Hinweis:
Dieser Blog spiegelt meine Meinung und Erfahrungen wieder und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit.
Früher, war alles besser. Das Gras war grüner, der Himmel viel blauer, und die PC-Spiele waren viel besser als heute. Ja, früher haben die Entwickler noch auf Qualität gesetzt, da wurden Spiele noch aus Liebe zum Zocken entwickelt, und nicht des schnöden Mammons wegen. Wirklich?
Früher war die Grafik schlechter aber die Spiele besser
Vor drölfzigmillionen Jahren, da haben Spiele noch Spaß gemacht, sie waren fordernd, länger und haben interessantere Geschichten erzählt. Ja, früher, da war Grafik noch nicht alles. Früher, war alles besser. Aber war es das?
Nein, war es nicht. Spiele, die sogenannten Retrospiele, Klassiker wie Secret of Mana, Zelda, Final Fantasy usw. waren grandiose Spiele. Secret of Mana ist für mich heute noch das Beste was es im Rollenspiel Genre jemals gab, aber das liegt auch zu großen Teilen an der Rosaroten Brille mit der wir alles betrachten mit dem wir aufgewachsen sind. Das ändert aber nichts daran dass ein Secret of Mana vieles anders macht als es Japanische Rollenspiele heute machen. Nur damit ich nicht falsch verstanden werde: Die Unterschiede beruhen auf ganz banalen Dingen wie Grafik und Storytelling. Secret of Mana, wie eigentlich alle Rollenspiele aus der Zweidimensionalen Ära, mussten einen ganz anderen Fokus legen. Damals gab es keine Hochauflösende Grafik mit der es möglich gewesen wäre Mimik und Gestik einer Figur realistisch darzustellen. Damals musste dies auf einfacheren Wegen erfolgen. Meistens hat man diese über sogenannte Balloons, Sprechblasen, dargestellt in denen dann die heute aus Mangas bekannte Symbolik verwendet wurde. Man musste mehr auf die Mechaniken von Comics und Mangas zurückgreifen, da diese in dieser Hinsicht ähnliche Einschränkungen zu bewältigen hatten. Durch die Natur von Comics und Mangas, die es eben nur erlaubt Standbilder zu zeigen, war es notwendig, gerade für Emotionen die vorwiegend durch Mimik und Gestik dargestellt werden, Abstraktionen zu entwickeln die trotz allem jeder richtig interpretieren kann. Zweidimensionale Rollenspiele, hatten dieses Problem ebenfalls, also nicht das sie nur Standbilder gezeigt haben, sondern das sie nicht in der Lage waren Gestik und Mimik darzustellen. Heute, im Zeitalter von Hochauflösender Grafik und mit Technologie die es nicht nur erlaubt die Gestik eines Charakters realistisch darzustellen, sondern auch die gesamte Mimik, ist so etwas nicht mehr notwendig. Dazu kommt ein weiteres Problem der damaligen Zeit: Sprachausgabe. Viele Menschliche Emotionen benötigen alle drei Kommunikationsebenen, Gestik, Mimik und gesprochene Sprache. Schon alleine dadurch das es heute möglich ist Sprache direkt als Ton, und nicht nur in Schriftform auszugeben, ist es möglich eine völlig andere erzählform zu wählen. Früher, mussten Texte ebenfalls durch andere Mittel, seien es bereits erwähnte Balloons, oder Hervorhebungen im Text unterstützt werden. Heute, ist das alles viel einfacher. Durch den Technischen Fortschritt, können Emotionen ohne Umwege dargestellt werden. Während das Storytelling von Zweidimensionalen Rollenspielen es früher nur erlaubte Geschichten ähnlich wie bewegte Comics darzustellen, ist es heute möglich sie wie Filme zu inszenieren. Das alleine ist aber kein Maßstab um zu sagen „früher waren die Spiele besser“.
