Lieber Weihnachtsmann

Von Yeager · 5. November 2014 · Aktualisiert am 5. November 2014 ·
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  1. Lieber Weihnachtsmann,


    es ist ja nun bald Weihnachten und ich dachte mir, ich probiere es mal auf diese Weise. Auf meine altertümliche Post mit dem Wunschzettel hast du ja bisher leider nicht reagiert, obwohl ich (im Großen und Ganzen) artig war. Du ignorierst mich schon seit 1996 und ich fragte mich, woran das liegen kann. Heute erst ging mir ein Licht auf: Vielleicht ist der Weihnachtsmann gar nicht so traditionell, wie man mir früher gesagt hat, vielleicht kann man dich nur noch online erreichen, vielleicht müsste ich dir twittern oder erstmal ein "Like" auf deine Facebook-Seite setzen. Ich gelobe das alles nach zu holen - mit diesem Wunschblog:

    Lieber Weihnachtsmann, was ich mir wünsche ist ein Spiel.
    Nicht irgendeins, sondern ein ganz bestimmtes. Eines, das es so schon gegeben hat - und das es so leider nie wieder gegeben hat.

    In diesem Spiel konnte man eine von vielen Spezies wählen oder sich alternativ in einem gut durchdachten Baukasten eine benutzerdefinierte Spezies zusammen werkeln. Keine Spezies war den anderen an sich überlegen, es kam darauf an, dass man ihre jeweiligen Stärken zum richtigen Zeitpunkt und am richtigen Ort ausspielte. Und wofür? Um sich auszubreiten natürlich. Das eigene Sternsystem war nicht genug, die Galaxis sollte es sein. Doch die Galaxis war ein gefährlicher Ort, in dem es nicht nur freundliche Lebensformen gab, mit denen man Technologien handeln konnte, sondern auch feindliche, die sich ebenfalls ausbreiten wollten. Also galt es - wieder in einem Baukasten - die richtigen Schiffe zusammen zu bauen. Grosse Schlachtkreuzer gab es da, so genannte Titanen und auch kleinste Fregatten. Am liebsten waren mir dicke Brummer mit der Planetenvernichterwaffe, die man etwas euphemistisch "Stellarer Konverter" nannte. Manchmal setzte ich aber auf Trägerschiffe mit vielen Jagdgeschwadern. Und manchmal experimentierte ich einfach so rum. Selbst das Verlieren machte Spass, weil man immer etwas dazu lernen konnte. Da gab es dann noch eine besondere Spezies, für die auch diese eine Galaxie nicht genug war. Sie kamen aus einer anderen Dimension und hatten etwas mit dem Stern "Antares" zu tun. "Mächtige Wesen sie sind" hätte ein grünhäutiger Ausserirdischer aus einer anderen Galaxie weit, weit entfernt wohl dazu gesagt. Letztlich musste man gegen sie antreten und konnte so das Spiel für sich gewinnen. Oder man beschränkte sich auf die Galaxie und die anderen Spezies, ging kriegerisch oder diplomatisch vor. Die Begegnungen im Raum waren äusserst spannend, man tüftelte in jeder Runde an zig Reglern: Wie drehe ich dieses Schiff? Seine Backbord-Schilde sind fast runter. Greife ich zuerst die Sternenbasis oder doch erst die feindlichen Träger an? Mit Raketen? Besser nicht, die bösen Jungs haben PD-Waffen, wobei PD für "Point Defense" stand - und eine grosse Gefahr für meine Jäger und eben Raketen darstellte. Invasiere ich den Planeten? Hmm, die haben aber dicke Panzer und andere Boni. Oder bombe ich ihn weg? Oder zerstöre ich ihn mit dem stellaren Konverter? Böse, böse - aber immerhin steigen dann die Grundstückspreise, wenn es nicht mehr so viele Planeten gibt. Oder übernehme ich sie als Telepath in meine Reihen? Oder oder oder. Das Spiel lebte von seinen vielleicht nicht endlosen, aber auf jeden Fall zahlreichen Möglichkeiten. Und den rundenbasierten und äusserst spannenden Kämpfen. Alles galt es zu planen als Herr eines Sternbildes, das in der griechischen Mythologie der Jäger ist, der auf ewig den Skorpion jagt - da beide nie gleichzeitig am Himmel zu sehen sind. Ich weiss nicht, wieviel Zeit ich mit diesem Spiel verbracht habe, habe keine Sekunde davon bereut.
    Und dann - dann kam der dritte Teil und ... lassen wir das.

