Die Musik in Spielen

Von Nimlod · 7. Oktober 2015 · Aktualisiert am 7. Oktober 2015 ·
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  1. Da stöbert man ein wenig auf Steam, sieht sich ein paar Reviews und Statistiken an und kommt vom Hundertsten ins Tausende. Und ehe man sich’s versieht, landet man ganz woanders. So ging es mir gestern, als ich mich plötzlich auf YouTube eingegraben habe, um mich durch alte, fast vergessene Soundtracks meiner ganz persönlichen Spielegeschichte zu klicken.

    Dabei stellte ich zu meinem Erstaunen fest, wie viele Erinnerungen noch irgendwo in meinem Hinterkopf versteckt waren und nur darauf warteten, herausgekramt zu werden. Eigentlich ist es ja auch kein Wunder. Längst weiß man um die emotionale Kraft von Musik Bescheid, dass man durch sie Gefühlszustände und Erinnerungen abspeichern kann, die beinahe unverrückbar im Gedächtnis bleiben.

    Es gibt Berichte über Altenheime, in denen Menschen, die unter teils schweren Gedächtnisausfällen leiden und kaum noch mit ihrer Umwelt interagieren, mit einem Mal aufblühen, wenn sie Musikstücke ihrer Vergangenheit hören. Oftmals setzen Bewohner auf einmal mit ein, die seit Tagen kein Wort gesprochen haben und ihre Verwandten nicht mehr erkennen. Und nicht selten auswendig.

    Es scheint also, dass Musik das Potential besitzt, bis ganz tief in unseren Kopf einzudringen, an einen Ort, der selbst vom vermeintlich völligen Vergessen unberührt bleibt. Ich finde das eine faszinierende und berührende Vorstellung.

    Und mir ging es ähnlich. Als ich mich durch die OSTs durchwühlte, flogen diverse Szenen aus den Spielen an meinem inneren Auge vorbei, die ich längst vergessen glaubte. Besonders bei in meiner persönlichen Spielhistorie herausragenden Titeln machte sich ein wunderbar nostalgisches Gefühl breit, das viel stärker war, als wenn ich mir nur entsprechende Bilder oder kurze Videos dazu ansehe.



    Und da fragte ich mich, warum ich dennoch an einem Abend so gut wie durch war mit den herausragenden Soundtracks. Warum hat nicht jedes Spiel einen solchen, der mich berührt, der mich anfeuert oder auf eine außergewöhnliche Reise mitnimmt?

    Manchmal habe ich den Eindruck, dass besonders bei Spielen der Soundtrack lieblos hinten drangeklatscht wird. Manche haben noch ein Hauptthema, das das Hauptmenü und die ersten Trailer in Szene setzt, sich jedoch schnell abnutzt. Der Rest ist dann kaum bemerkenswert.

    Daneben gibt es so viele Spiele, bei denen ich nicht einmal erinnern kann, dass da überhaupt Musik war, wenn ich nicht wüsste, dass es so gewesen sein muss.

    Da frage ich mich, warum?

    Musik ist ein so mächtiges Werkzeug, um Emotionen zu steuern und einen Wiedererkennungswert zu schaffen, der – wie oben beschrieben – ungeheure Kraft auf unser Gedächtnis hat.

    Warum wird sich da nicht öfter mehr Mühe gegeben?

    An dieser Stelle scheint mir die Filmindustrie noch immer einen großen Schritt voraus. Man stelle sich nur mal Star Wars ohne die herausragende Musik von John Williams vor, eine Musik, die sich noch heute jedes weitere Spiel und jeder Film der Marke zu Nutze macht, weil wir sofort einen ganzen Berg voller Erinnerungen und Emotionen damit verbinden. Diese Musik steht für Unterhaltung, ja für die ganze riesige Welt, die Star Wars erschaffen hat.

    Es gibt so viele Beispiele. Wäre das Auenland der Herr der Ringe-Filme auch nur halb so idyllisch, hätte es irgendein Möchtegern-Komponist mit 0815-Musik hinterlegt? Entstehen nicht einige der berührendsten Momente des Serienschwergewichts Dr. House in den Sequenzen, die mit irgendeinem Musiktitel unterlegt wurden?

    Doch auch Computer- und Videospiele zeigen den Wert der Musik zur Genüge auf. Eines der eindrucksvollsten Beispiele der letzten Jahre ist wohl Valiant Hearts. Mein Gott, wie unfassbar gut war denn bitte der damalige E3-Trailer? Ich kriege heute noch eine Gänsehaut, wenn ich den ansehe.

