Oculus Go - In Isolation mit Virtual Reality

Von Tsabotavoc · 19. März 2020 · ·
Wie mich die Coronapandämie in die virtuelle Realität trieb - ein Erfahrungsbericht.
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  1. Nachdem unser Kanzler beschloss das es sowas wie Privatleben in Österreich nicht mehr geben darf weil Corona dich beim Brettspiel erwischt, nicht aber in der Fabrik mit hunderten Leuten, entschloss ich mich den letzten Tag mit geöffneten Elektronikläden zu nutzen. Es ging um eine dieser Kaufentscheidungen die ich schon länger mit mir hertrage: Den Kauf von Ear Ins mit Geräuschunterdrückung.

    Hinaus spazierte ich mit einer Oculus Go und einer Columbo DVD. Zugegeben: Mit meiner ursprünglichen Kaufabsicht hatte das nichts zu tun aber es ist immer noch rationaler als sich 500 Rollen Klopapier zu kaufen.

    Als die Oculus Quest rauskam habe ich lange mit mir gerungen. Man weiß ja nichts genaues nicht. Wie reagiert man darauf? Wird man kotzen? Wenn ja: Wie viel? Und wird es überhaupt Spiele geben? Und wenn ja: Sind die zum Kotzen? Aber für 220 Euro?

    Zugegeben: Für viele immer noch eine Menge Geld aber wofür soll ich mein Geld denn in den nächsten Wochen ausgeben? So ohne Kino? Ohne Bars? Ohne Brettspielclub und ohne Bogenschießen? Gedacht und gekauft!

    Feel the cheapness
    Ich könnte nun ein Foto der Oculus Go posten aber wozu? Sie sieht aus wie diese VR Brillen halt aussehen und man selber sieht aus wie ein Vollidiot sobald man sie über den Kopf stülpt. Das Auspacken war ein Kulturschock. Die Brille selbst - wow - die sieht wirklich gut und toll verarbeitet aus und fühlt sich toll an. Aber der Controller?

    Ich dachte mir: "Das ist das billigste Eingabegerät das du jemals in der Hand gehalten hast alter Junge.
    Generell wurde Mut zur Lücke bewiesen: In der Schachtel findet man ein kleines Putztüchlein, die VR Brille, einen Brilleneinsatz, einen Controller und ein USB Kabel. Kein USB Netzteil weil Oculus/Facebook wohl denkt: "Netzteile hat doch eh jeder mittlerweile 20 zuhause rumliegen"

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    Ok nun doch das Bild. Das ist der Packungsinhalt. Mehr ist nicht drin. Aber wie gesagt: Es ist ja auch kein besonders teures Produkt. Beachtet den Controller und die AA-Batterie


    Die Inbetriebnahme selbst war in 5 Minuten erledigt: Einen Oculus-Account erstellt, den Controller mit der beiliegenden Batterie gefüttert und das Headset übergestülpt. Mir wurde fast sofort schlecht vom Plastikgeruch und ich arbeite in der Kunststoffindustrie. Ein wahres Wunder der Chemie das ich da auf dem Kopf trage... Und dann kam.

    DAS WOW!
    Wenn ich Oculus einen Marketing Tipp geben darf: Filmt den Gesichtausdruck von Leuten die das erste Mal ein VR-Headset von euch verwenden. Ich kann es nicht mit Sicherheit bezeugen aber wenn in meinem Gesicht nicht ein fettes Grinsen war wäre ich überrascht.

    Das Bild war überraschend scharf. Bei 220 Euro darf man ja nicht viel erwarten aber das sah richtig gut aus. Laut technischen Daten hat die Brille eine Auflösung von 2560x1440 Pixeln. Ist das viel? Ist das wenig? Tatsächlich dürfte es identisch sein mit der Oculus Rift S die das Flaggschiff von Oculus darstellt. Kurz gesagt: Von der reinen Auflösung muss sich die Brille also wohl nicht vor den Topmodellen verstecken.

    Abstriche gibt es aber trotzdem, vor allem gegenüber der Quest: Die Quest kann Bewegungen der Hände und des Kopfes erfassen. Wenn man den Kopf also bei der Quest nach vorne neigt, neigt man ihn auch im Spiel nach vorne. Wenn ich bei der Quest die Hand nach vorne strecke, strecke ich sie auch im Spiel nach vorne.

    Das alles kann die Oculus Go nicht. Die Oculus Go erfasst nur die Drehung und Neigung des Kopfes sowie die Neigung des Controllers. Nicht aber deren Positionen im Raum. Das ist wohl die größte Achillesferse der Oculus Go. Zumindest auf der technischen Seite...

    Die Spiele und die Apps...
    Liest der Typ aus der Oculus Marketing Abteilung noch mit? Gut. Ihr braucht mehr Spiele. Ambitionierte Spiele. Gute Spiele. Mein erstes Spiel auf der Oculus Go war Cursed Sanctum.

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    Der Typ sind wir. Sieht nicht so beeindruckend aus oder? Aber wenn das nun so wäre als würde er direkt neben euch stehen? VR ist schwierig: Ihr müsst mir einfach glauben dass das umwerfend aussieht.

    Man spielt darin einen Krieger der durch Multiple Choice und in Quicktime durch eine alte Tempelruine streift. Nicht aufregend oder? Aber in VR? Da sieht das anders aus. Als ich den Opferaltar sah auf dem die fiesen Priester wohl die armen Dorfbewohner getötet haben die mir den Auftrag gaben hierher zu reiten fröstelte mich fast. Und der erste Kampf gegen einen der düsteren Bewohner des Tempels war das Packendste in 20 Jahren Gamingkarriere... Und dann war der Spaß nach 10 Minuten zu Ende. Ok: Cursed Sanctum war kostenlos aber warum gibt es im Store so wenig Spiele die an die Qualität von Cursed Sanctum heranreichen? Warum haben die Entwickler von Cursed Sanctum am Ende des Spiels nicht eingeblendet: "Danke für das spielen der Demo. Kaufen Sie das volle Spiel JETZT für 50 Euro!"

