Aus der beliebten Kategorie „Ein Mod rantet“, die auch gerne mal nichts mit Gaming am Hut hat. Unverblümt, roh und fies. Heute: Metal. Oder eher: Seine Hörer und Hörerinnen. Don’t be offended.
Lasst sie machen!
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Ja, ich höre Metal. Und zwar sehr viel Metal. Hauptsächlich den Metal, welcher in den 80ern und 90ern populär war. Heavy Metal, Thrash Metal und gerne und vor allem auch mal den rohen Death Metal, der Ende der 80er und Anfang der 90er aufkam.
Nein, ich gehöre nicht zu den Leuten, die damals schon alt genug waren, um so etwas zu hören. All diese Mucke habe ich über das Internet kennengelernt. Und mit der Musik auch die Community. Nun ist es nicht so, als gebe es DIE Metal-Community. Denn Metal ist ein unfassbar diverses Genre, welches gefühlt alle denkbaren andere Genres schon mal irgendwo berührt hat. Roher, hardcorelastiger Death-Metal? Songtechnisch und strukturell sehr progressiver Metal? Ansätze von Hardcore, Symphonic, Elektroklänge, Gothic? Alles irgendwo vertreten. Vielleicht gibt es sogar ein Genre, das einfach alles davon aufweist.
Was ich damit sagen will: In jedem Genre ist die Community anders. Metaller können die tollsten, liebsten und knuffigsten Bären der Welt sein. Doch bei der Mucke, welche ich höre, geht mir die Community manchmal richtig auf die Nerven, weil sie einfach so verdammt konservativ ist. Ich muss dafür kurz etwas ausholen.
Von Bombe zu Baby
Beeinflusst von härteren Bands wie Black Sabbath, Hard Rockern wie den Scorpions und diversen Punkbands bildete sich gegen Ende der 70er die sogenannte „New Wave of British Heavy Metal“ (NWoBHM) mit Bands wie Iron Maiden, Motörhead, Saxon, Venom und vielen weiteren. Diese Musik und der aufkommende Hardcorepunk beeinflussten am Anfang der 80er wiederum Bands wie Metallica, Slayer oder Exodus. Und gerade die letzten beiden beeinflussten viele erste Death Metaller wie Autopsy, Morbid Angel, Death und viele weitere. Kurzum: Der Metal erlebte in den 80ern eine riesige Blütephase.
Das alles hatte auch einen großen gesellschaftlichen Hintergrund. Am Anfang der NWoBHM waren es die Unruhen in Großbritannien, später dann auch der kalte Krieg. Die Angst vor der Bombe, vor der ausweglosen Vernichtung, vor dem ultimativen Kataklysmus durch Millionen Grad heiße Tore in die Hölle, das ging vielen Leuten durch den Kopf. Und nicht zuletzt pisste die Verklemmtheit der Kirche so einige Bands an. Als Resultat sind viele Songtexte der Metalsongs der 80er von Satanismus, Krieg, Tod, Leid und auch einiger zynischer Gesellschaftskritik geprägt.
Doch mit dem Ende des kalten Krieges endetet diese Ära. Vorbei die Zeit des Wettrüstens, vorbei die Zeit der Sorgen vor dem Ende. Die Menschen mussten keine Angst mehr vor atomarer Apokalypse haben und hatten nun Zeit, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Damit kamen viele Gedanken auf: Wozu eigentlich das Ganze? Warum existieren wir? Was machen wir hier überhaupt? Ist es nicht am Ende eigentlich egal? Just… nevermind?
Ich sage dieses Wort ganz bewusst als Anspielung auf Nirvanas bekanntestes Album. Denn was diese Band lostrat, war eine komplett neue Generation an Zuhörern. Der Grunge übernahm, murkste den Glam Rock und Hair Metal der 80er ab und bildete diverse neue Subgenres. Der Metal wurde zunehmend divers. Industrial Metal, Nu Metal, Alternative Metal entstanden. Limp Bizkit, Korn. Und auch solche Bands wie Rammstein bildeten ihre Wurzeln in dieser Zeit. Der Metal wurde populär, gewann immer mehr Zuhörer. Doch den Preis zahlten die Bands der 80er. Denn plötzlich mussten sie feststellen, dass ihr Publikum das Interesse verlor. Das Lebensgefühl war ein anderes geworden. Und zehn Jahre später konnte man auch einfach niemanden mehr schocken, indem man ein Pentagramm aufs Albumcover klatschte.