    Und auch das spielerisch und zuweilen inhaltlich eher dürfte Spiel selbst wäre nicht halb so gut ohne diese wunderbar traurige Musik gewesen.



    Und doch habe ich nicht den Eindruck, dass Spieleentwickler alles daran setzen, ihrer Marke ein klangliches Gesicht zu verleihen, dass sie mit aller Macht versuchen, unsere Gefühle an ihr Spiel zu binden und uns mit den Soundtracks den Weg zu weisen, der uns eine Träne oder ein siegesgewisses Lächeln entlockt.

    Woran mag das liegen? Habt ihr eine Idee? Oder findet ihr, dass ich den Spielen unrecht tue und bereits die allermeisten diesen Anspruch erfüllen?



    Im Nachfolgenden habe ich euch noch ein paar Soundtracks meiner ganz eigenen Spielegeschichte zusammengesucht. Das heißt weder, dass das die besten OSTs aller Zeiten sind, sondern lediglich diejenigen, die mir am meisten bedeuten.

    Ihr seid außerdem eingeladen, eure eigenen Favoriten im Nachfolgenden zu posten!


    Angefangen mit einem nicht besonders alten, aber richtige starken Soundtrack: Skyrim mit seinem unverwechselbaren Main Theme, das den damaligen Clip in den Trailer-Himmel gehievt hat.


    Zum nächsten Stück muss ich wohl nicht mehr viel sagen. Monkey Island!


    Und bleiben wir gleich bei Piraten und Rum. Tropico 2 gilt vielen als ungeliebter Ausflug in die Piratenwelt der Karibik. Ich mochte das Spiel damals und auch der Soundtrack war hervorragend:


    Als nächstes ein OST voller Ambition und epischer Größe: Star Wars: The Old Republic



    Als nächstes ein Piano-Stück, das jedem im Gedächtnis geblieben sein dürfte, der To the Moon gespielt hat.



    Die Musik des Hauptmenüs von Age of Empires 3 gehört zwar nicht zu den allerbesten OSTs, hat mich aber viele Stunden begleitet und mir besser gefallen als die seiner Vorgänger, die bestimmt alle nicht schlecht waren, aber auch nicht besonders herausragend.



    Das kleine Spiel Apotheon hat mich nicht nur durch seine faszinierende Optik bezaubert, sondern auch mit seiner Musik beeindruckt:


    Valiant Hearts hat es mir einfach angetan:


    Anno 1404
    , für mich der Serienhöhepunkt, hat einen durchwegs hervorragenden Soundtrack. Und auch das Addon Venedig steuert seinen Teil dazu bei.


    Gothic 3
    ist umstritten, jedoch in meinen Augen zusammen mit den Community-Patches ein außergewöhnliches Rollenspie. Es ist noch heute mein Open-World-Favorit, auch wenn jetzt viele vermutlich: „What?! O.o“ denken werden.
    Wenn ich bei dieser Musik durch Myrtana gestreift bin, scheue Tiere verfolgt und die liebevoll gestaltete Umgebung genossen habe, dann war ich im Spiele-Himmel. Wahnsinn!



    Zu guter Letzt, stellvertretend für beinah alle Grand Strategy-Titel von Paradox, die seit jeher einen wahrlich bombastischen Soundtrack mitbringen, ein Stück aus Europa Universalis 3.

    Ich hoffe, ich konnte ein paar von euch ein paar schöne Erinnerungen bescheren. Und jetzt her mit euren Lieblingstiteln, die euch heute noch Gänsehaut bereiten!

    Über den Autor

    Nimlod
    Fußball, Computerspiele, Lesen, Politik und was weiß ich noch alles

Kommentare

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  1. Ryuzaki
    Auch im Bereich Film gibt es durchaus guten Soundtrack. Vor allem von Tron: Legacy kann ich das komplette Album empfehlen, hier wurde wirklich großartige Arbeit geleistet. :)

    Tron: Legacy - Derezzed
    https://www.youtube.com/watch?v=f8Z6JOls_eA

    Inception - Dream Is Collapsing
    https://www.youtube.com/watch?v=imamcajBEJs

    Fluch der Karibik - He´s A Pirate
    https://www.youtube.com/watch?v=XcVZNcqZ4-0

    Band of Brothers - Theme Song
    https://www.youtube.com/watch?v=Gec7OUrj87M

    Game of Thrones - Opening Main Theme
    https://www.youtube.com/watch?v=HR3faBgMI7c

    Gladiator - Now We Are Free
    https://www.youtube.com/watch?v=vHAvjaHtlMA
      1 Person gefällt das.
  2. Nimlod
    Ja, das stimmt schon. Eigentlich trifft das auch auf viele Filme zu. Aber gefühlt ist es da nicht so schlimm. Da fallen mir auf Anhieb deutlich mehr Beispiele ein.
    Und danke für deine Links. :)
  3. der.Otti
    Stimme dir zu, sehe es aber auch bei vielen Filmen sehr kritisch:

    Ich kann mich an kaum einen OST eines Films der letzten Jahre erinnern, Herr der Ringe würde mir auch spontan einfallen. Ansonsten finde ich aber, dass auch in diesem Bereich vieles irgendwie nur generisches Orchestergeplänkel ist, der mich emotional null mitnimmt.

