Kommentar zu Dragon Age: Inquisition

Von Bethoniel · 22. Dezember 2014 · Aktualisiert am 22. Dezember 2014 ·
Kategorien:
  1. ***Spoiler-Alert: Dieser Blog enthält möglicherweise Spoiler über Dragon Age: Inquisition, ihr wurdet gewarnt!***

    Endlich ist es erschienen, der heiß ersehnte dritte Teil der Dragon Age Saga. Mit Inquisition wollte BioWare die Fehler aus dem Vorgänger wieder gut machen, keine Baukasten Dungeons mehr die sich nur darin unterscheiden welche Gegner Spawnen und welche Areale begehbar sind, größere Gebiete und vieles mehr. Zu gut um wahr zu sein, schon alleine wenn man die Kritik vieler Spieler hier sieht. Aber ist Dragon Age: Inquisition wirklich so schlecht?

    Von mir gibt es hierzu ein klares Nein! Inquisition ist ein sehr gutes Rollenspiel, das beste westliche Rollenspiel das ich in den letzten Jahren gespielt habe. Das Problem, liegt bei Dragon Age: Inquisition ganz klar in der Erwartungshaltung die man hat. Na klar, man muss sich auf jedes Spiel einlassen, und bereit sein die kleinen Ungereimtheiten und Unschönheiten links liegen zu lassen solange es nicht zu viele werden oder gar Plot Stopper dabei sind. Auf den Dritten Dragon Age Teil trifft dies aber mehr denn je zu.

    Ich habe hier schon einige Rezensionen über das Spiel gelesen in denen deutlich wurde, dass die Schreiber nicht einmal 5 Stunden Spielzeit hatten. Vorneweg, es ist bei jeder Rezension grundverkehrt diese zu schreiben bevor man das Spiel durch hat (es sei den man kennzeichnet dies ganz deutlich und unmissverständlich und berücksichtigt es bei der Wertung, aber auch dann sollte man eine gewisse Zeit in der Welt verbracht haben und sich ein Bild machen können). Bei Dragon Age: Inquisition sind 5 Stunden Spielzeit aber deutlich zu wenig um sich ein Bild zu machen. Mit 5 Stunden Spielzeit schafft man nicht mal das 1. Kapitel (Rekrutierung der Magier oder Templer), es sei denn man rusht durch das Hinterland. Dann kann man sich aber erst recht kein Bild machen da man praktisch nichts von dem Spiel sieht. Schon alleine der Umfang der einzelnen Areale ist gigantisch, privates erfährt man von den Begleitern, bevor man Himmelsfeste erreicht hat, quasi überhaupt nicht und besonders viel von der Spielwelt hat man dann auch noch nicht gesehen.

    Gerne gemeckert wird über die flachen Charaktere. Dabei sind die meiner Meinung nach nicht anders als in den Vorgängern. Ja, BioWare hätte die bekannten Charaktere Leliana, Cassandra, Varric, Cullen und später Morigan etwas besser einführen können. Gerade die Einführung von Leliana, Morrigan und Cullen, jenen die das erste mal im ersten Teil auftauchten, hätte etwas besser gelingen können. Schon alleine deshalb weil es möglich ist sowohl Leliana, als auch Morrigan, Origins nicht überleben zu lassen und die beiden trotzdem wieder auftauchen und sich außer ein paar Texte nicht viel ändert, sprich die Auswirkungen auf die Geschichte von Inquisition halten sich in grenzen. Zu dem habe ich das Gefühl das die fünf Begleiter als "Wiederkehrer" eine andere Behandlung erhalten haben als die neuen Begleiter. Über Varric erfährt man kaum etwas, hier ist Vorwissen aus Dragon Age II zwingend erforderlich, und auch Leliana und Cullen und Morigan bleiben ähnlich flach, auch wenn man über Cullen Verhältnismäßig viel erfährt, da er bisher nur in der Statistenrolle aufgetaucht ist. Cassandra wird aber schön mit leben gefüllt und man erkennt relativ schnell das Sie dem typischen Klischee "Harte Schale, weicher Kern" entspricht. Auch die anderen Begleiter werden ähnlich gut mit leben gefüllt. Dorian der Tevinter Magier, der sein Land liebt aber den Weg den es beschreitet zu tiefst verabscheut. Vivienne, die Zirkel Magierin, die in Magiern nur Monster sieht die es zu überwachen gilt, die aber stets danach trachtet mehr zu sein. Sera, die Schurkin, die versucht die Welt für "die kleinen Leute" besser zu machen und dabei auf zum Teil mehr als nur zweifelhafte Methoden setzt. Iron Bull, der Qunari Krieger, der sich Hart gibt aber ein Herz aus Gold hat und der für seine Leute alles tun würde. Blackwall, der Graue Wächter, der in Wahrheit ein Verbrecher ist und versucht buse zu tun. Solas, der geheimnisvolle Magier, der mehr über Geschichte und Orte weiß als irgendwer sonst. Und Cole, der Geist, der jedem Helfen will und stets mit der Angst lebt man könnte ihn binden und zu einem Dämon machen. Jeder dieser Charaktere hat eine eigene Geschichte. Senn man regelmäßig mit ihnen Gespräche führt, und sich mit ihnen gut stellt, erfährt man immer mehr über sie, erhält Quests von ihnen und stellt schnellt fest das die Begleiter keineswegs "flach" sind, sondern genauso viel Tiefgang haben wie in den Vorgängern. Es braucht wegen des enormen Umfangs des "Startgebiets" halt leider etwas bis man so weit ist.

