Frauenspiele, kann man das noch so nennen?

Von Bellasinya · 7. September 2015 · Aktualisiert am 8. September 2015 ·
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  1. Für alle Männer, die jetzt schockiert Candy Crush und Die Sims ausmachen, nein ich möchte nicht untermauern was Frauen spielen sollten und was Männer spielen sollten. Wenn ihr mich fragt, ist das alles Humbug. Darf ich etwa keine anderen Spiele spielen, nur weil ich mehr Fettgewebe vor der Brust habe, als meine männlichen Mitmenschen. Von dem zwischen den Beinen mal ganz abgesehen. Nein ich möchte schreiben, welche Spiele ich gerade als Frau, besonders genossen habe. Und was ich mir in Zukunft von Entwicklern wünsche.

    Allen voran The Witcher 3.Zunächst einmal ist Geralt ein Mann, der einiges an Anziehungskraft auf Frauen aufzuweisen hat. Er ist stark, tötet Monster und hat dieses Gewisse etwas. Selbst wenn er nur Yennefer liebt und jede andere Frau ihm nichts bedeutet (wenn man zumindest nach den Büchern geht) , sind die Frauen in The Witcher 3 keineswegs hilflos oder machen bereitwillig alles um mit ihm in der Kiste zu landen.

    Hier möchte ich jedoch gerne näher auf Yennefer eingehen. Ihr Charakter ist sehr schön gezeichnet. Gerade ihr Status als Zauberin verleiht ihr Macht, sie ist stets selbstbewusst, aber gerade Geralt gegenüber auch sehr menschlich und zärtlich. Dennoch ist sie keine einfache Persönlichkeit. Generell habe ich selten eine Frau in einem Spiel gesehen, die so eine komplexe Persönlichkeit hat. Ich habe Yennefer sehr lieb gewonnen, und bin mittlerweile ein echter Fan von ihr. Gerade auch ihre Beziehung mit Geralt macht sie für mich umso echter. Diese Beziehung ist nicht perfekt, doch sie hält alle Spannungen aus. Sie ist nicht einfach, aber man kann mit Geralt lernen mit ihr umzugehen. Auch die anderen weiblichen Figuren, die eine Rolle in der Geschichte spielen, sind oft sehr eingehend beschrieben. Man lernt sie kennen und mögen. Triss ist in der Hinsicht vielleicht verletzlicher, aber nichts desto trotz stark auf ihre eigene Art und Weise. Von Ciri gar nicht anzufangen, die es schafft ebenfalls verletzlich zu sein und trotzdem ihren Weg zu gehen. Hier macht es mir nicht aus, dass ich den starken Hexer spiele, der Monster schlachtet. Aber ich hätte gerne mehr solche Frauenfiguren, die durch charakterliche Tiefe überzeugen und auftreten dürfen. Abgesehen davon, dass Ciri von meinem männlichen Freundeskreis, als die sexiest Women in Videospielen gekürt wurde. Und das obwohl ihr Gesicht von einer Narbe gezeichnet ist. Sie ist nicht perfekt aber gerade das macht sie (widersprecht mir wenn ich falsch liege) für viele so interessant. Und das obwohl sie nicht dem perfekten Bild entspricht. Oder vielleicht gerade deswegen?

    Ebenfalls ein Beispiel für die positive Entwicklung einer Frau in einem Videospiel ist Lara Croft aus den Tomb Raider-Teilen. Früher vor allem reduziert auf möglichst große Kurven (die Dank der Grafik der damaligen Zeit heute etwas grotesk anmuten) und eine Persönlichkeit, die oberflächlich blieb und sehr abgeklärt wirkte. Gerade in dem Spiel von 2013 lernt man eine ganz andere Lara kennen. Sie entwickelt eine echte Persönlichkeit und Stärke. Wenn diese Kurve vielleicht auch etwas zu steil geraten sein mag. Dennoch erfährt man mehr über sie selbst und ihre Hintergründe und gerade das macht sie realistisch und wesentlich glaubwürdiger. Ich bin gespannt wie es mit ihr im nächsten Spiel weiter geht.

