Die schlimmsten Grafikeffekte [Flop 10]

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  1. shitgrafick.jpg

    »Moderne Echtzeitgrafik sieht so gut aus wie nie zuvor!«

    Generell wurde und wird diese von mir kurzerhand ausgedachte Aussage immer zum jeweiligen Zeitpunkt stimmen. Seit einigen Jahren haben wir jedoch eine Schwelle erreicht, ab der plötzlich begonnen wurde, Rechenpower für grafikverschlimmernde Augenwischerei zu verschwenden! Dies ist vergleichbar mit Zwiebeln auf einem Flammkuchen: total unnötig und geschmackverschlechternd. Meine persönlichen Highlights – oder eher Lowlights – möchte ich euch daher präsentieren und erklären, was die Hässlichkeit daran ausmacht. Im Groben wird dabei mit dem harmlosesten Bling-Bling begonnen und im grausamsten Augenschmerz geendet. Also schnappt euch was zu knabbern und Rage-Mode aktiviert!

    Einleitend betrachte man zuerst ein aktuelles Beispiel bei dem sich Entwickler wieder neuen, unnötigen Käse aus den Fingern saugen. Die Star Wars: Battlefront 2 Beta bot einen »tollen« Spezialeffekt für Menü und HUD, welcher Icons sowie leider auch Texte kräuseln ließ und regte somit durch die schlechte Lesbarkeit manche Leute unnötigerweise auf. Dies wäre kein Problem, könnte man solchen Schnickschnack einfach in den Optionen abstellen, hatte doch schon der letzte Teil ein umfangreiches Grafikmenü. Es gab letztlich aber wohl genügend tränende Augen (wegen dem Flimmern, nicht wegen den Lootkisten), dass es in der Release-Fassung schon entfernt wurde.

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    Da drücken wir also mal noch beide Augen zu.


    10. Schwarze-Kinofilm-auf-16-zu-9-Fernseher-bildbeschränk-letterboxing-Balke-Balken


    Kinofilme werden oftmals in einem breiteren Seitenverhältnis als 16:9 aufgezeichnet, für die Ausstrahlung auf typischen Fernsehern und Monitoren bleiben also Pixel ober- und unterhalb des Bildes schwarz. Bei 3D-Computerspielen wird hingegen die Welt erst zur Laufzeit gerendert und bei einer freien Kamera sollte daher problemlos 5:4 bis hin zu 64:27-UltraWide unterstützt werden.

    Starten wir die Flop-Liste nun also mit einer etwas unbekannteren Designentscheidung. Bei The Evil Within wollte man einen besonders filmischen Look erzielen, indem Letterboxing erzwungen wird – zumindest wurde dies behauptet. Auf einem FullHD-Bildschirm ergibt sich eine Auflösung von 1920×768 Pixeln plus schwarzer Balken. Dividiert man die Breite durch die Höhe, erfahren wir, dass das ein Seitenverhältnis von 2.5:1 ist. Dies ist aber kein Kinoformat! Das 2.4:1-Verhältnis wäre gängig, 2.55:1 von CinemaScope ist am nächsten an The Evil Withins Möchtegern-Format dran. Ersteres ergebe 800p, wäre dann aber wohl zu rechenaufwendig gewesen. Denn der eigentliche Grund für die niedrigere Resolution könnte eine Leistungsersparnis für den Konsolen-Release sein. 1920×768 hat im Vergleich zur vollen Auflösung nur rund 70 Prozent der Pixelmenge, durch den Wechsel würde man im Optimalfall einen Sprung von ungefähr 21 fps auf 30 fps erzielen. So wurde es nach genügend Gegenwind auch aus der PC-Version herausgepatcht, die dies ja nicht nötig haben sollte.

    Ansonsten ist mir kein PC-Spiel bekannt, dass solch erzwungenes Cropping verwendet, in vorgerenderten »Cinematics« sind sie aber ab und an vorzufinden, Alan Wake in Ultra-Wide würde dort zu unnötigem Schwarz an allen vier Kanten führen. Häufiger findet man da schon eine Vignette in Form einer Ellipse, bei jener der Rand ins Schwarze übergeht. Der Effekt wird aber normalerweise nur sehr subtil verwendet. Eine Randverzierung aus rotem Blut kann in einem Deckungsshooter wie beispielsweise Spec Ops: The Line jedoch auch positiv verwendet werden. Zusammen mit dem immer gräulicher werdenden Bild erschwert es das Zielen ein wenig und zwingt den Spieler schon fast zum Ducken hinter die Abschirmung.

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    Zu den Ecken hin wird das Bild schwarz (hier aber nur durch Nachbearbeitung hinzugefügt).

    Erwähnt seien abschließend noch unnötige Bildschirmplatzbeleger, wie das »EA Sports HD Live«-Overlay aus FIFA. Hier kann man leider nur den Kopf schütteln, da doch mittlerweile schon Konsolen Auflösungen von bis zu 4K unterstützen und das klumpige HD-Banner einfach lächerlich wirkt.


    9. TAA, FXAA und das verwaschene Bild


    Immerhin gibt es auch Dinge, die eigentlich etwas Gutes tun wollen – Postprocessing-Antialising ist solch ein Kandidat. Früher wurden unschöne Kanten nur durch anspruchsvolles SSAA, MSAA oder Weiterentwicklungen des letzteren verwendet. Als Alternative zu den vergleichsweise teuren Verfahren entstanden FXAA und MLAA, welche zu einem späteren Zeitpunkt in der Grafikpipeline und nicht mehr auf den 3D-Modellen arbeiten. Leider führten diese zu einem recht verwaschenen Bild.

    Deutlich besser war hier SMAA (eine Weiterentwicklung von MLAA), es liefert eine überlegene Glättung, kostet nicht allzu viel zusätzliche Rechenpower und lässt das Bild nur minimal an Schärfe verlieren. Damit ist es die einzige Postprocessing-Kantenglättung, die ich uneingeschränkt empfehlen würde.

    Neuerdings findet sich vermehrt sogenanntes TAA, dies zieht Informationen aus vorangegangenen Frames und soll besonders gut bei Bewegungen funktionieren. Leider sorgt es wieder für ordentlich Unschärfe, doch je nach Stelle unterschiedlich stark, weshalb es für mich letztlich schlimmer aussieht als FXAA. In Deus Ex: Mankind Divided wird versucht dem mit einem (etwas zu aggressiven) Sharpening-Filter entgegengewirkt, Hellblade: Senua’s Sacrifice zwingt uns förmlich zum unschönen TAA.

