Rambo ein Rabauke?!?

Von Historygamer · 3. September 2015 · Aktualisiert am 3. September 2015 ·
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  1. Gerade ist Metal Gear Solid V: The Phantom Pain erschienen und in allen Tests stehen wieder Sachen wie "Entscheide dich, ob du wie Rambo reinmarschierst oder alle leise in Stealth-Manier ausschaltest". Aber stimmt die allgemeine Meinung, die über den ehemaligen Green Beret herrscht?




    Ganz klar: Nein. John James Rambo (wie er mit vollem Namen heißt) ist eigentlich das Gegenteil davon, was alle von ihm denken. Um dies zu veranschaulichen, gehen wir einmal die Filme durch (Spoiler!):

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    First Blood (1981)

    Rambo ist Vietnamveteran und will eigentlich nur einen alten Kriegskameraden besuchen. Nach dem wenig erfolgreichen Besuch möchte er in der Kleinstadt Hope eigentlich nur was essen, wird aber vom Sheriff persönlich der Stadt verwiesen, da er in Rambo nur einen Landstreicher sieht. Sturkopf John lässt das aber nicht auf sich sitzen und will zurück in die Stadt, da er wird er vom Sheriff verhaftet. Im Polizeirevier kommen böse Erinnerungen an die Zeit in Vietnam wieder hoch und er flüchtet in die Wälder. Nur mit einem Messer schafft er es dann, dort zu überleben. Er stellt den Polizisten Fallen, doch töten? Nein, er tötet keinen einzigen. Selbst als die Nationalgarde eingeschaltet wird, verteidigt er sich nur und tötet genau 0 Menschen. Doch er kann auch anders, wie sein ehemaliger Befehlshaber und Freund Col. Trautman sagt:"Was sie Hölle nennen, nennt er sein Zuhause" oder "Wollen sie einen Krieg, den sie nicht gewinnen können?". Aus Rache verwüstet Rambo am Ende die Kleinstadt Hope mit einer M60, doch immer aus der Dunkelheit heraus, nie offen im Kampf. Am Ende kommt heraus, dass nicht er der Übeltäter von alledem war, sondern das, was die amerikanische Gesellschaft aus ihm gemacht hat. Ach ja, im ganzen Film stirbt nur eine einzige Person und das war auch nur ein Unfall.

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    First Blood Part II (1985)

    Rambo ist wegen seiner Taten im Gefängnis gelandet, doch sein Freund Trautman bietet ihm an, einen Auftrag in Südostasien durchzuführen: Bestätigung von US-amerikanischen Kriegsgefangenen in Vietnam. Dabei würde auch einen Begnadigung für ihn herausspringen, also nimmt er an. In Thailand wird er vom Bürokraten Murdock erwartet, der ihn instruiert, nur Fotos zu machen. KEIN Feindkontakt. Doch erkennt er ziemlich schnell, dass Murdock ein Lügner ist, der nur die Interessen des Kongresses durchbringen möchte (alle Informationen zu Kriegsgefangenen werden vernichtet und die ganze Affäre geleugnet). In Vietnam angekommen trifft er sich ziemlich schnell mit seiner Kontaktperson Co Bao, mit der er sich an Bord eine Piratenschiffs in die Nähe des nächsten Außenpostens der NVA begibt. Entgegen seiner Befehle tötet er einige Soldaten im Außenposten, doch nicht mit Maschinengewehr in einer und Raketenwerfer in der anderen Hand. Nein, er benutzt einen Bogen, lautlos. Er befreit einen Gefangenen und trifft zur richtigen Zeit am Abholpunkt ein, der Helikopter ist nur ein paar Meter über ihm, doch dreht dieser wieder ab, da man zwar Fotos verschwinden lassen kann, doch ein Mensch nicht so leicht zu beseitigen ist. Rambo wird von der NVA gefangen genommen und von lokalen Spetsnaz-Kommandeur gefoltert. Er kann sich aber mit Hilfe von Co Bao befreien, doch wird sie getötet, nachdem sich die beiden näher gekommen sind. Von da an beginnt wieder seine Jagd, allerdings nur mit Messer und Bogen, Stealth pur. Nur am Ende benutzt er wieder eine M60, allerdings nur, weil sie praktischerweise auf dem Heli montiert war, den er flog. In der letzten Szene erklärt er, dass er nur wolle, was alle anderen in Vietnam auch wollten: Dass sein Land ihn genauso liebt, wie er es liebt. Ziemlich patriotisch, aber ja...

