Nicht alle spielen bis zum Ende

Von 8Lisa91 · 25. Februar 2016 · Aktualisiert am 25. Februar 2016 ·
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  1. Man kämpft, man wütet, man schleppt sich durch die Spielwelt, läuft gefühlt Hunderte an Kilometern, stellt sich fiesen Gegnern, man schwitzt, man blutet (zumindest die Spielfigur auf dem Bildschirm) und lootet, macht Bekanntschaft mit interessanten Figuren, folgt der Handlung, die einen weiter vorantreibt und irgendwann, nach etlichen Stunden des Spaßes, des Staunens, manchmal auch der Frustration, kommt man zum Grand Finale - vorausgesetzt man geht überhaupt so weit.

    Es ist wohl kein Geheimnis, dass viele Spiele von einem großen Teil der Spieler nicht zu Ende gebracht werden. Teilweise zockt gerade einmal ein Drittel so lange, bis die Credits über den Bildschirm laufen. Gründe findet man in Foren und Gesprächen mit Freunden und Bekannten viele: Der Titel an sich packt einen nicht so richtig oder ist nicht sonderlich abwechslungsreich, man widmet sich nur der Hauptquest und lässt den Rest links liegen, man wird mit Genre, Charakteren oder Handlung nicht so richtig warm, nach einigen Spielstunden geht die Motivation aus, man verliert die Hauptquest aus den Augen und will eigentlich gar nicht mehr wissen, wie es weitergeht, es gibt neuere Titel, die irgendwie interessanter sind und im Augenblick mehr Spaß machen, etc.
    Vielleicht sind wir zu verwöhnt. Zu Spitzenzeiten kommen interessante Titel raus wie am Fließband und man fragt sich (beinahe schon verzweifelt), woher man die Zeit nehmen soll, um sich dem allen zu widmen und woher man das Geld nehmen soll, um das alles zu bezahlen... Die Flut an Neuerscheinungen kann einen ganz schön überfordern und dann fühlt man sich wie ein Kind im Süßigkeitenladen, das nicht weiß, wo es zuerst reinbeißen soll.
    Dabei ist das Nicht-bis-zum-Ende-Durchhalten kein typisches "Gamerproblem". Neuerscheinungen bei Filmen und Büchern gibt es ebenfalls en masse und auch diese Medien können genauso langweilen wie Spiele. Wie oft schaltet man in der Werbung (oder schon eher) um, weil der Film einen anödet? Wie oft legt man ein Buch zur Seite und fasst es nie wieder an, weil einen entweder die Charaktere oder die Handlung nerven?
    Bei Videospielen kommt jedoch ein ganz anderer Faktor hinzu, der das frühzeitige Abbrechen straft: Sie sind oft ziemlich teuer (zumindest wenn man sich hauptsächlich großen Titeln widmet. Ich habe Freunde, die AAA-Spiele wechseln, wie andere Leute Unterwäsche).

    Da stellt sich Entwicklern doch die Frage: Lohnt es sich überhaupt, umfangreiche Spiele zu kreieren, wenn viele Spieler sich nicht (ausgiebig) mit dem Content beschäftigen?
    Kurze Spiele kommen relativ angenehm daher. Je nach Freizeitpensum und länge des Werks beschäftigt man sich einen Tag oder einige Tage mit ihnen, folgt der Handlung über einen relativ kurzen Zeitrahmen und durchlebt alle Teile der Geschichte von Anfang bis Schluss. Problem ist nur, dass man u.U. das Gefühl hat, nicht genug für sein Geld bekommen zu haben. "War das jetzt schon alles?", fragt man sich dann.
    Längere Spiele sind anstrengender. Da gibt es eine Mission, dort eine Quest, da einen NPC, der was von einem will, da einen Ort, den man noch nicht entdeckt hat, da hinten ein Geheimnis, von dem man im Internet gelesen hat, und und und... Man investiert (wenn einem das Spiel gefällt) Unmengen an Zeit, ackert Nebenquests ab und hat trotzdem noch etwa 380 Spielstunden vor sich (danke Fallout). Klar kann man sich den ganzen Nebenkruscht sparen und sich nur auf die Hauptquest beschränken, aber immerhin hat man Dank großem Umfang wenigstens was für sein Geld (Zumindest kommt das einem so vor).
    Natürlich ist Abwechslung im Spielumfang echt cool, aber ich muss gestehen, dass ich bei Fallout 4 mehr das Gefühl habe, gut investiert zu haben, als z.B. bei The Order 1886, das ja relativ kurz daher kommt. Da kann die Grafik noch so schön sein und die Ladezeiten noch so kurz, der Kauf von Fallout 4 hat sich trotzdem irgendwie mehr gelohnt.