Die Grafik selbst wirkt sich nicht darauf aus ob ein Spiel gut oder schlecht ist. Zugegeben, schlechte Grafik, oder besser - unpassende Grafik - kann ein gutes Spiel kaputt machen, aber da spielen andere Faktoren eine viel stärkere Rolle als die Grafik alleine. Grafik ist etwas, genauso wie die Qualität einer Geschichte, bei dem gefällt mir/gefällt mir nicht sehr stark von demjenigen abhängt der vor dem Bildschirm sitzt. Die Grafik von Secret of Mana haut heute niemanden mehr vom Hocker, aber das ändert nichts daran, dass es erzählerisch und spielerisch mit zum Besten gehört das der Super Nintendo damals zu bieten hatte. Aber, und das ist wichtig zu wissen, auch wenn die Grafik heute besser ist, heißt das nicht das beim Storytelling nicht auf die gleichen Mittel wie zu 2D Zeiten zurückgegriffen wird. Eine Spielereihe die sich seit ihrer Entstehung kaum verändert hat ist die Tales of Serie. Sowohl Storytelling als auch Gameplay haben sich nicht wirklich verändert. Während Tales of Phantasia (SNES) aber heute noch auf Sprachausgabe und Hochauflösende Grafik wartet, bietet Tales of Symphonia (GC), sowohl eine – wenn auch nicht hochauflösende – 3D Grafik und eine Sprachausgabe. Von den Mechaniken des Storytelling bis hin zum Gameplay hat sich hier nicht viel getan. Beide sind aber grandiose Spiele. Das ist aber kein Beweis dafür das die alten Mechanismen des Storytelling wie sie auf der Generation SNES und älter zwingend notwendig waren besser sind als die heutigen. GTA IV und GTA V verzichten komplett auf diese Mechanismen, haben aber eine Hochauflösende Grafik, und eine Sprachausgabe. Was also machen sie anders als andere Spiele. Die Antwort ist: nichts. Die Qualität einer guten Geschichte liegt nicht in der Art und Weise wie man sie erzählt, sondern darin das sie fesselt, das sie zum weiter lesen, zum weiter erleben animiert. Die Art wie man sie erzählt, kann einen Ausschlag geben, aber es ist nicht das was entscheidend ist. Man kann eine gute Geschichte Schlecht erzählen, genauso kann aber auch eine schlechte Geschichte gut erzählen. Es ist das gesamt Paket durch das wir gut von schlecht unterscheiden können.
Man kann also guten Gewissens sagen, die Grafik war früher schlechter, aber das alleine macht kein gutes Spiel aus. Geschichten hingegen mussten früher anders erzählt werden, aber Negativ- wie Positivbeispiele für gutes Storytelling gibt es sowohl aus der 2D als auch aus der 3D Ära mehr als genug.
Trotzdem, die Spiele waren Länger und herausfordernder als heute
Wie sieht es aber in den Bereichen Schwierigkeitsgrad und Länge aus? Ja, in gewisser Weise waren Spiele früher schwieriger und auch länger. Aber hatten sie wirklich eine längere Spielzeit?
Nein, die längere Spielzeit wurde schon in der 2D-Ära erkauft, nämlich durch den meist höheren Schwierigkeitsgrad. Dark Souls 2, eines der schwersten Spiele der jüngeren Vergangenheit, hat ebenfalls eine lange Spielzeit, auf den ersten Blick. Genauso wie Super Mario Bros. wird bei Dark Souls 2 die Spieldauer durch den Schwierigkeitsgrad erkauft. Super Mario Bros. war nur deshalb so lang, weil man nach jedem Ableben des Klempners das Level wieder von vorne anfangen musste, hatte man alle Leben verloren musste man das komplette Spiel wieder von vorne beginnen. Dark Souls 2 funktioniert hier ähnlich. Aber wie kam der Schwierigkeitsgrad zustande? Auch hier gibt es keine wesentlichen Unterschiede zwischen Super Mario Bros. und Dark Souls. Beide erkaufen sich den Schwierigkeitsgrad durch anfänglich herausfordernde und später einfach nur unfaire Stellen.
Super Mario Bros. tat dies durch immer mehr und immer schwerere Sprung Passagen. Während man anfänglich nach einem Sprung auf einer großen Plattform landete, landet man später auf einer Plattform die kaum breiter als Mario selbst ist. Und während es anfangs nur ein oder zwei solcher Sprünge im ganzen Level gab, gibt es später dutzende hintereinander, und es gilt zudem noch dabei Gegnern auszuweichen. Das war zwar zu schaffen, aber trotzdem äußerst unfair. Dark Souls 2 macht es ähnlich. Hier sind es aber nicht die Sprünge sondern die Gegner. Zwar ist jeder Gegner in Dark Souls 2 nur mit einer bestimmten Taktik zu besiegen, aber man sieht dem Spiel an das es den Schwierigkeitsgrad vor allem durch mangelnde Fairness erreicht. Immer wieder trifft man auf mehrere sehr starke Gegner gleichzeitig, oder ein einzelner Starker Gegner befindet sich auf einem schmalen Steg ohne Geländer. Zugegeben, ich bin alles andere als ein guter Dark Souls Spieler, aber in dem Spiel haben mich weit mehr Abgründe als Feinde auf dem Gewissen. Fairness geht anders. Nur um das klarzustellen: Fehlende Fairness ist nicht damit zu verwechseln das es nicht zu schaffen wäre. Fehlende Fairness macht ein auch so schon schweres Spiel nur noch frustrierender. Dark Souls 2 hat hier eine Balance gefunden die schon sehr nah an der Obergrenze zur Unfairness ist. Der Herr der Ringe das Dritte Zeitalter (PS2) bspw. hat es aber geschafft diese Grenze nicht nur zu durchbrechen, sondern buchstäblich zu pulverisieren. Der Schwierigkeitsgrad dieses Spiels steigt ab einem gewissen Punkt so stark an, das sie geradewegs von herausfordernd, weil machbar, in unfair, weil alle Regeln brechend, übergeht. Während die Gegner in dem Final Fantasy 10 ähnelnden Kampfsystem anfänglich noch sehr leicht zu besiegen sind, ist es spätestens nach der Ankunft in Gondor kaum noch zu bewältigen. Alle Gegner können 2 Angriffe pro Runde durchführen, und das bei zum Teil bis zu 7 Gegner gleichzeitig, die allesamt über extrem starke angriffe verfügen. Von Fairness keine Spur.