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    Deaktiviert man TAA (über Umwege) in Hellblade, so entstehen pixelige Artefakte (gut an den Haaren zu erkennen), genau an diesen Stellen wird aber leider das Bild mit Temporalem AA besonders unscharf.

    Lediglich als Besitzer eines UHD-Geräts könnte man über diese Optionen nachdenken, da man vermutlich in einer Distanz zum Monitor sitzt, von der aus man die etwas verwaschenen Pixel eh nicht negativ bemerken würde. Oder man verwendet es in Kombination mit Downsampling, beziehungsweise Resolutionscaling und garantiert sich damit ohnehin ein knackiges Bild.


    8. Film Grain und das rauschende Bild


    Auch »Filmkorn« genannt (wie es niemand im Deutschen sagen würde), bezeichnet Bildfehler, die besonders bei analogem Video (und natürlich auch Fotografien) auftreten. Ebenso entsteht ein – wenn auch meist deutlich schwächeres – Rauschen bei Digitalkameras, nicht aber bei vollkommen digital erzeugtem Material eines Computerspiels! Es heißt ja nicht umsonst Film-Grain… FILM-Grain… F-I-L-M-Grain!!! Der YouTuber Gameomat hat in seinem vorletzten GamesSünden-Video hierzu schon die perfekten Worte gefunden: »Meine Augen sind keine Kamera. Wenn ihr einen Film machen wollt, dann macht [halt] einen [verdammten] Film und kein Videospiel.«

    Theoretisch könnte man auch hier wieder das Argument bringen, dass es doch auch etwas Positives bewirkt. Die immer noch deutlich häufiger verwendete SDR (Standard-Dynamic-Range) ermöglicht »nur« 256 Werte für je Rot, Grün und Blau. Das ist völlig ausreichend für (verlustfreie) Realbild-Aufnahmen. Will man das Bild für ein SDR-Display bei Computergrafik aber ohne Weiteres ausgeben, entsteht leider sogenanntes Banding.

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    Besonders links unten sind (je nach Monitor unterschiedlich stark) vertikale »Streifen« zwischen benachbarten Farbtönen zu erkennen.

    Schuld an diesem Effekt sind größtenteils unsere Augen, die den Kontrast unnötig verstärken und diese Kanten sichtbar machen. Etwas KoЯn kann hier schon helfen, macht das Bild jedoch zu noisy. Deutlich besser ist sogenanntes Dithering, um beispielsweise Fließkommadaten der GPU auf die 256 Werte pro Farbkanal typischer Monitore umzurechnen. Photoshop-Experten werden hier verschiedene Verfahren auflisten können, im Groben werden jedoch immer einzelne hellere Pixel zur dunkleren Fläche untergemischt und umgekehrt, bis letztlich ein sauberer, entbändeter Übergang entsteht. Glücklicherweise kann aber auch im Nachhinein in den meisten Spielen mit ReShade/SweetFX debanding vorgenommen werden, trotzdem unnötig umständlich. Blöd nur, wenn einem das erst einfällt, nachdem man schon 235 Hellblade-Screenshots geknipst hat und dies bei manchen ohne großen Erfolg versuchte mit GIMP zu fixen :S

    Ergänzung bezüglich Hellblade: Wie sich herausstellt verwendet Hellblade 10bit-Framebuffer, man kann also für ein gewöhnliches 8bit-Display das Banding beheben, indem man mit dem Film-Grain-Shader aus ReShade minimales Rauschen hinzufügt und so einen äquivalenten Effekt zu random Dithering erzielt.


    7. Bloom bis die Augen brennen


    Die Sinnhaftigkeit hinter Bloom kann man schon ahnen, neben dem bösen SDR können Bildschirme nicht so hell wie beispielsweise unsere Sonne strahlen – zumindest wenn man auch noch gute Schwarzwerte und einen vertretbaren Stromverbrauch erreichen will. Entsprechend wird etwas getrickst, indem die umliegenden Pixel ebenfalls erhellt werden, selbst wenn es keine nahen Objekte gibt, die das Licht reflektieren könnten. Halt so wie eine… hach… Kameralinse. Besonders an Trackmania erinnere ich mich für diesen übertriebenen Effekt (sollte man blöderweise den Haken setzten). Ein dosierter Einsatz kann mir meinetwegen recht sein.

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    Senuas Schwert glüht etwas, in dieser Intensität allerdings akzeptabel.

    Ergänzend will ich einen weiteren Effekt ansprechen, welcher meist in Kombination hierzu auftritt. Unsinnigerweise oft als HDR bezeichnet, wird damit die Luminanz dynamisch verändert. Das heißt ein Höhlenausgang besteht aus überstrahlendem Weiß, geht man hindurch, wird jedoch die Helligkeit gedrosselt und die Außenwelt nimmt eine natürliche Intensität an. Bevor jetzt aber wieder jemand jubelt, dass dies ja mega cool ist und sich genauso wie unser Auge verhält, sollte erst bedenken, dass so eine schnelle Anpassung an die Umgebungsbeleuchtung nicht realistisch ist. Unsere Pupillen würden sich natürlich verengen, eine perfekte Adaption bei so starkem Kontrastwechsel dauert aber länger. Böse Zungen würden behaupten, dass sich das Spiel also wieder nur wie eine Kamera verhält – ich werde mich dazu allerdings nicht verleiten lassen.

    Kurze Zugabe, nachdem ich Quantum Break gespielt habe: Adaptation/HDR hätte doch weiter herunter in eine eigene Kategorie gehört. Seit langem hat mich keine Grafikeinstellung mehr so sehr genervt, besonders da es keine Möglichkeit zum Abstellen gab.
    Und nachdem ich noch mehr moderne Titel nachgeholt habe: Grausam! Ruiniert teils auch echt den Kontrast.


    6. Superscharfe, viel zu harte Schatten


    Kommen wir nochmals auf Battlefront oder auf einfach ein halbwegs aktuelles Spiel zurück – in Wolfenstein II (II könnte hier auch für Serienteil 11 stehen) habe ich es nämlich gerade wieder gesehen. Benutzt man schlicht das Ultra-Present ohne weiteres Feintuning, so aktiviert sich meist eben der Käse namens Film Grain, Bloom oder der ganze andere Mist über den wir uns später noch kümmern werden. Etwas heimtückischer ist hier die Option für die Schattenqualität.