    Es gibt zwei Arten von Menschen: Die, die, einmal angefangen, alles bis zum Ende durchziehen, sei es nun ein öder Film, ein langweiliges Buch oder ein nerviges Game, einfach weil sie wissen müssen, wie es ausgeht, oder die, die kein Problem damit haben, Uninteressantes beiseite zu legen und sich neuen, spannenderen und spaßigeren Dingen zu widmen. Diese Typen können sich auch je nach Medium mischen.

    Entwickler stecken Mühe und Ideen in die Konstruktion und Präsentation ihrer Produktionen. Videospiele sind (meistens) narrative Werke, die dem klassischen Aufbau und einer Storyline folgen; sie haben Anfang, Mitte und Schluss. Einige Spieler kriegen aber nur den ersten, wahrscheinlich noch den zweiten Teil mit, nicht jedoch das Ende. Natürlich muss man sich nicht zu Sachen zwingen, die einem keinen Spaß machen, aber in einigen Fällen ist es auch schade, dass man so schnell das Interesse verliert.
    Aber stecken Entwickler dann noch viel Energie ins Ende? Gerade dem Schluss kommt häufig noch einmal eine besondere Bedeutung bei.
    Ein beliebtes und gängiges Mittel, um das Finale einzuläuten, ist der große Bosskampf, auf den man das ganze Spiel über hinarbeitet und hinfiebert. Dieser Spannungsbogen funktioniert aber nur wenn man am Ball bleibt und den Spaß bzw. das Interesse zwischendrin nicht verliert.
    Der Schluss des Handlungsbogen hat hingegen seine ganz eigene Bedeutung für das Spiel. Immerhin schließt er das Angefangene und die Story, der man (in geschichtslastigen Spielen) so lange gefolgt ist, ab. Im besten Fall fulminant, hoffentlich befriedigend, ab und zu leider auch mal schlecht oder gar richtig schlecht. Das Ende kann noch mal viel rausreißen (zumindest in Bezug auf die Story; ein Game, dessen Design, Pacing und/oder Setting nervt, kann auch mit gutem Ende nicht punkten), oft ist es das, was uns noch danach klar in Erinnerung bleibt. Ein schlechtes Finale kann eine sonst gute Geschichte nach unten ziehen, ein gutes Ende kann eine eher mittelmäßige Handlung aufwerten.
    Schade nur, dass nicht alle bis dahin durchhalten. Aber vielleicht ist das dann auch eine Belohnung für diejenigen, die sich bis zum bitteren Ende durchkämpfen und Blut, Schweiß und Tränen vergießen, bis sie es letztendlich geschafft haben. Oder eine Strafe, je nachdem, wie einem der Schluss gefällt. Aber das ist ja wieder eine subjektive Sache.
    Es muss einem ja auch nicht alles gefallen und warum sollte man sich mit Dingen herumschlagen, die einem keine Freude bereiten?
    Das kann man so oder so sehen. Erklärungen, Gründe und Sichtweisen gibt es viele. Die Einen halten bis zum Ende durch, die anderen haben keine Lust mehr. Das Eine ist okay, das andere auch. Zeit ist immerhin Geld.

    In diesem Sinne - für all jene, die diesen Eintrag bis zum Ende durchgehalten haben - ich habe fertig. :D

    Über den Autor

    8Lisa91
    Schreiben, Kino, Games&Medien, Kultur

Kommentare

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  1. Bakefish
    Dann gehöre ich wohl zu der Klasse, die alles bis zum Ende durchhaben muss. ^^
    Warum? Nun, ich bin der Ansicht, dass man erst dann eine vollständige Kritik zu irgendeiner Sache abgeben kann, wenn man sie von Anfang bis Ende miterlebt hat. Sei es nun ein Buch, ein Film, ein Spiel, vollkommen egal. Die Kritik hat nicht wirklih Hand noch Fuß, wenn es heißt: "Joa, habs zur Hälfte durch, aber das reicht doch auch!"
    Das war dann aber bei einigen Spielen echt schwer. Doom I fand ich richtig genial. Beim zweiten Teil, den ich heute beendet habe, war nach der Hälfte aber die Luft raus. Warum? Exakt dasselbe Gameplay, nur etwas anders designte Level, eine neue Waffe und eine Handvoll neuer Gegner. Da kann ich es dann gut verstehen, wenn man dann einfach die Lust verliert. Denn man muss sich auch nicht alles antun. Allerdings nehme ich die Kritik dann aber auch weniger ernst als eine, deren Verfasser Anfang bis Ende gesehen hat.
      2 Person(en) gefällt das.
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