Eine schmeichelhafte Selektion

Von Bastius · 7. August 2012 · Aktualisiert am 14. August 2012 ·
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  1. Zeit.de berichtete in den letzten Monaten, inklusive E3, einseitig über Videospiele: ganz zum Vorteil selbiger. Statt Gewalt wird Kreativität betont. Technikstillstand? Zeit, Gameplay und Story zu verfeinern.


    Die Auswahl der Spiele und Themen, über die Zeit.de berichtet, versteckt sich vor unangenehmen Themen. In den wenigen Artikeln über die E3 2012 wird nicht die Gewalt als vorherrschendes Mittel für Aufmerksamkeit herausgestellt, statt ihrer dreht sich alles um einen "familiären Konflikt" um die Vorherrschaft über den Fernseher samt Spielekonsole.

    Überrascht und motiviert darüber zu schreiben, hat mich vor allem Rainer Sigls "Die Kunst des Screenshots". Er ist der Überzeugung, dass Spieler Kunst schaffen könnten. Und er stößt dabei auf eine Eigenschaft von Spielern, die immer öfter Beachtung findet, nämlich kreatives Ausdrücken und Schaffen, die weit über das Konsumieren hinausgeht.

    Stimmt gar nicht: Gewalt wird auch auf Zeit.de thematisiert.
    Egoshooter sind zwar immer noch Ballerspiele, dennoch wird ihr Charakter nicht an außerordentlicher Brutalität oder Absurdität der Handlungen festgemacht, sondern mit Vergleichen aus der Filmwelt relativiert. Auch in Stirb langsam werden "rudelweise Feinde erlegt", zieht der Autor Parallelen zu Max Payne. Im nächsten Absatz wird das Storygerüst als Schauplatzlegitimation entlarvt.
    Auch die in Zeitlupe abgespielten Tötungssequenzen werden vorsichtig heruntergespielt auf eine "interessante" Erfahrung. In den Kommentaren wird der Autor dafür abgestraft, obwohl er sich auch hier um Relativierung bemüht und holt sogar zum Gegenangriff aus. John Woo erhalte Preise für Stilmittel, die Spiele zur Zielscheibe für Vorwürfe der Gewaltverherrlichung machten.
    "Spiele stellen also die Wirklichkeit auf den Kopf.", argumentiert der Autor in seinem den ganzen Artikel andauernden Kampf gegen Vorurteile, die ihn als jemand, dem Max Payne 3 Spaß bereitet, anhaften.

    Ein wenig lokalpatriotisch findet Spec Ops: The Line Beachtung, obwohl kein Blockbuster, erhält das Spiel direkt höchste Ehren und das ausgerechnet als äußerst explizit darstellender Egoshooter oder gerade deshalb. Gewalt und deren Urheber werden reflektiert statt benutzt, stellt der Autor fest. In diesem Artikel findet man auch einen der wenigen kritischen Sätze über die Egoshooter-Landschaft: "Zugegeben, bereits eine nicht vollkommen unkritische Haltung zu Imperialismus und Krieg und bereits ein vages Hinterfragen des Gut-Böse-Schemas gilt bei Shootern als Alleinstellungsmerkmal."

    In einem anderen Artikel werden auch die Probleme der Spielebranche angesprochen, wieder sind es keineswegs vor dem Online-Helden zugrundegehende junge Männer oder mit Gewaltspielen aufwachsende Jugendliche. Überhaupt wird man den Begriff von Killerspielen oder Gewaltspielen kaum lesen. Es ist das Dilemma des Remakes: Die Gier der Branche tritt gegen die Erwartungshaltung der Spieler an. Ähnliches bei Sequels: Innovationsstillstand? Die Zeit gibt die Antwort : "Im Gegenteil, selten waren Videospiele so vielseitig und die Auswahl größer. Daran hat nicht nur die florierende Indie-Games-Szene Anteil, sondern auch die verpönten Fortsetzungen."
    Der Autor gräbt in der Vergangenheit und trägt hervor, dass sich womöglich Gameplay nicht weiterentwickle, die Geschichten aber schon. Es wird ein faires Bild gezeichnet, da verzeiht man auch gerne, dass Warcraft für ein Rollenspiel gehalten wird. Egoshooter folgten lediglich einem "funktionierenden Konzept" und Fortsetzungen räumten den Entwicklern ein, ihr Spiel noch besser zu machen. Eben genau diese Vorgänger, die von ihren Fans so sehr geliebt werden.


    Zeit.de berichtet tatsächlich über die Probleme der Videospiele und ihrer treuen Anhängerschaft und nicht darüber, was andere von Videospielen halten. Wenn sich die Autoren denn mit Problemen befassen, die wohl am meisten journalistische Treibkraft freisetzen, oftmals aber geht es einfach nur um die guten Seiten guter Spiele. Damit tut uns Zeit.de einen großen Gefallen, der nicht naheliegend ist: denn Angriffsfläche bieten Blockbuster-Spiele, deren Marketingkampagnen und jüngste Ereignisse wieder genug.

    Nur wer bleibt jetzt übrig und betrachtet die Spielewelt mal etwas kritischer?

    1. http://www.zeit.de/digital/games/2012-04/max-payne-rockstar
    2. http://www.zeit.de/digital/2011-07/neuauflage-klassiker-hd/
    3. http://www.zeit.de/digital/games/2011-06/e3-games-wii
    4. http://www.zeit.de/digital/games/2012-08/in-game-fotografie
    5. http://www.zeit.de/digital/games/2012-03/videospiele-fortsetzungen-innovation
    6. http://www.zeit.de/digital/games/2012-06/spec-ops-the-line

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