    Lieber Weihnachtsmann,
    es hat einige Versuche gegeben, aber keines kam an den "Meister" (im doppelten Sinne) heran. Seit nunmehr 18 Jahren nicht.
    Meine Hoffnung ist, dass du einen guten Draht hast zu irgend einem Indie-Entwickler, der den Geist des Spieles verstanden hat, das ich meine. Der es damals selbst gern zockte. Vielleicht flüsterst du ihm was ins Ohr während er schläft, dafür wäre ich dir sehr dankbar. Und wenn du schon dabei bist: Sag ihm, er solle die Finger lassen von der teuren Lizenz der Namensrechte, die bei den Jungs mit den Panzern liegt. Mit Betonung auf "liegt". Daher schreibe ich auch in Rätseln ohne den Namen zu nennen. Damit der Entwickler sich nicht an den Namen klammert und das Lizenz-Geld lieber in die Entwicklung packt. Und damit der Wunsch eine Chance hat endlich - endlich! - in Erfüllung zu gehen. Sag dem Entwickler, wenn er aus den 2D-Modellen der Schiffchen 3D-Modelle macht und ansonsten alles beim Alten lässt wäre ich nicht unglücklich. Und nochwas: Sag ihm bitte, dass ich nicht der einzige bin, der diesen Wunsch hegt. Das käme dir auch entgegen, könntest mit einer Klappe zig Fliegen erwischen, hättest dann mehr Zeit für deine Facebook-Seite, Schneeballschlachten mit Elfen - oder was auch immer dich gerade beschäftigt. Falls er irgendwas von "Echtzeit" faselt, sei doch bitte so nett und schick ihm dann kurz deinen Assistenten vorbei, ja, den mit der Rute. Bis der Entwickler etwas ähnliches von sich gibt wie "Ist ja gut, rundenbasiert soll's werden, hab's kapiert!".

    Das ist es was ich mir wünsche, lieber Weihnachtsmann.
    Ausser den üblichen Dingen wie Weltfrieden, Reichtum und Kekse für alle und - du weisst schon, schau einfach mal in deinen Briefkasten.

    Du weisst nicht mehr was das ist?
    Das ist diese hölzerne InMail-Box am Rande deiner Domain. Da, wo du deinen Schlitten geparkt hast. Ist sicher voller Spam, Troll-Posts und dergleichen - aber auch mit hoffnungsvollen Messages von Kindern aus aller Welt und solchen, die in gewisser Weise Kind geblieben sind.

    Dein Fan.

    Über den Autor

    Yeager
    Chuck Yeager durchbrach als erster Mensch die Schallmauer.
    <br/>Ich stolperte über seinen Namen als damals noch kleiner Junge beim Gucken von "Der Stoff aus dem die Helden sind".
    <br/>Sein Name gefiel mir, wurde zum Nick und blieb es.

Kommentare

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  1. -zwecki-
    Ich würde mir auch nicht wagen, etwas anderes zu behaupten. :D
  2. Ryuzaki
    Sehr unterhaltsamer Beitrag. :)

    Auch wenn ich "Master of Orion" nicht kennen (war mit meinen damaligen 8 Jahren noch zu jung), so kann ich deine Begeisterung für dieses Spiel doch sehr gut herauslesen.

    Bitte mehr von solchen Artikeln, ich habe das Lesen wirklich genossen.

    Gruß
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  3. Yeager
    Master of Orion ist von Spore sehr weit entfernt. Nicht nur dem Spore, wie es geworden ist, sondern auch, wie es ursprünglich konlzipiert war. Es ist das bessere Spiel :). Momentan bei Gog.com für knappe 5 € erhältlich. Kann ich nur empfehlen :)
  4. Yeager
    Ascendancy!
    Ja, das war auch grossartig. Es hätten dort nur ein paar Automatisierungsfunktionen gefehlt, dann wär's super geworden.
    Übrigens: Ja, es handelt sich um Master of Orion, genauer: Die ersten beiden Teile.
  5. rd_1st
    Klingt beim Drüberfliegen nach Master of Orion...

    Was den X-Mas-Man angeht (so heißt das auf neumarvelisch): probier´s mal über seine Cloud. Ich habe ihm bereits ein Pic von Ascendancy gepostet, welches ich gerne in einer zeitgemäßen Auflage und ohne DRM in meinem X-Mas-Digital-Boot liken würde...
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  6. -zwecki-
    Amüsanter Blogeintrag! :D

    Leider kenne ich das Spiel nicht. Vor 18 Jahren war ich gerade mal knapp 6 Jahre alt und bin mit Videospielen höchstens in Form des Gameboy in Berührung gekommen. Klingt ein bisschen wie das, was die Weltraumphase von Spore hätte werden können, wenn man sich etwas mehr auf Langzeitmotivation konzentriert hätte.
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