinander geworfen, sondern aufeinander abgestimmt implementiert. Alles davon beeinflusst die Spielwelt, denn Armello ist auch ein Spiel des Abwiegens. Töte ich einen gegnerischen Helden gewinne ich zwar Prestige, allerdings riskiere ich auch, dass ein Kopfgeld auf mich ausgesetzt wird. Und niemand läuft gern mit einer Zielscheibe am Rücken herum. Funktioniert vielleicht bei einem Ninja-ähnlichen Spielstil, aber eher nicht mit dem behäbigen Zauberbärchi.

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    Geschüttelt aber auch ein bisschen rührend

    Und diese Mischung aus Table Top, RPG und TCG funktioniert. Zu Beginn des Spiels suchen wir uns unseren Helden aus einem der 4 Klans aus: Hase, Ratte, Bär oder Wolf. Jeder Held hat dabei seine eigenen Stärken und Schwächen sowie einzigartige Boni. Barnaby vom Hasenclan darf ausgetauschte Gegenstände in sein Inventar zurückführen und sie in Zukunft gratis anlegen. River fügt jedem Helden den sie angreift vor dem tatsächlichen Angriff schon mal einen Schadenspunkt zu. Zosha ist in der Nacht ausserhalb des Palasts immer getarnt, ein großer Bonus für ihren assassinenhaften Spielstil.

    Inklusive den Helden für Kickstarter-Backer und dem neuen DLC gibt es 16 Stück zur Auswahl. Ohne jegliche Erweiterung immerhin 8. So kann man sich den Charakter aussuchen, der am Besten zur gewünschten Spielanlage passt. Zusätzlich können wir uns vor dem Spiel einen Ring und ein Amulett ausrüsten, welche unterschiedliche Boni bringen und von „+2 zu Verteidigung auf normalen Feldern“ bis zu „Ignoriere den Bewegungsnachteil bei Gebirgsfeldern“ reichen. Die müssen wir aber erst der Reihe nach durch spielen freischalten. So können wir je nach Held und Spielstil überlegen, was für unseren gewählten Stil am hilfreichsten erscheint. Will man den ollen Pelzvorleger möglichst schnell über den Jordan kloppen und braucht daher viel Kampfkraft, oder versucht man ihn mittels Geistersteinen heimlich zu erlösen und sollte daher eher auf Magie und Bewegung abzielen? Viele Wege führen zum Palast und somit zum Sieg.

    Verlieren ist nur ein anderes Wort für gewinnen

    Um den Sieg davonzutragen gibt es verschiedene Varianten. Wir können den König im Kampf besiegen, ihn durch 4 im Spiel gesammelte Geistersteine heilen oder zu dem Zeitpunkt die meiste Prestige besitzen in dem der König durch die Fäulnis dahingerafft wird, wodurch wir automatisch zu seinem Nachfolger gekrönt werden. Zu jedem Sonnenaufgang verliert der König einen Lebenspunkt und ist somit ein einfacheres Ziel, bis er schlussendlich den königlichen Löffel abgibt. Ein besonderes Achievement erreicht man, indem man den König im Kampf besiegt während man einen höheren Fäulnis-Wert als er selbst besitzt. Ein relativ schwieriges Unterfangen, da man, sobald man Fäulnis abbekommt, jeden Morgen einen Schadenspunkt erleidet. Von diesen Möglichkeiten erscheint bisher der Prestige-Sieg am Einfachsten, sofern man seine Opponenten davon abhalten kann bis zum König zu gelangen, da man vergleichsweise einfach seine Prestige erhöhen kann. Zusätzlich verkündet der dahinsiechende König jeden Rundenbeginn 2 neue Proklamationen, aus denen sich der jeweilige Prestigeführende eine aussuchen darf, die auch sofort exekutiert wird. Dadurch kann man sich ab und zu wichtige Vorteile sichern. Beispielsweise bestimmen wir in der Runde, in der wir den König meucheln wollen, dass alle Wächter sofort den Palastbereich verlassen, wir haben somit freie Bahn zum schutzlosen Monarchen. Im Gegenzug hat uns jemand anders vor 2 Runden die Palastwachen verstärkt als wir bereits eingedrungen waren, diese haben uns prompt wieder rausgeworfen.

