Remakes, Remaster, Neuauflagen... aber warum eigentlich?

Von Software-Pirat · 25. Februar 2020 · ·
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  1. Nun ist es da: Warcraft 3: Reforged, die Neuauflage des legendären Strategietitels Warcraft 3 von Blizzard. Und zur großen Überraschung ist es keinesfalls der große Hit geworden, sondern eher eine große Enttäuschung für die vielen Fans. Nun, warum das so ist, möchte ich an dieser Stelle jetzt nicht ausführen. Dazu gibt es schon genug andere Artikel. Zudem kann ich es auch gar nicht, weil ich Warcraft 3 tatsächlich nie gespielt habe. Warum? Nun, weil es mich damals im Jahr 2002 nicht interessiert hat, und es heute immer noch nicht tut. Dabei bin ich mir durchaus bewußt, daß es sicher ein gutes Spiel ist, welches sicher auch mir Spaß machen würde. Nur hat es mich nie besonders gereizt. Genauso übrigens wie Starcraft, was ich sogar eine Weile gespielt habe. Der große Funke ist dabei nie übergesprungen, obwohl ich durchaus meinen Spaß damit habe.

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    Eine wohl eher nicht gelungene Neuauflage, zumindest wenn es nach der Reaktion der Community geht: Warcraft III - Reforge. Aber was macht den eine gelungene Neuauflage aus? Das Bild ist übrigens geklaut von https://wccftech.com.

    Nun soll das Thema dieses Beitrags nicht sein, warum mir Blizzards Spiele jetzt nicht so reizen. Eigentlich wollte ich mich eher mit der Frage auseinandersetzen, warum wir überhaupt eine Neuauflage eines uns schon bekannten Spiels beschäftigen sollten? Ist es wegen der besseren Grafik bzw. Technik? Oder steckt mehr dahinter?

    Nun, nur wegen der Grafik würde ich zumindest die Neuauflage erstmals liegen lassen. Allerdings mag es auch daran liegen, daß ich in diesem Punkt relativ schmerzfrei bin. Ich habe auch keine Probleme irgendwelche alten Nintendo-Spiele, die älter als dreißig Jahre sind, mich zu beschäftigen, oder sogar mit irgendwelchen alten Coleco Vision Spiele (man denke nur an meinen Artikel über Smurf: Rescue in Gargamel‘s Castle). Und das alles bei einer Grafik, die bei anderen sofort Augenkrebs verursachen würde (was natürlich Quatsch ist, sonst hätten viele von den älteren Spielern die 80iger Jahre nicht überlebt). Klar, natürlich sieht so eine HD-Neuauflage besser aus, und bei manchen Strategietiteln, wie Age of Empire macht das sicherlich auch Sinn, weil man einen besseren Überblick bekommt. Aber wenn sich sonst am Spiel nicht ändert? Wenn es sich weiterhin genauso steuern läßt, wie die alte Version und auch genauso viel Spaß macht? Warum soll ich dann die HD-Auflage spielen? Oder noch wichtiger? Wieso sollte ich diese mir von meinem hart verdienten Geld kaufen?

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    Tomb Raider Anniversary ist ein gelungenes Remake des ersten Tomb Raider. Storytechnisch erfährt man zwar nichts neues, aber die Grafik sieht natürlich viel besser aus.

    Okay, ein wichtiger Grund mag vielleicht der sein, daß die alte Version auf neuen Rechnern wohl nicht mehr laufen will, und ein HD-Remaster da elegant aus der Patsche hilft. Und ich vermute mal, die wenigsten haben für solche Fälle noch einen alten DOS-Rechner mit 486-Prozessor unterm Schreibtisch stehen (+ Röhrenmonitor, der aber auf dem Schreibtisch). Und wahrscheinlich wollen sich auch die wenigsten mit DOS-Box bzw. anderen Emulatoren herumschlagen, was ich sogar ein wenig nachvollziehen kann. Der Amiga-Emulator WinUAE will schon ein wenig konfiguriert werden, vor allem, wenn man ihn richtig nutzen will. Somit könnte man gewissermaßen bei einem HD-Remaster auch von einer Konvertierung auf ein neues, modernes System sprechen.

    Und da gibt es noch die Leute, die aus welchen Gründen, das damalige Original verpaßt haben, weil sie zu jung waren, sich dafür nicht interessiert haben, das falsche System besaßen („Mist, hätte ich doch mir ein Super Nintendo statt ein Mega Drive zu Weihnachten wünschen sollen!“) oder einfach das Taschengeld zu klein war. Für solche Leute, wie z.B. ich in Falle von Warcraft 3, wäre das ja eine gute Gelegenheit. Dumm nur, daß ich keine Hemmungen habe, mich mit Emulatoren zu beschäftigen und mich zudem Warcraft 3 immer noch nicht richtig anmacht.

