Wie versprochen, hats bis zum nächsten Artikel gar nicht mal so lang gedauert. Viel Spaß beim Lesen!
Prodeus - Aufgeputscht gegen Chaos und Quicksaves
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Manche dürften es ja schon mitbekommen haben – ich feiere Shooter. Gerade ältere Titel aus jener Branche tun es mir an. Deren Spielprinzip ist simpel: Ich habe ein paar Knarren, spratze ein paar Gegner weg und fühle mich großartig dabei. Es gibt (oft) keine Open World, kein Skillsystem, kein Leveling oder etwaige Lootingmechaniken. Solche Shooter beschränken sich auf wenige Mechaniken, müssen diese aber umso überzeugender präsentieren.
Entsprechend wurde ich letztes Jahr schnell auf das von Bounding Box Games entwickelte Prodeus aufmerksam, einen Shooter, welcher die vergangenen Zeiten von Doom und Unreal Tournament nur so atmet. Nach dem Testbericht der GameStar war ich überzeugt, griff bei GOG zu und spielte Prodeus mehrfach durch. Gelohnt hat es sich, Prodeus bockt mächtig. Ein Meisterwerk ist es jedoch nicht. Warum das so ist, erfahrt ihr nun im Test.
Irgendwas mit dem Chaos… und… Prodeus?
Schon beim Plot orientiert sich Prodeus an seinen Vorbildern aus den 90ern – und misst der Story nahezu keine Bedeutung bei.
Große Teile des Spiels finden auf einem Asteroiden statt. Hier wurde eine Kolonie errichtet, um wertvolle Rohstoffe abzubauen und gleichzeitig fragwürdige wissenschaftliche Experimente mit Paralleluniversen zu betreiben. Dabei hat man zu fahrlässig mit einer Chaosdimension herumgespielt, sodass deren Einwohner auf den Asteroiden gelangt sind und nichts als Tod und Zerstörung hinterlassen haben. Na, wen erinnert das an einen Spieleklassiker von id Software?
Immer mal wieder warpt das Chaos neue Feinde vor meinen Lauf. Was genau das alles bedeutet, bleibt jedoch unklar.
Dann gibt es aber noch das mysteriöse Prodeus, eine weitere Macht, welche im Krieg mit dem Chaos liegt, teilweise gar in der Lage ist, jenes Chaos zu kontrollieren. Und ich als ehemaliger Agent des Prodeus befinde mich mittendrin.
Mehr kann man zum Plot eigentlich nicht sagen. Es gibt keine Storysequenzen, keine Cutscenes, gar nichts. Die einzigen kleinen Plotinfos sind auf Infotafeln in manchen Leveln zu finden. So hält sich die Story maximal zurück und das Spiel kann sich aufs Wesentliche fokussieren. An sich ist das nicht schlecht, doch es gibt doch ein paar offene Fragen, welche niemals beantwortet werden. Was ist dieses Prodeus eigentlich? Wer bin ich, als Spielfigur? Warum bekämpfe ich sowohl das Chaos als auch Prodeus? Während Vorbilder wie Doom zumindest klare Grenzen gesteckt haben (die Hölle selbst als Gegner, ich als namenloser Marine), tut Prodeus nicht mal das. Damit ist das Spiel in meinen Augen etwas über sein Ziel hinausgeschossen. Es wäre kein großer Aufwand gewesen, zumindest diese wichtigen Plotpoints in kurzen Infotafeln zu klären. So will mir das Spiel vermitteln, dass sein Plot eigentlich total unwichtig sei, gibt dann aber immer wieder Hinweise aufs Gegenteil. Ja was denn nun? Entscheidet euch!
Boom Boom Boom, ich bring euch alle um!
Gehaltvoller wirds beim Gameplay. Und Junge, packt Prodeus hier aus.
Sein Grundprinzip ist genauso, wie man es von einem linearen Shooter der alten Schule kennt und erwartet: Ich bewege mich durch lineare Level, bratze dabei einen Haufen von Gegnern mit verschiedenen Knarren weg und suche dabei Secrets und diverse Goodies.
Doch Junge, macht Prodeus das gut. Das geht bei den Waffen los. Mit einer Pistole angefangen, gibts schon bald die erste Shotgun, dann Akimbo-Maschinenpistolen, ein Plasmagewehr und und und. Jede Knarre besitzt einen Alternativfeuermodus – beim Plasmagewehr kann ich einen Punkt fixieren und die Projektile dorthin lenken, der Chaosrevolver schießt, so schnell ich den Abzug betätige, dafür aber wesentlich ungenauer. Vieles kennt man bereits von anderen Shootern, doch manche Features sind neu und spielen sich angenehm frisch. Eines haben jedoch (fast) alle Knarren gemeinsam: Sie sind nicht nur gut ins Spiel integriert und weisen klare Stärken und Schwächen auf. Sie fühlen sich einfach geil an. Es bockt einfach, mit der Minigun durch einen Gang zu stürmen und alles wegzuspratzen, was mir im Weg steht. Es ist der Hammer, den Schwarmraketenwerfer auszupacken und in kürzester Zeit zahllose Gegner auf einmal in rote Pixelgrütze zu verwandeln. Das Gunplay ist famos und jede Waffe macht genau den Schaden, den sie machen soll.
