Meine (G)Looten-Allergie

Von Baster · 13. Juni 2015 ·
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  1. Ich finde, dass The Witcher 3 ein geniales Spiel ist. Doch anstatt die Stärken und Schwächen des Spiels ein weiteres Mal durchzukauen, möchte ich über eine Sache schreiben, die irgendwie noch keine Erwähnung gefunden hat: Das Lootsystem.

    Wie in vielen Spiel beginnt man auch in TW3 mit einer Standardausrüstung: Hexer-Stahl/Silberschwert, Hexerrüstung. Und wie in vielen Spielen beginnt, sobald man seinen Fuß in die umkämpften Gebiete des Nordens setzt, eine nicht endende wilde Jagd nach dem besten Loot. Es gibt zahllose Schmugglerverstecke, bewachte Schatztruhen, Fässer, Kisten und Kriegsbeute, die nur darauf warten, von unserem gierigem Hexer entdeckt und geplündert zu werden. Und mit Erfolg: Neues Stahlschwert mit +20 Schaden! Silberschwert mit zwei Runenplätzen mehr! Die Schuhe haben höhere Feuerresistenz UND sehen besser aus!

    Die meisten von uns werden diese Lootsucht aus dem ein oder anderen Spiel kennen.

    Ich vermisse ein wenig das erste Witcherspiel. Wie in vielen Spielen beginnt man auch hier mit einer Standardausrüstung. Hexerschwerter, Hexerrüstung. Doch im Gegensatz zu anderen Spielen behält man diese Gegenstände eine ganze Weile. Im ganzen Spiel gibt es sage und schreibe 3(!) Rüstungen. Waffen gibt es zwar grundsätzlich mehr, diejenigen Schwerter, die sich wirklich lohnen, kann man jedoch an einer Hand abzählen.

    Aber ich habe es genossen. Kein ständiger Schw*nzvergleich wie in den Nachfolgern, welches Schwert länger oder welche Rüstung dicker ist. Macht auch nichts, denn mit Meteoriten, Runen und Ölen kann ich die Schwerter auch so an meinen Charakter und den bevorstehenden Kampf anpassen. Aber wenn man mal neue Ausrüstung bekommt…

    Dieser epische Moment, wenn man von der Dame vom See Aerondight überreicht bekommt! Wenn man nach einer Questreihe, die sich über zwei Akte spannt, endlich Rabes Rüstung trägt! Ich kenne noch heute die Namen dieser Gegenstände, erinnere mich an den Moment, an dem ich sie erhalten habe. Wie hieß nochmal die Waffe, die ich in Labyrinthion in Skyrim erhalten habe? Welches Schwert habe ich in Velen der Wilden Jagd abgerungen? Puh…

    Warum erinnere ich mich an das eine, an das andere aber nicht? Weil es etwas Besonderes war. Nicht irgendein zufälliges, marginal besseres Teil, dass nach einer halben Stunde wieder ausgetauscht wird, nein, etwas das hart erarbeitet wurde und mich für den Rest des Spiels begleiten wird, weil es wirklich episch gut ist.

    Genau das misse ich im dritten (eigentlich auch schon im zweiten) Teil der Serie, genauso wie in einigen anderen Rollenspielen. Einerseits stört das gängige Lootsystem die Immersion und Echtheit der Spielwelt. Ich kann es nicht ernst nehmen, wenn quasi überall auf dem Weg irgendein „seltener“, „epischer“ oder „legendärer“ Gegenstand rumliegt. Und das in einer Welt, in der sich (zu mindestens laut der Dialoge) Soldaten gegenseitig für ein Paar abgelaufener Schuhe töten!

    Andererseits gehen dadurch die Waffen, die eigentlich wirklich eine Bedeutung haben, unter. (Vorsicht, kleiner Spoiler voraus!) Wenn ich gegen Ende der Hauptquest in TW3 den König des Nordens um Hilfe bitte, überreicht er mir feierlich das beste Schwert seiner Familie. Doch anstatt eines erhebenden Momentes wie im ersten Teil: Kurzer Blick ins Inventar, 205 Schaden statt bisher 200, dazu ein wenig Frostchance. Das soll was Besonderes sein? Meh.

    Weniger ist mehr, dass gilt für mich auch beim Lootsystem. Das ist nichts prinzipielles, auch ich habe meinen Spaß mit dem „Looten & Leveln“ in Borderlands 2 oder ähnlichen Spielen. Aber Spiele wie Skyrim oder gerade TW3 sollten eigentlich ohne so etwas auskommen, weil sie etwas anderes bieten. Ein schlankeres, realistischeres Lootsystem. Für mehr Immersion. Für erhabenere Momente.

Kommentare

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  1. Yeager
    Stimme dem zu.

    Nur hat man damit heute ein Problem:
    Wie willst du MMO-konditionierte Spieler, die es gewohnt sind alle zwei Meter etwas Brauchbares zu finden mit diesem Ansatz der Low-Fantasy bei der Stange halten?
    Ich kann mir vorstellen, dass das TW1-System bei der Konzeption von TW3 durchaus zur Debatte stand, aber aus genau diesem Grund schnell zu den Akten gelegt wurde.

    Es gäbe da noch ein Alternativ-System, nämlich mitlevelnde wie z.B. die Dynastie-Waffen aus Heroes VI. Aber das hätte nun so gar nicht zum Witcher-Universum gepasst.

    Dennoch gebe ich dir Recht, auch was zukünftige RPGs angeht.
    Weniger ist manchmal wirklich mehr.
      1 Person gefällt das.
  2. arvenius
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