    Schatten werden meist nicht einfach ein- oder ausgestellt, sondern reguliert. Leider ist hier die höchste Stufe meist nicht die beste, nur die schärfste. Als Beispiel habe ich heimlich ein Bildschirmfoto eines Grafikvergleichs von Candyland geschossen.

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    Die Schattenauflösung ist so hoch, dass man selbst einzelne, kleine Blätter klar erkennen kann. Kellerkinder, die beim Erblicken von Tageslicht zu Staub zerfallen, dürften jetzt schreien, dass das doch so realistisch sei. Nein! – schrei ich entgegen. Die Sonne ist kein Punkt (auch nicht die von Naboo). Je weiter die Blätter vom Boden entfernt sind, desto weicher wird ihr Schatten, da es einen Übergangsbereich gibt, dort wo ein Blatt die Sonne nur teilweise verdeckt. Die Konsolenversionen im Video verwenden eine niedrigere Schattenstufe, darum sieht es dort meist natürlicher aus (auf dem PC wird man ja aber auch nicht zu »Ultra« gezwungen). Außerdem kann die hohe Auflösung nicht überall gehalten werden, weshalb man im oberen Drittel des Screenshots eine deutliche Qualitätsverminderung erkennen kann. Besonders nervig beim Laufen, wenn sich diese Kante mitbewegt.

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    Auf einem realen (und bestimmt ordentlich nachbearbeiteten) Foto sind die Schatten so weich wie ein Babypopo.

    Diesmal hat man mit den falschen Einstellungen also einen Look, der gar kontraproduktiv zu dem einer Filmkamera ist. Ha! Vermutlich ist einfach die PS4 Leadplattform und zur Auslastung der PCs mit überteuerten Grafikkarten wird lediglich die Schärfe hochgedreht, obwohl es eben zu einem unrealistischen Aussehen führt. Das heißt aber nicht, dass es nicht besser gehen würde. Bioshock Infinite besitzt einen möglichst »physikalisch-korrekten« Schattenwurf, bei dem beispielsweise der Kopf (sofern am Hals befestigt) einer stehenden Person einen weichen, die Füße hingegen einen harten Schatten besitzen. Die Option ist nur leider sehr, sehr hardwarehungrig.

    Als optionale Randnotiz sei noch erwähnt, dass die Star-Wars-Sonne etwas extrem »durch den Baum schauen« kann. Würde man sich nämlich an Obi-ger Stelle herumdrehen, sehe man etwas dichteres Blätterwerk, das die Augen vor den Lichtstrahlen schützen würde. Für die Berechnung wird jedoch lediglich ein recht plattes 2D-Modell verwendet, welches nicht gerade zur Glaubhaftigkeit der Schatten beiträgt.


    5. Lens Flare, Sparkle und ich übergeb mich gleich


    Bei einer Diskussion über unnötige oder gar nervige Grafikeffekte dürfte der Begriff »Lens Flare« recht schnell fallen. Durch Spiegelungen der Linsen im Objektiv entstehen mehrere dieser kreisrunden Artefakt. Außerhalb von Kameras findet sich so etwas jedoch nicht in der Natur. Wenn man also schon gerade Spaß daran hat, kann noch ein sternförmiger Leucht-Sparkle an alle hellen Stellen angefügt werden.

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    Tada! Lens Flare, Sparkle und Bloom, hach wie schön, nicht? (Okay, der Screenshot ist eigentlich echt schick!)

    Seitdem CGI in Holywood-Blockbustern beliebt ist, findet man dies in übertriebener Form vermehrt in Filmen wie zum Beispiel Star Trek, oder generell in allen von J. J. Abrams. Vermutlich wurde es deshalb in Spielen ebenfalls so extrem eingesetzt, man möchte ja nicht schlechter aussehen als Kinovorführungen (tut man momentan aber trotzdem noch). Neben den klassischen Kreisen, sind mir zum ersten Mal in Assassin’s Creed 19 (über den genauen Serienteil lässt sich streiten, bei 17 oder nun doch 20 verliert man eben leicht den Überblick) alternative, eckige Formen aufgefallen und ich weiß nun, dass die alten Ägypter mit sechseckigen Blendenlamellen gefilmt haben. Des Weiteren gibt es spezielle Flares, die bei den oft für Kinostreifen verwendeten anamorphotischen Linsen auftreten. Ist ein Objekt heller als hell oder glühen dem Entwickler einfach gerne die Augen, so breitet sich ein fetter, horizontaler Streifen über diesen Stellen aus. Das bezaubernde Silence möchte ich hier hervorheben, das es geschafft hat die unbedeutendsten und nicht ansatzweise blendenden Bereiche mit diesem Stuss zu versauen.

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    Der nervige Strich rechts unten wurde leider mit Absicht ins Spiel eingebaut. Sci-Fi passt doch auch gut zum Thema, richtig?

    Kurz verschnaufen ... Was ist mit Cuphead?


    Da der Titel erst kürzlich erschien, dürften die meisten nur darauf warten, bis ich über die Cuphead-Grafik lästere, um dann wegen Blasphemie über mich herfallen zu können. Das werde ich aber nicht machen.

    Wer sich jetzt wundert, warum ich so plötzlich zur feigen Sau werde, dem sei gesagt, dass an der Grafik – trotz den vielen Postprocessing-Effekten – nichts auszusetzen ist. Cupheads Look hat einen ganz besonderen künstlerischen Anspruch, welcher das Feeling der Dreißigerjahre-Zeichentricktechnik wiedergeben möchte. Das ist umso beeindruckender, da es keinen modernen Film gibt, der diesen Comic-Stil zu imitieren versucht.

    Bei aktuellen AAA-Games wird ansonsten häufig eine möglichst realistische Grafik angestrebt, auch wenn jeder den Realismus wohl nur durch ein Kameraobjektiv sehen will. Diese Effekte werden aber komplett unabhängig davon eingesetzt, ob es überhaupt etwas zur Atmosphäre des Spiels beitragen würde. Stattdessen wird bei der Entwicklung einfach in der Engine jeder mittlerweile verfügbare Postprocessing-Glitzer-Kram aktiviert oder eben die dortigen Standardeinstellungen übernommen.

