Der Umgang mit (den) Großen - Ein offener Brief

Von llah · 28. Juli 2015 · Aktualisiert am 28. Juli 2015 ·
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  1. Vorbemerkung: Dies ist ein Leserbrief, welcher auch an [email protected] geschickt wurde. Er erscheint in leicht angepasster Form auch in diesem Blog. Da er im Original von mehreren Personen unterzeichnet wurde, ist im Text selbst immer der Plural gewählt, um dem Rechnung zu tragen.



    Sehr geehrte Redaktion, liebe Community

    wir haben diese Zuschrift verfasst, weil wir zu einer Problematik bzw. einer Vorgehensweise Stellung nehmen wollen, die uns sowohl in Ihrem Printprodukt als auch auf Ihrem Onlineauftritt vermehrt aufgefallen ist. Konkret geht es hierbei um den Umgang mit großen Publishern und deren Projekten, insbesondere um die Firma Electronic Arts. Es ist Ihnen sicherlich bekannt, das Electronic Arts im Allgemeinen sowie die vom Unternehmen vertriebenen Produkte im Speziellen keinen sehr guten Ruf bei Videospielern genießen. Diesen Umstand haben Sie bereits in der Ausgabe 02/14 sowie auch online im Report „Im Reich des Bösen“ thematisiert. Klare Aussagen zur Entspannung oder Entlastung der Situation kamen zwar von den befragten Entwicklern und Branchenkennern, nicht jedoch von einem Vertreter Ihrer Publikation. Als neutrales Medium ist es selbstverständlich Ihr gutes Recht, gewisse Äußerungen unkommentiert zu lassen und somit auch Ihre eigene Meinung zu verschweigen. In Ihrer täglichen Berichterstattung haben wir jedoch zunehmend das Gefühl, dass diese Neutralität, zumindest implizit, immer mehr in den Hintergrund tritt, um auf der populistischen und natürlich sehr polarisierenden „Anti-EA-Welle“ mitzuschwimmen. Lassen Sie uns diesen Eindruck durch eine kurze Analyse Ihrer Meldungen und Berichte zum Spiel „Star Wars: Battlefront“ untermauern.

    Am 14.06.2013 berichteten Sie in den News davon, dass das neue „Star Wars: Battlefront“ ein kompletter Reboot der Serie sei und nicht als Fortsetzung vergangener Spiele anderer Entwickler, also keinesfalls als „Star Wars: Battlefront 3“, verstanden werden möchte. In unseren Augen ein guter und richtiger Schritt, um sicherzustellen, dass Fans und Interessierten sofort klar wird, was das neue Spiel nicht ist – nämlich „Star Wars: Battlefront 3“. Dies war insbesondere deswegen wichtig, weil es möglichen Erwartungshaltungen einen klaren Rahmen gibt. Genauer: Zu diesem Spiel existieren keine Vorgänger, deswegen sind auch Vergleiche mit vorherigen Spielen ähnlichen Namens nicht unbedingt zielführend. Nichtsdestoweniger taucht in entsprechenden Newsmeldungen vom 22.08.2013 sowie vom 16.10.2013 der Name „Star Wars: Battlefront 3“ weiterhin als Bezeichnung für diesen Titel auf und schürt somit unterschwellig Hoffnungen, dass ein direkter Zusammenhang bzgl. Inhalten etc. bestehe (womit Sie Ihrer eigenen Meldung bereits widersprochen haben). Selbst in den News am 29.10.2014 behaupten Sie weiterhin, das Spiel habe ursprünglich „Battlefront 3“ geheißen. Am 20.04.2015 schreibt Dimitry Halley dann eine Kolumne nach der ersten größeren Präsentation des Shooters. Titel: „Das wird kein Battlefront 3“.

    Alleine dieser Titel suggeriert bereits, dass irgendwann die Möglichkeit bestanden hätte, dass „es“ ein „Battlefront 3“ werde. Aber, wie oben bereits erwähnt: Bereits zwei Jahre zuvor wurde diese Möglichkeit dezidiert ausgeschlossen. Was ist also das Resultat und die Wirkung eines solchen Titels? Enttäuschung, die dann in Wut auf Electronic Arts resultiert. In den Kommentaren wird das sofort deutlich, ein User schreibt: „Die nächste Enttäuschung. Ich habe auch auf ein Battlefront 3 gehofft.“, ein anderer: „Gibt es ernsfthaft keine Menschen bei denen die Erwartungen nach der Ankündigung durch EA astronomisch hoch gesunken sind?“ (sic). Dieser Auszug der eher harmloseren Kommentare zeigt bereits, was durch suggestive Überschriften ausgelöst wurde – ein Irrglaube, dessen Folgen sich ungerechtfertigterweise auf Electronic Arts entladen.

