Keine Ahnung, ob es überhaupt noch stimmt, aber das Bild vom zockenden Opa will noch niemandem so richtig in den Kopf. Gerade wir Deutschen haben immer noch das Bild vom hart arbeitenden Handwerker in den Genen, unabhängig heutiger Gender-, Emanzipations- und Wandeldebatten. Im Grunde ein altbackenes Denken. Und je älter man wird, um so abgebrühter und begeisterungsresistenter soll man sein, Ruhe ausstrahlen und bitte nicht zu emotional.
Auch dem allgemeinen Gamer haftet dieses Dilemma an. Als ich noch Kind war, durfte ich ja quasi alles spielen, was ich wollte – Hauptsache die Erwachsenen hatten mal Zeit für sich selbst. Computerspiele waren dabei die beste Ablenkung, je mehr Bedeutung sie für mich hatten. Da ich mit dem Brotkasten aufgewachsen bin, kann ich den Stellenwert von Heimunterhaltungsgeräten gut wiedergeben, denn zu Zeiten von Atarikonsolen, VHS-Kassetten oder den ersten CDs nahm das Entertainment in den eigenen vier Wänden durch seine Neuheit und Innovationskraft viel Platz in meinem Leben ein.
Filme gucken und spielen, Musik entdecken und sammeln, da fühlten wir uns wie in einem Superstore und holten uns unsere Kurzzeitbefriedigung ab. Irgendwann hat man ein Hobby, das so lange okay zu sein scheint, wie es dem Alter angemessen sein sollte, ist also eine Konvention in den Köpfen der Bürger. Das geht sogar so weit, dass die Glaskugelleser auf den Plan kommen, die bald sagen: „Mit dem Alter wird sich das schon legen.“. Irgendwann treten andere Interessen ins Leben, und man scheint am Mehrheitsprinzip ausmachen zu können, welche das sind. Nun – ich selbst kann nur schwer nachvollziehen, wie Beruf und das klischeebeladene Dauerprojekt Hausbau oder auch das private Kleinunternehmen Autoökonomie ein Leben bestimmen kann. Es will mir nicht wirklich in den Kopf, warum man sich ein Auto kauft, dabei vorrangig den Wiederverkaufswert im Hinterkopf behält und dieses Prinzip als Lebensinhalt betrachtet.
Ich brauche natürlich auch ein Auto, aber erstens mag ich die Farbe grau nicht (weiß schon gar nicht), und zweitens will ich mich auch vollends in der Karre wohlfühlen und nicht nur das Pragmatische darin sehen. Also fahre ich meine indigoblaue Schüssel, bis sie irgendwann auseinanderfällt oder ich wie bei einem Spielzeug genug davon habe. Games haben noch nicht einmal diesen Stellenwert. Games sind im allgemeinen Bewusstsein eine Lebensabschnittslaune, verortet im Alter von ca. zehn bis höchstens fünfundzwanzig Jahren. Danach sollte man eben Autoschrauber oder wie schon erwähnt Privatunternehmer werden und sich nicht mit brotlosem Zeug auseinandersetzen. Irgendwie irre, wie wir unsere jugendliche Begeisterungsfähigkeit plötzlich ablegen und das Gegenteil leben können bzw. sollen.
Natürlich ist der Einfluss durch Änderung der Lebensverhältnisse ein wichtiger Faktor. Mitten im Beruf und in der Verantwortung für Haus und Familie muss einem die Realität des Alltags bewusst sein, der Kampf und Lohn und Brot ist das Thema Nummer Eins, das unser späteres Leben bestimmt. Aber sollen wir dann völlig unsere Leichtigkeit verlieren und alles Schöne oder Unterhaltsame aus unseren Köpfen tilgen? Na, sicher nicht. Vielleicht hat sich in der Generation, in der ich groß wurde, eine Werteverschiebung eingestellt, denn passiert es immer häufiger, dass ich mich mit Gleichaltrigen über das Hobby Spiele auslassen kann. Vor zwanzig, dreißig Jahren wäre es noch verpönt gewesen, als Ü40 zuzugeben, dass man gerne Computerspiele spielt.