    Ein frisches, schön hässliches Beispiel ist Life is Strange: Before the Storm, bei dem man auf eine »malerische« Comic-Grafik setzt, zusätzlich hat man jedoch viel Fotoschrott. Bei einer Zeichentrickserie oder einem Gemälde käme dies nie in Frage und zeigt einmal mehr, dass einfach nur alles verwendet wird ohne es zu hinterfragen, bloß weil es die restlichen Blockbustertitel genauso machen. Dabei mindert es die ohnehin nicht sehr beeindruckende Optik durch diesen unnötigen Stilbruch nur noch mehr und schlägt sich negativ auf die Atmosphäre nieder. Ich mag ja in diesem Artikel mit gespielter Übertreibung etwas unnötig kritisch gewesen sein und dies auch noch weiterhin bleiben, bei einem objektiven Test wäre ein valider und nicht unbedeutender Negativpunkt jedoch besonders diese unpassende…


    4. Chromatic Aberration! Bäh!


    Bisher hatten wir eigentlich nur Schinken (no pun intended), man kann ihn auf den Flammkuchen legen, sollte aber nicht übertreiben. Nun schauen wir uns die Zwiebeln an, bei welchen jetzt nicht einmal eine durchschnittliche Dosis zu rechtfertigen ist, da sie für einen faden Beigeschmack sorgen.

    Der Augenkrebs namens Chromatischer Aberration war sogar so ekelig, dass es, als er sich begonnen hatte in der Spielebranche zu verbreiten, einen heldenhaften GameStar-Redakteur namens Sebastian Stange gab, der sich gegen diese neue Bedrohung aufgelehnt hatte und zur Meuterei aufrief! Okay, vielleicht hab ich sein Video doch etwas zu extrem in Erinnerung, nichtsdestotrotz ist es ein weiterer, unnötiger Schrotteffekt.

    Da Linsen Licht abhängig von dessen Wellenlänge leicht unterschiedlich stark brechen, wird es in seine Spektralfarben zerlegt und somit zerstreut. Dieser Farbfehler führt also letztlich zu unschön verfärbten Objektkanten und besonders als Simulation in Videospielen sorgt er je nach Stärke zusätzlich für ein unschärfer wirkendes Bild.

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    Auch wenn Hellblade nicht übertreibt, lassen sich die blau und rot verschmierten Ränder bei näherer Betrachtung erkennen, je weiter man sich vom Bildzentrum entfernt.

    Sucht man in Kinofilmen danach, kann es manche Stellen geben, an denen sich solche Farbsäume mit viel Mühe erkennen lassen, besonders aufgefallen ist mir die Chromatische Aberration aber dort noch nie. Als ich nach der korrekten Schreibweise dieses Wortes auf Wikipedia nachgeschlagen hab, ist mir direkt etwas ins Auge gefallen; Digitalkameras ermöglichen es wohl, dass dieser Abbildungsfehler automatisch per Software korrigiert werden kann. Reale Aufnahmen setzen also auf eine möglichst gute Kompensation, während die Computergrafik versucht besonders hässlich herüberzukommen – WOW!


    3. Versudelter Bildschirm bis niemand mehr durchblickt!


    Den hinterster Treppchenplatz – hoffentlich hab ich mich nicht verzählt – belegt zu Recht ein sehr nerviger Effekt. Bei Arcade-Rennspielen macht eine Lenkradsteuerung wenig Sinn und deshalb ist eine Cockpitansicht überflüssig.

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    In Titeln wie hier Colin McRae: DiRT 2 platscht jedoch Wasser auf die Windschutzscheibe und macht uns sogar kurzzeitig blind, bis die Wischer wieder für eine klare Sicht sorgen. Dieses kleine Detail sorgt für einen tollen Immersionsboost und als ich das erste Mal bespritzt wurde, ist mir die Kinnlade schön tief heruntergeklappt und ich habe den naheliegendsten Baumstamm geküsst.

    »Alles schön und gut, aber was hat das mit dem Thema zu tun?«, liegt euch jetzt auf der Zunge. Folgendes: Ein Split/Second: Velocity, welches nicht einmal eine Innenansicht bietet, wird stattdessen euer Display als Scheibe benutzen und euch den Dreck dort dagegenklatschen. Selbst DiRT 3 befeuchtet euren Bildschirm bei Regen in der Außenansicht. Dies ist alles erstmal noch nichts schlimmes.

    »Ja warum steht dies denn dann überhaupt auf Platz 3!?« Immer mit der Ruhe, so schnell kann ich jetzt auch nicht tippen… man. Also, was nun ebenso beachtet werden sollte ist, dass sich Licht besonders gut in solchen Tropfen oder auch dünnen Schmutzschichten spiegeln wird. Mache Leute würden sogar sagen, dass die Fettschmierer durch das »funkelnde« Licht doch super schön sind, also wird das jetzt in alle Spiele eingebaut. Wohl am schlimmsten war es in Battlefield 3, so furchtbar, dass ich euch zuliebe auf einen Screenshot daraus verzichten werde. Ihr könnt gerne selbst nach den Schmierflecken suchen, gebt aber nicht mir die Schuld wenn ihr erblindet.

    Auch in Hellblade darf dieser Schmodder nicht fehlen, immerhin ist das Reflektieren nicht so übertrieben, dafür ist das generelle Drecklevel meist genauso nervig… Heißt es wirklich »das« oder nicht eher »der« Dreckslevel? Ich glaub das ist so wichtig, dass ich eine Umfrage starten sollte: Heißt es der oder das Level?

    Zurück zum Thema, es ist einfach grausam, wenn das Bild aussieht, als hätte jemand dagegengerotzt. Überall findet man kleinere Kratzer oder semitransparente Flecken, besonders auffällig wird es in der Bewegung, da der Schmutz relativ zum Monitor an denselben Stellen klebt. Gerne kann man das bei einem hässlichen Titel machen, aber warum man diese Grafikpracht so verschandeln muss entzieht sich meines Wissens.

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    Na, wollt ihr nicht mal euren verschmierten Monitor reinigen? Noch grausamer wird es, wenn man in den Optionen Post-Processing von »Low« auf »Very High« erhöht – lachaft!

