Kona(n) der Detektiv

Von Juetas · 7. April 2017 · Aktualisiert am 10. April 2017 ·
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    Für faule Spieler wie den Autor ist ein Walkingsimulator eine großartige Unterstützung um Frischluft zu schnappen. Virtuelle Frischluft versteht sich. In Kona („Schnee“ in Cree-Sprache) begeben wir uns vom Schreibtisch aus in die kanadische Abgeschiedenheit der 1970er, um mysteriösen Vorkommnissen in einem kleinen Dorf auf den Grund zu gehen. Es wird also nicht nur gegangen, sondern auch gefahren, durchsucht und geschossen. Startet die Akte-X-Titelmusik, lehnt euch zurück, legt den linken Mittelfinger auf die Taste W und los geht die wilde Fahrt. Oder der Spaziergang. Dieses Review versucht so spoilerfrei wie möglich zu sein.


    Caaarl….da verschwinden Menschen

    Nördlich von Quebec sucht in den 1970ern ein seltsamer Schneesturm die Gegend rund um Atamipek Lake heim. Ein wohlhabender, lokal bekannter Geschäftsmann und Kupfermineninhaber heuert Detektiv Carl Faubert an, um dem wiederkehrenden Vandalismus auf seinen Grundstücken nachzugehen. Verdächtigt werden die Cree, ein dort ansässiger Indianerstamm, da diese dem Magnaten anlasten, heiliges Land zu zerstören. Mit einem leicht klischee-behaftetem Szenario im Hinterkopf setzen wir uns also in unseren Pickup und brechen in die kalte, weiße Wildnis auf. Dort angekommen, finden wir weder unseren Klienten, noch sonst eine Menschenseele. Und das Mysterium nimmt seinen Lauf.

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    Eines der wenigen Spiele, das korrekte Schachzüge zeigt. Schachprogramme ausgenommen

    Die Geschichte rund um potentiell gnadenlose Geschäftemacherei, einen eventuell rachsüchtigen Indianerstamm, geheimnisvollem, unüblichem Wetter und einem ehemaligen Soldaten als Privatdetektiv bietet in erster Linie viel Platz für Spannung, Nervenkitzel und Beklemmung. Und Kona wird dem größtenteils gerecht. Mit dem Schneesturm einher gehen die Kälte, eine eingeschränkte Sicht und unheimliche Geräusche, die (hoffentlich) der Wind verursacht. Dies führt uns direkt zu den Survival-Elementen im Spiel, die sich aber nur am Rande bemerkbar machen.

    Nicht nur reiche Leute führen ein Über-Leben

    Es gibt grundsätzlich 3 Survival-Elemente, auf die wir achten müssen: Wärme, Lebenspunkte und geistige Gesundheit. Um uns warm zu halten gibt es viele vorgegebene Orte im Spiel, an denen wir ein Feuer entfachen können, oder an denen bereits eine Hitzequelle vorhanden ist. Diese dienen zusätzlich als automatischer Speicherpunkt, man kann aber zu fast jedem Zeitpunkt manuell speichern. Die geistige Gesundheit Carls wird beeinträchtigt, sobald er einer furchteinflößenden, mysteriösen Situation ausgesetzt ist. Diesem Schrecken können wir ebenso mit einem Feuer oder Zigaretten und Tabletten, entgegenwirken.

    Zudem gibt es noch Bedrohungen durch Tierwelt und Ähnlichem, dem man sich meist mit verschiedenen Gegenständen zur Wehr setzen kann. Abseits davon schmilzt der Überlebenspart aber wie Schnee im Sommer. Weder Hunger noch Durst existieren als Bedrohung, somit sollte man diesen Teil eher als seichte Addition denn als Kernelement betrachten.

    No shit sherlock

    Wir setzen also unseren seltsamen Hut auf, packen unser Vergrößerungsglas und nehmen den verlassenen Ort genauestens unter die Lupe. Carl kommentiert die Vorkommnisse und zahlreichen Hinweise mit sympathischem Humor und versüßt uns dadurch die eher repetitiven Tätigkeiten. Kona lebt hauptsächlich, wie natürlich üblich in diesem Genre, von seiner erzählten Geschichte. Jeden relevanten Hinweis nehmen wir in unser Journal auf, seien es Fotos die wir mit unserer analogen Kamera schiessen, Zeitungsschnipsel, Briefe oder ähnliches. Bei Updates springt man leider nicht direkt zum neuen Part, sondern muss selbst dorthin blättern. Da wir das Buch mit immer mehr Informationen füttern wird das mit Fortschreiten des Spiels unübersichtlich.