Mittlerweile muss man die Debatte anders führen, denn haben Spiele heute ein wenig mehr Akzeptanz inne als noch zu meiner Jugendzeit in den 80ern. Mit den Smartphones wurden Spiele in den Alltag integriert, durch den Casualstatus sogar mit den Fernsehabenden auf der Couch gleichgesetzt worden. Übergreifend werden sie mit dem Attribut der Ablenkung vom harten Alltag gerechtfertigt. Schielt man nämlich mal (natürlich rein unabsichtlich) auf anderer Leute Handy, stellt man fest, dass selbst rüstige Rentner gerne mal Drei-gewinnt-Spiele spielen oder sich gerade ein mittelalterliches Dörfchen aufbauen. Öffentlich darüber reden tun wir allerdings nicht, das setzt man dann doch ein wenig mit der privaten Pornosammlung gleich – viele haben sie, geben es aber ungern zu. Bei Vollpreistiteln versucht man eher, mit Schlagworten oder Zitaten nach Gleichgesinnten Ausschau zu halten. Es ist ein Schritt in die Normalität, aber immer noch ein Thema für unter die Ladentheke.
Inwiefern unser aller Hobby mit Unsinnigkeit und als wenig wertschöpfend erachtet wird, sollten gerade die Verächter mal nachfragen, was denn ihr Interesse für die Allgemeinheit bietet. Die Märklin-Eisenbahn, der Oldtimer in der Garage, der Gartenfreak, dem ständig was Neues einfällt. Auch das kostet Unmengen an Geld und hat im Nachhinein nur einen Zweck, nämlich den der persönlichen Befriedigung. Und wir daddeln eben dafür. Genau das Gleiche. Warum also diese pathologische Feindseligkeit gegenüber dem Gaming? Ich kann mir das nur mit der Diskrepanz der Weltbilder erklären, in der konservative gegen progressive Kräfte antreten; doch ist diese kein spielerischer Wettbewerb, sondern bitterer Ernst.
Bei einer Sache muss man den Kritikern jedoch recht geben: Entwickler produzieren ihre Spiele viel zu selten gewaltfrei und wirken – wenn überhaupt – recht bemüht in ihrer Erzählweise. Die Metaebene kommt viel zu selten zum Tragen, das Image von Games sind oft von ihren heroischen Figuren geprägt, wie sie grimmig dreinschauend in kriegerischen Posen dastehen, mit überdesignten Waffen im Anschlag. Das mag nur ein erster Eindruck sein, aber bestätigt auch im Spiel die Fokussierung auf Optik, Mechanik und Coolnessfaktor. Ein Glück, dass sich über die Jahre eine Indieszene herausgebildet hat, die eher auf Wirkung und Inhalt Wert legt. Ähnliches ist momentan übrigens im Kino zu beobachten.
Ich grinse schon in mich hinein, weil... nun ja, vielleicht habt Ihr es auch bemerkt... weil ich schon ein wenig konservativ klingen mag. Ich denke, ich habe einen differenzierten Einblick in Spiele gewonnen und war auch nur in bestimmten Entwicklungsstadien uneingeschränkt begeisterungsfähig. Irgendwann ist der Punkt gekommen, da konsumiert man nicht mehr jeden Mist, ohne darüber nachzudenken, dazu kommt vielleicht noch meine kritische Grundhaltung, die sich über die Jahre entwickelt hat. Aber sitze ich immer noch gerne an meine Maschine und zocke. Vielleicht sitze ich noch im stolzen Rentenalter daran und darf mich selbst als Exot bezeichnen – vielleicht ist das Thema aber auch endgültig vom Tisch und wir sitzen alle als zockende Opas und Omas an unseren Kisten.
Und freuen uns wie kleine Kinder...
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