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    Am Start der Runde bekommt man rollenspielgetreu eine Quest. Diese führt uns zu einem zufälligen Feld auf dem gesamten virtuellen Brett und ist mit einer kleinen Geschichte versehen. Zusätzlich ziehen wir zu Beginn jeder Runde Handkarten, angeglichen auf unseren Scharfsinn. Je nachdem was man gerade am Dringendsten benötigt kann man zwischen einem Gegenstand, einem Zauber oder einer List-Karte wählen, verdeckt natürlich. Um diese Karten auszuspielen zieht man sie vom linken Rand auf das jeweilige Feld, was sich nahtlos ins Gameplay einfügt. So können wir unsere Bewegungspunkte erhöhen, Gegner schädigen oder einfach Gegenstände anlegen. Insgesamt gibt es 138 verschiedene Karten, für Abwechslung ist somit garantiert. Ausserdem kostet das Ausspielen einer Karte meist Gold oder Magie. Gold erhalten wir automatisch mit jedem Tag, und dieses Einkommen erhöht sich indem wir Siedlungen besetzen. Natürlich gibt es aber noch mehr Möglichkeiten, etwa indem man Dungeonfelder mittels Münzwurf erforscht oder gegnerischen Spielern, auf die ein Kopfgeld ausgesetzt ist, nach dem Leben trachtet.

    Wenn es dich gibt rette mich R N Gesus

    Da Würfel ein elementarer Teil von Brettspielen sind, ist natürlich ein gewisser Glücksfaktor vorhanden, der wichtige Situationen entscheiden kann. Meistens würfelt man bei Kämpfen oder sogenannten „Perils“, eine Art Herausforderung. Die Würfel werden auch durch die Tageszeit beeinflusst. Würfeln wir am Tag eine Sonne zählt dies als Bonus zu unserem Angriff, in der Nacht jedoch nicht, hier bräuchten wir den Mond. Ist unser Held frei von der Fäulnis, dann trifft er auch mit dem Wyld-Würfel, sollten wir aber korrumpiert sein, zählt der Wurm.

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    Wer also auch bei Mensch-ärger-dich-nicht relativ schnell ein leichtes Zucken über dem Auge bekommt sollte vielleicht zwei Mal überlegen bevor er zuschlägt. Zufall ist eben Zufall. Bei den Perils müssen wir die angezeigten Symbole würfeln, um die Herausforderung zu bestehen, ist also auch vom Glück abhängig, das man nur sehr wenig beeinflussen kann. Immerhin kann man Karten mit den entsprechenden Symbole „verbrennen“, dann muss man dieses Symbol nicht mehr erwürfeln, kleine Hilfestellungen sind also möglich. Daraus können natürlich immer wieder Frustmomente resultieren. Man braucht dringend den Wurf seines Lebens um die Perils die den Palast umschliessen zu bestehen, oder um unseren sicheren Tod zu verhindern. Aber die Würfel bilden nur ein großes „NOPE“ vor unseren Augen, symbolisch. Mistkröte. Böser Würfel.

    Beim virtuellen Ableben verlieren wir all unsere Handkarten und starten auf unserem ursprünglichen Ausgangsfeld. Dies kann man unter Umständen geschickt ausnutzen um den Weg zum nächsten Questfeld zu verkürzen, denn wir haben nur eine beschränkte Anzahl an Bewegungspunkten pro Runde zur Verfügung. Und jeden Tag ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass jemand den schwächer werdenden Löwenkönig attackiert. Ärgerlich ist so ein Tod allemal, da wir vielleicht gute Karten verlieren, wertvolle Zeit verstreicht, und eventuell einen weiten Weg zu unserem nächsten Ziel zurücklegen müssen. Vorsicht ist also jederzeit geboten, fiese Fisimatenten sind erwünscht und ein wichtiges Mittel zum Sieg für jeden Teilnehmer.