    Ähnlich schaut es mit der Geschichte aus. Ja, die Geschichte entfaltet sich deutlich langsamer als in Dragon Age: Origins. Das liegt zum einen daran das die Gebiete um ein vielfaches größer sind als in den Vorgängern, zum anderen aber auch daran das die Geschichte als solches einfach um einiges kürzer ist und dafür das Drumherum größer. Aber auch darauf muss man sich einlassen. Anders als in den Vorgängern gibt es nicht mehr den roten Faden der sich durch alle Gebiete zieht, und man diese dann halt noch ab und an mal für die eine oder andere Nebenquest nochmal besuchen muss. Statt dessen erzählen so ziemlich alle Gebiete eine eigene, wenn auch kurze, Geschichte in Form einer Nebenquest. Man erhält in den einzelnen Gebieten auch weitere kleine Nebenquests die dazu dienen eigentlich alles einmal gesehen zu haben (von den Inquisitions- und Erfahrungspunkten mal abgesehen). Das ist aber der Preis den man für eine (relativ) offene Spielwelt zahlen muss. Was aber nicht heißen soll, dass es nicht besser gewesen wäre, wenn BioWare alle Gebiete in die Story mit eingebunden hätte. Trotzdem hat man aber immer irgendetwas zu tun, zumindest beim ersten Besuch in einem Gebiet. Hat man alle regulären Quests in einem Gebiet gelöst bleiben halt nur noch die generischen Sammelquests, aber mal ehrlich in welchem Open World Spiel ist das anders?

    Was ich auch immer wieder sehe ist, dass die Taktikansicht und die fehlenden Heilzauber kritisiert werden. Zugegeben, die Taktikansicht ist der letzte Schrott. Sie ist fummelig, und allgemein umständlich zu bedienen und man sieht ihr an das Inquisition für die normale Actionansicht entwickelt wurde. Hier schließe ich mich jedem an der sagt, dass die Schrott ist. Wer aber die fehlenden Heilzauber kritisiert, merkt nicht, dass dies - gerade auf den höheren Schwierigkeitsgraden - ein integraler Bestandteil der taktischen Tiefe des Spiels ist. Aber auch abseits davon macht es Sinn. Während in Origins Wynne praktisch in jeder Gruppe obligatorisch war, da Sie über die besten Heilfähigkeiten verfügte, gibt es einen solchen Charakter in Inquisition nicht mehr. Kein Charakter muss immer dabei sein. Vielmehr steht, neben den eigenen Vorlieben die zugrunde liegende Taktik und der eigene Spielstil im Vordergrund. Dadurch das man immer nur eine begrenzte Zahl an Heiltränken zur Verfügung hat, auf die jeder in der Gruppe zurückgreift, und man nur zwei weitere Arten von hilfreichen Tränken oder Granaten dabei haben kann, ist man vor allem auf höheren Schwierigkeitsgraden dazu gezwungen sich mehr Gedanken über die Ausrüstung zu machen. In den Vorgängern konnte man selbst starke Gegner besiegen wenn man nur genügend Heiltränke im Inventar hatte, da man jetzt aber nur noch eine Handvoll von Heiltränken hat funktioniert das nicht mehr. Zwar wird man dadurch immer wieder dazu gezwungen zum Basislager zurückzugehen und aufzustocken, allerdings sollte jedem Spieler klar sein, dass wenn man nur noch damit beschäftigt ist seine Heiltränke aufzustocken, man mindestens eines von zwei Problemen hat: Entweder man ist einfach zu schwach für das Gebiet, oder man muss die eigene Taktik überdenken. Beides ist aber kein Anzeichen für eine Design schwäche, sondern dafür, das man einfach etwas am eigenen Verhalten ändern muss. Gleiches gilt für die Taktikansicht. Diese wurde eigentlich nur als entgegenkommen für die PC-Spieler eingebaut. Ja, ich stimme zu dass man sie dann auch gut funktionierend und nicht nur halbherzig hätte einbauen können. Grundsätzlich ist es aber so, dass das Spiel für die Action Ansicht entwickelt und optimiert wurde. Auch hier gilt, auf diese Neuerungen muss man sich einlassen.