    Doch es gibt auch noch andere Beispiele einer unserer Meinung nach nicht völlig wertfreien Berichterstattung, die wir hier in Auszügen vorbringen wollen. Nach der Bekanntgabe der Tatsache, dass sich „AT-ATs“ nicht frei durch die Spielwelt bewegen können (Meldung am 21.04.2015) wird diese Tatsache immer wieder in anderen, teils nicht dazu im Bezug stehenden Meldungen verwendet, zum Beispiel am 07.05.2015 oder am 12.05.2015. Vor allem die Formulierungen in diesen Meldungen lassen oft darauf schließen, dass „gebundene“ AT-ATs eine großes Manko wären, dass es wettzumachen gelte, obwohl DICE eine klare Begründung für das Vorgehen angegeben hat. Der verantwortliche News-Autor Tobias Ritter schreibt hierzu: „Während die AT-ATs auf Schienen laufen, sind Schneegleiter und der Millennium Falcon direkt nutzbar.“ Auch sein süffisanter Eröffnungssatz, „Nach der Bekanntgabe von allerlei Dingen, die in Star Wars: Battlefront nicht enthalten sein werden, hat sich das Entwicklerstudio DICE nun offenbar eines Besseren besonnen.“, versäumt nicht die Gelegenheit, noch einmal alle Leser daran zu erinnern, wer hier eigentlich der Feind ist.

    Am 11.05.2015 erschien dann ein Artikel, der die Kritik von DICE an negativer Berichterstattung thematisierte. Der Tenor dieses Artikels ist, dass Neuigkeiten, die vom Entwickler bekannt gegeben werden, automatisch in ein negatives Licht gestellt würden. Exemplarische Beispiele derartiger negativer Berichterstattung werden in der Meldung genannt. Die Ironie, die dadurch entsteht, dass Ihr Medium teilweise dieselben negativen Überschriften verwendet hat (z.B. „Kein Zielen per Kimme und Korn“) entgeht den Verantwortlichen – nicht aber der Community, die in den Kommentaren auf diesen Umstand hinweist. Konsequenzen gibt es keine, bereits am 02.06.2015 erscheint erneut ein Artikel mit dem Titel „Star Wars: Battlefront - Charakter-Individualisierung mit Grenzen“.

    Als letztes Beispiel möchten wir noch die Vorschau von Dimitry Halley erwähnen, die im Rahmen der E3 entstand. Bereits im Untertitel wird ein negativer Eindruck vermittelt, „warum sich die Schlacht von Hoth nicht wie eine Schlacht anfühlt.“ ist da zu lesen. Auf vielfache Anmerkungen von Usern, die darauf hinweisen, dass die Atmosphäre im Gegensatz zur Meinung des Autors sehr wohl einen positiven Eindruck vermittle, entsteht ein „Klarstellungsvideo“. An sich ein sehr löblicher Schritt, bloß: dieses Video wird kaum beworben. Stattdessen erscheint bei jedem neuen Artikel zur Thematik „Star Wars: Battlefront“ ein hilfreicher Link mit dem Text: „Was Sie noch interessieren könnte: Warum sich die Schlacht von Hoth nicht wie eine Schlacht anfühlt“. Man könnte noch einige weitere Beispiele, wie den Umgang mit der aktuellen Berichterstattung über die stattfindende Alpha-Testung hervorstreichen, in der ein fehlender Pressezugang (der übrigens alles andere als eine Selbstverständlichkeit in Alpha-Phasen ist) als Manko dargestellt wird und dann User-Meinungen auslöst, die sich wie folgt lesen: „Was mich viel stutziger mscht ist folgende Info: ‚Die Presse wird vom Event ausgeschlossen.‘ Das bedeutet nichts gutes für die Qualität und Umfang. Wenn das Ding so toll ist wie DICE und EA behaupten ist der Verzicht auf potentielle positive Werbung denkwürdig.“ (sic)

    Doch Sie haben sicher schon verstanden, worauf wir hinauswollen – auf relativ grundlose Negativmeldungen über Produkte, die mit dem Publisher Electronic Arts zusammenhängen. Andere Beispiele gefällig? Zum Release von Battlefield 4 gab es eine groß angelegte Diskussion über die Wertung, die vielen Fans des Multiplayer-Teils zu niedrig angesetzt war. Im Forum Ihrer Seite wurde daraufhin von der Redaktion beschwichtigt: Wenn man die wegen des Einzelspieler-Modus abgezogenen Punkte wieder addieren würde, käme man auch auf die gute Bewertung, die der hervorragende Multiplayer verdient habe. Als sich Johannes Rohe dann in Ausgabe 01/15 zu einem Kontrollbesuch aufmacht und Battlefield 4 einen „miserablen Veröffentlichungszustand“ attestiert, widerspricht er damit nicht nur eigenen Aussagen der Redaktion sondern legt in seinem Meinungskasten auch noch die Worte bereit, die die Community nur in die Kommentare posten muss: „miserabel, Frechheit, …“.