    Auf auf ihr müden Hasen, hört ihr nicht den Jäger blasen

    Armello hat aber auch mit Problemen zu kämpfen. Für eine Runde mit Freunden oder Feinden muss man sich zumindest eine gute Stunde Zeit nehmen. Sollte man in dieser Zeit einen Disconnect erleiden hat man aber keine Möglichkeit mehr in das Spiel zurückzukommen. Ärgerlich, da uns dieses Spiel dann einfach nicht angerechnet wird weil wir es nicht beendet haben. Ausserdem gibt es am Ende jedes Onlinespiels eine Kiste oder einen Schlüssel als Belohnung, in denen wir unter Anderem neue Würfel für unser Spiel freischalten können. Auch diese erhalten wir bei einem Verbindungsabbruch nicht. Weiters ergibt sich dadurch auch eine „AFK-Problematik“, da einige Spieler einem Spiel beitreten und nichts tun, um möglichst schnell zur Belohnung am Ende zu gelangen. Hier versucht League of Geeks aber bereits gegenzuarbeiten.

    Auch der implementierte Shop, in dem man Skins und Würfel für Geld kaufen kann, stand in der Kritik. Obwohl man sich keinerlei spielerische Vorteile kaufen kann, hat der Preis für einzelne Skins Aufmerksamkeit erregt. 7 Euro für einen Skin erscheint in Relation relativ teuer, zumal der DLC auf 10 Euro kommt, mit dem man aber 4 neue Helden erhält. Andererseits muss man sich die Skins ja nicht kaufen dies steht jedem frei und niemand erleidet dadurch einen Nachteil. Die Kritik an absurd hohen Preisen wäre natürlich gerechtfertigt, aber mit 7 Euro ist für den Autor noch keine Grenze überschritten.

    Glück und Pech spielen natürlich eine Rolle. Bei einer anhaltenden Negativserie kann der Eindruck der Machtlosigkeit schon Überhand nehmen. Alle festgelegten Pläne und Taktiken der Welt helfen bei einer verhexten Wurfhand nichts. Auch ein gemeiner Konkurrent, der uns wiederholt in den Rücken fällt und tötet kann frustrieren, weil man einfach dringend benötigte Zeit und Gold verliert. Gehört natürlich zu einem Brettspiel dazu, aber kann einem aufgrund des in den Vordergrund tretenden Zufallsgenerators schon mal drölf graue Haare einbringen. Wer aber eine harte Haut hat und Brettspiele allgemein mag, dem sei Armello ans Herz gelegt. Für 20 Euro kann man sicherlich Stunden in diesem Spiel verbringen, da man ja auch Taktiken ausprobieren kann und jedes Spiel etwas Neues bringt. Unentschlossenen sei geraten, dass sie auf einen Sale warten. Nach einem stressigen Tag kann man unter Umständen auch mit Armello abschalten. Ausser RNGesus spielt mit seinen gezinkten Würfeln mit.

    Über den Autor

    Juetas
    Computerspieler aus Leidenschaft bei Tag. Schläfer bei Nacht. Versucht mit Worten umzugehen und damit Meinungen zu PC Spielen zu formulieren. Über einen Besuch auf meinem Blog (https://taschtestet.wordpress.com/) freu ich mich natürlich. Aber nur wenn ihr lieb seid. Ach, egal, kommt einfach.

Kommentare

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  1. Juetas
    Hm, dann hab ich da wohl zu schlampig gelesen, wird korrigiert. Danke!
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  2. StaticZero
    Inhaltlich. Barnaby kriegt kein Gold zurück, sondern die Ausrüstungskarte mit entfernten Kosten.
    Und Zoshas Vorteil liegt eher im Erhalten von Tarnung jede Nacht.
    Angriffe aus der Tarnung verhindern, dass Gegner Karten verbrennen können.
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  3. Juetas
    Danke :) Meinst du grammatische Fehler oder inhaltliche? Hab das nämlich wirklich mehrmals gegenlesen lassen und selbst auch geprüft, hab ich trotzdem was übersehen? :D
  4. StaticZero
    Schöner Beitrag, wenn auch nicht fehlerfrei. :)

    Ich spiele Armello seit Monaten und finde es bis heute echt klasse.

    Man sollte aber auch noch erwähnen, dass nur Spieler mit einem x64 Bit Betriebssystem weiterhin updates erhalten. Alle anderen müssen sich mit Version 1.4 zufrieden geben.
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