    Somit fallen mir andere Frauen ein, über die ich gerne mehr wissen würde.Zelda zum Beispiel. Sie ist Trägerin eines Teils des Tri-Force. Was qualifiziert gerade sie dazu?Ich finde es Schade dieses Potential an Geschichte auf einem Abstellgleis zu parken und verkümmern zu lassen. Ich will nicht sagen, dass wir Frauen, bitte Gleichberechtigung haben wollen, wo es in vielen Ländern viel schlimmer aussieht an dieser Front und es Feministinnen gibt, die diese Debatte auf die Spitze treiben. Wichtig ist vor allem gegenseitiger Respekt und nicht die Verteufelung der einen oder andere Seite.

    Tatsache ist jedoch, dass immer mehr Frauen aktiv spielen, und eben auch Titel und Genres, wie Shooter, RPGs und vieles mehr! Warum also nicht einmal davon profitieren und andere Blickwinkel einnehmen? Die Zielgruppe ist nun sowohl männlich, als auch weiblich. Es gab langsam genug stumme, vollbusige Dummchen, die über Bildschirme geflimmert sind. Genauso übrigens genug testosterongesteuerte Männer, die sich immer sofort ins nächste Abenteuer stürzen für das Objekt der Begierde. Ist es nicht Zeit langsam erwachsen zu werden und sich mit dem auseinanderzusetzen was wirklich hinter Frau und Mann steht? Eben keine Stereotypen, sondern komplexe Persönlichkeiten. Ich muss nicht unbedingt Frauen spielen. Nein ich spiele auch gerne mal männliche Charaktere. Warum nicht? Ja auch mal wenn ich die Wahl habe. Ich wünsche mir einfach Spiele, die das Potenzial dahinter erkennen, Frauen stark zu machen und Männer zu erschaffen, die mit dieser Stärke umgehen können. Konstellationen, die voneinander profitieren, anstatt eine Seite retten zu müssen.

    Dann können Männer vielleicht auch so etwas wie Die Sims und Candy Crush spielen, ohne es albern zu finden. Und Frauen andere Spiele, ohne als Sonderphänomen zu gelten und darauf verwiesen werden, doch lieber die Sims oder Handyspiele zu spielen, anstatt sich mit den "großen Jungs" anzulegen.

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    Bellasinya
    Ich zocke für mein Leben gern, schreibe viel und zeichne auch mal hin und wieder. Ansonsten nutze ich meine freie Zeit dazu möglichst viel Zeit mit meinen Freunden zu verbringen.

Kommentare

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  1. Forsti 13
    Ein sehr interessanter und guter Artikel zum Thema Storytelling, den ich hier noch posten will.
    Er ist vom Lead Designer von "The Vaneshing of Ethan Carter" geschrieben, entsprechend aus Sicht eines Entwicklers.
    http://tinyurl.com/pdsztny
  2. Scario
    Ja ich erwarte auch tolle Charaktere in Büchern und Filmen, aber das schafft halt nicht jeder. Ich denke nicht das sich ein Entwickler absichtlich hinsetzt und sagt: Leute wir machen jetz nen total stumpfen, einfallslosen, oberflächlichen Charakter. Wobei sogar das mit nem Comedy Ansatz funktionieren kann (Borderlands 2).
  3. Scario
    Ich denke schon das Frauen und Männer auch aufgrund des Geschlechts im Durchschnitt andere Intressen haben. Zu welchen Teilen das Geschlecht und die soziale Umgebung das ganze beeinflussen ist wohl recht schwer zu ermitteln.
    Aber im Grunde kann man (zumindest in der westlichen Welt) sowohl als Frau als auch als Mann so ziemlich alles machen was man will.
  4. Bellasinya
    Ich schreibe oben eine Meinung. Ich sage vielleicht bricht die Branche irgendwann mal mehr in solche Richtungen sein. Allerdings bin ich da nicht übermäßig optimistisch oder fordernd. Ich würde es mir wünschen (bei bestimmten Spielen, damit es nicht wieder heißt ich meine alle damit). Ich schreie nicht danach ;)