    Ich glaube das wären die am schnellsten verdienten 50 Euro der Menschheitsgeschichte gewesen.

    Es gibt die ambitionierten, guten Spiele. Aktuell spiele ich mit Begeisterung "Augmented Empire" Es ist ein Rundentaktikspiel ala XCOM in einem Steampunkszenario mit einer dystopischen Geschichte. Man sitzt als eine Art Commander bequem in seinem Sessel und sieht das Schlachtfeld, wie ein Brettspiel, von oben. Und das nutzt die Räumlichkeit voll aus: Da sind riesige Gebäude auf den Seiten und man könnte fast zu den Balkonen greifen. Man möchte sich nach vorne beugen um hinter die Wände zu schauen ob da nicht noch etwas Brauchbares rumliegt. Und es hat einen großartigen Humor...

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    Für 10 Euro macht man nicht viel falsch und auch am PC wäre das ein schlicht und einfach gutes Spiel. Warum es das nicht auf Steam gibt ist ein Mysterium das die Menschheit noch lösen muss.


    Das einem von VR leicht schlecht werden kann ist auch Oculus bekannt weshalb die Apps in mehrere Komfortstufen eingeteilt sind. Über "Angenehm" habe ich mich nur einmal rausgetraut. Eine Simulation die mich auf die ISS schickt weil mich das einfach brennend interessiert. Ich hätte fast im Strahl gekotzt nach 10 Minuten. Als Astronaut bin ich wohl eine Fehlbesetzung.

    Was mir am besten gefällt?
    Ich werde nun ehrlich sein: Am besten bisher gefällt mir Youtube, Netflix und Twitch. Man setzt die Brille auf, setzt sich auf die Couch und fühlt sich wie im Kino. Eine riesige Leinwand, sogar mit einer netten Heimkinoumgebung drumrum... Ich hatte schon lange nicht mehr so viel Spaß am Serien schauen. Mein Fernseher ist wirklich gut aber das schlägt einfach alles. Ich bin ein begeisterter Kinogänger und die VR-Brille? Die holt mir den Zauber nach Hause.

    Worin die Brille total versagt?
    Die Oculus Go ist als eine Art VR Konsole für unterwegs konzipiert. Selbst wenn wir den Fakt ignorieren, dass man mit der Brille aussieht wie ein Außerirdischer der sofort zu unserem Anführer gebracht werden möchte: Der Akku ist nach spätestens drei Stunden alle. Von der Switch, meinem Spielspaß für unterwegs, bin ich hier einfach anderes gewohnt. Und jedes Smartphone schafft einfach nen ganzen Tag mit links.

    Das Fazit
    Die Oculus Go ist ein tolles Produkt und ich persönlich denke nun das VR-Spielen die Zukunft gehört wenn nur die richtigen Leute das in die Hand nehmen. Facebook und Oculus nehmen definitiv ne Menge Geld in die Hand um VR den Durchbruch zu verschaffen aber der Großteil der Spiele im Store ist, mit Verlaub, nicht mehr als simple Handyspielchen oder gleich komplett furchtbar. Die CD-Laufwerke traten ihren Siegeszug an als Rebel Assault auf die PCs kam. Ich war damals einer der ersten Leute die sich eins mit ihrem mageren Taschengeld kauften. Soundkarten mit der Sprachausgabe in Spielen und 3D-Karten mit Spielen wie Tomb Raider und Need for Speed 2. Steam wurde unentbehrlich mit Half Life 2. Jede Neuerung für Spieler wurde dadurch möglich weil es irgendwann die Brecherspiele gab. Die Spiele die viele spielen wollten und auf die man nicht verzichten wollte. Und für die man eben bereit war Geld in die Hand zu nehmen.

    Bei VR sehe ich diese Brecher einfach nicht. Die meisten Spiele sind relativ kurz oder vergleichsweise simpel. Mein Tipp an alle: Bei der nächsten Gamingmesse auf der ihr seid besucht doch mal den Oculusstand für eine Demo oder lasst euch eine Demo zeigen in einem der Elektronikmärkte. Und dann achtet auf euer Gesicht. Wenn es nicht ein fettes Grinsen ist das sich da bei euch einstellt - ich wäre überrascht.

    Ach und was nun mit der Columbo DVD passierte? Die ist in meinem neuen Heimkino am Besten:
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Kommentare

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  1. S.L.A.V.E.R.
    Erstens: Cooles Heimkino Zimmer.
    Zweitens: Müsste man mal Ausprobieren das Gerät.
      Tsabotavoc gefällt das.
    1. Tsabotavoc
      Das Heimkino Zimmer ist cool. Es ist nur leider nicht real sondern nur existent wenn ich die Brille aufsetze. :)

      Es ist rein virtuell.
  2. Der_Vampyr
    Bei mir war es so, dass ich in dem Moment wo ich bei einer Freundin eine HTC Vive auf dem Kopf hatte wusste, dass ich mir selber eine VR Brille kaufen werde. :)

    Heute Abend habe ich endlich Zeit und werde ne Runde Alyx auf meiner Valve Index spielen. Ich freu mich schon riesig. :jump:
      cpt.oneeye und Xiang gefällt das.
  3. Yeager
    Ich hatte ein Grinsen beim Lesen, hoffe, das zählt auch :)
      manfred4281 gefällt das.
    1. Tsabotavoc
      Zählt :D Danke für deine Wertung :)
      Yeager gefällt das.
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