Aber zurück zu Dark Souls 2. War es schwer? Oh ja, und wie. War es fair? Wohl kaum. War es machbar? Ja. Hatte es eine lange Spielzeit? Ja, die hatte es. Hätte es die auch gehabt wenn man auf die unfairen Passagen verzichtet und die Gegner schwächer gemacht hätte? Nein. War das bei Super Mario Bros. anders? Nö. Die beiden Beispiele passen übrigens auf die meisten Spiele die eine lange Spielzeit haben. Selbst Rollenspiele mit 60+ Stunden Spielzeit erkaufen sich die Spielzeit. Zwar nicht durch den Schwierigkeitsgrad, sondern durch repetitive Elemente, aber macht es das wirklich besser? Wie oft kämpft man in Final Fantasy gegen die immer gleichen Gegner nur um zum Endboss zu kommen und dann in der Geschichte weiter zu kommen? Fakt ist, damals wie heute wird die Spielzeit erkauft, sei es durch den Schwierigkeitsgrad, der heute in der Tat niedriger ist, oder durch repetitive Spielelemente. Aber ist das schlimm?
Ja und nein. Problematisch wird es immer dann wenn der Schwierigkeitsgrad ins unfaire überschlägt, das dies möglich ist, zeigen Beispiele wie Starocean – The last hope, bei dem man selbst dann bei den meisten Endbossen kaum schaden gemacht hat wenn man die normalen Gegner mit einem Schlag umgemäht hat, oder das hier bereits erwähnte Herr der Ringe Spiel. Problematisch wird es auch wenn zu viele repetitive Elemente in spielen enthalten sind, und das ist ein Problem mit dem heutige Spiele wirklich glänzen können.
Früher gab es mehr Abwechslung
Repetitive Elemente sind das A und O der Spieleentwicklung und zeitgleich das größte Problem. Kein Spiel das ich kenne kommt ohne sich ständig wiederholende Muster aus. Sei es Final Fantasy bei dem ab einem gewissen Punkt viele Gegner mit neuer Farbe recycled werden, sei es Assasins Creed bei dem man quasi immer wieder auf Türme klettert, die Gegend erkundet und dann in einen Heuhaufen springt. Sei es Super Mario, bei dem jedes Level aus den gleichen immer wiederkehrenden Elementen besteht, oder viele Open World Rollenspiele und Online Rollenspiele bei denen man eigentlich immer wieder die gleichen Aufträge erfüllt, und sich nur die Namen der Ziele ändern. repetitive Elemente sind eine Krankheit, die uns schon in der Urzeit der Videospiele geplagt haben, und trotzdem kann man nicht darauf verzichten. Jedes Spiel ist in seinen eigenen Gesetzen, seinen eigenen Grenzen und seiner eigenen Programmierung gefangen. Alles was wir tun können, jede Aufgabe die wir erfüllen sollen, muss sich im Rahmen dieser „Naturgesetze“ der jeweiligen Spielwelt erfüllen lassen. Da aus zeitlichen und wirtschaftlichen Gründen aber immer nur ein gewisser Umfang möglich ist, ist es kaum möglich unendlich viele verschiedene Elemente zu programmieren. Da ist es einfacher eine Handvoll Rahmen zu basteln die als Vorlage genutzt werden, und diese dann mit einigen wenigen Variablen Elementen zu füllen. Seien es das ich ein Gegnermodell entwerfe, und das dann möglichst vielseitig Texturiert einsetze, oder das ich schlimmsten Falls eine Millionen „Sammle X von Y ein“-Aufträge habe. Das Problem liegt auch nicht an den repetitiven Elementen an sich, sondern wie ich sie verschleiere. Einige Spiele schaffen dies außerordentlich gut, ich meine wer würde sich bitte darüber beschweren, dass Mario eigentlich immer nur in der Gegend rum hüpft? Andere Spiele - *hust* Dragon Age: Inquisition *hust* - schaffen das weniger gut. The Elder Scrolls V Skyrim beispielsweise besteht nur aus repetitiven Elementen, seien es die Aufgaben, das Leveldesign, das Aussehen der Charaktere oder die Sprecher der Charaktere. Dort wiederholt sich alles. Dort ist es aber die schiere Größe der Welt, durch die das verdeckt wird. Hätte Dragon Age: Inquisiton ein anderes Konzept gewählt, und die Sammelquests nicht als Aufträge markiert, sondern einfach einen NPC aufgestellt der die Sachen entgegen nimmt und dafür Geld bezahlt, hätte es viel besser funktioniert, da man das Bild vermittelt hätte, das man das Freiwillig machen kann. So macht es den Eindruck, dass man diese Nebenaufgaben erfüllen muss.
