Satire: Die Zukunft der Spielehelden

Von TheVG · 14. Mai 2016 · Aktualisiert am 14. Mai 2016 ·
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  1. Wir lieben sie, sie sind unsere Helden. Für das, was sie sind, was sie tun, und doch hält unsere Begeisterung nur für den Moment stand – ist das Spiel vorbei, friert auch quasi unsere Heldenfigur ein und befindet sich im Abrufmodus. Wie würde es denn aussehen, wenn sie ihr Leben ohne unser Wissen weiterleben würden? Schauen wir also in die Zukunft und sehen, wie ihnen bald geschehen wird. Auch wenn das teils mit Klischees behaftet sein mag – lasst uns einen Blick in die Glaskugel wagen...



    Half-Life

    Gordon Freeman hat die Menschheit gerettet und die Combine vertrieben. Alyx hatte dabei nie von ihm abgelassen, so dass sie bald danach heiraten und sich ihre Brötchen als Motivationscoaches verdienen. Gordon stirbt im Alter von 89 Jahren, als er in einem Anfall von nostalgischen Anwandlungen seinen HEV-Suit aus dem Dachboden kramt und ihn anprobiert, durch das Gewicht des Anzugs jedoch die Leiter herunterfällt und sich das Genick bricht. Alyx findet ihn nach dem Einkaufen leblos im Flur ihres Hauses, beugt sich völlig aufgelöst zu ihm herunter und ruft verzweifelt: „Gordon! Bitte! Sprich zu mir!"



    Assassins Creed

    Dass Altair fit wie ein Turnschuh ist, wissen wir nicht erst seit gestern. Er wird auch später noch seine Kraxeleien auf hohe Türme durchführen, dafür hat er seine Technik zu sehr im Griff. Leider wird der Meuchelmörder als Opa so seine Probleme bekommen. Sein Hausarzt stellt Gelenkverschleiß und Muskelprobleme fest, verordnet seinem Patienten Bettruhe, doch der kann es natürlich nicht sein lassen und versucht sich immer noch an Gebilden und Gebäuden, bis sein Astralkörper die Belastung nicht mehr mitmacht. Man erwischt ihn eines Morgens dabei, wie er auf allen Vieren die Treppen zum Altersheim erklimmt und dann wieder herunterspringt – zu blöd, dass unten kein Heuwagen bereitsteht... Seitdem klettert er mühsam am Haltegriff des Krankenhausbettes empor, scheitert aber regelmäßig an der resoluten Krankenschwester.



    Monkey Island

    Irgendwann ist auch mal Schluss mit der Geisterjagd, Guybrush Sheepgood... äh... Threepwood versucht sich Jahre später tatsächlich als richtiger Pirat. Leider ist das nicht von Erfolg gekrönt. Seine Beutezüge sind mehr als dürftig, und wenn er mal ein Schiff entert, schickt er sich selbst anstatt die gegnerische Besatzung über die Planken, weil er unbedingt jedem beweisen will, dass er zehn Minuten die Luft anhalten kann. Also versucht er sich anschließend als Comedian – erst alleine, dann mit dem Schädel Murray als Sidekick. Doch wirft er auch hier bald das Handtuch, weil ihm Murray andauernd die Show stiehlt.



    Duke Nukem

    Unser Lieblingsproll ist die coolste Socke auf dem Spieleplaneten, doch diesen Mythos wird er in Zukunft schnell verlieren. Da er nicht mehr in diese Dramenwelt zu passen scheint und ihm die Jobs ausgehen, wird er bald Hartz IV-Empfänger, bekommt eine dicke Plauze und muss sich mit Gelegenheitsjobs wie Staplerfahrer durchboxen. Doch kann er in der Arbeitswelt nicht mehr Fuß fassen. Ständig fällt er auf, wie er etwa als Kurierfahrer über selbstgebaute Rampen brettert, hübschen Frauen nachstellt und Kollegen mit seinen Anekdoten über Dr. Proton nervt. Er muss sich bald vor Gericht verantworten, nachdem ihm hunderte Klagen wegen sexueller Nötigung, gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr und Verleumdung angelastet werden. Er wird neben einer saftigen Bewährungsstrafe zu Rhetorikseminaren und einem Praktikum bei Alice Schwarzer verdonnert.



    Tomb Raider

    Was hat denn unser liebstes Busenwunder schon alles ertragen müssen, seit sie auf der Bildfläche erschienen war? Die Augen millionenfach auf ihre zwei größten Eigenschaften gerichtet (ich meine natürlich ihre Kletterfähigkeiten und Rätselkünste), dann noch ein paar komische Berliner, die sich musikalisch über sie lustig machten – um nur diese zu nennen. Später wird sie ihren Job als Archäologin an den Nagel hängen und sich dem Feminismus verschreiben. Als Botschafterin für die Weiblichkeit tritt sie das Erbe von Alice Schwarzer an. Sie trifft dabei Duke Nukem, der sichtlich angespannt auf ihre Öcken starrt. Sie scheitert jedoch grandios an ihrer Aufgabe, als sie auf einer Tour durch Indien ständig von Männern angegafft und begrapscht wird. Also wird sie entmutigt bis ins Rentenalter als BH-Model herhalten. Uns freut´s natürlich...