    Es wird für dich überraschend sein, wie schlecht Frauen über sich und andere Frauen reden können (Männer auch im übrigen). Ich hatte Glück, ich wurde von meinem Vater in meinem Drang nach Fantasy und Technik immer unterstützt, wo meine Mutter versucht hat mir eher andere Themen und Hobbies nahezulegen.
    Gibt es zum Beispiel so wenige Männer im Ballett, weil es wirklich kaum Männer machen wollen, oder ist die "gesellschaftliche Barriere" einfach zu abschreckend?

  5. Forsti 13
    @Bellasinya

    Wenn sie sagt das sie das selbst so am eigenen Leib in dem Sport erlebt hat weiß ich nicht was ich da hinterfragen könnte.

    Für mehr Tiefe bin ich auch absolut zu haben.
    Ich will nur vor dem Schrei nach "alles muss so sein, alles muss tiefer sein" bewahren, denn der führt auf einen Holzweg.
    Ich weiß nicht in wie fern es deine Intention war, aber für mich klang es so bzw. solche Diskussionen münden gerne in solchen Rufen.

    @Raelag

    Danke für diese Aufklärung, das wusste ich nicht, da ich eben kein Schachspieler bin. Ich kenne nur das Interview und nahm es entsprechend hin.
    Bei der Zahl die du nennst kann ich mir aber durchaus auch Statistik als Grund vorstellen ja. Das könnte ungefähr in den Bereich fallen.
  6. Raelag
    @Forsti 13
    Ich wollte erst gar nichts schreiben, aber da ich selber aktiver Schachspieler (wenn auch kein besonders guter) bin, muss ich hier einige Dinge richtig stellen. Elisabeth Päthz war nie Damenweltmeisterin im Schach. Selbst ihre beste Elo würde heute nur zu Platz 19 der Frauenweltrangliste reichen. Dass sie es nicht geschafft hat sich zur Weltspitze der Frauen durchzukämpfen, liegt meiner Meinung nach tatsächlich daran, dass sie nicht genug trainiert hat. Das lag aber nicht daran, dass sie eine Frau ist. Zu dem Aussitzen. Ein Großteil aller Spiele, man sehe sich z. B. die Spiele zwischen Carlsen und Anand an, werden vor dem 40ten Zug zu entschieden. Tatsächlich versuchen Spieler normalerweise nicht Frauen, sondern alte Spieler durch ein sehr positionelles Spiel auszusitzen. Trotzdem haben Frauen tatsächlich durch die Biologie einen kleinen Nachteil beim Schachspielen, was auch durch die Hirnforschung bestätigt wird. Dieser Nachteil kann meiner Meinung nach als eine Art kleines Handycap betrachtet werde, dass aber erst bei einer sehr hohen Elo zum Ausdruck kommt. Trotzdem ist das meiner Meinung nach nur ein Grund warum es mit Judit Polgar nur einmal eine Frau in die Top-20 der Fide geschafft hat. Der wichtigste Grund ist meiner Meinung nach der niedrige Frauenanteil an den Schachspielern. Beim deutschen Schachbund liegt der Frauenanteil z. B. nur bei ca 7.5%. Das liegt meiner Meinung nach vor allem in der Gesellschaft begründet. Schach gilt als reiner Männersport. Ich habe tatsächlich einmal erlebt, dass eine Mutter ihrer Tochter geraten hat sich lieber ein anderes Hobby zu suchen, weil Schach nichts für Mädchen sei. Ihre Tochter hatte aber offensichtlich Spaß beim Spielen und verfügte auch über das nötige Talent.
    Um nochmal auf das Eingangsthema des Blogs zurückzukommen. Ich glaube, dass von einer besseren Charakterzeichnung alle Spieler profitieren können, dass richtige Genre vorausgesetzt.
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  7. Bellasinya
    Ich rede hier von Spielen, die Wert auf eine glaubwürdige Story legen. Super Mario, etc. tut nichts zur Sache. Da erwarte ich so etwas gar nicht. Aber wenn sich Entwickler für eine Story entscheiden, erwarte ich, dass sie in Zukunft mehr wert darauf legen ihre Figuren glaubwürdiger zu machen. Würde ich mir zumindest so wünschen.