    Was meine persönlichen Spiele-OST's angeht:

    Metal Gear Solid Main Theme:
    https://www.youtube.com/watch?v=zqqq8uqSDnk

    Halo Theme:
    https://www.youtube.com/watch?v=Z5yVOFokLVY

    The Witcher 3 Unreleased OST - The Bloody Baron's Family:
    https://www.youtube.com/watch?v=O5MEgdgTJI4

    Hotline Miami: MOON - Hydrogen:
    https://www.youtube.com/watch?v=VkVsuO2Ichk
  4. Waldmaus
    "Reptiliengehirn"!

    Musik wird von uns nicht bewusst bewertet, sondern wirkt direkt auf unseren Hirnstamm, der sich seit der Urzeit kaum verändert hat.
    Ein verdächtiges Geräusch versetzt uns in Alarmbereitschaft, was effektiver ist, als rational zu überlegen, ob das ein jagendes Raubtier sein könnte.
    Dass Urzeitfeinde mittlerweile von Autotüren, Handygebimmel und Feuerwerk abgelöst wurden, macht fürs Gehirn keinen Unterschied.
    Tiefe, rhythmische Töne wie das Plätschern des lebensspendenden Wassers oder die nahrungsverheißenden Waldgeräusche vermitteln uns Geborgenheit.

    Mit Gefühlen zwingt uns die Evolution auf den "richtigen" Weg.
    Angst führt zum Kampf- oder Fluchtreflex, Verliebtheit dient der Arterhaltung, Freude fördert den Handlungs- und Entdeckerdrang und Ekel soll uns vor Parasiten, Krankheiten und Vergiftungen schützen.

    Daher kommt die emotionale Wirkung der Töne. Sobald Geräusche wie die komplexere Musik erklingen, sucht das Gehirn nach emotionalen Verknüpfungsmöglichkeiten, wodurch wir mit Musik alle Gefühlsformen erleben können.

    Verstärkt wird dieser Effekt durch unsere Art der Erinnerung. Wir speichern nämlich keine Fakten wie ein Computer, sondern schaffen Bilder und assoziieren sie mit Gefühlen.
    Fans von Volks- oder Schlagermusik schätzen diese "Geräuschkulisse" nicht wegen ihrer hohen Qualität, sondern weil sie schöne Erinnerungen damit verbinden - der Schunkelfaktor spielt auch eine große Rolle.

    Monkey Island ist ein gutes Beispiel. Wer das Spiel nicht kennt, findet die Musik wahrscheinlich grottig, aber wer das Abenteuer erlebt hat, der kann in Nostalgie schwelgen.
  5. Dillex
    Schöner Beitrag. Musik ist für mich in Videospielen einfach absolut wichtig. Die richtige Musik in den richtigen Momenten macht einen Spielabschnitt um einiges denkwürdiger.

    Ein paar Beispiele, die ich absolut genial finde:
    Die Hauptmenü-Musik von Metal Gear Solid (ich wollte damals ganz oft das Spiel gar nicht starten, weil ich die Musik einfach zu episch fand :D), oder die "Alarm"-Musik.

    Das Flughafenlevel von "Max Payne 3", wo das geniale Lied aus dem Trailer gespielt wurde "Health - Tears".
    Praktisch jede Assault-Phase von "Payday" (1&2) mit der adrinalin-geladenen Musik.
    Die Musik während der Story-Missionen von "The Crew".
    Natürlich auch die große Auswahl an Musik in der GTA-Serie (ich habe heutzutage bei "Rising to the Top" von GTA3 immer so schöne Nostalgie-Momente)...
  6. TheVG
    Wenn ich euch jetzt bös wollte, könnte ich euer Alter als Argument nicht durchgehen lassen :D
    Nee, im Ernst: Ich kann´s verstehen, vor allem gemessen an dem Niveau und der Trendbewegung, wie man Spiele heute vertont. Ich finde es nur schade, dass dieses teils unpassende epische Getue immer die Mundwinkel runterzieht, wenn du verstehst, was ich meine. Es muss dramatisch und emotional und sonstwas sein, dabei transportiert gerade die Musik im Ganzen ein Stimmungsbild der Spieler. Da kann man schon sagen, dass wir früher spaßigere Musik zu hören bekamen, ohne Euch jetzt als Miesepeter hinstellen zu wollen ;)
  7. Ryuzaki
    Ich mag einfach solchen Soundtrack und manchmal höre ich mir das viel lieber an, als das ewig gleiche Gedudel im Radio. Mir wäre sogar noch mehr eingefallen, aber nachdem ich schon so eine lange Liste beisammen hatte, hab ich mich dann doch gezügelt. :D

