Leben wir in Zeiten des Fast Food?

  1. Fast Food essen ist irgendwie immer in Mode, aber Fast Food spielen?! Ich schnappe in der letzten Zeit immer häufiger auf, dass man sich über fehlende Tiefe, unausgereifte Spielwelten oder schlicht und einfach fehlende Logik innerhalb des Spiels beschwert.
    Klar, Trollen kann man leicht mal. Aber da sich diese Beschwerden häufen und teilweise durchaus auch konstruktiv vorgetragen werden, kann ja vielleicht doch etwas dran sein. Oder haben wir einfach zu hohe Ansprüche an Spiele, sind zu verwöhnt oder erwarten das Unmögliche.

    Ich glaube, dass man beim Entwickeln von Spielen irgendwann an gewisse Grenzen stoßen muss. Die Grafik und der Sound werden immer besser und realer, aber die Möglichkeiten eine Geschichte zu erzählen können nicht ewig weiter entwickelt werden. Noch auf lange Sicht werden die Meisten von uns vor einem Monitor sitzen und auf einen flachen Bildschirm schauen, wo das Geschehen sich abspielt. Holo-Decks a la Enterprise sind nicht wirklich in Sicht.

    Heute habe ich gelesen, dass ein User SWTOR als Beispiel einer gut erzählten Geschichte erwähnt hat, umfangreich, tiefsinnig, vor Allen Dingen aber logisch und nachvollziehbar. Und er hat Recht, in der Welt wird eine grandiose, eigentlich epische Geschichte erzählt. Warum ist es aber nun gefühlt so, dass kaum noch gute Stories in Spielen umgesetzt werden? Mass Effect und Dragon Age wurden irgendwie immer "flacher", klassische Rollenspiele wie Skyrim oder auch die Klassiker Baldurs Gate, Icewind Dale oder ähnliche Perlen erscheinen so gut wie gar nicht mehr oder in derart abartigen Abständen, dass man dazwischen leicht eingehen kann. Der Gedanke beschäftigt mich jetzt seit einigen Tagen. Wer kann sich schon wie Chris Roberts leisten, mit uferlos geduldigen Fans im Rücken jahrelang an einem Spiel rumzubasteln, von dem im Grunde keiner weiß, WAS dabei herauskommen wird??

    Core-Gamer und auch ein paar Klugscheißer beschweren sich über die Qualität der Spiele was Story und Erzähltechnik angeht, auch die Logik wird gerne bemängelt, selbst wirklich gute Spiele wie RDR2 werden förmlich in der Luft zerrissen. Aktuell muss Anthem einstecken, noch vor Wochenfrist bekam Metro Exodus auf die Mütze. Erst wurde die Epic-Store-Sache als Grund benutzt, danach das Spiel selbst angegriffen. Dennoch verkaufen sich diese Spiele alle grandios gut und führen - zusammen mit ebenfalls kritisierten Spielen wie BF5 oder CoD BO4 - die Verkaufslisten an. Diese Listen sind die entscheidende Instanz für die Hersteller bzw. die Publisher der Spiele. Es soll Geld verdient werden, ein unglücklicher Core-Gamer ist verkraftbar, wenn das Spiel dafür im Mainstream absolut gut verkauft werden kann.

