Diablo: Immortal - Ein gefährliches Spiel

Von Tsabotavoc · 8. November 2018 · ·
Diablo fürs Handy ist ein gefährlicher Testballon. Es reicht nicht wenn er Gewinn macht. Er muss den Schaden den er angerichtet hat auch noch kompensieren. Warum das eine schwierige Aufgabe ist? Darum gehts unter Anderem hier im Blog.
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  1. Die diesjährige Blizzcon war ein ganz besonderes Erlebnis für alle Blizzardfans. Und von denen gibts ja doch einige. Nämlich so viele, dass die heurige Blizzcon wieder in Windeseile ausverkauft war. 26.000 Menschen fanden sich im Anaheim Convention Center ein. Jeder war bereit 200 Dollar für ein Ticket zu bezahlen. 5,2 Millionen Dollar Umsatz an nur einem Wochenende. Und hier sind die Virtuellen Tickets nicht einberechnet die jeder Fan bereitwillig mit 40 Dollar bzw. 40 Euro bezahlte.

    Kurz: Man kann davon ausgehen, dass das für eine Werbeveranstaltung ein hochprofitables Geschäft ist. Und genau hier kommt Diablo: Immortal ins Spiel. Es ist ein gefährlicher Testballon der selbst wenn er nicht komplett platzt dem Unternehmen ernsthaft schaden kann.

    Wird Diablo: Immortal finanziell erfolgreich sein?

    Das dürfen wir als gesichert ansehen. Es ist schwierig ein Mobilegame so daneben zu entwickeln, dass es sich nicht rentiert. Netease Games, der strategische Partner von Blizzard und die eigentlichen Entwickler von Diablo: Immortal haben auch einiges an Erfahrung vorzuweisen wie man so ein Simpelspielchen produziert. Eines der größten Spiele in ihrem Portfolio dürfte Fantasy Westward Journey sein. Ein MMO für Mobilgeräte mit einer durchschnittlichen Spielerzahl von ca. 400.000 eingeloggten Spielern und über 300 Millionen registrierten Accounts. Nicht die schlechteste Wahl als Partner.

    Die Frage ist nicht ob Diablo: Immortal ein Erfolg wird. Sondern wie groß oder klein dieser ausfällt.

    Diablo: Immortal kämpft gegen den WoW-Effekt
    Diablo: Immortal ist als MMO konzipiert und darin liegt die erste strategische Fehlentscheidung meiner Meinung nach. Am PC-Markt gab es eine ganze Reihe von sogenannten WoW-Killern von denen einige sogar klar bessere Spiele waren als WoW. Keines davon hat es geschafft WoW den Rang abzulaufen und das liegt vor allem an zwei Punkten. WoW ist eingesessen, hat durch stetige Erweiterungen einfach einen riesigen Umfang angenommen. Es bietet unglaublich viele Möglichkeiten seine Zeit zu vertreiben. Das ist aber noch nicht der Hauptgrund. Punkt zwei ist: Die gewachsene Community. WoW für ein anderes MMO aufzugeben ist ein bisschen wie ein Umzug. Man lässt Menschen zurück die man teils jahrelang kannte und mit denen man viele Stunden gechattet hat über alles Mögliche außer WoW. Eine Zeit lang scherzte ich auch das WoW der teuerste Chatroom aller Zeiten ist. Es ist schwer bei solch einem Spiel die Brücken abzubrechen und ich glaube kein MMO nach WoW hat das jemals geschafft.

    In Asien wird Diablo: Immortal die Rolle des WoW-Killers übernehmen. Und die etablierten Mobile-MMOs... die sind WoW. Blizzard wird selbst auf schmerzhafte Weise lernen das ein Spiel nicht automatisch erfolgreich ist nur weil es ein gutes Spiel ist.

    Diablo: Immortal muss den entstandenen Schaden kompensieren
    Blizzardfans, wozu auch ich mich zähle, haben in der Regel bei Preisen immer alle Hühneraugen zugedrückt. Hearthstone, die Diablo-Erweiterungen, Starcraft und Heroes of the Storm sind allesamt keine besonders billigen Spiele. Unabhängig von dem wirtschaftlichen Konzept das ihnen zugrunde liegt bitten sie Kunden die bereit sind zu zahlen ordentlich zur Kassa. Um ihre Fanbase haben sie den obligatorischen Merchstore aufgebaut. Rucksäcke um 60 Euro und mehr, Jacken um über 100 Euro.. Selbst eine banale Mütze geht hier um 20 Euro über die Theke und die Sachen verkaufen sich. Noch.

    Die Kernfans sind bereit ihrem Lieblingskonzern so einige Dummheiten zu verzeihen und sie sind vor allem eines: Mitten im Leben und finanzstark. Diese Kernfans setzt Blizzard ohne jede Not aufs Spiel. Denn keiner nahm Blizzard den Plan Diablo aufs Handy zu bringen böse. Wenn dem so wäre hätte es schon einen Aufschrei gegeben als Hearthstone aufs Handy kam. Die Kernfans hätten nur ganz gerne auch etwas gehabt worauf sie sich freuen können.