    Das Ding ist, dass ich für die alten Sachen einfach zu jung bin. Und ich schätze mal, dass es manch anderem auch so gehen wird. Jedenfalls kenne ich keines von den Spielen, die du aufgezählt hast.
    Aber was mir noch aus meiner Kindheit einfallen würde, ist ganz klar Pokemon. So viele Stunden, wie ich mit dem Spiel verbracht habe, würde ich die Melodie immer wieder erkennen. :)

    https://www.youtube.com/watch?v=ltw_D3M_pws&index=1&list=PL5XIvY1jdiVgBfl_i0GZppd1I7OeYDCip
  8. Nimlod
    @Ryuzaki Das ist ja mal eine Liste. Danke :D

    @Bastius Letztlich ist das eben so ein Punkt. Würde man der Musik mehr Bedeutung beimessen, könnte man sie breiter Aufstellen, sodass sie eben nicht so schnell repetitiv wird.
    Aber auch was die besonderen Stücke angeht, herrscht wie ich finde Mangelware. Zu wenige Spiele geben sich eine musikalische Seele oder einen echten Wiedererkennungswert.
    Ein schönes Beispiel fällt mir da aus Star Wars The Old Republic ein.
    Eine der ersten Quests, die ich damals gespielt habe, ging um einen alten Mann, dessen Lunge durch Giftgase zerstört worden ist.
    Geneuer kann ich mich nicht erinnern, aber es war eine eigentlich banale und kurze Story, die sich darauf hinauslief, dass man entscheiden musste, ihm oder anderen zu helfen.
    Jedenfalls wäre die kurze Geschichte nicht halb so ergreifend gewesen, setzte nicht plötzlich traurige Musik mit ein.
    Das Problem war nur, solche Quests kamen danach fast nie mehr und so war das eine der wenigen, die mich ergriffen hat und bei der ich tatsächlich überlegen musste, was ich tun würde (denn rein objektiv war der Mann im Unrecht). Ich frage mich heute noch, warum dieses einfach Mittel nicht häufiger verwendet wurde. Tja.

    @TheVG Gerade das ist interessant. Tracks, die mancher schon lange vergessen hat, aber alte Erinnerungen wecken. Das müssen dann nicht die notwendigerweise epische Titel sein. :)
  9. TheVG
    Danke für den Blog. Auch wenn ich dann immer feststelle, wie sich die Leute dann lediglich auf aktuelle OSTs einschießen, die dann immer diesen Epiktouch haben müssen. Es gibt für mich jedenfalls selbst in Piepsesoundzeiten noch geniale Tracks.

    Die Soundtracks von Armalyte, Katakis (Hülsbeck!), Samurai Warrior, Rastan - alle C64 - oder Agony, Xenon 2, Apydia, Battle Squadron - alle Amiga -, diversen Demos und ach keine Ahnung was alles noch Erinnerungen in mir hervorruft.
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  10. Bastius
    Ich denke, in Spielen ist es schwierig die Handlungen und die Musik zu synchronisieren, weil der Spieler den Protagonisten steuert. Aber das ist natürlich eine faule Ausrede, da gibt es sicher Möglichkeiten: Ich denke sogar in Spielen finden sich oft Momente, in denen nicht der Spieler die treibende Kraft ist, sondern sich die Ereignisse in der Welt größtenteils ohne seinen Einfluss entwickeln und hier wird dann auch die Musik gut abgestimmt sein.

    Die Ansprüche an Musik in Spielen ist aber auch oft anders, du sprichst ja hier von Musik für besondere Momente, die sollte davon ausgenommen sein, aber grundsätzlich dürfte Musik so angelegt sein, dass sie auch in einer Endlosschleife laufen kann oder die immer selbe Musik in Kämpfen abgespielt wird. Diese Musik nutzt sich dann natürlich schnell ab.
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