    Dabei kann man diesen Effekt doch an den richtigen Stellen für so viel Fantastisches verwenden. Artjoms Maske aus der Metro-Reihe ist hier ein gutes Beispiel. Schmutz auf dem Display steht für eine dreckige Atemmaske und nicht für irgendwelche imaginären Kameralinsen. Gleichzeitig ist es eine gewollte Sichtbehinderung, die in Kämpfen für einen nur noch größeren Adrenalinstoß sorgt, weil man nun zusätzlich die Schmiere abwischen muss, um die Gegner wieder scharf sehen zu können. Des Weiteren sind Sprünge und Risse Folge zahlreicher Treffer, sie führen nicht einfach bloß zu einem eingeschränkten Ausblick, nein, selbst die überlebenswichtigen Filter werden durch das undichte Atemgerät schneller verbraucht. Bevor wir uns aber in zu starke Euphorie stürzen, sollte man erwähnen, dass leider selbst ohne Kopfbedeckung Artjoms Kameraaugen versaut sind. Dies führt zum unschönen Reflex die Maske abwischen oder gar abnehmen zu wollen, obwohl man sie doch überhaupt nicht trägt. Schade.


    2. Motion Blur an und schon sieht man nichts mehr!


    In der PC-Masterrace-Community dürfte die Bewegungsunschärfe vermutlich der bekannteste Effekt sein, der von vielen Spielern direkt als erstes deaktiviert wird. Vermutlich kann man nämlich auch Konsolen dafür verantwortlich machen, dass Entwickler begonnen haben diese Option anzubieten, um die viel zu ruckeligen 30 fps etlicher Blockbuster etwas kaschieren zu können. An sich ist das keine schlechte Idee und wohl das beste was sich aus dieser Einschränkung machen lässt. Läuft nun allerdings dieser Titel mit 60 oder gar mehr Bildern pro Sekunde auf einem ordentlichen Computer, so ist die Menge an Unschärfe deutlich übertrieben. Natürlich könnte man dem Nutzer eine entsprechende Regulierung ermöglichen, füttert man jedoch ein gewöhnliches Panel mit mindestens 50 oder 60 fps, wird Motion Blur recht unnötig, da für das menschliche Auge »automatisch« Unschärfe entsteht (keine Bewegungsunschärfe, aber sogenannte »Moving Picture Response Time«).

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    Mafia II »Hot Pursuit«: Das Stahlteil ganz links und die Trödel-Cops verwaschen im Geschwindigkeitsrausch.

    Zumindest wissen das die meisten Spieleentwickler sogar und wenn sich irgendeine Post-Processing-Option in den Einstellungen deaktivieren lässt, dann ist es eigentlich immer mindestens Motion Blur. Selbstverständlich ist es noch besser, wenn sich dies unabhängig von den Qualitäts-Presents einrichten lässt. Wählt man also in einem Crysis 3 die »Sehr Hoch«-Voreinstellung, kann man problemlos die Bewegungsunschäfe abschalten, ohne dass wir zur »Benutzerdefiniert«-Stufe degradiert werden.

    Generell kann ein beschis… bescheidener Grafikeffekt gerettet werden, indem man im Menü eine passende Aus-Funktion anbietet. Das ist jedoch oftmals nicht möglich und dann auch nicht für alles.


    1. FPS-Lock und mein Magen dreht sich!


    Überhaupt keine Option wird einem bei einer erzwungenen Bildratensperre angeboten. Denn hiermit meine ich nicht die optionalen Cappings aus CS:GO, Overwatch oder Battlefield 1, diese sind ja nur Stromsparhilfen und Latenzverbesserer. Das wahre Übel sind Titel mit schlampig programmierter Engine! Dort wird man zu 60 oder gar nur 30 Bildern pro Sekunde gezwungen, da es die Entwickler nicht geschafft haben, die Physik- und Animationsberechnungen von der Framerate zu entkoppeln.

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    Ohne die Begrenzung auf 62,5 fps in Spintires wäre ich nicht stecken geblieben... bestimmt nicht.

    Eigentlich ist es damit kein richtiger Grafikeffekt, wird aber auch gerne als »Feature« erzwungen. Die Release-Version von Batman: Arkham Knight hatte beispielsweise solch ein 30-FPS-»Soft«-Lock, um die unterirdisch schlechte Performance wenigstens irgendwie verschleiern zu können – auch wenn Publisher und Konsolenspieler in solchen Fällen gerne behaupten, dass es doch für ein filmisches Feeling sorgt. Nach großem Protest wurde beides zum Glück behoben, ansonsten lässt sich dies aber auch meistens leicht durch manuelle Änderungen an Ini-Dateien lösen.

    Nun gut, selbst fixe 60 fps sind doch flüssiger als Konsolen, also wo liegt das Problem? Zugegeben, eine 60-FPS-Sperre ist zumindest für mich kein ausschlaggebendes Argument auf ein Spiel zu verzichten… ne, Moment, ich muss mal wieder etwas kritischer werden! Unüberwindbare 60 fps bleiben einfach schlechter Programmierstil, besonders wenn das Problem mit der Engine schon über mehrere Spiele hinweg beklagt wurde. Bei Bethesda setzt man für eigene Titel aus der Elder-Scrolls- und Fallout-Reihe auf Gamebryo, beziehungsweise deren Nachfolger namens Creation Engine. Doch schon seit mehr als einem Jahrzehnt wird sich über die Physikbugs geärgert und lustig gemacht:


    Einen ganz großen Bogen mache ich aber um 3D-Spiele mit 30er-Limit. Dazu sollte ich vielleicht etwas ausholen. Seit VR mit der Rift und Vive in aller Munde ist (und auf den Köpfen einer kleinen Gruppe Spieler) dürften viele schon einmal etwas von sogenannter Motion Sickness gehört haben. Durch VR wurde sie »bekannt«, tritt aber auch beim normalen Zocken vor Monitoren auf, jedoch nur bei einem vielfach kleineren Bruchteil. Die Ursachen hierfür können von Mensch zu Mensch leicht unterschiedlich sein, bei mir machen Titel in der Egoperspektive ohne Waffen oder andere Gegenstände Probleme. Legt man in Rust oder Deus Ex nur kurz das Werkzeug ab, ist das nicht schlimm, der Magen kann sich aber melden, wenn man dies für längere Zeit tut. Doch selbst The Beginner’s Guide, Vanishing of Ethan Carter oder Soma, in denen man bis auf jeweils einen winzigen Abschnitt ohne Waffe in der Hand herumspaziert, werden nicht unspielbar. Ist man 90 Minuten oder zwei Stunden ingame, fühlt es sich im schlimmsten Fall (nicht immer!) danach an, als hätte man mit vollem Magen Sport gemacht, mehr aber auch nicht. Außerdem legen sich diese leichten Beschwerden bei einer Pause recht zügig.

