Der Film und ich: Max Payne

Von Rand al'Thor · 6. Dezember 2009 · Aktualisiert am 22. Juli 2012 ·
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  1. Ich verstehs nicht. Ich verstehs echt nicht. Wie kann man eine so todsichere Lizenz so dermaßen gründlich vor die Wand fahren? Da muss doch Absicht dahinter stecken...

    Mal der Reihe nach:

    1. Das Casting: Mark Wahlberg, Mila Kunis, Ludacris...alle komplett am Character vorbeigecastet.

    - Wahlberg ist da noch die kleinste Sünde, aber schon der passt einfach nicht zur Härte eines Max Payne.

    - Mila Kunis als Mona Sax ist komplett unglaubwürdig. Die Frau wirkt einfach nicht wie eine kompromisslose, kühl-erotische Auftragskillerin, sondern wie ein kleines Mädchen mit zuviel Mascara, das versucht hart zu wirken...was sie ja auch ist, ohne das jetzt böse zu meinen.

    - Und dann aus dem knorrigen, auf die Rente zudümpelnden Jim Bravura nen schlanken, jungen Schwarzen zu machen...warum? Da opfert man Wiederkennungswert und Werktreue auf dem Altar des Name-Casting.

    - Einzig Kate Burton als Nicole Horne passt wie die Faust aufs Auge, allerdings gibt es da ein ganz anderes Hünchen zu rupfen. Dazu gleich mehr...

    2. Die Änderungen: Man muss gewisse Zugeständnisse beim Transfer vom PC zur Leinwand machen, soviel ist mir klar. Aber so ziemlich jede einzelne Änderung, die der Film am Ausgangsmaterial vornimmt, schadet im Endergebnis dem gesamten Werk.

    - Die Halluzinationen sind reines Eye-Candy und für die Story völlig irrelevant. Noch dazu, wo sie dem Film ein ganz anderes, pseudo-Akte-X-Mystery-Feeling verpassen.

    - Mona Sax ist im Film nur schmückendes, charakterfreies Beiwerk, statt der faszinierenden Femme Fatale die im Spiel Max immer tiefer ins Zwielicht zieht.

    - Max Payne wird von einem gebrochenen, von Schuldgefühlen zerfressenen Mann zu einem reinen Rachefanatiker. Im Spiel ist er zu Anfang ein erfolgreicher, leicht zu Überheblichkeit neigender junger Cop, der keine Zeit für seine Frau hat, als sie ihm von ihren Enthüllungen bezüglich der Aesir Corporation berichten will. Als er abends nach Hause kommt, findet er sie ermordet vor und macht sich fortan die bittersten Vorwürfe, dass er nicht für sie da war, als sie in Gefahr schwebte und versuchte, ihn um Hilfe zu bitten.

    - Diese Schuldgefühle sind es, die ihn auf einen Selbstzerstörungstrip und damit als verdeckter Ermittler ins kriminelle Milieu treiben. Als seine einzige Kontaktperson nach "draußen" ermordet wird, ist es nachvollziehbar, dass er für das versammelte NYPD wie ein Verbrecher aussieht. Warum er im Film dagegen für die Cops sofort den Schritt vom Closed-Case-Mulder zum wahnsinnigen (Cop)Killer macht, ist absolut nicht nachvollziehbar, weil eben jegliche Basis dafür fehlt.

    - Zudem bekommen wir Max' glückliche Vergangenheit und den Tag, der sein Leben zerstörte viel zu spät detailliert geschildert, so das jegliche emotionale Bindung an seine Figur fehlt. Warum hat man da nicht die narrative Struktur des Spiels beibehalten und zu seiner glücklichen Zeit zurückgeblendet, statt nur nach "eine Woche früher"?

    - Überhaupt nimmt sich der Film viel zu wenig Zeit, um seine Geschichte zu erzählen. Selbst der DC ist ohne Abspann gerademal 90 Minuten lang und hetzt den Zuschauer durch eine oberflächliche und konfuse Story, statt wie es sich für den Stoff gehört zu zeigen, wie sich Max in bester, kompromissloser Die-Hard-Manier durch die Nahrungskette nach oben tötet.

