Der Rasenmähermann

Von Husky666 · 9. Januar 2022 ·
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    Erscheinungsjahr: 1993
    Hersteller: Sales Curve Interactive (SCI)
    Medium: PC CD-ROM
    Hardware: 386 2MB RAM, CD Laufwerk, SVGA Karte, Soundblaster

    Es geht hier heute mal nicht um Landwirtschaft oder ähnliches sondern um eine „Vision“ des „Cyberspace“ von 1992, eigentlich noch älter, denn das ganze basiert auf einer Stephen King Kurzgeschichte, weicht aber soweit davon ab das Mr. King sogar dagegen klagte und gewann. So das sein Name nicht dafür missbraucht wird.

    Im Film wird ein geistig zurückgebliebener (darf man das noch so schreiben?) Gärtnergehilfe zu durch diverse Experimente zu „Cyberjobe“ der im „Cyberspace“ sein „Unwesen“ treibt. Der Film gilt im allgemeinen als technisch beeindruckend, aber inhaltlich so dermaßen schlecht das es sich kaum lohnt diesen zu gucken. Vielleicht in geselliger Runde mit viel Alkohol und eher illegalen Substanzen.

    Vor seinem Release wurde der Film auch ziemlich gehyped, so das „Sales Curve Interactive“ sich die Lizenz sicherte und ein Spiel dazu machte, für das damals noch recht neue „PC CD-ROM“ und diverse Konsolen. Sales Curve war damals ein eher kleinerer Entwickler, die ein paar Achtungserfolge hatten und mit dem Lawnmover Man das erste große Projekt der Firmengeschichte hatten. (zum Glück hat SCI das ganze überlebt, sonst hätten wir jetzt kein Carmageddon..)

    Die Entwicklungsstory klingt auch sehr hochtrabend und aufwendig. Man musste eine eigene Videotechnologie bauen, dass ganze auf „Silicon Graphics“ Maschinen rendern. Original Filmsequenzen digitalisieren. Einen Soundtrack schreiben und hinzufügen und das alles mit 150kb/s CD-Laufwerken. Blöd natürlich als das Spiel erschien gab es längst Double- und gar schon Quad-Speed Laufwerke die deutlich höhere Übertragungsraten hatten.

    Denn für 150 KB/s mussten ganz schöne Abstriche gemacht werden, die Videos haben nur 32 Farben (Später erschien gar eine Neuauflage mit 256 Farb Videos, angeblich jedenfalls. Gesehen hat die keiner) und ruckeln mit 15 fps über den Bildschirm. Gut, Rebel Assault arbeitet auch nur mit 15fps versteckt das aber viel besser als der Videocodec von Sales Curve.

    Wobei natürlich Pressebilder sehr beeindruckend aussahen. Das eigentliche Spiel hingegen. Silbergraue pixelige Videos ruckeln und zuckeln über den Bildschirm. Damit könnte man natürlich erst einmal noch leben. Blöderweise macht echtes Rasenmähen im Dauerregen bei 5°C wesentlich mehr Spaß als das Spiel.

    Der PC Joker, der mit die höchste Wertung abgab für das Spiel lobte vor allem die Grafik und illustriert den Artikel mit „Screenshots“ die nie so im Spiel entstanden sein können. Der ASM machte übrigens genau das selbe. Hier mal als Vergleich.

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    (Beide Bilder stammen aus der PC Joker)
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    (Dies sind original Screenshots, deutlich pixeliger, deutlich unschärfer)

    In der ersten Sequenz darf man über Hindernisse hüpfen, oder drunter durch rutschen. Da man in der Matschgrafik überhaupt nichts erkennt sagt einem das Spiel tatsächlich an wann man die Sprungtaste oder die Ducken taste drücken muss. Ein Reaktionstest. Mit Ansage! Das zweite Level wo man durch einen Tunnel fliegt genau das selbe. Das Spiel sagt auch hier genau wieder an was zu tun ist. Aber gut Aufpassen und auswendig lernen!. In Level 3 und 4 müssen Symbole erraten werden und Melodien nachgespielt. Spätestens hier fragt man sich ob nicht auch der Hund das Spiel durchspielen könnte. Die Katze hingegen wäre längst gegangen weil sie sich unterfordert fühlt.

    Level 5 hingegen wird auch den Hund zum gehen bewegen. Hier soll aus drei Wegen der richtige herausgefunden werden. In 3 Spielrunden war es immer der mittlere. Ich weiß nicht mal ob das variiert. Langsam fühlt man sich dezent vereimert ob in den knappen 540 MB auch irgendwo „Spiel“ und „Spaß“ steckt. (Kleiner Spoiler: Nein)

    Ich war dezent versucht hier abzubrechen und das ganze wieder in das Regal zu stellen, ich hab mir das tatsächlich gekauft, gut natürlich nicht zu Release sondern letztens von eBay und da ich angefangenes gerne durchspiele muss ich da mal durch.