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    Einfach das prächtige Schwert auspacken, ausfahren und schon fühlt man sich besser – aber Achtung, das ungenierte herumschwenken des langen Lümmels kann für ungewollte Aufmerksamkeit sorgen.

    Ein kleiner Titel mit dem Namen Stacking hatte mich jedoch eines besseren belehrt. Da es eigentlich »nur« in der Third-Person läuft, hatte es mich umso mehr überrascht. Neben dem FPS-Lock auf 30 individuelle Frames pro Sekunde war vermutlich das grausame Motion Blur nicht gerade hilfreich. Nach einer halben bis dreiviertel Stunde war dann ein Status erreicht, für den ich sonst »bestenfalls« mehr als doppelte so lang benötige. Da ich aber wusste, dass es sich um kein langes Spiel handelte, spielte ich einfach drei oder vier Mal über diese kurzen Zeitschlitze. Als man jedoch das Ende schon erahnen konnte, habe ich mich blöderweise durchbeißen wollen und mich bestimmt zu deutlich mehr als 60 Minuten gezwungen. Am Ende musste ich mich natürlich nicht übergeben, gefühlt habe ich mich wohl aber wie Stephen Kings »Riesenarsch« während des Blaubeerkuchen-Wettessen.

    Etwas leichtsinnig wurde später noch Brütal Legend geholt, da ich mir nicht vorstellen konnte, dass die Übelkeit wirklich mit den 30 fps zusammenhängen kann. Schließlich wurde ich eines besseren belehrt und somit bleibt der Titel unbeendet mit der Begründung, dass er zum Kotzen ist.

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    0. Depth of Field!!! ARGH!


    Die absolute Spitze (ja, es kommt noch eine nichtnegative ganze Zahl unter der 1) gehört jedoch der Schärfentiefe. Diese Tiefenschärfe hat wieder einmal ihren Ursprung in der Fotografie und beschreibt die Größe des scharf fokussierten Bereichs. In der Computergrafik kann dieser Begriff den Leien etwas irritieren, da doch das Bild hier schon mit maximaler, also unendlicher Schärfentiefe erzeugt wird. Die entsprechende Grafikoption sollte also eher »Tiefenschärfe-Verringerung« genannt werden oder direkt »Unschärfebereich«. Vielleicht würde die dadurch etwas negativ klingende Einstellung dann auch weniger oft aktiviert.

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    Bei geringer Depth of Field ist hier nur das Gesicht scharf, der Hintergrund dagegen nicht.

    In Spielen kann man nochmals zwischen zwei Arten unterscheiden. Bei der einen Variante wird immer dynamisch auf die Bildmitte fokussiert, normalerweise findet sich das aber höchstens in kleineren Spielabschnitten oder schlechten Grafikmods. Viel häufiger bleibt der Fokus statisch und sorgt für Unschärfe in der Ferne und Nähe, einzig für Zwischensequenzen oder bei limitierten Kamerapositionen wird die Brennweite und Schärfentiefe adjustiert.

    Übrigens ein gutes Stichwort, Zwischensequenzen dürfen meinetwegen so viel unscharfe Stellen besitzen wie sie wollen. In Cutscenes wird ein Spiel ja prinzipiell zum Film herabgestuft, man verliert die Kontrolle über die Kamera und die eigene Aufmerksamkeit darf dann gerne duch die Einstellung des Fokus beeinflusst werden.

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    Bei Videos oder Fotografien (hier mit Hellblades Photo-Mode) hat der Ersteller unter anderem durch Blur zum Beispiel die Möglichkeit auf kleinere Details aufmerksam zu machen.

    Wenn man dagegen mit dem Analogstick oder der Maus schon Kameramann spielen muss, dann sollte man auch Kontrolle über das scharf stellen erlangen. Der Sinn eines (klassischen) Spiels ist ja im Gegensatz zum Film, dass man eben nicht passiv beobachtet wie sich der Hauptcharakter umschaut, sondern ihn selbst steuern darf. Dazu sollte es aber auch möglich sein, zu erkennen wo man hinschauen will. Unsere Augen fokussieren dazu automatisch, wieso lässt man dann also in einem Spiel nicht vorsichtshalber gleich alles scharf!?

    Fast noch unnötiger (aber nicht ganz so verbreitet) ist Vignettenunschärfe, im Gegensatz zur Vignette vom Anfang wird der Rand nicht dunkler, sondern immer verwaschener und erzeugt so den Eindruck einer Billigkamera. Mit einem Spiel soll man interagieren und dies meist durch Reaktionen auf bestimme Situationen. So ist auch die Reaktionsgeschwindigkeit entscheidend und eine flinke Augenbewegung zum Monitoreck ist halt einfach schneller als ein Kameraschwenk. Dieser ganze Unschärferotz stört daher ausschließlich die Fähigkeit alles gut zu erkennen und sollte zumindest nicht Dauerzustand sein.

    Apropos, selbst Analogverfechter Quentin Tarantino hätte sich in The Hateful Eight über eine »deaktiviere Depth of Field«-Option der Filmkameras gefreut. In (mindestens) zwei Szenen befinden sich zwei Personen in unterschiedlicher Entfernung zur Linse, trotzdem wollte Tarantino, dass der Zuschauer beide jederzeit scharf erkennen kann. Mit einem sogenannten »Split Focus Diopter« lassen sich zwei unterschiedliche Brennweiten in einem Bild vereinen und man kann die Illusion einer immensen Schärfentiefe erzeugen. Aus Spoiler-Gründen verzichte ich auf ein Bild und außerdem will ich nicht wegen eines Copyright-Verstoßes im Gefängnis landen, allerdings habe ich gerade ein schönes Video über diese Linse gefunden, falls ihr mir nicht glauben solltet.