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    Rambo III (1988)

    Rambo lebt bei Mönchen in Thailand und wird von Trautman kontaktiert, da er seine Hilfe in Afghanistan brauchte, um die lokalen Mudschaheddin gegen die russische Besatzung zu unterstützen. Rambo verneint, sodass Trautman alleine gehen muss, jedoch von den Russen gefangen genommen wird (an alle MGS V Spieler, klingelts?). Rambo holt ihn raus, mithilfe von einem Dolmetscher, einem Kindersoldaten und...ach ja, blauem Licht. Er schleicht zur Basis, versteckt sich unter einem Panzer blablabla eben alles, was Snake auch tut. Keine Spur von CoD Manier, wo man mit geschätzten 5kT TNT reinmarschiert. Nein, alles leise und bedacht. Legendär ist auch seine Bogenjagd in der Höhle, wo sich die Russen quasi gegenseitig erschossen haben (thx blaues Licht!). Am Ende gibt es noch eine größere Schlacht, liegt aber nicht an Rambo, sondern eher daran, dass Russen und Mudschaheddin sehr streitlustig waren ;)

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    Rambo IV lass ich mal außen vor, da es wieder zum gleichen Ergebnis kommen würde: Rambo ist nicht der Rambo, von dem alle glauben, dass er ist, sondern er ist wirklich sehr gut mit dem Snake zu vergleichen, wie in Hideo Kojima einst (wahrscheinlich nach Rambos Vorbild, man sehe sich nur mal Roy Campbell und Col. Trautman an) geschaffen hat.

Kommentare

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  1. TheVG
    Differenziert wird bei Rambo ja schon lange nicht mehr, weil er schnell zum Actionhelden mit Krawummfaktor hochstilisiert wurde. Es hat sich auch heute nichts an der Wahrnehmung der Kino- und Spielefreaks geändert: die Dinge oder Leute, die am meisten Krach machen, werden eher Beachtung finden als die, die subtil und leise vorgehen. Könnte man also durchaus als gesellschaftliches Thema übergreifen. Da hört man auch denjenigen zu, die laut sind. Die subtilen Charaktere, die vielleicht inhaltlich mehr zu sagen haben, nimmt man dabei gar nicht wahr.
  2. Historygamer
    @Agarack ich hab auch das Buch zu First Blood gelesen und finde auch, dass Rambo dort ein KOMPLETT anderer ist, als im Film. Würden die ganzen Leute,die den Ausdruck "Rambo" für den wildumherschießenden Typ etc. dieses Synonym benutzen, weil sie das Buch gelesen haben, würde schon mehr Wahrheit da dran sein. Weil aber so gut wie niemand das Buch gelesen hat, hab ich das rausgelassen ;)
  3. Einkaufswagen
    Und er stirbt am Ende sogar - aber da die Rolle auf Wunsch Stallones geändert wurde und somit der erste Film wiederum nichts mehr mit der Buchvorlage gemein hat, ging ich zumindest in meinem Beitrag auch gar nicht erst darauf ein ;)
  4. Agarack
    Ich schließe mich Yeager an, aber:
    Was der Blogeintrag ignoriert, ist, dass "First Blood", der erste Rambo-Film, auf einem Buch basiert:
    https://de.wikipedia.org/wiki/First_Blood_%28Roman%29
    Der ursprüngliche John Rambo ist im Wesentlichen ein traumatisierter Wahnsinniger, der nach seiner widerrechtlichen Gefangennahme wahllos und kaltblütig Massen von Leuten abschlachtet und nicht gerade heldenhaft dargestellt wird. Abgesehen davon: Ist es wirklich relevant, ob Rambo nun offen oder aus der Deckung heraus Leute schlachtet? Wirft die ganze Handlung nicht viel interessantere Fragen auf?
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  5. Einkaufswagen
    Die Figur des John Rambo aus First Blood hat m.M.n. nicht wirklich etwas mit der aus den nachfolgenden Filmen zu tun.

    War er im ersten Film noch der lebende Pranger für die amerikanische Gesellschaft, welche sich selbst zwar zu fein war, den "Dreck zu fressen" (wie es in Platoon heißt), für "ihre Freiheit" Menschen wie Rambo aber dennoch genau das abverlangte.

    First Blood wollte ausdrücken, dass das Trauma Vietnam kein "Amerikanisches Trauma" ist (wie es gerne dargestellt wird), sondern eines der Leute (und NUR der Leute) die dort gekämpft haben oder gar gestorben sind - Leuten wie Rambo. Derer, die als Heimkehrer irgendwie damit fertig werden mussten und müssen, das alles was sie jahrelang hatten, nämlich Ihre Kameraden, sich zerfetzt vor ihnen ausbreitet. Dass das Land, für dessen Freiheit sie alles geopfert haben, sie im Stich lässt und wegwirft Dreck. Das sie zwar gut genug dafür waren, den Kopf hinzuhalten um das amerikanische im "Amerikanischen Trauma" zu rechtfertigen, aber danach doch bitte bloß nicht heimkommen sollten, da man sie zuhause nicht mehr wollte. Das sie, egal was sie für ihr Land geleistet haben und gleich, wie sehr sie sich versuchen in der Heimat nach all dem Gräuel wieder einzufinden, von Amerika nicht mehr gewollt werden.