[1] WIE KONNTEN DIE ES WAGEN, SOLCH EIN ALBUMCOVER ZU MACHEN??!!!
Doch nicht nur das Publikum hatte keine Lust mehr, auch den Bands ging ihre eigene Musik langsam auf den Keks. Den Anfang machten Metallica 1991 mit dem „Black Album“, nachdem die Band nach zehn Jahren Progression und immer komplexeren und längeren Songs keinen Bock mehr hatte und wieder kürzere, „schneller auf den Punkt kommende“ Stücke schreiben wollte. Das Ergebnis ist das meistverkaufte Album der Metalgeschichte, welches einige der bekanntesten Songs der Band wie „Enter Sandman“ oder „Nothing else matters“ vorzeigen kann.
Metallica machten es jedoch nur vor. Viele andere Bands verloren ebenfalls die Lust an ihrer Musik und probierten andere Dinge aus. So spielten Iron Maiden häufiger mit Synthesizern und fast schon opernhaften Elementen, Megadeth mischten etwas Hardrock hinein, Testament nudelten (zumindest am Anfang) melodischeren Heavy Metal, Sepultura machten groovigere, mehr vom Hardcore inspirierte Mucke und nahmen später sogar indigene Musik Brasiliens hinzu, Metallica spielten Mitte der 90er mit Bluesrock, Hardrock und Country herum. Ja, selbst Slayer brachten gegen Ende der 90er mit „Diabolus in Musica“ ein ziemlich Nu-Metal-lastiges Album heraus. Oh nein, die waren mal so hart drauf!11elf!
Survival oft he mainstreamest?
So. Und nun habe ich fertig mit dem Ausholen, denn hier liegt der Hund begraben. Ich gebe es ganz offen zu: Ich höre sowohl ihre alten Alben als auch ihre Alben aus den 90ern! Ja, ich höre „Roots“ von Sepultura! Oder „Load“! OH NOIN!
Man gehe einfach nur auf YouTube und scrolle sich mal durch die Kommentare zu den Metalalben der 80er. Und es wird nicht lange dauern, bis man Kommentare findet wie „Viel besser als der Dreck, den sie später gemacht haben!“. Oder „Damals waren die noch ernst zu nehmen, damals haben die noch Metal gespielt und ihre Fans geliebt!“. Oder „Damals haben die den Metal noch nicht verraten!“ Oder „Die Kids heute haben doch keine Ahnung mehr, wie ordentliche Mucke klingt!“ Oder „Diese Poser wissen doch einfach gar nix!“ Oder einfach „Selloutica!“.
Überhaupt, dieser Begriff „Poser“. Eigentlich wurde der Begriff in den 80ern von Speed Metallern genutzt, um solche Hair Metaller wie Mötley Crüe zu diffamieren, als Schausteller, als Aufschneider und Inszenierer, nur um cool zu wirken. Doch wie dieser Begriff mittlerweile missbraucht wird, lässt mich manchmal den Kopf schütteln. Ich höre nur die Big Four of Thrash Metal (Megadeth, Anthrax, Slayer, Metallica)? Poser! Ich habe noch nie von Bands wie Demolition Hammer oder Sadus gehört (habe ich übrigens, die fetzen)? Poser!!! Ich höre Metallica (jaaa)? POSER!!!!
Dieser Konservatismus geht mir unheimlich auf die Nerven. Sobald eine Band auch nur in Ansätzen beginnt, sich von ihren Wurzeln zu entfernen, werden ihre Mitglieder als Verräter verschrien, als geldgeile Konsumzombies, die sich nicht mehr für ihre alten Fans interessieren. Und diejenigen, welche diese Musik mögen, werden pauschal abgewertet und diffamiert. Ihnen werden Rechte und jeglicher gute Musikgeschmack abgesprochen.