    Zurück zu Computerspielen; die Entscheidung dem Tiefe(un)schärfe-Effekt den untersten Platz zu vergeben entstand nicht zuletzt auch wegen der enormen Performance-Einbuße. Klar, alle Grafikeffekte kosten Leistung, bei manchen der genannten ist das sogar messbar, für einen subjektiven Unterschied reicht es hingegen nicht. Bei Depth of Field ist er jedoch deutlich. Einziger Grund den ich mir denken kann sie zu verwenden, ist der Vorteil, dass Texturen bei näherer Betrachtung nicht als matschig herausstechen, sondern durch die Unschärfe natürlich wirken, und ebenso ferne Objekte nicht als 2D-Bitmap ersichtlich werden. Es ist aber fraglich, ob eine größere Sichtweite nicht die performantere Lösung wäre.

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    Mit Hilfe der Tiefenschärfe wird die Low-Res-Textur der Leiter kaschiert, da man erkennt, dass Finger und Arm ebenso vom gewollten Bluring getroffen werden.

    Ein Problem der Echtzeitgrafik ist jedoch die Notwendigkeit zu starken Tricksereien. Bloom oder Chromatische Abberationen können nicht einfach anhand komplexer, physikalischer Lichtbrechungssimulationen errechnet werden. Um diese Effekte trotzdem zu ermöglichen, werden effiziente Alternativen gesucht, die möglichst identisch gut aussehen und eben gleichzeitig auf normaler Hardware mit flüssigen FPS-Zahlen laufen können. Für die Erzeugung von Unschärfe werden aber erkennbar billigere Varianten verwendet. Im oberen Bild sieht man rechts am Schiffsbug und besonders am Übergang des Berges zum Himmel, dass eben kein Weichzeichner (welcher immer noch nicht realistisch wäre) verwendet werden konnte, stattdessen sieht es aus wie eine blasse Umrandung. Ebenso ist ein harter Übergang zwischen dem scharfen Hals und der verschmierten Leiterstrebe erkennbar. Das ist in den meisten Situationen kein riesiges Vergehen, bei den transparenten Flächen aus Life is Strange (Haare) oder Unigine Valley (Pflanzen) fallen einem allerdings die Augen aus.

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    Igitt, also da verzichte ich lieber auf Depth of Field und genieße den Leistungsgewinn.


    Abschließende Worte


    Unser Sehapparat funktionieren auch nur mit Linsen und bilden die Realität generell nicht perfekt ab. Grelle Lichter können also überstrahlen und ab einer bestimmten Nähe sehen wir auch nur noch verschwommen. Damit ist es aber umso unsinniger Dinge wie Motion Blur zu erzeugen, da dies doch für zu schnelle Bewegungen ohnehin beim Menschen auftritt.

    Für Kinofilme könnte zudem überlegt werden, ob Lens Flare und Co. überhaupt erwünscht sind. In End of Watch oder »Found Footage«-Titeln wie Cloverfield möchte man dem Zuschauer klar machen, dass alles gefilmt wurde und so passen diese Imperfektionen. Bei einem Fantasy- oder Sci-Fi-Epos sollte dagegen die Kamera nicht als solche existieren, warum also (meist extra durch Nachbearbeitung) auf solche Effekte setzten, die doch das Eintauchen in diese Welt erschweren?

    Trotzdem kann besonders Post-Processing ebenfalls für stimmungsvolle Effekte eingesetzt werden. In einem Horrorspiel mag Bildrauschen an den richtigen Stellen für den extra Kick Nervenkitzel sorgen. SOMA bietet einen gelungenen Verzerrungseffekt wenn Monster in der Nähe sind (und dieser ist sogar durch die Geschichte erklärt). In Her Story ist wichtig, dass das virtuelle Display spiegelt (und löblich, dass sich Scanlines deaktivieren lassen, sollten sie einen mehr ablenken als helfen). Um Auswirkungen einer Psychose zu veranschaulichen gibt es in Hellblade für entsprechende Szenen einen Grafikeffekte, der die Umgebung »schmelzen« lässt, für ein zersplitterndes Bild sorgt und etwas namens »Awareness«, das helle Objekte (und Gegner) stärker stahlen lässt. Leider umso unverständlicher, warum man dann noch unpassende Chromatische Abberation, Motion Blur, Schärfentiefen und alles andere hineinstopfen musste.

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    Das Bild splittert und leuchtet, Awareness sorgt außerdem für die hellen Streifen am Rand.

    Puh, so, ich glaub jetzt hab ich alles herausgelassen. Diese Worte waren längst überfällig, wenn das allen auf der Zunge liegt (oder vielleicht doch nicht) aber irgendwie nie jemand darüber reden will, muss ich das eben machen. Ich möchte aber nochmals klarstellen, dass ich hier keinen Grafikeffekt schlechtreden oder gar bloßstellen will und ich kein Problem damit habe, wenn jemandem diese gefallen! Nehmt die Kritik also nicht allzu ernst, es gibt essentielleres als Grafik.



    Community-Bonus


    In den Kommentaren fanden sich neben Lob und Beschwerde auch Ergänzungen wichtiger Effekte, die noch erwähnt werden sollten. Hier also noch kurz drei weitere:


    Distanznebel


    Die Anniversary-Edition zum ersten Tomb Raider bot Vergleichsbilder zwischen der überarbeiteten und ursprünglicher Grafik. In großen Sälen sticht besonders der Unterschied in der Sichtweite hervor, wurde doch im Original nach wenigen Metern alles in ein tiefes Schwarz getunkt. Etwas berühmter wurde da der Distanznebel, im Prinzip dasselbe nur diesmal in grau. Das aufpolierte Turok 2 bietet es jetzt nur noch als optionales Grafikfeature, um zu sehen wie schlimm es die Menschen früher hatten.

    Wobei, komplett verschwunden ist es nicht. Lineare Spiele haben meist ein Leveldesign, dass keinen großen Bewegungsraum ermöglicht, man kann also an den Schlauchrändern recht leicht eine schöne (aber billige) Tapete aufstreichen. In Open-World-Titeln sind dagegen die meisten Objekte in der Ferne auch bereisbar, man kann sie also nicht einfach Teil der Skybox machen. Nach einer gewissen Entfernung sollte daher das Model aus Performancegründen verschwinden, am besten unbemerkt.

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    Neben Depth of Field wird Nebel eingesetzt, um die limitierte Draw Distance zu beschönigen.


