Erziehung! Eltern können ein Lied davon singen. Es ist umfangreich, schwer und verlangt sehr viel Geduld. Da steht man im Spielwarenladen und die Augen des Kindes können sich nicht sattsehen an dem, was hier angeboten wird. So kann es vorkommen, dass nach einigen vergossenen Tränen man doch mehr für das eigene Kind gekauft hat als ursprünglich eingeplant.
Ich bin nun seit mehr als 10 Jahren in der Spielentwicklung tätig und mittlerweile habe ich einen wichtigen Zusammenhang verstanden. Spielentwicklung ist Erziehung. Als Gamedesigner macht man sich immer Gedanken über Konditionierung des Spielers, sei es die Farbe des Lebensbalkens, oder die Tastenbelegung. WASD ist genauso ein Standard, wie die Farbe Rot als Warnung. Allerdings scheinen wir uns mehr Gedanken darüber zu machen wie wir vorhandene Konditionierung im Spiel richtig nutzen um den Spieler schnell in unser Spiel eintauchen zu lassen, als darüber was außerhalb des Spiels passiert.
Im digitalen Zeitalter gibt es viele einfache Möglichkeiten seine Meinung zu äußern. Das sorgt für einen schnellen Meinungsaustausch, neue Möglichkeiten und Fortschritt. So schreitet man voller Hoffnung in das „Games as a Service“ Zeitalter und lernt so langsam, was dort einen erwartet. Eine der Erkenntnis, die ich gelernt habe ist der Einfluss der vergangenen Konditionierung außerhalb des Bereiches auf das Verhalten innerhalb des Bereichs selbst.
Aber was hat das mit Spielentwicklung zu tun? Um diese Frage beantworten zu können müssen wir uns die Geschichte ansehen.
„In Paris brennen die Autos“. Dieses einfache Sprichwort beinhaltet ein ganz bestimmtes konditioniertes Verhalten, was heute im digitalen Zeitalter zu einem größeren Problem wird. Beleidigungen, Morddrohungen und shitstorms, wer kennt das nicht. Dabei sind wir selbst zu einem großen Teil dafür verantwortlich. Wir haben die Menschen seit Jahrhunderten darauf konditioniert, dass erstmal „Autos brennen müssen“ bevor die betroffenen mehr ihrer Aufmerksamkeit dem Thema widmen. Es muss, wie bei einem weinenden Kind erst unangenehm für die betroffenen Eltern werden bevor diese vielleicht nachgeben. Das passiert mehrmals und schon lernt das Kind, dass es mit Weinen und Schreien, viel eher das bekommt, was es möchte. Das setzt sich im späteren Leben fort.
Da ist es nicht verwunderlich, dass die Leute zu einem shitstorm greifen um die Aufmerksamkeit der Entscheidungsträger zu bekommen. Sei es beim Thema lootboxen oder Frauen in Spielen. Wie kann es auch anders sein, wenn wir denen, die am lautesten schreien mehr Aufmerksamkeit widmen?
Um die Situation zu verbessern müssen wir ganz tief ansetzen und unser Verhalten überdenken. Es ist erforderlich die Leute zu belohnen, die konstruktive Kritik üben und die Aufmerksamkeit nicht auf die Leute lenken, die am lautesten schreien. Nur so können wir eine bestimmte Botschaft senden. Die Botschaft, dass konstruktive Diskussionen für Aufmerksamkeit sorgen und nicht lautes Schreien, oder Beleidigungen.
Allerdings ist das auch der schwierigste Ansatz. Wir müssen lernen uns früher mit Themen zu befassen und nicht erst, wenn „Autos brennen“ und es für uns unangenehm oder bedrohlich wird. Wir müssen lernen, dass nicht unbedingt alles in Ordnung ist, solange niemand schreit. Wir müssen unsere Denkweise anpassen. Und genau das macht es so schwierig. Eine Denkweise zu ändern, worauf wir seit Jahrhunderten in unzähligen Bereichen des sozialen Umfelds konditioniert wurden.
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