Das Lootboxdebakel

Von Jezzail · 17. November 2017 · Aktualisiert am 21. November 2017 ·
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    Der Sündenbock

    Electronic Arts hat es sich des Öfteren mal mit seiner Spielerschaft verscherzt; das ist nicht gerade eine Neuigkeit. Bereits zwei Mal wurde der Publisher durch den Consumerist zur schlechtesten Firma der USA gekürt - Das war 2012 und 2013. Nennenswerte Titel die in diesem Zeitraum veröffentlicht wurden waren beispielsweise Mass Effect 3 oder auch Battlefield 4; durchaus kontroverse Titel die dennoch von einer maßgeblichen Anzahl an Spielern gekauft und gespielt worden sind. Natürlich lag es nicht allein an einem mit Bugs gespickten Release von Battlefield 4 oder der Unzufriedenheit über die möglichen Enden in Mass Effect 3. EA steht, für den gemeinen Spieler, für den Raubkapitalismus in der Spieleindustrie. Dafür, dass auch mal rigoros ganze Studios wegrationalisiert werden. Westwood, Bullfrog productions, Origin. Große Namen deren Verlust vielen mittleren und älteren Semestern wohl immer noch schwer auf den Schultern liegt. Die Liste der „Schandtaten“ ließe sich noch weiterführen.

    Electronic Arts bemüht sich seither sein Image wieder auszubügeln und betreibt Schadenskontrolle. Sie verschenken Spiele, Addons und verkündeten jüngst, dass es zum aktuellen Star Wars: Battlefront II keinen Season Pass geben würde. Man wolle die Spielerschaft nicht auseinandertreiben. Der Jubel der Community war groß. EA habe tatsächlich den Spielern zugehört. Man konnte fast meinen, EA hätte das unmögliche vollbracht und den Unbeliebtheitstrend umgekehrt. Freilich gab es auch skeptische Stimmen, aber der Tenor muss EAs Management Engelsgesang gleichgekommen sein. Doch es kam wie es kommen musste.



    Die Liste wird länger

    Vor einiger Zeit machte EA Schlagzeilen mit der Schließung des Studios Visceral. Es war bekannt, dass Visceral an einem Einzelspieler-Action-Adventure im Star Wars Universum arbeitete und eben dieses nun nicht mehr (in dieser Form) weiterentwickelt wird. Die Einzelspielergemeinde tobte, doch das war nur der erste Streich. Der jüngste Aufschrei dreht sich um das ursprünglich gefeierte Battlefront II. Stichwort: Mikrotransaktionen. Die Spieler geben sich in geschlossenen Reihen und finden Mikrotransaktionen schlecht. Threads auf Reddit die sich über Battlefront II echauffieren erhalten zehntausende Upvotes und das Thema dominiert schon seit Tagen alle Spielenachrichten. Die Redakteure der Gamestar haben sogar eine Umfrage unter ihren Lesern gestartet und wollen wissen, wie sie die Mikrotransaktionen im Licht von Battlefront II in Zukunft bewerten sollen; was an sich schon sehr kritikwürdig ist.



    Ursache und Wirkung

    Das Problem ist von den Spielern also ausreichend definiert. Da stellt sich nur noch die Frage warum das Problem dann noch existiert? Die einzig mögliche Antwort darauf ist, gesetzt dem Fall dass EA als wirtschaftlich agierendes Unternehmen Gewinne generieren will, dass es sich lohnt. Niemand außer den Firmen weiß wie viele Mikrotransaktionen durch die Spieler zustande kommen. Wenn nun eine große und erfahrene Firma wie EA es schafft ein Spiel ohne Season Pass anzubieten und stattdessen Mikrotransaktionen in diesem Maße einführt, dann muss man nur eins und eins zusammenzählen um zu realisieren wie groß der Markt für Mikrotransaktionen ist, wenn sie zu so einem Schritt in der Lage sind. Die Spieler regen sich auf und kaufen dann als wäre nichts gewesen.

    Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Spieler selbst dafür verantwortlich sind, dass Mikrotransaktionen (und Season Pässe und DLCs und, und, und…) unsere Spielerfahrungen trüben. Es ist nicht weniger als ein Paradoxon dass da von der Gemeinde gepflegt wird.



    „Für Augenblicklichen Gewinn verkaufe ich die Zukunft nicht“

    Grundlegend ist es das erklärte Ziel eines Unternehmens, Geld zu verdienen. Dafür muss man nicht zwingend beliebt sein. Wenn man also als Kunde wirtschaftliche Strukturen, die wenig mit demokratischen Strukturen zu tun haben, verändern will, dann muss man mit seinem Geldbeutel wählen gehen. Das ist ein unmissverständliches Signal das ankommt. Denn es fallen nicht nur Umsatzeinbußen an, sondern es droht bleibender Schaden wenn auch in Zukunft die Kunden ausbleiben. Wenn man jetzt aber bedenkt, dass das gegenwärtige Kaufverhalten der Auslöser für diese Entwicklung ist, dann kann man den aktuellen Shitstorm nicht nur als einen gegen EA gerichteten sehen. Er richtet sich auch gegen uns selbst.

    Zwischenzeitlich ist EA zurückgerudert. Die Frage lautet: Wie lange? Man kann davon ausgehen, dass EA irgendeine Form von Post-release-finanzierung will, schon allein aufgrund der Seasonpass-Inhalte. Im Idealfall begraben die Spieler das Kriegsbeil und gehen mit konstruktiver, wohlformulierter Kritik auf die Entwickler zu. Das verleiht der Ruhe nach dem Shitstorm eine gewisse Seriosität. Dass auch EAs Mitarbeiter sich daran halten sollten, ist selbstverständlich. Am Ende aber wollen die Meisten nämlich tatsächlich einfach Battlefront spielen.

Kommentare

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  1. Reddok
    Du meine Güte. 4 Blogs über Lootboxen auf einmal... Ist heute schon Weihnachten?

    Nun, das von EA angestrebte System war vielleicht nicht gut, aber so schlimm war es auch nicht. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn es nur Waffen und Fähigkeiten in den Boxen gegeben hätte - nur mit Basisvariante ohne Stufen. Das mit dem Zeitaufwand beim Freispielen ist auch so ne Sache. Dabei wird nämlich auch nie beachtet, dass man mit bestimmten Erfolgen Extra-Credits bekommt. Oder kostenlose tägliche Boxen.

    Und was ist mit rein optischen Anpassungen? Die Zahl der Skins ist ziemlich stark begrenzt. Vermutlich stören sich auch einige, wenn sich in einer Schlacht Klontruppen von unterschiedlichen Legionen herumtreiben. Ich finde es lustig, wie CSGO von einigen als Positivbeispiel vorgeführt wird. Valve verdient sich jeden Tag eine goldene Nase, (gefühlt) ohne viele Finger krumm zu machen. Die können einfach ein bisschen LSD einwerfen und eine neue Waffenlackierung entwerfen (bei Gears 4 sieht das tatsächlich so aus). Wenn man das aber mit Star Wars machen würde, stände definitiv der nächste Shitstorm vor der Tür - okay vermutlich nicht soo groß.
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