    - Das Erkennungszeichen Bullet-Time wird auch viel zu selten und ungeschickt eingesetzt, ohne als Element überhaupt eingeführt zu werden. Es passiert einfach plötzlich und noch dazu in einer mehr peinlich und uninspiriert wirkenden Sequenz ziemlich spät im Film. Da fühlt man sich an Boll erinnert, der auch wie ein Schwamm coole Elemente aus anderen Filmen/Medien aufsaugt, und dann blind in seine Filme packt, ohne deren Wirkung und Funktion verstanden zu haben. Warum hat man Max' Schicksalstag im Film nicht direkt an die zweite Stelle nach dem Intro gesetzt und als der erste Mörder in sein Blickfeld gerät die Zeit verlangsamt. Da hätte jeder Zuschauer verstanden, dass dieses Element eine emotional aufgeladene Reaktion auf Extremsituationen ist und nicht ein Special Effect, der aus dem nichts kommt und dann sinnfrei in der Luft hängt.

    - Erkennungsmerkmal Nummer Zwei, die dramatischen Voice-Overs im besten Film-Noir-Stil werden genauso vernachlässigt. An Anfang gibts mal welche, und danach vergisst irgendwie jeder, dass sie existieren. Halluzinationen raus, Voice-Overs rein und der Film hätte ein deutliches Atmosphäreplus erfahren.

    - Nicole Horne...hervorragend gecastet. Und dann völlig verheizt, weil man sie sich als Big Baddy für eine Fortsetzung aufheben will, die angesichts der Qualität dieses Machwerks eh nie kommen wird. Stattdessen muss man sich mit dem blassen BB Hensley als Bösewicht du jour zufrieden geben und Nicole Horne läuft im Prinzip bloß dreimal durchs Bild.

    - Die ganze Verschwörung, die im Zentrum um Aesir und Valkyr steht, wird im Film auf ein paar geschmierte Cops reduziert. Max Payne ist bei aller Faszination so schon nicht das tiefgründigste Werk und ein so zentrales Element zu streichen, tut dem ganzen auch alles andere als gut.

    - Die zugegebenermaßen klischeebeladenen, aber wirksamen Dia- und Monologe des Spiels werden im Film einfach durch schlechte Dialoge (und wie erwähnt praktisch gar keine Monologe) ersetzt. Das ganze gipfelt dann in der Konfrontation auf dem Dach der Aesir Corporation, wo der Bösewicht als letzte Worte allen Ernstes "Willst du nicht erst mein Geständnis hören, Max?" sagt...dass er sein Geständnis schon zwanzig Minuten früher wie ein braver, blöder Overlord abgelegt hat, bevor er (wie ein braver, blöder Overlord) Max' Exekution verkackt hat, ist wohl allen Beteiligten entgangen. Und von der kompletten Hirnrissigkeit dieses Geständnisses, fange ich gar nicht erst an...

    ...ach, was solls; sinngemäß zitiert: "Zum ersten mal in meinem Leben begegnete ich einem Problem, das ich lösen konnte, statt es zu akzeptiern. Und so bin ich auf den Geschmack gekommen." Ernsthaft? Das ist eure Motivation für die ganze Scheiße? Ein scheinbarer Larger-than-life-Bösewicht, der mit Nicole Horne ein Drogen-Imperium aufzieht, war trotzdem bis vor drei Jahren ein Totalversager, der durch den Mord an einer Frau merkt, dass er was drauf hat? Habt ihr Valkyr genommen, um so nen Blödsinn zu schreiben?


    Auf der Haben-Seite dieses Films bleiben eigentlich nur die grundsätzliche Qualität der Special Effects, so fehlgeleitet sie auch sein mögen und die Tatsache, dass die Panorama-Einstellungen New Yorks tatsächlich sehr schick aussehen und die Stimmung des Spiels gut einfangen.

    Das wars dann aber auch schon. Statt einem langen, erwachsenen, kompromisslosen und straighten Actioner im Die-Hard-Fahrwasser kriegt der Zuschauer einen zu kurzen, verschwurbelten, uninspirierten, pseudo-mystischen PG13-Actionthriller, der sowohl Fans der Spiele, als auch das übrige Publikum äußerst enttäuscht zurücklässt.


    3/10

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