Die Schrotflinte ist hervorragend dazu geeignet, einfaches Fußvolk zu pulversieren. Klassiker.
Als Ausgleich schmeißt Prodeus mir eine immer größere Palette an verschiedensten Gegnern zu. Angefangen bei simplen Zombies, gibts schon bald Dämonen, welche mich mit Feuerbällen beharken, fliegende, Energiestöße spuckende Monster, große Hulks stürmen auf mich zu. Die Gegner erinnern stark an Imp, Pinky oder Cacodemon. Doch vor allem im späteren Spielverlauf, wenn ich gegen die Mächte des Prodeus kämpfen muss, wartet das Spiel mit neuen und ungemütlichen Gegnertypen auf. Auch deutlich stärkere, zwischenbossartige Monster warten auf. Es wird nie langweilig, nie bekommt man das Gefühl, dass es nichts Neues mehr gibt. Auch das generelle Monsterdesign ist durchdacht. Jeder Gegner hat klare Stärken und Schwächen, teilt mehr oder weniger aus, steckt mehr oder weniger ein. Man merkt, dass das Spiel mit viel Communityinput entwickelt wurde und viel Zeit in das Ausbalancieren zwischen Waffen und Gegnern geflossen ist.
Auch vom Leveldesign her ist Vieles bekannt: Zwar gibt es immer eine klare, vorgegebene Richtung. Doch Umwege gibt es trotzdem. Diese abzugrasen lohnt sich, denn hier finde ich Gesundheitspacks (HP-Regeneration gibts nämlich nicht), Rüstung oder Munition. Hin und wieder entdecke ich auf diesen Umwegen Secrets. So weit, so gewohnt.
Einen Hauch von Moderne darfs trotzdem geben
Oft gibt es in Geheimarealen, manchmal auch in Hauptabschnitten, sogenannte Erze. Diese Erze tausche ich in spielinternen Shops gegen neue Items, seien das Waffen oder neue Mechaniken wie ein Doppelsprung oder Dash.
Ohne diese Erzherzen (was für ein dummes Wort...) läuft in Prodeus gar nix.
Diese Mechanik hat ihre Vor-, aber auch Nachteile. Einerseits ermuntert mich Prodeus so, Level genau abzugrasen, um wirklich jedes Erz mitzunehmen, anstatt dumm durchzustürmen. Die Geheimareale bekommen so einen wichtigen Nutzen, anstatt einfach nur geheim zu sein. Andererseits finde ich es etwas befremdlich, dass ich grundlegende Mechaniken wie einen Doppelsprung erst bekomme, wenn ich genug von solchen Erzen gefunden habe. Man darf nicht ausblenden: Wenn ich nicht alle Erze finde, kann ich auch nicht alle Items aus dem Shop erwerben. Wenn ich immer mal wieder ein Artefakt übersehe, kann ich mir also nicht alle Knarren oder sonstigen Funktionen kaufen. Ich hätte es besser gefunden, wenn Doppelsprung, Dash etc. gleich von Anfang an vorhanden gewesen wären und man nur die Waffen käuflich erwerben müsste.
Weiterhin präsentiert mir Prodeus einen Loadout-Bildschirm, welchen ich im Spiel aufrufen kann. Dieser zeigt mir alle Waffen an, welche ich bisher besitze und was ich bisher noch erworben habe. Ich sehe den Sinn hinter diesem Bildschirm jedoch nicht, zumal ich alle Waffen gleichzeitig tragen und auch beim Kämpfen selbst sehen kann, welche Funktionalitäten ich bereits besitze. Ich werde hier das Gefühl nicht los, dass Prodeus eine Funktionalität suggerieren möchte, welche eigentlich nicht existiert.
Selbst mit diesem Grafikstil ist der Goregehalt nicht von schlechten Eltern!
Gab es kein Autosave-Paket?
Prodeus wird von der Unity Engine befeuert. Die Grafik ist ganz bewusst an Shooter aus den 90ern angelehnt. Der Detailgrad der Levelgeometrie ist klein, Texturen bewusst grob aufgelöst, Gegner und auch meine Waffen werden als 2D-Sprites dargestellt. Für die Gegnerdarstellung kann man diese Option ausstellen, für die Ego-Ansicht soll die entsprechende Option noch folgen. [1]
Doch auch, wenn der Grafikstil so alt wirkt, ist er trotzdem stimmig. Die Farbpalette ist großartig gewählt, vom bedrohlichen Dunkelorange der Chaosmächte zum kalt-weiß-türkisen Look des Prodeus. Auch die Levelausleuchtung ist überzeugend, Explosionen sehen fetzig aus und der Goregehalt ist trotz reduzierten Grafikdetails saftig. Somit wirkt Prodeus zwar altmodisch, aber niemals altbacken. Auch die Systemanforderungen sind superniedrig, mit einem doch ziemlich in die Jahre gekommenen i7-6700k sowie einer Geforce GTX 1070 konnte ich das Spiel problemlos in höchsten Einstellungen bei 60fps in FullHD spielen. Generell läuft Prodeus sehr stabil, von ein oder zwei Glitches einmal abgesehen hatte ich keinerlei Bugs im Spiel.
