Fluch und Segen der Unsterblichkeit in Sekiro

Von swagkultur · 11. April 2019 ·
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  1. Die Drachenfäule hat mich übermannt und alle die mich umgeben. Was eines der prägenden Bestandteile der Souls-Reihe sowie aller Souls-Likes ist, wird auch in Sekiro zum Kernelement, nicht nur spielerisch, auch erzählerisch: das Sterben.

    Mit jedem Bildschirmtod wird man mit einer Frage, oder vielmehr einer Wahl, konfrontiert: Drücke L1 fürs Sterben oder R1 fürs Wiederauferstehen. Was hat es mit dieser Frage auf sich?
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    Ist die Unsterblichkeit ein Segen oder ein Fluch? Unter anderem mit dieser Frage beschäftigt sich Sekiro: Shadows Die Twice. Schon bald stellt sie sich als Segen heraus, zumindest auf spielerischer Ebene. Denn der Schwierigkeitsgrad ist wie erwartet, zermürbend. Da nimmt man den raschen Tastendruck auf die wiederauferstehen Taste doch gerne in Empfang und selbst wenn man den endgültigen Tod erleidet hat, das Verlustgefühl ist nicht allzu groß wie bei einem Dark Souls. Der Verlust beschränkt sich auf den Abschied vom halben Erfahrungsbalken sowie halbem Geldvermögen. Solange man seinen EP- und Geldbestand im Auge behält, hat man kaum etwas zu verlieren. In Sekiro überkommt einem auf spielerischer Ebene also ein authentisches Unsterblichkeitsgefühl. Aus erzählerischer Perspektive jedoch, gilt es genau dieses zu durchbrechen. Die Unsterblichkeit ist ein Fluch, der Kummer und Verderben verbreitet. Wir als Sekiro wollen uns vom Bund des Drachenerbes, welcher die Unsterblichkeit mit sich bringt, trennen.

    Aber warum? Auf den ersten Blick scheint die Unsterblichkeit doch ein nützliches Instrument zu sein, im aussichtslosen Kampf gegen Monstrositäten und meisterhafte Kampfkünstlerinnen. Sie ermöglicht uns eine Analyse des gegnerischen Kampfstils, das Lernen aus Fehlern der Vergangenheit, das mehrmalige Versuchen, das immerwährende Hineinlaufen ins gegnerische Schwert, das Ende der Endgültigkeit. Für Sekiro ist es die beständige Chance auf einen Neustart, doch nach einigem Ausnutzen dieser Fähigkeit wird deutlich, welche Ausmaße und Konsequenzen dieser unsittliche Gebrauch mit sich bringt. Was einem als SpielerIn verwehrt bleibt – der Tod – verteilt sich auf die Umwelt und Mitmenschen. Das Gleichgewicht des Lebens wird aufrechterhalten. It’s the c-i-i-i-rcle of life. Während Sekiro den Tod genüsslich ignorieren kann und seine Wiederauferstehungen in eine rücksichtslos hohe Anzahl katapultieren lässt, müssen alle die ihn umgeben den Preis dafür zahlen, das Leid der Verwesung und den Gestank des Todes ertragen. Den Preis und das Leid der Anderen muss Sekiro jedoch in Kauf nehmen, er ist der Beschützer des jungen Drachenerben Kuro-sama, wodurch der besondere Bund der Unsterblichkeit überhaupt erst zustande kam. Kuro-sama ist sich dessen Wirkung bewusst und will ihn trennen.

    Einen Verweis darauf, dass die Unsterblichkeit kein ewig währender Segen sein könnte, liefert ein Leidensgenosse, den man schon früh im Spielverlauf begegnet. Was in anderen Spielen nämlich als Menüpunkt endet (Trainingsmodus, freier Kampf, etc.), wird in Sekiro als Bestandteil der Spielwelt integriert. Es gibt einen personifizierten Trainingsmodus, in Form von Hanbei dem Unsterblichen. Eurem zukünftigen Sparring Partner und Punching Bag der Glückseligkeit. Er hält sich im Hub auf wenn man so will, im maroden Tempel, dem Ort der Ruhefindung vor all dem Übel da draußen. Doch was qualifiziert ihn dazu als unentbehrlicher Punching Bag zu dienen? Wie sein Namenszusatz es schon vorausahnen lässt, ist er ebenfalls unsterblich, mit ihm verstehen wir uns, er teilt dasselbe Schicksal wie wir, er kann die tödlichen Hiebe, die wir ihm verabreichen, ertragen. Er steht immer wieder auf, sämtliche neu erlernte Techniken können wir mit ihm, an ihm, ausprobieren.

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    Doch eins unterscheidet Hanbei von Sekiro. Hanbei scheint von der Unsterblichkeit mehr geplagt als gesegnet zu sein. Auch scheint er schon eine längere Zeit „befallen“ zu sein, hat somit vielleicht einige Erfahrungswerte mehr sammeln können und seine Schlüsse aus den Folgen der Unsterblichkeit gezogen. Er sucht einen fähigen Herausforderer, welcher dem Fluch und seinem Untoten-Dasein endlich ein Ende bereiten kann.

    Sekiros Unsterblichkeit ist von einer Bestimmung geprägt, einem Auftrag, sein Willen ein Ziel zu verfolgen macht seine Unsterblichkeit zu einem Segen, welcher ihn unaufhaltbar macht. Während Hanbeis Unsterblichkeit vom Lebensleid geprägt ist, seine Zeit, sein Willen und seine Bestrebungen sind schon lange vergangen, er hat alles gesehen und erlebt, es gibt nichts mehr für ihn. Dies macht seine Unsterblichkeit zu einem Fluch, welcher in ihm nichts mehr als die Sehnsucht nach dem Tod hervorruft.
    gesuntight gefällt das.

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