[2] Abgeschnittete Haare?!! Gefärbte Dreadlocks!!? POSER!!!!!
Dass eine solche Band das nicht nur aus Drang nach Fame und Kohle macht, wird dann jedoch sofort unterschlagen. Fast alle Bands entwickeln sich irgendwann weiter. Technisch wird man vielleicht besser oder ausgefeilter, man entdeckt neue Methoden oder Stile. Und irgendwann möchte man auch einfach aus der Komfortzone raus. Unbekanntes entdecken. Grenzen testen. Schauen, was geht, vielleicht etwas ganz Neues machen, was die Welt bisher so nie kennengelernt hat. Oder einfach: überleben. Wenn niemand mehr zu meinen Konzerten geht, kann ich meine Mucke noch so sehr lieben, mein Abendessen oder die nächste abbezahlte Miete sichert sie mir trotzdem nicht.
Hören und hören lassen
An dieser Stelle möchte ich gleich nochmal etwas klarstellen: Ich möchte mich über niemanden stellen. Auch ich finde „Risk“ oder „St. Anger“ furchtbar. Und ich kann vielen modernen Metalströmungen nichts abgewinnen. Mir fehlt da einfach dieses rohe Element, welches zu der Zeit noch vorherrschte. Doch muss ich deshalb jede Form von Veränderung schlecht finden? Muss ich eine Band verteufeln, weil sie etwas anderes macht als vorher? Woher habe ich überhaupt das Recht, dieser Band irgendwas vorzuschreiben? Und was gibt mir das Recht, mich über andere zu stellen, weil sie andere Mucke hören als ich? Können sie das dann im Gegenzug nicht auch einfach?
Man sollte nicht vergessen: Solche Monsteralben wie „Reign in Blood“, „Human“ oder „Master of Puppets“ wären nie entstanden, wenn die jeweilige Band sich nicht entschlossen hätte, einen Schritt weiter zu gehen. Verdammt noch eins, die gesamte Diskografie von Pantera ab „Cowboys from Hell“ wäre niemals entstanden! In dem Sinne heißt Veränderung vielleicht manchmal Schlechtes, aber in der Regel zeigt die Band damit einfach einen anderen Horizont auf. Und erweitert Grenzen, zeigt coole Dinge.
Und selbst wenn: Selbst wenn die Band jetzt nur noch kacke klingt, habt ihr immer noch die alten Alben. Die werden davon nicht schlechter. Ansonsten ist meine Meinung an euch eindeutig: Lasts es doch einfach. Lasst dieses Profiliergehabe und hört damit auf, euch zwanghaft abzugrenzen und besser darzustellen als die anderen. Habt euch doch einfach mal mehr lieb! Denn irgendeinen Konsens in eurer Mucke findet ihr doch bestimmt. Und wenn es am Ende nur euer gemeinsamer Hass auf Justin Bieber ist.
Seht ihr das ganze Thema anders? Habt ihr vielleicht schon ähnliche Beobachtungen gemacht? Stimmt ihr mir zu? Habt ihr Kritik und Anregungen? Dann ab damit in die Kommentare! Und da es ein Rant war, müsst ihr diesmal auch nicht freundlich bleiben. :-D
Bilder:
[1] https://townsquare.media/site/295/files/2016/05/Elektra.jpg
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Moinsen, ich bin der Bakefish und Community-Moderator. Abgesehen davon fleißiger Rezensent und Typ mit privatem Leben, über das ich garantiert nix in dieser Angabe schreiben werde.
Diese Angabe ist sowieso sinnlos und auch optional. Insofern hätte ich den oberen Absatz nicht schreiben müssen. Und das hier auch nicht. Lest ihr das immer noch? Hört auf damit und lest meine Blogbeiträge!11elf!
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