    In seiner Kolumne zu den Höhe- und Tiefpunkten der Pressekonferenzen auf der E3 nennt Michael Graf am 16.06.2015 Electronic Arts als einen seiner Tiefpunkte und schreibt: „Die EA-Pressekonferenz (hatte) den Unterhaltungswert einer Telekolleg-Wiederholung, angeführt vom unverschämt nichtssagenden Trailer zu Mass Effect: Andromeda. Wenn ihr nichts zu zeigen habt, dann zeigt's eben nicht!“ Nun, wie soll ein neues Spiel denn sonst zum ersten Mal offiziell angekündigt werden, wenn nicht mit einem Render-Trailer, der kurze Szenen und einen Titel verrät? (Übrigens: Geschenkt, dass bei „Mass Effect“ dasselbe passiert wie bei „Battlefront“: Obwohl längst klar ist, dass es nicht „Mass Effect 4“ heißen wird, wird es als ebensolches betitelt.) Aussagen wie die hier zitierte sind sicher gute Parolen, die man sich vorsagen kann, wenn man gerade wieder dem Beißreflex gegen Electronic Arts folgt, aber eines sind sie sicher nicht: fair.

    Sie sehen, wir könnten vermutlich noch weitere Beispiele vorbringen, doch lassen Sie uns zu unserem Anliegen kommen: Werden Sie sich der Verantwortung, die Sie als eines der größten Spielemedien Deutschlands tragen, bewusst. Natürlich, wenn etwas schief läuft, wie die Probleme beim Launch von „SimCity“ oder, als jüngstes Beispiel, von „Batman: Arkham Knight“, dann haben die Spieler das Recht, über diese Probleme informiert zu werden. In diesem Rahmen ist auch Kritik an den jeweiligen Verantwortlichen mehr als gerechtfertigt. Alles was jedoch nicht eindeutig ein Versagen der jeweiligen Firma ist (und dazu gehört jegliches Produkt, das sich noch nicht einmal auf dem Markt befindet), sollte auch entsprechend neutral behandelt werden, insbesondere wenn es sich um einen Fall wie Electronic Arts handelt. Selbstverständlich ist es einfach, mit dem Strom zu schwimmen, aber es wäre bedeutend verantwortungsbewusster, auch einmal eine Lanze zu brechen und damit vielleicht nicht dem Konsens der Community sondern Tatsachen zu folgen. Abschließen möchte ich mit einem Zitat, das von Ihrem Kollegen Michael Obermeier stammt. Angesprochen auf Frage, welcher Publisher sein Lieblingspublisher sei, antwortet er, dass es Electronic Arts sein müsste, denn diese Firma hätte die meisten seiner Lieblingstitel produziert. Denken Sie bitte über dieses Zitat nach und Sie werden seinen Wahrheitswert erkennen – berücksichtigen Sie diesen auch bitte!

Kommentare

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  1. Yeager
    Falls dieser "Leserbrief" zu einem besseren Ruf von EA hat beitragen sollen, ist es zumindest in meinem Fall gescheitert. Schlimmer noch: Ich muss davon ausgehen, dass es sich um einen bezahlten Auftrag handelt, zumal der User ganz frisch ist und es nach einem verkappten Beschwerdebrief seitens EA nur so "müffelt".

    Tut mir leid, Jungs & Mädels, aber da draussen sind zahllose Indies mit einem Bruchteil des Geldes. Sie haben eine Idee, sie versuchen sie umzusetzen, sie machen sich Gedanken. Manchmal kommt Crap dabei rum, manchmal edle Perlen. Ihr (EA) produziert statt dessen Equalware am Fliessband mit hoher Tendenz zur Verblödungs-Casualisierung, stampft einst legendäre Studios ein - und erwartet ernsthaft, dass man euch dafür mag?

    Vielleicht leben wir nicht im selben Universum...
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  2. llah
    Erneut vielen herzlichen Dank für Ihre Meinung. Ich kann natürlich auch Ihre Argumentation in gewissen Zügen nachvollziehen. Und natürlich hat der Name Wiedererkennungswert und spricht daher Fans der früheren Titel an. Dieser Wiedererkennungswert endet aber für mich nach den Faktoren "Shooter", "Star Wars", "Tickets", ... Was deutlich über diesen Wiedererkennungswert hinausgeht ist für mich, Features aus dem eingestellten dritten Teil oder dem erschienen zweiten Teil zu fordern oder zu erwarten.

