Gaming und Fernsehen

Von Ranger_the_75th · 5. April 2015 · Aktualisiert am 5. April 2015 ·
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  1. 1998 wurde etwas großes geboren: GIGA. Ein Sender rund um Popkultur und unser aller liebstes Hobby: Videospiele, Gaming, Zocken, wie man es auch immer nennen will. Viele der Gesichter, die heute in der deutsche YouTube-Szene oder auf Twitch bekannt sind begannen bei diesem Spartenkanal bei NBC ihre Karriere, unter anderem die Jungs von RocketbeansTV, auf die wir später noch einmal zu sprechen kommen werden. GIGA und später die Sendung GIGA//Games waren der wichtigste und am längsten anhaltenste Auftritt von Gaming im deutschen Fernsehen, ganze 11 Jahre hielt sich das Programm, wenn auch mit diversen Umgestaltungen und Re-launches, aber es lief weiter. Die Jungs und Mädels der GIGA-Redaktion setzten auf eine damals revolutionäre Verknüpfung, um ihrer Community genau das bieten zu können, was diese wollte: Sie ließen ihre Zuschauer auf der Internetseite giga.de aktiv am Programm mitwirkten, spielten live während der Sendung mit den Fans und verbanden so in einer bis heute nicht wieder erreichten Weise Fernsehen und Internet. Ich selber habe diese Zeit leider nicht mehr ganz bewusst mitbekommen, als GIGA groß war interessierten mich weniger Videospiele, sondern vor allem Fußball und die Frage, ob die ersten drei Star Wars-Filme tatsächlich so schlecht sind wie alle behaupteten (ich halte Teil 1 und 2 bis heute für gute Filme, sorry). Das einzige, was ich damals spielte, war This Is Football 2005 auf der Playstation 2, und selbst das aufgrund erzieherischer Einschränkungen meiner Eltern nur eine Stunde am Tag.Kontakt zu GIGA bekam ich erst, als das "echte" GIGA schon tot war: Nämlich als ich durch irgendeinen Zufall auf den YouTube-Kanal des "neuen" GIGA aufmerksam wurde, damals noch unter der Leitung von David Hain und Tobias Heidemann. Und diese Jungs redeten ständig vom "alten" GIGA, was mich stutzig machte und nachforschen ließ. Als ich herausfand, was GIGA einmal gewesen war, war ich wirklich traurig, dass ich diese Zeit verpasst hatte, denn einen echten Fernsehsender, der sich mit Gaming, was mir inzwischen sehr ans Herzen gewachsen war, beschäftigte, klang einfach wunderbar. In letzter Zeit habe ich mir ein paar alte Folgen GIGA auf YouTube angeschaut und bin wirklich begeistert, was meine Idole von heute, die Crew um Eddy, Simon, Nils und Budi, früher gemacht haben und was für eine tolle, chaotische Sendung die GIGA-Truppe damals auf die Beine gestellt hat.

    Aber genug von den "guten alten Zeiten", mir geht es eigentlich um etwas anders: GIGA war nur einer von vielen Versuchen, Gaming im deutschen Fernsehen zu etablieren. Danach haben sich noch viele andere daran probiert, private wie öffentlich-rechtliche Fernsehsender, aber alle sind sie gescheitert, haben selten länger als ein Jahr durchgehalten. Aber woran liegt das? Immerhin fordern wir Gamer/Spieler/Zocker, wie auch immer wir uns nennen wollen, dass Videospiele endlich von der breiten Gesellschaft ernst genommen werden und nicht mehr als gewaltverherlichende Hasserzeuger dargestellt werden. Und was ist ein besserer Beweis dafür, dass sich die Gesellschaft mit einem Thema ernsthaft auseinandersetzt, als dass es gute Fernsehsendungen über dieses Thema gibt? Fernsehen ist immer noch für große Teile der Bevölkerung das meinungsbildende Medium, denn nicht jeder ist im Internet unterwegs oder liest die Zeitung. Sollten wir uns nicht freuen und die Sendungen über Gaming in uns aufsaugen?
    Immerhin waren "Pixelmacher", "Reload" (um die zwei prominentesten Beispiele zu nennen) hochwertige und informative Sendungen, die sich kompetent mit der Gamingthematik beschäftigten.