    Ein Auto oder Handy ist kein Hobby. Ein Spiel schon.
    Shitstorms musste schon jedes Unternehmen der Erde über sich ergehen lassen. Apple erlebte sie. VW ging durch mehrere. Die Pläne von praktisch jedem mehr oder weniger wichtigem Unternehmen der Erde erlebten schon Widerstand der Kunden und keinem hat es nachhaltig geschadet. Die Leute verbinden mit einem Auto, einem Handy oder einem Kühlschrank in der Regel nicht die gleiche emotionale Energie wie mit einem Hobby. Und Spiele sind Hobbies. Sie sind Leidenschaft. Entsprechend haben hier Aktionen eines Konzerns die ihre Kunden vergrätzen ein viel höheres Schadenspotenzial. Wird die Kernkundschaft auch nächstes Jahr wieder Geld in die Hand nehmen für die Blizzcon? Ein Handyspieler gibt keine 40 Euro für ein paar Stunden Video aus. Er wird sich auch keinen Diablo-Hoodie kaufen. Und garantiert wird er kein WoW-Mauspad haben und keine Overwatchmaus. Auch wird ein Mobilegamer keine teuren PC-Spiele kaufen. Und von denen werden einige wegfallen. Wer hat Star Wars 8 angeschaut? Hand hoch hier bitte. Und wer hat den Han Solo Film angesehen? Komisch oder? Ich habe mir sagen lassen das der Han Solo Film sogar ziemlich gut war. Was geschah? Er wurde abgestraft weil Episode 8 existierte. Diesen Abstrafungseffekt wird auch Blizzard über sich ergehen lassen müssen. Und diesen Effekt muss Diablo: Immortal finanziell abfedern. Ansonsten wird sich der 7% Aktieneinbruch und die Publikumsreaktion auf der Blizzcon für die Mitarbeiter und Manager bei Blizzard anfühlen wie ein lauer Sommerregen im Vergleich zu dem was dann auf sie zukommt.

    Ein versöhnliches Wort zum Abschied
    Für Blizzard ist Diablo: Immortal eine echte Chance die sie nicht verstreichen lassen dürfen. Wir stehen Handyspielen ja nicht kritisch gegenüber weil Handys Mist sind. Sondern weil die Spiele für Handys nach wie vor nur darauf abzielen möglichst seicht und einfach zu sein und den Leuten die sie spielen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Wenn Blizzard beweist, dass Diablo: Immortal wirklich eine gute Diablo-Erfahrung am Mobilgerät ist und Spieltiefe in das Genre bringt dann kann sich das Ganze immer noch positiv entwickeln. Wird es aber der billige Cashgrab denn alle befürchten dann hat Blizzard seinem Ruf eine Schramme beigefügt die sich auf nicht absehbare Weise auf die finanzielle Zukunft des Unternehmens auswirken wird.

    Wenn jemand das Potenzial hat ein Handyspiel zu entwickeln dass es sich lohnt zu spielen - auch für uns aus der Kernkundschaft - dann Blizzard. Die Zeit wird es zeigen.
    Yeager und Misie Gaming gefällt das.

Kommentare

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  1. Yeager
    Guter Blog. Ich glaube aber nicht, dass Blizz mit dem Handy-Game auf die Schnauze fällt. Weil es Blizzard ist. Weil Blizzard das für Compi-Player ist, was Apple für Lifestyler ist. Man wird ihnen alles verzeihen. Zur Not wird es als kurzer Griff ins Klo gewertet und dann alsbald wieder vergessen.

    Ich will ehrlich sein, ich mag im Gegensatz zu dir Blizzard nicht, oder vielmehr nicht mehr. Ich mag Konzerne einfach nicht, "gestreamlinte" Sachen einfach nicht. Und Blizzard entspricht dem nun mal. Sie waren mal wie Bioware eine Ausnahmeerscheinung. Ein Studio, das wenig rausbrachte, aber das, was es raus brachte, setzte gleich neue Standards, holte jeden ab. Bioware - schau's dir an, was daraus wurde. Und Blizzard? Spätestens mit der Fusion mit Activison kam auch hier Konzerndenken an.

    Aber das ist nur meine ganz private Sicht, die Sicht eines Typen, der scheinbar in bisschen in der Nostalgie der frühen Anfänge hängen geblieben ist. Der romantisch-verklärte Vorstellungen von einem Nicht-Business hat. Und der Handy-Games nicht mag. Und der die Pseudo-Religion Apple nicht mag, kreuzige mich, wer will. Aber auch einem Typen, der nicht daran glauben kann, dass dieser Riese auf die Schnauze fällt. Ist wie mit Apple und wie mit den Banken, too big to fail.
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