Mass Effect. The good, the bad and the ugly. (2)

Von Thore · 5. Mai 2021 ·
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  1. Ausgangssituation nach dem ersten Akt ist also, dass Saren auf der Flucht ist. Shepard soll mehr über die Vision erfahren, die ihm das Alien Artefakt gezeigt hat (die Aliens, die das Artefakt gebaut haben, werden Protheaner genannt). Shepard hat sein eigenes Raumschiff bekommen, die Normandy. Es ist das Modernste, was die Menschen im Arsenal haben und kann getarnt fliegen. Gut so, denn Shepard braucht ein Schiff, da ihm mehrere Planeten genannt wurden, auf denen er mit seiner Suche nach Informationen und der Jagd nach Saren anfangen kann. Außerdem wurde Shepard zum SPECTRE ernannt!

    SPECTRES
    Die Abkürzung steht für "Special tactics and reconnaissance". Spectres sind eine Art Spezialeinheit, die ihre Aufträge und Zielsetzungen vom Rat bekommen. Die Umsetzung dieser Ziele darf allerdings vollkommen frei gestaltet werden. Sie sind die James Bonds des Mass Effect Universum und haben die Lizenz zum Töten. Wenn es sein muss auch im großen Stil. Wenn ein Spectre keinen anderen Weg sieht, als eine Fabrik zu sprengen, um an eine Zielperson heranzukommen... tja, dann haben alle anderen Arbeiter in der Fabrik halt Pech gehabt. Repressalien muss ein SPECTRE nur dann befürchten, wenn er grobes Fehlverhalten begeht. Wo „grobes Fehlverhalten“ anfängt, ist dabei ziemlich vage gehalten. Ich vermute mal, es fängt bei konkretem Verrat gegen den Rat an. Worin das Problem bei einer Organisation dieser Art besteht, sollte auf der Hand liegen. (Um beim Beispiel zu bleiben: In der Realität dürften dann natürlich nur die Fabriken gesprengt werden, von denen die Mitglieder des Rats nicht persönlich profitieren.)

    Aber solange wir selbst ein Teil dieser Organisation sind, ist es natürlich cool.

    Gamedesign á la Bioware(2007)
    Was dann folgt ist sehr Bioware´esque. Die nächsten Orte die man besucht sind voneinander größtenteils für sich stehende Level, die von diversen NPC´s bevölkert werden. Therum, Noveria und Feros werden die Level in diesem Fall genannt. Noveria und Feros beginnen jeweils mit einem Abschnitt, in dem man mit anderen Figuren Gespräche führt und ein Gefühl für das jeweilige Gebiet bekommt. Wenn man dann etwas orientiert ist, dann wird man von irgendeinem NPC in die richtige Richtung gedreht und in die Abschnitte geschickt, in denen dann geschossen werden darf.
    Therum wiederum ist im starken Kontrast dazu eigentlich nur eine lange Autofahrt mit einem Dialog am Ende. Und Schießereien, jeder Menge Schießereien.

    Mal ganz abgesehen von etwaigen technischen Limitierungen zu der Zeit als Mass Effect erschien, finde ich diesen Aufbau eines Spiels sehr gut mit dieser Art des Storytellings vereinbar. Jedes Gebiet kann seinen eigenen Story-Arc haben und eine eigene kleine Geschichte erzählen. Diese kleinen Stories bilden dann die Bühne für die große übergreifende Handlung. Es gibt (theoretisch) genug optische Abwechslung und die Handlung kann gleichzeitig auf den Punkt gebracht werden, ohne sie z.B. durch lange Fahrzeiten einer Open World zu strecken.

    Meiner Meinung nach ist Feros der interessanteste Schauplatz der drei. Nicht wegen der Optik, oder dem Leveldesign. Der Abschnitt besteht aus Ruinen, die größtenteils ein sehr ähnliches Farbschema haben. Feros ist wegen der Alien-Pflanze, die unter der Kolonie lebt interessant. Man findet im Laufe der Zeit heraus, dass ein Konzern hier ethisch zumindest fragwürdige Experimente an den Kolonisten durchführt. Die Pflanze stößt Sporen aus, die von den Lebewesen in der Umgebung eingeatmet werden und sich daraufhin in deren Nervenzentrum einnisten. Wenn die Lebewesen dann nicht dem Willen der Pflanze gehorchen, dann lösen die Sporen starke Schmerzen aus. Der Konzern hat die Kolonisten nun absichtlich dem Einfluss der Pflanze ausgesetzt - nur um mal zu sehen was passiert, für die Wissenschaft und so.
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    (Warum hängen normalerweise unbesiegbare Gegner eigentlich oftmals über irgendeinem bodenlosen Abgrund?)