    Daher denke ich auch nicht, dass die Spielerfahrung in Battlefront "signifikant anders" sein wird, sie wird eben nur nicht ein Nachfolger - sollte es ja auch nie werden.


    An viele andere Kommentare wieder eine gesammelte Antwort:

    Ich möchte selbstverständlich nicht, und das steht so auch im Brief, dass EA auf einmal nur positiv behandelt wird oder dass offensichtliche Fehler ignoriert werden sollen. Ich spreche immer nur von Fairness. Deswegen geht es mir auch nicht darum, Spieler zu überzeugen, die jetzt der Meinung sind, dass Battlefront nicht gut wird, weil es bestimmte Designentscheidungen gab. Worum es mir geht sind diejenigen, die hier meinen, EA hätte eine schlechte Behandlung verdient und solle am besten untergehen - und das nur aufgrund irgendwelcher vergangener Geschichten. Natürlich kann ich nicht jedem User hier diese Meinung nehmen, das ist auch nicht mein Anspruch. Mein Anspruch ist, dass die GameStar eine fairere Berichterstattung gegenüber neuen Titeln wählen sollte/könnte, denn im Gegensatz zu den Usern ist es mir bei einem der größten Spielemedien des deutschsprachigen Raums wichtig, dass hier nicht aufgrund der Vergangenheit und der Tatsache, dass es eben EA ist, gehandelt wird.

    Und auch erneut: Ich bin in keinster Weise mit EA verbunden, es ist aber natürlich trotzdem schmeichelhaft, wenn mir hier PR-Erfahrung etc. attestiert wird - ich schreibe einfach nur gerne, wirklich.
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  3. matssa

    Absolut richtig!

    Aber den offiziellen Namen eines Spiels in News und Artikeln zu verwenden halte ich trotzdem für richtig. Es sind nunmal weder "Battlefront 3" noch "Mass Effect 4".
    Das solltet ihr schon in Zukunft ändern.
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  4. NonameFTW
    Das is nn Witz oder? (Ich fands unterhaltsam) Jemand beschwert sich das gamestar berichtet das der neuste Teil in der Battlefront Serie objektiv schlechter als seine Vorgänger ist?

    "Zu diesem Spiel existieren keine Vorgänger"
    Doch. Wenn mans Battlefron nennt dann ists Battlefront. Man kann nicht einerseits die Lorbeeren des Titels einheimsen und sich dann beschweren, wenn man es mit den Vorgängern vergleicht.

    „Während die AT-ATs auf Schienen laufen, sind Schneegleiter und der Millennium Falcon direkt nutzbar.“
    Die Autoren scheinen das ganze nicht ausprobiert zu haben. Ich habe aus anderer Quelle erfahren, dass die Maps viel zu klein sind. Man kann sich garnicht frei bewegen weil die Flieger zu schnell sind. Man fliegt die ganze Zeit im Kreis und die Steuerung fühlt sich grottenschlecht an.


    Wenn EA und Co scheiße bauen, dann scheut Gamestar sich nicht das auszudrücken. EA's Problem wenn sie so oft Mist bauen.
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  5. Stc
    Das ist doch kein Leserbrief!
    Entweder direkt aus der EA Marketingabteilung oder Astroturfing aber dafür klingt es eigentlich doch zusehr wie ersteres.

    Könnt Ihr gleich den nächsten Negativ Artikel drüber schreiben.
  6. TillKill
  7. lacooca2000
    Ich denke, dem ist nichts hinzuzufügen. Es ist sicher nicht Aufgabe eines Magazins, eine einheitliche Meinung über alle Redakteure zu stülpen. Nur durch diese Diversität der Ansichten auch innerhalb eines Magazins kann sich der Leser eine weitreichende Meinung bilden. Natürlich führt das dazu, das der Leser mehr mit denken muss, aber das kann ja in keinem Fall schlecht sein. Ich hoffe, das die Gamestar diesen Weg weitergeht.
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  8. havas
    Mag sein, dass ich mich irre, aber wohlfeil bedeutet doch billig/günstig oder in anderem Kontext auch dämlich
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  9. happyPig
    Du kritisierst die negativ wertende Überschrift und schlägst dafür eine positiv wertende vor?
    So misst du mit zweierlei Maß^^
    Das gleiche hier:
    Das ist ganz einfach eine Nichtnachricht (Information = Null) und "sollte" überhaupt keine Erwähnung finden (natürlich ist GS wie so alle auf Klickbaiting angewiesen).
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  10. mfgCarlos
    Ich sage nur einen Satz zu dem Text da oben:
    "Ihr seid es die den Anlass für solche Artikel geben, aber sucht nur weiter Schuldige für Eure Misere bei anderen."
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