    Splinter Cell

    Was Sam Fisher in Zukunft so treiben wird, weiß niemand so recht. Der Experte im Tarnen hat wohl vor kurzem entschieden, seinen Job ein bisschen zu ernst zu nehmen, verschwand während eines Einsatzes in einer dunklen Ecke und ward nie wieder gesehen. In den Rocky Mountains dachte man letztens, ihn gefunden zu haben, doch die grünen Leuchtflecken stellten sich als Glühwürmchen heraus. Man wird ihn in einigen Jahren jedoch ausfindig machen: Ein C.I.A.-Agent stiehlt sich auf dem Gelände des Hauptquartiers in Langley in eine ruhige Ecke, um sich zu erleichtern und entdeckt dabei ein Skelett mit Nachtsichtbrille über dem Schädel.



    Counter Strike

    Die Generation Videospiele ist erwachsen geworden, doch hat sich jemand schon Gedanken darüber gemacht, wie sie sich in 40 Jahren sieht? Wagen wir also auf einen Ausblick auf den Clan „MummyClubShooters“ (MCS), der sich einmal im Monat zu Counter Strike-Sessions treffen wird. Regelmäßig verzögern sich diese, weil es eben dauert, bis die Spieler mit ihren Rollatoren ihren Platz erreicht haben. Auch in den Runden selbst dauert alles ein bisschen länger: Die Koordination ist nicht mehr dieselbe wie fünfzig Jahre zuvor – dynamisches Gameplay sieht jedenfalls anders aus. Nicht selten werden Runden alleine durch die Zeit beendet, weil manche Terroristen in ihrer Senilität vergessen, was sie überhaupt zu tun haben. Das führt auch öfter dazu, dass Freund und Feind arglos aneinander vorbeilaufen (falsche Brillen eingesteckt), Spielfiguren einfach so herumstehen (die Blase drückt mal wieder, der Wecker für die Tabletten klingelt, falsche Tastenkombi gedrückt) oder sich Haufen von Spielfiguren bilden, weil das gezückte Messer ja eigentlich schon bei Körperkontakt Schaden anrichten sollte (und eben nicht einfach so tut, wenn man die Maustaste nicht drückt). Komischerweise funktionieren die Runden viel besser, als man die selbstgebastelte Map „de_hintergarten“ spielt. Die besteht aus zwei hübschen Häuschen mit Gartenanlage, aus den Spielermodellen hat man spießige Kleinbürger und als Gegenpart deren Nachbarn konzipiert. Die Abschussquote ist erstaunlich hoch, da man als Nachbar den Garten in Schuss halten muss und ständig gekillt wird, weil Teile des eigenen Apfelbaums über den Begrenzungszaun wachsen (da kann kein Opa drüber hinwegsehen)...



    Die Sims

    Einen Helden gibt es in dieser Lebenssimulation ja nicht, aber ein Alter Ego, mit dem man schematisch den Alltag nachspielt. Bisher galt es Arbeit und Freizeit sinnvoll zu füllen, und irgendwann werden die Sims auch für spätere Aktivitäten konzipiert sein. Das „Renten-Add-On“ spielt sich allerdings nicht mehr so abwechslungsreich wie noch die vorherigen Titel. Man wird demnach nur noch Arztbesuche, Krimiabende vor dem TV und Stammtischtreffen nachspielen, und das immer und immer wieder. Der grüne Diamant über den Köpfen der Spielfiguren wird ebenfalls ausgesorgt haben, weil Rentner eben immer etwas zu meckern haben.



    Max Payne

    Was wünscht man einem Menschen, dem nur Schlechtes widerfahren ist? Max Payne hat in den Jahren seit der Ermordung seiner Familie so viele Martyrien durchschritten, dass man ihn am liebsten in bezahlten Dauerurlaub schicken würde. Im dritten Teil wird das ja auch kurz angedeutet, doch was passiert in den Jahren danach? Wird er vollständig rehabilitiert werden? Wird Max in seine Depressionen zurückfallen und wieder für windige Organisationen arbeiten? Wird Max noch mehr gesichtslose Gegner effektvoll über den Jordan schicken? Wird der Verfasser dieser Zeilen irgendwann einmal mit dieser impertinenten Fragerei aufhören?