    Die Pflanze wird Thorianer genannt und lebt seit mehreren zehntausend Jahren. Durch ihr Alter wird sie auch für die Haupthandlung relevant. Die Vision, die Shepard gesehen hat, ist ursprünglich eine Videobotschaft der Protheaner, die diese über große Entfernungen versenden konnten. Da Shepards menschliches Gehirn aber nicht funktioniert, wie ein Gehirn dieses untergegangenen Volks, kann sie von ihm nicht korrekt interpretiert werden. Der Thorianer ist alt genug, um direkt in Kontakt mit den ausgestorbenen Aliens gekommen zu sein und hat dadurch viel über sie gelernt. Über Umwege gelangt dieses Wissen dann wortwörtlich direkt in Shepards Kopf. Er kann daraufhin nicht nur Denken wie ein Protheaner, sondern beherrscht sogar deren Sprache (auch wenn man über das "Shepard kann denken wie ein Protheaner" nicht zuu viel nachgrübeln sollte).
    Der Abschnitt hat einen lokalen dramatischen Arc, einen sehr deutlichen Alien und Star Trek Sci-Fi Vibe und ist gleichzeitig gut in die übergeordnete Haupthandlung eingebunden. Meiner Meinung nach ist das eine runde Sache.

    Noveria ist sowas wie ein all-you-can-science-Buffett für große Konzerne. Es gibt so gut wie keine Regeln und das Feeling des Abschnitts ist zunächst sehr Corporate-Cloak and Dagger angehaucht. Jeder spioniert jeden aus und Mord und Totschlag (aber mit Stil) sind an der Tagesordnung. Shepard landet in einem zentralen Landeplatz von dem aus dann die eigentlichen Forschungsstationen über Land erreicht werden können. Im Endeffekt ist die Aufgabe von Shepard zunächst nur eine Tür öffnen zu dürfen, um zu der Forschungsstation zu gelangen, die von Saren gemietet wurde. Der Planet befindet sich nicht im Einflussbereich des Rats und Shepards Status als Spectre reichte so gerade eben, um überhaupt landen zu dürfen. Für die Tür hat es nicht mehr gereicht, dafür muss man erst etwas beim Cloak and Dagger Treiben mitspielen.

    Wenn man denn endlich durch die Tür durch ist, findet man eine Garage. In der Garage findet Shepard unverhofft einen Panzer. Voll aufmunitioniert und mit steckendem Zündschlüssel. Ich meine... es ist n Panzer. Es ist definitiv nicht Shepards Garage, sonst würde die ganze Aktion mit der Tür keinen Sinn mehr machen (bzw. noch weniger). Anscheinend kann der Panzer wohl einfach von jedem benutzt werden, der gerade mal einen Panzer braucht, bzw. einen Schlüssel für die Garage hat? Für solche Dinge würde ein einzelner Funkspruch von der Normandy reichen. "Hey Captain, da wir jetzt die Freigabe haben, steht unser Panzer in der Garage". Schon würde man sich nicht mehr über so was wundern.

    Später schießt man sich dann durch Sarens Forschungsstation, die von den Rachni überrannt wurde. Eigentlich sollten die Rachni ausgestorben sein, aber irgendwo wurde doch noch eine Rachni-Königin ausgegraben und geklont, um an eine Information heranzukommen, welche durch ihr Erbgut weitergegeben wird. Da die Viecher im Universum immer noch Persona (Insecta?) non grata sind, mussten sie natürlich in einer schwer erreichbaren, geheimen Forschungsstation unter einem Gletscher erforscht werden. Jeder von uns hat genug Filme gesehen, um zu wissen wie das ausgeht.
    Am Ende von dem Ausflug nach Noveria findet ein Kampf gegen eine Verbündete von Saren statt. Nachdem man sie und ihre Freunde lange genug beschossen hat, findet sie Shepard auf einmal sympathisch und erzählt ihm von Sarens Plan ein bestimmtes verloren geglaubtes Mass Relay zu finden. Ja, ich weiß, eigentlich wurde sie von Saren einer Gehirnwäsche unterzogen. Warum diese durch ihre wachsende Erschöpfung und den Einsatz von genug Munition außer Kraft gesetzt wird, muss man allerdings nicht verstehen. Ich hätte eher erwartet, dass sie bei größerer Erschöpfung tiefer in die Indoktrination hineinrutscht. So gibt sie Shepard allerdings schon mal einen Hinweis auf Sarens Fähigkeit zur Gehirnwäsche.

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    (Ein Insekt, was vor 2000 Jahren beinahe die Galaxis erobert hat und mit anderen Rassen nur mithilfe verstorbener Körper kommunizieren kann. Whats not to like?)

    Außerdem muss man eine Entscheidung treffen, deren Reichweite und Auswirkungen man kaum abschätzen kann. Lässt man die Rachni Königin frei, oder bringt man sie um? Über die Rachni hat man generell nur Informationen, wenn man den Kodex dazu gelesen hat. Ich glaube, die werden ansonsten bis dahin kaum erwähnt, oder wenn dann nur in einem Nebensatz. Es ist eine non-decision. Man hat nicht genug Informationen, um eine fundierte Entscheidung zu treffen, also wirft man eine sprichwörtliche Münze (einen Mittelweg gibt es nicht) und die Konsequenzen bleiben abzuwarten.

    Im nächsten Beitrag geht es mit Virmire weiter und ich werde etwas auf die Charaktere eingehen, mit denen man so unterwegs ist. Ich für meinen Teil bin gespannt, ob das remaster wirklich nur optischer Natur ist, oder ob das, was ich hier mühevoll zu Papier bringe, in ein paar Tagen obsolet ist.

    Über den Autor

    Thore
    Jahrgang 85. Ich spiele Videospiele seit ich 7 oder 8 Jahre alt war. Ich bin schon immer von gut erzählten Geschichten fasziniert gewesen.

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