    Positivbeispiele bringe ich aus den genannten Gründen im Blog, ich möchte mich nicht zig mal wiederholen müssen. Ich rede nicht über Spiele im allgemeinen, sondern über die, die mich beeindruckt haben. Meine eigene persönliche Meinung.
  8. Scario
    Ich finde es immer höchst bedenklich wenn von Spielen als Ganzes geredet wird und unterschlagen wird das Charaktertiefe und Story in den meisten Spielen komplett irrelevant sind.

    In den Top 10 von Steam werden gerade zwei Spiele gespielt die überhaupt ne Story haben.
    League of Legends ist (denke ich) eines der meistgespielten Spiele - Story? Charaktertiefe? em... nein. Eigentlich so ziemlich jeder reine Multiplayertitel braucht keines der beiden Dinge zwingend.
    Top 10 der meistverkauften Spiele (https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_best-selling_video_games)
    Wieder nur zwei Spiele in der Story relevant ist (und ich bin schon so gnädig und zähle Diablo 3 dazu).

    In den Spielen die du ansprichst, quasi welche die sich Gedanken um Charaktere und Story machen, gibt es die "Probleme" die du ansprichst eigentlich weniger. Du nennst ja selbst auch nur Positivbeispiele.
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  9. Bellasinya
    Heißt nur weil du eine Frau zitierst muss es stimmen? Du hinterfragst kritisch was wir hier von uns geben, aber wenn eine Frau über andere Frauen sagt, Männer trainieren härter nimmst du das so hin?

    Und versteh mich nicht falsch, ich erwarte von Spielen nicht, dass sie die Welt verbessern, aber wenn du sagst, dass sie die Welt wiederspiegeln, dann sag mir bitte in welcher Welt wir dann deiner Meinung nach Jahre und Jahrzehnte lang gelebt haben?
    Ich erwarte das Spiele die Realität abbilden, vor allem solche, die Story ernst nehmen. Männer sind keine zweidimensionalen Gestalten. Mein Freund hat auch höhen und tiefen, er ist für mich da, wie ich für ihn da bin, wenn es ihm schlecht geht. Klar er zeigt Trauer anders als ich, aber nichts desto trotz ist es Trauer.
    Genauso sind Frauen keine zweidimensionalen Gestalten. Das erwarte ich von Spielen, die Wert auf eine Story legen, und erwarten dass man ihnen diese auch abnimmt.
    Und um noch mal auf deine Metaphern von Spiegeln zurückzukommen, hier ein schönes Zitat aus "Gost in the Shell 2: Innocence": Der Spiegel zeigt uns nicht den Weg zur Erleuchtung, sondern eine Illusion. Oder?
    Ich erwarte nicht, dass du Smileys auf Spiegel malst, ich erwarte dass du dahinter blickst. Was siehst du wenn du in den Spiegel guckst? Siehst du nur dich, oder die Person dahinter?
    Ich sehe bei The Witcher 3 nicht nur Geralt oder Yennefer, sondern auch die Personen die dahinter stehen. Und sie sind so gut getroffen wie im Buch, und das ist eine wirklich tolle Leistung von den Entwicklern.
  10. Forsti 13
    @Yeager

    Naja ich habs ja nicht ohne ein Beispiel zu nennen gebracht, das von einer Frau, die in diesem Sportbereich tätig ist, selbst so beschrieben wurde.
    Ich sehe also nicht wo ich hier fern ab der Realität beschreiben würde.
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