    Farbfilter


    The Whispered World 2 ist zu grün, Gears of War 3 zu braun, Call of Duty 4 zu grau und Grand Theft Auto 5 zu blau. Hier wird Farbkorrektur unterschiedlich stark eingesetzt, um Töne der Palette hervorzuheben oder gar den Farbumfang einzuschränken. Auf TV Tropes wird erklärt, das eine düstere Tönung eben für einen rauen und dramatischen Look sorgt. Als der Effekt neu war, wurde er etwas zu häufig eingesetzt und bei globaler Angewendung auf alle Gegenstände wird es sehr schnell unrealistisch. Erneut hilft es aber wieder, um über Einschränkungen in der (indirekten) Beleuchtung hinwegzusehen.

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    »Edgy Amber« Color Grading


    Head Bobbing


    Über das Wackeldackel-Kopf-Geschlackel (wie es im Fachjargon heißt) wurde in der First-Person-Ansicht zu Grand Theft Auto 5 genörgelt, dort wird bei Bewegungen die Kamera hin- und hergeschüttelt. Wenn man jedoch still am Rechner sitzt, dann fühlt es sich aufgezwungen und unnatürlich an. Für manche kann auch dies wieder ein Auslöser von Motion Sickness sein.

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    Nur durch Kopfneigung ganz knapp der Klinge entkommen!

    Persönlich kann ich mich an kein Spiel mit diesem Gewackel erinnern, The Vanishing of Ethan Carter bietet hingegen eine Option, um beim Stehen ein schwaches Wanken des Kopfes zu vermitteln. Eigentlich nichts schlimmes, will man aber die Grafik genießen, so kann die leicht unruhige Sicht zu besonders auffälligem Kantenflimmern führen.

Kommentare

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  1. Marduk
    Ich bin etwas verwirrt, wenn du auf den Monitor schaust, dann fokussierst du nur auf eine Ebene mit konstantem Abstand über die ganze Fläche. Wenn da Unschärfe ist, dann ist eine Brille notwendig.
  2. Alfons Krababbel
    Einige der angesprochenen Punkte sind tatsächlich nervig, andere sind Geschmackssache. Aber bei eingen kommt es mir vor, wie Hauptsache Meckern und ne Liste füllen. Der ganze Artikel klingt durch den Schreibstiel wie: "Alle doof außer ich!"
  3. blackstar23
    Eigentlich guter Artikel, jedoch der übertriebene, kindisch aggressive Tonfall macht leider alles kaputt.
  4. Freestyk5
    Was du leider übersiehst ist, dass wir mit unseren Augen auf den Monitor schauen, die sorgen also ganz von selbst für die nötige Unschärfe.
      1 Person gefällt das.
  5. wonzling
    Flammkuchen ohne Zwiebeln... Banause.
  6. Shemyaza
    Sehr guter Blog-Beitrag, vielen Dank dafür. In einem neuen Spiel öffne ich zuerst grundsätzlich die Grafikoptionen und deaktiviere grässliche Standards wie Motion Blur, Depth of Field und Film Grain. Ich frage mich ja immer wieder, wer ernsthaft freiwillig mit so etwas spielen möchte. Aber es müssen ja anscheinend ein paar Spieler mehr sein, denn sonst würden die meisten Entwickler uns diese Effekte nicht als Standard anbieten, oder?
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  7. CTCooL
    Guter Artikel, jedoch denke ich in Bezug auf BF3 das ebnen auch dort die Schutzbrillen für den Dreck & Blenden der Sonne auf der "Kameralinse" verantwortlich sind. Nichts desto trotz war der Blendeffekt wirklich zu stark.
      1 Person gefällt das.
  8. Matt Gore
    Nachdem es so aussieht als wäre der wütende Mob vorbeigezogen, gibt es wieder den originalen Text.

    @dhamokk: Oder man stellt gleich im Optionsmenü Postprocessing auf Low ;)

    @Seska1973: Über den Input-Lag zwischen 30 und 60 fps findest du hier mehr: http://www.gamestar.de/community/user/matt-gore,749513/blog/vsyncfreesyncfastsynccpugpu-syncengine-lag,749513,17568.html

    @Cd-Labs: Radon Project: Ich glaube ich weiß was du damit sagen willst, mit mehr Pixeln sind feine Details einfach besser zu sehen und das "Nyquist-Shannon-Abtasttheorem" wird nicht so schnell verletzt (mit Postprocessing lässt sich das nämlich nicht verhindern). So entsteht dann auch kein so starkes Flimmern mehr.
  9. Cd-Labs: Radon Project
    Generell zum Blog: Wirklich schick gemacht.
    Allerdings dachte beim Lesen des Nicks dazu nur "hey, endlich mal wieder ein neuer HQ-Blog-Autor", doch dann fiel mir auf, dass du dich bloß umbenannt hast...
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  10. Cd-Labs: Radon Project
    Kleine Korrektur zu 10.
    Das mit der Betrachtungsdistanz ist nicht der Grund dafür, wieso TAA und FXAA mit steigenden Ausgabeauflösungen (bei konstanten ResolutionScaleFaktor) überdurchschnittlich besser werden.
    Allgemein sind hohe Ausgabeauflösungen für jede Form von Antialiasing gut. Im Falle von MSAA liegt das einfach daran, dass die überschüssigen Informationen ja irgendreingepackt werden müssen. Je mehr Pixel (und übrigens auch: Je mehr Farbabstufungen!) desto besser.
    Im Falle von FXAA kommt da aber noch etwas anderes dazu: Die Renderauflösung (Ausgabeauflösung mal ResolutionScaleFaktor) bestimmt ja überhaupt, mit wie vielen Infos der Filter zur Verfügung hat. Der Sprung von FHD nach UHD bedeutet also z.B., dass der Filter auf der vierfachen Menge an Informationen arbeitet und gleichzeitig auch von den erechneten Informationen viermal so viel ausgeben kann. Klar, dass die Qualität dabei durch die Decke geht.

    TAA ist halt einfach nochmal eine Ecke extremer, weil nun ja auch noch die Zeit als Faktor mit reinspielt: Die Veränderungen zwischen den Frames werden somit ja auch nochmals detaillierter...
    ...allerdings ist die "Startunschärfe" eben auch viel extremer.

    Was ergibt das in der Praxis, auf ResScaleFaktor 1 bezogen? FXAA in 720p? Quasi sinnlos. In 1080p? Naja. In 2160p? Okay. T(X)AA in 720p? Grauenhaft. In 1080p? Immer noch Quasi Sinnlos. In 2160p? Sehr gut!
    (Mit höherem ResScaleFaktor steigt die Quali natürlich weiter---auch dann ist klar, dass T(X)AA am meisten profitiert.
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