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    Nix Hipster, 1970 oida

    Die Atmosphäre spielt bei der Präsentation eine sehr einnehmende Rolle. Der immer wütende Schneesturm und, damit einhergehend, die allgegenwärtige Bedrohung durch Kälte, beeinträchtigen nicht nur unser körperliches Wohlbefinden, sondern halten uns auch von zu langem, ziellosem Erkunden ab, was den größten Teil des Spielinhalts einnimmt. Wir versuchen herauszufinden, was geschehen ist, und schrecken dabei nicht einmal vor Hausfriedensbruch zurück. Wer aus Fetischgründen gern bei Leuten einbricht und ihre Haushaltswaren und schmutzige Wäsche durchstöbert, wird hier vollends auf seine Kosten kommen, denn die Suche in den scheinbar verlassenen Häusern ist ein Muss.

    Und dieses Mu(s)ster wiederholt sich ständig. Kleine Rätsel sowie Cutscenes sind eine willkommene, aber sehr rar gesäte, Abwechslung. Durch das puzzlestückhafte Sammeln von Informationen treiben wir die Geschichte voran, die an sich interessant ist. Vorausgesetzt man besitzt ein gutes Namensgedächtnis. Ansonsten wird man seine Probleme damit haben, der Geschichte lückenlos zu folgen. Hierfür ist das Journal Gold wert.

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    Was haben ein haariger Walter White und Dwight D. Eisenhower gemeinsam?



    The good the bad and the ugly



    Angenehm unrealistisch ist das Dauerbrennen von einmal entzündeten Feuern. Wenn wir irgendwo Abseits der Zivilisation einen Ofen mit nur einem Holzklotz befeuern, brennt dieser noch, wenn wir 2 Stunden später wiederkommen. Da unser Inventar nur über einen beschränkten Platz verfügt, ist es sehr gefällig, nicht immer kiloweise Holz transportieren zu müssen.

    Ein wenig Schade ist, dass Kona sich nicht immer merkt, ob wir etwas bereits entdeckt haben. Wir stolpern zum Beispiel über ein Gebäude mit Firmennamen, und wenig später, an einer anderen Stelle, über einen anscheinend zugehörigen Schlüssel. Trotzdem meint Carl, dass er mal die Augen offen halten sollte, da es hier ja nicht so viele Firmen gäbe. Ja Carl, wir haben die Firma vor 2 Minuten erst gesehen. Das ist natürlich meckern auf höherem Niveau, aber wenn ein Spiel von der Story lebt, dann sollte es in sich schlüssig sein. Die auftretenden Ladezeiten beim Wechseln eines Gebiets sind ebenso sehr störend, sogar wenn sie nur wenige Sekunden einnehmen. Sowas muss im Jahr 2017 einfach besser gehen. Klar, Indie-Teams haben natürlich weniger Ressourcen zur Verfügung, aber es unterbricht jedoch den Spielfluss auf einer regelmäßigen Basis.

    Das Ende nach rund 5 Stunden ist eher abrupt und actiongeladen, ein wenig untypisch wenn man es mit dem Rest des Spiels vergleicht. Nichtsdestotrotz passt es zum mysteriösen Gesamtbild. Insgesamt wurden 4 eigenständige Teile mit unterschiedlichen Protagonisten angekündigt, die aber im selben Universum spielen sollen. Wem Walking-Simulatoren zu langweilig und Survival-Spiele zu aufregend sind, der könnte mit Kona einen guten Treffer landen. Man sollte aber ein Faible für Atmosphäre und Geschichten hegen, ansonsten können selbst 5 Stunden sehr lange sein.

    Über den Autor

    Juetas
    Computerspieler aus Leidenschaft bei Tag. Schläfer bei Nacht. Versucht mit Worten umzugehen und damit Meinungen zu PC Spielen zu formulieren. Über einen Besuch auf meinem Blog (https://taschtestet.wordpress.com/) freu ich mich natürlich. Aber nur wenn ihr lieb seid. Ach, egal, kommt einfach.

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