    Grundsätzlich kann man über Dragon Age: Inqusition wohl folgendes sagen: Es ist ein Nachfolger zu Dragon Age: Origins, aber es ist nicht Dragon Age: Origins. Origins war der geistige Nachfolger von Baldurs Gate und Co. Dragon Age II war dies schon nicht mehr (da ist das aber in Anbetracht der sonstigen schwächen einfach untergegangen), spätestens mit Inquisition hat sich Dragon Age, und auch BioWare, aber vollends von der Schwertküste emanzipiert. Dragon Age: Inquisition ist kein geistiger Nachfolger für Baldus Gate, Icewind Dale oder Neverwinter Nights, das sollte es aber auch nie sein. Dragon Age: Inquisiton ist der Nachfolger zu Dragon Age II, sowohl im Geiste als auch vom Gameplay und allem anderen. Was Dragon Age: Inquisition auch ist, ist ein Spiel auf das man sich einlassen muss, man muss bereit sein zu akzeptieren, dass es nicht wie Origins ist, dass es kein Baldurs Gate quasi Nachfolger ist, sondern, dass es vom Gameplay viel stärker an den zweiten Teil angesiedelt ist, der sicherlich einige Design schwächen hatte, aber in Sachen Gameplay Origins in nichts Nachstand.

Kommentare

Um einen Kommentar zu schreiben, melde dich einfach an und werde Mitglied!
  1. Ryuzaki
    Gute Zusammenfassung.

    DA:I hat natürlich seine Schwächen, dass lässt sich nicht leugnen, doch viel von der bisher geäußerten Kritik erscheint mir doch ungerechtfertigt. Dabei kann ich durchaus so manchen Unmut verstehen, auch ich war anfangs von dem Spiel vor den Kopf gestoßen. Doch das Spiel braucht Zeit, um sich zu entfalten, und erst dann kann es sein volles Potenzial ausschöpfen.
    Ich jedenfalls habe bisher ca. 90 Stunden mit Inquisition verbracht und ich bereue nicht eine Einzige davon.

    Ich würde mir jedoch für ein DA4, das es nach dem Ende von DA:I sicherlich geben wird, einige Dinge anders wünschen:
    - Bitte weniger von diesen 0815-MMO-Sammelquests, die überall herumliegen (hier eine Notiz, da eine Leiche, dort ein Buch ...) und dafür mehr handgemachte, schön inszenierte Aufgaben.
    - Auch würde ich mir eine bessere Einbindung der Spielwelt in die Story wünschen, ähnlich wie bei DA:O.
    - Und natürlich sollten alle Begleiter/Berater gleich viel Raum im Spiel bekommen. Auch mir kam es so vor, dass manche von meinen Gefährten mehr Interaktionsmöglichkeiten hatten als Andere.

    Ansonsten noch schöne Weihnachtsfeiertage.
  2. AWinkler21
    Danke für diese ausführliche Einschätzung.
    Ich denke das man mit dem neuen Spiel sehr viele Stunden hat, und jeden Urlaub toll nutzen kann ;-)
      1 Person gefällt das.
Top