    Hin und wieder gibt es mal eine Videosequenz aus dem Film, in richtig schlechter Qualität und nur in einem Impfpassgroßen Fensterchen und dann auch nur auf englisch obwohl das Spiel tatsächlich Deutsch synchronisiert ist.

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    (Das ganze sieht in Bewegung noch mal deutlich schlimmer aus)

    In Level 6 springen wir von einer Plattform zur nächsten und das Spiel sagt uns natürlich wieder wann wir zu springen haben um nach drei Sprüngen in dem gleichen Level wie zu Anfang des Spieles zu landen, nur in einer anderen Kameraansicht. Wir springen und ducken uns als wieder(!) nach Ansage um dann wieder eines der dämlichen Rätsel zu lösen. Wo Spiele wie 7th Guest wenigstens mit halbwegs nachvollziehbaren Rätseln kamen macht der Rasenmäher hier völlig debile dinge. Man soll einen Roboter zu einem Schlüssel lotsen um das ganze in die Länge zu ziehen gibt es hier eine Art Bildschirm wo man den Roboter sieht. Man steuert diesen aber nicht direkt. Man muss den „virtuellen Bildschirm“ umdrehen dort auf einen Pfeil klicken, dann wieder umdrehen und sehen wohin der Roboter gefahren ist, daraufhin wieder umdrehen... bis der dann an der Stelle ist wo der Schlüssel liegt und dann geht es weiter. Dazu gibt es auch noch ein ätzendes Zeitlimit.

    Kann mir irgendwer eigentlich sagen was Entwickler die so etwas in ein Spiel bauen den ganzen Tag so machen? Hatten die wirklich Spaß an solchen „Rätseln“ oder musste nur innerhalb von 20 Minuten aus den Videosequenzen ein Spiel gebaut werden? Ich kann mir das nicht anders Erklären. Aber es kommt noch schlimmer und noch weniger nachvollziehbarer.

    Nach der deutlich längeren Flugsequenz als noch in Level 2 gibt es wieder Symbole zu erraten, nach dem Motto „welches passt nicht in die Reihe“ vom Niveau könnte dies ein Grundschüler lösen.

    Level 7 heißt „In die Leere“ gut, leer fühlt man sich sowieso schon, aber hier schießen die Entwickler wieder mal den Cybervogel ab. Man muss einen Weg durch ein Hexagon aus Plattformen finden. Gegen einen Unsichtbaren(!) Gegner. Tritt man auf die gleiche Plattform wie er ist Game Over. Die einzige Chance die ich hier sehe ist raten. Ein echt tolles „Rätsel“, als Belohnung im Anschluss gibt es wieder mal eine leicht variierende Flugsequenz. Dieser Abwechslungsreichtum ist einfach nur unbeschreiblich. Das Spiel sagt auch nicht mehr vor, dafür blendet es einen Richtungspfeil ein.

    Das 8. Level ist immerhin das 4. letzte. Wobei das ganze jetzt sogar ein gewisses Grad an Spaß macht. Man steht einem Gegner gegenüber. Der heißt McKeen, ist aber auch völlig egal, und jeder hat eine Kanone. Die 8 verschiedene Höheneinstellungen hat. Zwischen einem ist eine (natürlich) unsichtbare Wand. Wer seinen Gegner als erstes Trifft hat gewonnen. Also entweder geht’s weiter oder Game Over. Mehr als drei Versuche hat man allerdings nicht. Danach gibt’s wieder die Springsequenz vom Anfang des Spieles. Mit dem gleichen Plattformsprüngen wie vorher. Hier sollte man die Schritte auswendig gelernt haben denn das Spiel sagt nichts mehr vor. Toll!

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    Level 9 ist gar eine rutsche(!) in die man zum richtigen Zeitpunkt(!) rein springen muss, sonst stirbt man. Da es keinerlei hinwies gibt kann man nur Raten. Wir sind auf dem Spielspaßlevel von „In einen laufenenden Rasenmäher reinfassen“ angekommen Falls ihr einen Tipp braucht. Der richtige Zeitpunkt ist, wenn die Klappe geschlossen ist.