Gerade in offenen Levelarealen kommt der altmodische, aber trotzdem stylische Grafikstil gut zur Geltung.
Die Soundkulisse ist ebenfalls überzeugend. Monster fauchen, kreischen, brüllen oder fiepsen, die Waffen brummen, knallen, blasten was das Zeug hält. Der Soundtrack ist richtig fetzig, Prodeus umschmeichelt meine Ohren mit feinstem Metal und treibt die Intensität jedes Kampfes auf die Spitze. Mit Andrew Hulshult, welcher auch den Soundtrack zu „The Ancient Gods“ von Doom Eternal komponierte, hat man hier einen sehr fähigen Composer an Bord geholt.
Doch an einer Sache kränkt das Spiel. Leider ist das eine recht große Sache, nämlich das Speichersystem. Prodeus nutzt weder freies Speichern noch irgendwelche Autosaves, stattdessen finde ich im Spiel sogenannte „Nexus Points“, zu welchen ich bei Ableben meiner Figur zurückgesetzt werde. Meine Gesundheit wird dann komplett wiederhergestellt, der Kampf geht jedoch ganz normal weiter. Wenn ich gestorben bin, renne ich also einfach vom nächsten Nexus Point aus wieder in den Kampf – und dasa so lange, bis alle Gegner tot sind. Somit hat mein Tod praktisch keine Konsequenzen, ich kann einfach normal weiterspielen. Das nimmt dem Spiel in meinen Augen jeglichen Anspruch. Dabei sind die Schwierigkeitsgrade an sich so gut ausbalanciert worden! Auf einfacheren Stufen kommen Neulinge gut zurecht, wohingegen auf den höchsten Schwierigkeitsgraden selbst Veteranen ordentlich leiden dürfen. Doch die Nexus Points machen Vieles davon wieder kaputt.
Ich habe mir deshalb beim zweiten Durchlauf selbst die Challenge gesetzt, nach jedem Ableben das entsprechende Level neuzustarten. Und siehe da – plötzlich hat sich der Thrill beim Spielen deutlich erhöht. Immerhin: Laut den Devs ist ein freies Speichern geplant [2], vielleicht wird hier in Zukunft also mit einem Patch nachgeholfen.
Fazit
Für einen Durchlauf des Spiels benötigt man ca. fünf bis sechs Stunden. Nicht sehr viel Zeit, für manche vielleicht etwas zu kurz, doch dafür wird man bestens unterhalten. Prodeus serviert mir knackige Action, geiles Gunplay, cool designte Gegner und durchdacht erbaute Level. Der Soundtrack fetzt, das Suchen nach Geheimnissen macht Spaß. Genau das erwarte ich von einem Shooter der alten Schule! Kleinere Schwächen wie eine zu große Abhängigkeit vom Suchen nach Erzen kann man verkraften. Das einzige wirkliche Manko ist das undurchdachte Speichersystem.
Wenn ihr es jedoch handhabt wie ich und beispielsweise den Level neustartet, macht ihr jedoch ganz schnell eine Challenge aus dem Spiel und dann bockt es erst richtig. Und für 25 Euro auf GOG macht man als Fan von Games der alten Schule nicht viel falsch.
Ich bin jedenfalls gespannt auf noch kommende Updates und vor allem das bevorstehende Add-On „The Elder Veil“. Denn dieses werde ich auf jeden Fall kaufen, wenn es erscheint.
Endwertung: 85/100 Punkten
Pro:
+ Satte, krachende Action
+ Ein hammermäßiges Gunplay
+ Gut designte und ausbalancierte Waffen und Gegner
+ Durchdachte Level voller Secrets
+ Geiler Metalsoundtrack
+ Cooler, unikater und abwechslungsreicher Grafikstil
Contra:
- Speichersystem macht Spiel viel zu einfach
- Zu starke Abhängigkeit vom Suchen nach Erzen
- Story lässt viele offene Fragen
Weitere Informationen:
Spielzeit: 11,5 Stunden (zwei Durchläufe, ca. fünf Stunden beim ersten, ca. sechseinhalb Stunden beim zweiten)
Bugs: Keine
Quellen:
[1] https://www.youtube.com/watch?v=L5Xcb9Tqau8
[2] https://www.youtube.com/watch?v=EP5PY434v1U
(Die verwendeten Screenshots wurden von der GameStar-Seite selbst bezogen)Über den Autor
Moinsen, ich bin der Bakefish und Community-Moderator. Abgesehen davon fleißiger Rezensent und Typ mit privatem Leben, über das ich garantiert nix in dieser Angabe schreiben werde.
Diese Angabe ist sowieso sinnlos und auch optional. Insofern hätte ich den oberen Absatz nicht schreiben müssen. Und das hier auch nicht. Lest ihr das immer noch? Hört auf damit und lest meine Blogbeiträge!11elf!
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