    Aber exakt darin liegt der Grund für die Disharmonie der Medien Videospiel und Fernsehen. Die meisten Ansätze im Fernsehen, auf den Gamingzug aufzuspringen, waren so konzipiert, dass sie aufgrund ihrer Komplexität und ihres Anspruchs sich an Menschen richteten, die sich sowieso mit der Thematik beschäftigten. Und die warten nicht bis Donnerstagabend um 20:15 Uhr auf einsplus "Reload" läuft, um die neusten News zum Thema Gaming zu erhalten. Denn diese können sie immer, 24 Stunden am Tag, hier, im Internet finden. Also interessierte sich die eigentliche Zielgruppe nicht für die Sendungen weil sie zu inaktuell und deswegen zu unattraktiv waren. Die andere mögliche Zielgruppe, die nicht-Gamer, interessierten diese Sendungen aber auch nicht, denn ihr Anspruch war zu komplex und setzte ein Vorinteresse für das Thema voraus, was hier nicht gegeben war. Also blieb am Ende quasi niemand übrig, der den Kram schauen wollte.

    Also, was tun? Es gibt neue Konzepte. "Gamecraft" zum Beispiel, das vom Bernd das Brot-Erfinder Tommy Krappweis und dessen Produktionsfirma bumm film produziert wird und sich an eine jüngere und eher gamingfremde Zielgruppe richtet, was einen interessanten Ansatz darstellt. Allerdings habe ich auch hier wenig Hoffnung, was aber weniger an der Sendung selber liegt, sondern mehr am Sendeplatz auf DMAX: 23:15 Uhr ist genau die Zeit, wenn die Zielgruppe, jüngere Jugendliche, schläft. Auch wenn man DMAX nicht die komplette Schuld geben kann, "Gamecraft" wirkt arg unkritisch und ist mehr Werbeplattform als echtes Magazin.
    Der andere Weg ist, den Schwerpunkt nicht auf die Spiele selber zu setzen, sondern auf deren Präsentation, zum Beispiel auf abgefahrenen Humor und verrückte Formate. Klingt verdammt stark nach "GameOne", und ja, genau das meine ich. Ich habe nicht besonders viele Folgen dieser grandiosen Sendung gesehen, da mir der Sendeplatz nicht wirklich passte und ich meistens vergas, die Sendung online nachzuholen, aber was ich sehen durfte, war eine wunderbar verrückte Weise, Leuten Videospiele zu präsentieren, obwohl diese schon genug darüber wussten und die Sendung trotzdem unterhaltsam zu gestalten. Leider ist "GameOne" inzwischen auch tot, was auch immer der Grund dafür gewesen sein mag für MTV, die Sendung abzusetzen. Aber der neue Twitch-Channel der vier Hamburger Jungs ist im Grunde genommen nichts anderes als ein 24/7-GameOne/GIGA-Misch und kann mit sehr respektablen Zuschauerquoten beweisen, dass die Ideen des Teams die richtigen waren und sind.

    Also, was bleibt als Fazit? Gaming im Fernsehen scheitert an falschen Vorstellungen der Produzierenden und Zielgruppen, die sich lieber im Internet informieren, oder an Sendern, die nicht bereit sind, verrückte Ideen mit Potenzial zu verfolgen und diesen Zeit zu lassen, sich zu etablieren. Videospiele und Fernsehen , das passt einfach nicht - oder will manchmal auch nicht passen.

    Was denkt ihr über dieses Problem? Schreibt's mir in die Kommentare!

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    Ranger_the_75th
    Spiele sind vielschichtig. Sie verdienen, das über sie geschrieben wird. Mit jeder Minute, die wir in Spielen verbringen, lernen wir mehr über unser Lieblingshobby. Uns wir sollten nie aufhören zu lernen!

Kommentare

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  1. Takamisakari
    "Was denkt ihr über dieses Problem?"

    Fernsehen ansich ist vermutlich nicht mehr zeitgemäß für die heutige/junge Gamer-Generation. Das Internet, allen voran YouTube, bietet da ein weitaus größeres Portfolio und ist natürlich auch deutlich flexibler. Auch die Nähe zu den Machern spielt da sicherlich eine Rolle.

    Prinzipiell stehen Gaming und Fernsehen im Konkurrenzkampf, denn ein Gamer, der zockt, der guckt nicht oft parallel noch aktiv Fernsehen, sodass Fernsehen nur noch Nebensache ist bzw. als Pausenfüller dient.

    Aber das Fernsehen tut sich auch selber manchmal keinen Gefallen, wenn Leute involviert sind, die von der Materie keine Ahnung haben. Da ist es dann kein Wunder, wenn Gamer dem Fernsehen den Rücken zuwenden.

    Ganz so chancenlos ist das Fernsehen allerdings nicht. Etliche bekannte YouTuber stehen inzwischen bei professionellen Studios unter Vertrag. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis man auch das Fernsehen als Plattform nutzt (vermutlich für die exklusive Erstausstrahlung, ehe die jeweiligen Videos auf YT online gehen). Gaming wäre hier aber nur ein Teil des Ganzen.
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