    Anders gesagt, für mich zumindest muß eine Neuauflage mehr bieten, als nur bessere Technik. Dazu paßt ja daß gerade ein Remake für Gothic angekündigt wurde. Und sich gleich die Frage stellt, wieviel Änderungen noch okay sind. Ich würde sogar noch die Frage stellen, wieviel Änderungen gemacht werden müssen, damit ein Remake eine Daseinsberechtigung hat. Reine HD-Neuauflagen, wie zum Beispiel die Special-Edition von Skyrim, haben für mich immer den Eindruck, daß der Publisher versucht nochmals schnell ohne großen Aufwand noch etwas Geld zu machen. Insbesondere, wenn die alte Version noch gar nicht mal so alt ist, und die neuere Grafik sich auch durch Mods bekommen läßt.

    Aber wahrscheinlich hat da jeder eine eigene Meinung. Für einige mag ein reines Grafik-Update für Gothic z.B. vollkommen ausreichen, weil ja Gothic ohnehin schon fast perfekt ist. Persönlich sehe ich das zwar anders, insbesondere eine angenehmere Kampfsteuerung würde ich bevorzugen, aber für mich selbst war Gothic auch nie so sensationell, auch wenn ich die Spielwelt und Atmosphäre schon sehr gefallen hat. Kurz gesagt, ich hätte schon gern ein paar Neuerungen neben moderner Grafik. Das muß doch möglich sein, oder? Ansonsten kann ich ja gleich wieder zum Original greifen.

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    Die Scumm-Bar im Remake von The Secret of Monkey Island. Sieht natürlich um einiges besser aus, als im Original (abgesehen von Guybrush Frisur natürlich), hat Sprachausgabe, ist aber spielerisch identisch. Da kann man sich schon fragen, ob sich der Kauf lohnt, auch wenn das an sich Spiel natürlich genial ist.

    Natürlich gibt es da auch die berühmten Ausnahmen von der Rege. Natürlich habe ich die Special-Edition von Monkey Island 1 & 2 gespielt, genauso wie auch bei Leisure Suit Larry, obwohl ich in beiden Fällen das Original kannte. In Falle von Leisure Suit Larry waren es sogar die beiden Neuauflagen, einmal die VGA-Version von 1991 und dann die Reload-Version von 2013. Letztere bot immerhin ein paar neue Rätsel und einen neuen Abschnitt, während erstere einfach bessere Grafik und sich bequem per Maus steuern ließ. Abgesehen davon, daß die Dame im Obergeschoss von Leftys Bar nun eine dunkle Hautfarbe besaß… Aber lassen wir das mal.

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    Ist im Remake enthalten, wenn auch nur in der englischen Version: die klassische Version von The Secret of Monkey Island, mit Sprachausgabe. Tolle Idee!

    Die Special-Edition von Monkey Island fand ich durchaus gelungen und sie hat mir sehr gefallen. Natürlich ist es im Prinzip dasselbe Spiel, die selbe Witze, dieselben Rätsel, derselbe Grafikstil. Dafür gibt es endlich mal Sprachausgabe (wenn auch nur in Englisch) und es sieht wirklich deutlich besser aus (außer der Frisur von Guybrush im ersten Teil), als das Original. Schön auch, man kann immer und jederzeit auf das pixelige Original umschalten. Tolle Idee! Und das Original mit Sprachausgabe aufgewertet wurde ist cool. Schade, daß es nur die englische Version ist. Ein Kritikpunkt habe ich aber noch. Schade, daß in der Neuauflage nicht meine geliebten Anklickverben nicht mehr da sind. Sie machten die Rätsel auf angenehme Weise komplexer, weil man mehr Optionen hatte, was die Entwickler durchaus zu nutzen wußten. Im Original des zweiten Teiles konnte man die gute Käpt’n Kate Capesize nicht nur ansprechen und anschauen, sondern auch drücken, benutzen, nehmen, etc… Probiert das mal mit einer modernen Adventure-Steuerung!

    Aber jetzt Schluß mit der Jubelei über Monkey Island. Das soll hier nicht das Thema sein. Die beiden Neuauflagen von Baldur’s Gate habe ich mir auch angetan, und zumindest beim zweiten Teil frage ich mich immer noch, warum eigentlich? Die wenigen Änderungen lohnten sich eigentlich nicht, damit ich mir das Spiel ein zweites Mal kaufte. Zugegeben, ich habe nicht viel Geld bezahlt, da ist es schon okay. Im Falle des ersten Teils fand ich die Neuerungen sogar okay, auch wenn Baldur’s Gate eigentlich nur in die Engine des zweiten Teiles übersetzt wurde, was bei mir zumindest mit Mods nie so richtig geklappt hat. Für ein paar Euros ist das okay, für einen Vollpreistitel aber definitiv zu wenig.

    Zugegeben, ein vernünftiges Remake ist ja auch nicht so einfach. Schließlich darf sich an der Story und den grundlegenden Spielablauf nichts ändern. Bei einem Adventure wie Monkey Island bleibt da zwangsweise nicht viel Raum für Neuerungen. Und das Spielgefühl sollte ja das selbe sein, wie damals im Original.

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    Die Neuauflage des ersten Baldur's Gate in der Engine des zweiten Teils. Irgendwie fehlt hier die Existensgrundlage, da man mit Mods das selbe (durchaus lohnenswerte) Ergebnis erreichen kann. Für Neueinsteiger und modfaule Veteranen ist das natürlich eine tolle Sache.