    Ich habe heute schon in einem Kommentar geschrieben, dass ich nicht an die Kraft des Boykotts glaube - es sind einfach zu Wenige, das spüren die Hersteller gar nicht. Ich bin als Multigamer auf allen gängigen Plattformen unterwegs, mein Schwerpunkt sind PC und PS4. Als inzwischen wirklich "alter" Spieler, der vom PC kommt und immer gern auf dem PC unterwegs war habe ich inzwischen den Eindruck, dass wir PC-Gamer uns absolut zu wichtig nehmen. Das Ego, dass bei uns teilweise an den Tag gelegt wird steht in absolut keinem Verhältnis zu unserem Anteil am Kuchen. Ich habe ja neulich schon mal Zahlen verlinkt in einem Kommentar, die den Anteil von verkaufen PC-Spielen zeigt im Gesamtmarkt (ohne Handy-Spiele). Die Quelle war gamebiz.com, eine wirklich authentische und professionell betriebene Seite. Dort macht der PC noch irgendwas zwischen 3 - 5 % der Verkäufe aus, und dabei eher 3% als 5%. Wenn dann von all den PC-Spielern positiv betrachtet 10 - 15% klagen und meckern und von den Leuten dann nochmal vielleicht die Hälfte Spiele "boykottieren" würde - wer soll sich davon kratzen lassen in der Wirtschaft? Da sprechen wir von unter 0,5% der Käufer - viel zu wenig, um ein Umdenken zu erreichen. Es wäre deutlich teurer und aufwendiger, die Wünsche dieser kleinen Gruppe zu erfüllen. Gekauft werden die Spiele ja auch so, wie man sehen kann.

    Spiele sollen zugänglich sein, schnell zu Erfolgen führen, "leicht verdaulich" sein und am Besten immer weiter geführt werden - so wollen es zumindest die Publisher. Wenn ich mich mit einem RPG wie Skyrim 1000 Stunden befasse, wie soll ich dann andere Games kaufen oder damit Umsatz erzeugen? Kaum ein Spieler hat die Zeit und auch die Muse um sich jeden Pfurz von Himmelsrand anzusehen. Klar gibt es auch solche, aber die Meisten werden sich irgendwann langweilen und wollen dann was Anderes machen. Darauf baut man, dort kann wieder Geld verdient werden.

    Wie sonst ist es zu erklären, dass Strategiespiele und Simulationen mehr oder weniger tot sind, selbst auf dem PC, wo sie immer stark vertreten waren? Wie ist es sonst zu erklären, dass man in Battlefield schon seit vielen Jahren keine Community-Maps mehr spielen kann, weil sie schlicht und einfach nicht vorhanden sind? Man will Season-Pässe und DLCs verkaufen - wer würde dafür Geld ausgeben, wenn aus der Community auch noch Nachschub käme? Wie oft und breit und viel wurde in den letzten Jahren immer wieder über FIFA gesprochen, über das mehr als offensichtliche Pay-to-Win-Modell im FUT-Modus? Ich selbst boykottiere den Modus seit diesem Jahr - in den 5 Jahren davor habe ich uferlos viel Geld reingesteckt, das tut richtig weh auch nur dran zu denken. Und? EA denkt nicht daran, auch nur im Ansatz an seiner Gelddruckmaschine FUT zu rütteln.

    Die Szene hat sich verändert, das ganze Hobby ist anders geworden. Manchmal ist die Freude wie früher - an anderen Tagen habe ich gar keine Lust und kann gut verzichten. Ich dachte immer, es würde auch daran liegen, dass ich älter geworden bin. Je mehr ich nachdenke, desto weniger glaube ich noch, dass es an den Jahren liegt. Ich werde überflutet von Spielen, ich werde genervt von Trollen, ich sehe mich als Nummer in einer Wirtschaftsberechnung von großen Konzernen.

    Dennoch, wirklich lassen kann ich es nicht. Ich liebe es Gamer zu sein, kann mir nicht vorstellen Briefmarken zu sammeln oder sowas...vielleicht muss ich mich einfach auch ändern. Weniger erwarten. Weniger aufregen.

    Einfach mal den Ball laufen lassen.

    Über den Autor

    Roadwarrior
    1975 auf die Welt losgelassen bekam ich 1982 von meinen Eltern zu Weihnachten ein Atari 2600 überreicht - seitdem nahm die Spirale ihren Lauf. Ich bin seit inzwischen etwa 40 Jahren "ingame". Durch verschiedene Berufe, Beziehungen, eine Ehe, Wohnorte und Weltanschauungen hindurch waren in meinem Leben in den letzten 25 Jahren nur 3 Sachen konstant: Motorräder. Heavy Metal. Gaming.
    Bakefish gefällt das.

Kommentare

Um einen Kommentar zu schreiben, melde dich einfach an und werde Mitglied!
Top