    Das machte den ersten Film für mich zu einem Meisterwerk, welches sich nicht hinter Platoon oder andern sog. "Antikriegsfilmen" verstecken muss, bloß weil es "nur" den "Krieg nach dem eigentlich Krieg" zeigt.

    Alle Filme die danach kamen, machten sich die gewonnene Popularität der Figur dann nur noch zu nutze um möglichst effektreich darzustellen, was passiert, wenn man sich mit der Allmacht Amerika anlegt. Schade. Für mich gibt es daher nur einen Rambo - und das ist die tragische Figur aus First Blood, die mir bei jedem sehen aufs neue leid tut :/

    ...und genau DAS trifft auf First Blood eben nicht zu. Aber die vorherrschende Meinung über die Figur baut eben nunmal nicht auf dem ersten Film auf, sondern auf dem Actionern die danach lediglich noch Kasse machen sollten...
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  6. HAL9000
    Lustig, genau darüber habe ich kürzlich im selben Kontext auch nachgedacht. Schön geschrieben, Daumen hoch.
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  7. Coolstyle
    Bei Rambo erinnere ich mich immer an die Endszene von Rambo 2 wo er aus Wut das ganze Equipment zerschießt, diese Rage und sein Gesichtsausdruck hat den 'Begriff' definiert. Generell diese unlimited Ammo MG Szenen wo Sly so schön die Fratze macht, haben sicher dazu beigetragen.

    Als Rambo seh ich persönlich auch nicht umbedingt nur agressives Verhalten, Rambo bedeutet für mich auch, man ist in der Lage gegen eine Übermacht zu bestehen.

    Aber im Grunde hast du Recht er hatte schon viel Stealth dabei, aber wenns ans Ballern ging kam eben der "RAMBO" durch. Die Rage wird fokusiert, eins mit dem Ziel werden :]
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  8. syntax error
    Rambo hat es geschafft in den deutschen Sprachgebrauch aufgenommen zu werden. Alleine dafür gebührt der Figur bzw dem Erfinder Respekt. Sich "wie Rambo" verhalten versteht jeder. Auch wenn man die Filme nicht kennt weiß man was gemeint ist.
    In gewissem Sinne tut man der Figur unrecht, das stimmt. Aber es gibt in jedem der Filme mindestens eine oder mehrere Szenen die typisch "Rambo" sind wie man sich das so vorstellt und die sind im Gedächtnis hängengeblieben.

    Und der erste Film ist wirklich großartig. Teil 2 und 3 waren bloß tolle Actionfilme mit guter Unterhaltung aber zweifelhafter Aussage. Teil 4 möchte ich vergessen, ich fand den furchtbar. Ein Splatterfilm ohne Sinn und nicht mal unfreiwilliger Humor wie in Teil 3.

    Yaeger hat sicher recht mit seiner Analyse aber ich bin nicht sicher ob es so einen tiefsinnigen Grund hat dass sich der Begriff "Rambo" so etabliert hat im Sprachgebrauch. Ich denke es sind einfach die paar übertriebenen martialischen Szenen in denen "einer gegen alle" kämpft die im Gedächtnis hängen geblieben sind.
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  9. Historygamer
    @Bellasinya
    Das mit der amerikanischen Gesellschaft...er wurde für den Krieg von AMERIKA eingezogen, er durfte nichts essen in einer AMERIKANISCHEN Stadt, die AMERIKANISCHE Bürokratie wollte ihn in Vietnam verrecken lassen, AMERIKANISCHE Geheimdienste zwangen seinen Freund Trautman zu der Operation in Afghanistan. Also meiner Meinung nach hat Amerika schon etwas damit zu tun...
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  10. Historygamer
    Danke Yeager, natürlich stimmt alles, was du in deinem Kommentar gesagt hast, ich stimme dir vollkommen zu. Doch was ich in meinem Blog anprangern wollte, war nicht die komplette Sichtweise auf Krieg usw. sondern nur das, worauf Rambo immer reduziert wird. Die laute Kriegsmaschine. Denn er ist das nicht. Er ist zweifellos geboren um zu töten, doch mit Stealth-Methoden, nicht zwingend mit MG. Und genau darum geht es mir. Dass der laute Weg in Videospielen nicht als "Rambo-Variante" dargestellt wird, da dass einfach nicht stimmt.
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