    „Der Stachel“ heißt Level 10, ja von Bienen gestochen werden ist spaßiger als „Der Rasenmäher Mann“ und wir fangen an mit dem „Melodie nachspielen“ von vorhin. Würde man die ganzen Wiederholungen herausnahmen wäre das Spiel nicht mal 60 Minuten lang. Danach fliegen wir, schon wieder, um danach wieder falsche Symbole auszuwählen und man stirbt laufend an Sequenzen die man das xte mal spielt. Genau wie dieses Robotsschlüsselrätsel von vorhin was schon wieder auftaucht. Genau wie die Sprungsequenz von ganz zu Anfang schon wieder. Das ist echt wie Rasenmähen, jede Woche das gleiche Spiel. Die „Cyberbienen“ klingt interessant und was bekommt man. Einen Irrgarten dessen Wege man mit drei Schaltern einstellt. Ja genau, dass war es dann. Mehr gibt es nicht. Nachdem man so die Cyberbienen in den Cyberhäcksler gelotst hat geht es weiter. Mit dem Ding was man aus Level 5 kennt. Das Motherboard mit den drei wegen.

    Ja, extrem Kreativ, einfach das gleiche wiederholen. Lösen war auch hier wieder. Die Mitte. Dann wieder Symbole, dann wiederholt sich gar Level 8, der Durchbruch noch mal um danach wieder 7, dass mit dem unsichtbaren Gegner zu wiederholen. Merkt ihr was? Das Spiel besteht nur aus acht kurzen Sequenzen die immer wieder wiederholt werden und zusätzlich vier weiteren die nur einmal vorkommen. Danach gibt es immerhin was neues. Einen rotierenden Würfel „Lösen“. Hier sind Buchstaben drauf. Ich habe absolut keine Ahnung was hier zu tun ist, ich habe geraten. Zwei mal und dann war es richtig.

    Auf geht es ins Level 12. Oder besser. Fliegen. Schon wieder. Schon wieder über Plattformen springen, schon wieder das Hüpf- und Duckspiel von Anfang, mehr Plattformen, mehr Springen, immerhin hier auch mal in einer neue Sequenz. So das man gegen ein Bild (!) eines Filmcharakters springen darf um diesen zu befreien. Das wars. Endgegner „Cyberjobe“ wirft einem einfach aus dem Cyberspace.

    Das „To be Continued“, ist das eigentlich eine Drohung?

    Fazit:

    Was „Sales Curve“ hier abliefert hat nichts mit „neuer Technologie“ zu tun. Das sind einfach Minispiele auf Vorschulniveau oder schlimmstenfalls Rätsel wo man nur mit „Raten“ weiterkommt und dauerhaftes wiederholen von technisch indiskutablen, selbst im Jahr 1993, Sequenzen die den Inhaltlichen wert von Sexwerbung der 1990er Jahre haben. Die einzelnen Sequenzen kommen mit wenigen Tasten aus. Mehr als rechts/links oben/unten und Feuer braucht man nie. Das ganze erinnert natürlich fatal an Dragons Lair, mit dem unterschied das die Spieler um Ritter Eric nicht so grauenhaft aussehen. Die grau/Silber Grafik die der Rasenmähermann hat bringt den Videocodec komplett an seine Grenzen. Gut aussehen tut das Spiel dadurch nie. Die Pressebilder die damals verschickt wurden scheinen Einzelbilder von vor dem Komprimierungsprozess zu sein. Solche Bilder liefert das fertige Spiel nie. Immerhin ist die Packung hübsch.

    Nachfolger:

    Es gibt tatsächlich einen „Rasenmähermann 2“ allerdings firmiert das Spiel unter dem Namen Cybewar. Sieht besser aus ist inhaltlich aber auch nicht besser. Außer das es noch mehr Wiederholungen hat. Denn man streckte das Spiel gar auf 3 CDs.

    Konsolenfassungen:

    Die Mac, PC und SEGA CD Fassungen sind inhaltsgleich. Die Gameboy, Genesis und SNES Version sind hingegen teils klassische Jump and Runs welche durch „Cyber-“abschnitte in denen man auf Gegner schießt in 3D Ansicht unterbrochen werden. Ironischerweise machen die deutlich(!) mehr Spaß als diese „Interactive Movie“ Version auf dem PC.

    Bezug:

    Gibt es gebraucht, schwankt zwischen 10€ und 100€. Wer wirklich so was spielen will sollte nicht Zuviel Ausgeben.

    Wertung: 5%

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    Über den Autor

    Husky666
    Spielt seit 1985, erst auf dem Atari 2600, kurzzeitig auf einem VC-20, dann 3 Jahre auf einem C64. Dann auf einem Commodore PC-III XT, mit einer Vorliebe für schrecklich schlechte Spiele. Wobei mir in den letzten 30 Jahren einige durchaus richtig miese Spiele untergekommen. Einige davon mag ich in sehr loser Reihenfolge vorstellen.

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