    Nun, das mit dem Spielgefühl ist jetzt so eine Sache. Eigentlich sollte das Spielgefühl ja nicht so sein, wie es damals war, sondern so, wie wir glauben, daß es damals war. Das kann durchaus ein riesiger Unterschied sein. Anders gesagt, eigentlich sollte das Spielgefühl besser sein, als es in Wirklichkeit war, wir sollten aber glauben, es wäre das damalige. Nur ist es mit den Gefühlen so eine Sache. Wirklich greifbar sind sie nicht. Streng genommen werden wir das Spielgefühl von damals, als wir unsere Lieblingsklassiker kennen gelernt haben, sowieso nicht wieder erleben. Das liegt wohl daran, daß wir älter geworden sind, mittlerweile auch anders, moderneres gewohnt sind. Im Falle von Neuauflagen von alten Konsolenspielen mag es auch daran liegen, daß sich unser heutiges Joypad anders anfüllt, als der damalige, viereckige NES-Controller, der alles andere als ergonomisch geformt war. Und von der Standard-Amiga-Maus will ich gar nicht reden.

    Wer also, daß Spielgefühl von damals haben will, muß wohl oder übel aus das Original zu greifen, und dann auch noch am besten auf der Original-Hardware, für die das Spiel damals entwickelt wurde. Das mag in der heutigen Zeit relativ egal sein, weil sich PC, PS4 und XBOX in ihrem technischen Innenleben sehr ähnlich sind, aber es gab mal eine Zeit, wo das nicht so war. NES und Master System waren technisch sehr unterschiedlich, genauso, wie der PC und der C64. Da gingen beim Umsetzungen schon mal das ein oder andere Detail verloren und das ein oder andere mußte geändert werden. Somit war wohl jede Konvertierung nie so gut, wie das Original, weil die Umsetzung wegen der anderen Hardware, nie so sein konnte, wie die ursprüngliche Version gedacht war.

    Ob diese letzte Aussage, wirklich so stimmt, wage ich zu bezweifeln. Konami, als sie noch cool waren, brach regelmäßig diese Regel. Deswegen kann natürlich ein Remake, Remaster oder wie auch immer man es nennen will, wie z.B. Konvertierung auf ein modernes System, besser sein, als das Original. Aber halt auch schlechter. Alte Klassiker im modernen Gewand wieder im modernen Gewand zu präsentieren hat zugegebenermaßen einen charmanten Reiz. Wichtig ist, zumindest meiner Meinung nach, daß das Ergebnis Spaß macht, und ich wirklich einen Grund bekomme, daß Spiel ein weiteres Mal zu erwerben. Das mag durchaus Nostalgie sein, gepaart mit einer gesunden Portion Neugier. Das klappt natürlich besser bei einem Spiel, was ich von früher schon kenne, oder mich zumindest früher schon interessiert hat. Interessant wäre auch mal festzustellen, inwieweit solche Remakes bei jüngeren Spielern ankommen, welche die alten Klassiker eben nicht kennen gelernt haben, weil sie damals noch zu jung waren, oder vielleicht sogar nicht geboren waren. Hat eigentlich irgendeiner zum Gothic-Remake ein Kommentar abgegeben, der sinngemäß so lautete: „Ich freue mich darauf, weil ich bislang das Original nicht gespielt habe ich aber viel Gutes über das Spiel gehört habe?“ Würde mich mal interessieren.

    Tja, zum Abschluß möchte ich noch festhalten: Neuauflagen haben sicher ihre Daseinsberechtigung, wenn man sie richtigmacht. Gemeinerweise, sieht das wahrscheinlich jeder anders und das schwierige ist wohl, daß man allen man es sowieso nicht Recht machen kann. Bin mal gespannt darauf, wie das Gothic-Remake wird. Und wann endlich jemand eines zu History Line 1914 - 1918 macht! Oder zu Dynablaster! Oder zu Rainbow Six: Rouge Spear! Oder zu…

    Über den Autor

    Software-Pirat
    Irgendwann bekam der Software-Pirat mal einen NES zu Weihnachten geschenkt, obwohl er sich bislang für Video-Spiele nicht interessierte. Aber von da an ging es los. Später kam noch ein Amiga 500 ins Kinderzimmer, dann einen Amiga 1200. Ein PC gab es erst später. Seitdem gehören PC-Spiele zum Hobby des Software-Piraten.

Kommentare

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  1. Roadwarrior
    Guter Artikel. Ich hatte das Thema auch schon per Blog "beklagt". Im Grunde stimme ich Dir zu, ab und an eine sehr gute Neuauflage hat sicher ihren Mehrwert...die "generelle" Welle die da grad aber herrscht und die offenbar nur dazu dient mit alten Klassikern nochmal Kasse zu machen ist aber ärgerlich und nervt. Ich kaufe auch keine Remakes bzw. Remaster mehr, weil ich diesen Unsinn nicht unterstützen möchte.
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