Warum, kommt es uns aber so vor als ob Spiele früher weniger wiederkehrende Sachen hatten. Nun, wir waren jünger, und wir haben auf andere Sachen geachtet. Dazu kommt noch das uns vor allem die Spiele in Erinnerung bleiben die uns Spaß gemacht haben. Um mal bei meinem geliebten Secret of Mana zu bleiben, wenn ich die Rosarote Brille abnehme, dann hat dieses Spiel auch viele wiederkehrende Elemente, und sei es nur diese verfluchte Dämonen Mauer welche in drei Varianten als Endboss im Spiel vorkommt.
Und Früher war doch alles besser
Dass Früher aber doch alles besser war, will uns als jüngstes Beispiel Pillars of Eternity von Obsidian zeigen. Geistiger Nachfolger zu Baldurs Gate, welches anno '98 erschienen ist. Unbestritten eines der besten westlichen Rollenspiele und viele feiern Pillars of Eternity schon wie eine Art Messias der Rollenspiele. Aber das ist es nicht, nicht wenn man die Retrobrille abnimmt und es mal ganz nüchtern betrachtet. Pillars of Eternity lässt viele Komfort Funktionen vermissen die heute absolut üblich sind. Sei es dass dauerhafte aktivieren des Highlightings von interagierbaren Objekten, eine einblendbare Minimap, oder auch wie sich die Werte beim Anlegen einer Rüstung oder einer Waffe verändern würden. Die Gruppenmitglieder besitzen quasi Null Intelligenz, obwohl es in Spielen dieser Art mittlerweile Usus ist das man zumindest ein rudimentäres verhalten in Kämpfen vorgeben kann. All dies sind zwar Techniken die es '98 noch nicht gab, oder die damals noch kein Standard waren, aber sie sind es heute, und das nicht ohne Grund. Versteht mich nicht falsch, Pillars of Eternity ist ein gutes Spiel, und es fängt den Geist von Baldurs Gate ein, aber es ist kein sehr gutes Spiel – die Betonung liegt auf dem sehr, eben weil es auf viele Techniken die heute Standard sind verzichtet.
Das wir heute alles was früher war als besser empfinden, ist größtenteils eine Illusion. Ebenso wie es heute gute und schlechte Spiele gibt, gab es die auch damals. Die Art wie Spiele produziert werden hat sich verändert. Heute wird vielmehr in Grafik investiert als es früher der Fall war, was aber in erster Linie daran liegt, das man wegen der höheren Rechenleistung der Systeme heute nicht mehr so stark eingeschränkt ist, und viel mehr Grafikstile zur Auswahl hat. Dauer und Schwierigkeitsgrad von Spielen waren damals wie heute sehr variable, und von viel zu einfach bis vollkommen unfair ist da schon immer alles dabei gewesen, und genauso wie früher werden Spieldauer und Schwierigkeitsgrad auch heute durch andere Elemente, wie zum Beispiel unfaires Design, erkauft. Auch gab es früher nicht unbedingt mehr Abwechslung. Zugegeben, einige Genres sind in der Vergangenheit etwas eingeschlafen, aber das liegt an mangelndem Interesse der Entwickler, Publisher und/oder Käufer.
Als guter Abschluss für diesen Blog, denke ich passt ein Lied der Toten Hosen gut (Na? Wer kommt drauf wie das Lied heißt?):
Früher, hör auf mit früher,
ich will es nicht mehr hör'n.
Damals war es auch nicht anders,
mich kann das alles nicht stör'n.
Ich bin noch keine sechzig
und ich bin auch nicht nah dran.
Und erst dann möchte ich erzählen,
was früher einmal war.
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