    Warcraft

    In der Spielereihe lenkt man so viele Helden verschiedener Völker, dass man fast schon den Überblick verlieren kann. Arthas, Thrall, Kel´Thuzad, Tyrande – würde man alle in einen Raum sperren, könnte man auch eine eigene Reality-Soap darüber ins TV bringen und sie „Lordaeron 88112“ oder „Big Brother Battlenet“ nennen. Es würde auch einen Lizenzspiel davon auf den Markt kommen, was ein wenig an „Die Sims“ erinnert. Im Spiel muss man zuerst alle Charaktere so lange anklicken, bis sie genervt reagieren, danach ist die Genervtheit dermaßen hoch, dass sie endlich beginnen, sich gegenseitig anzuzicken. Dazwischen landet die Mondpriesterin mit Arthas im Bett, was man sich natürlich in Night Vision anschauen kann, und Tyrande avanciert zur chauvinistischen Plaudertasche á la Zlatko. Kel´Thuzad wird schnell rausgevotet, weil der ewige Miesmacher der Gruppe die Pest an den Hals wünscht. Das Ende vom Lied: Arthas landet als dubioser Quizmaster bei einem Spartensender á la NeunLive, die Mondpriesterin macht bei einer der späteren „Dschungelcamp“-Staffeln mit, fällt aber völlig aus dem Rahmen, weil sie lieber mit Kakerlaken spricht als sie zu essen. Thrall hat sich zum Sympathiebolzen und Star der Gruppe gemausert und darf sogar im Kino mitwirken. Man bietet ihm eine Hauptrolle an – in „Warcraft 2“.



    Deus Ex

    J.C. Denton, Alex Denton oder Adam Jensen – sie sind alle vom selben Schlag. Sie sind halb Mensch, halb Cyborg, eben augmentierte Fleischlinge. In ihrem aktiven Dienst hatten sie ja noch ihre Gliedmaßen in Bewegung halten können, gut geölt sprangen sie, tarnten sich und ließen ihre Messerchen hervor schnellen. Das alles ist später jedoch nicht mehr so einfach. Die Herren müssen alle zwei Jahre zum TÜV und werden nach einem Abgasskandal auf Diät gesetzt. Später müssen sie beruflich umsatteln und werden Kälteanlagenmonteure, weil ihre einzig überzeugende Referenz das Herumkrabbeln in Klimarohren darstellt. Ein bisschen seltsam ist es dann schon, dass sie die letzten Rohrstücke immer mit drei Enden versehen.



    Hitman

    Der Auftragskiller vor dem Herren hat bekanntlich noch ein Gewissen und taugt später nicht mehr zum lautlosen Meuchelmorden. Also versucht auch er, aus seinen Fähigkeiten und Eigenschaften Kapital zu schlagen und wird Multijobber. In einem Konservatorium darf er als Instrumententechniker arbeiten und hilft oft bei Richard Clayderman aus, wenn sich mal wieder eine Klaviersaite verabschiedet. Seine Anpassungsfähigkeiten kommen einer Disco zugute: Als Security mischt er sich unter die Gäste und säubert den Laden von unerwünschten Rüpeln. Jeder von ihnen wird später berichten, dass ihnen nichts und niemand aufgefallen war – sie wachten nach einem Knockout weit entfernt vom Club auf einem Bürgersteig auf und erklärten sich dies durch Drogen- und Alkoholkonsum. Selbst sein Strichcode ist noch zu etwas nütze. Er lässt sich weitere davon auf den Schädel tätowieren und fungiert als Papierersatz für Sonderartikel im Supermarkt.



    Far Cry

    Vom Hawaiihemdliebhaber haben wir schon lange nichts mehr gehört, weil die Spielereihe mittlerweile ganz andere Helden in ihren Geschichten beherbergte. Jack Carver hat sich nach den Ereignissen auf Mikronesien mit Valerie eingelassen, was jedoch nicht lange anhielt. Als Ex-Soldat kommt Carver beruflich auch nicht auf die Beine, so dass es ihn nach einer emotionalen Talfahrt wieder packt, Einsätze wie im ersten Spiel zu absolvieren. Seine Vorbereitung wird ihn jedoch das Leben kosten – er stirbt an einem Herzinfarkt, als er versucht, sich mit Uwe Bolls Verfilmung wieder in die Materie einzufühlen.



    Watch Dogs

    Aiden Pearce ist bekanntlich ein Ass im Umgang mit seinem Smartphone. Mal schnell eine Ampel umgeschaltet, Computer gehackt oder sonstige Elektronik manipuliert – alles kein Problem für den Hacker to go. In Zukunft muss er jedoch auswandern und landet irgendwo in Deutschland auf ländlichem Gebiet. Dort ist es gar nicht so einfach, sein Smartphone zu seinem eigenen Vorteil einzusetzen. Funklöcher noch und nöcher, und von WLAN hat wohl auch noch niemand etwas gehört. Also muss er sich gezwungenermaßen an Verkehrsregeln halten oder kann nicht mal so einfach seine Steuererklärung online frisieren. Er findet sich dennoch mit seiner Situation ab und lernt, wie man einen Stift benutzt und dass das mittlere Pedal in Kraftfahrzeugen zum Bremsen an einer roten Ampel dient.

Kommentare

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  1. Bellasinya
    Erstmal:

    Wow, cool :D

    Meine persönlichen Favoriten: Deus Ex (Abgasskandal und so) und Splinter Cell. Aber die anderen sind auch allesamt gut.

    Deswegen Daumen Hoch und danke für diesen Text :D
      3 Person(en) gefällt das.
  2. Yeager
    Geniale Idee ! :)

    Aber Einspruch bei Duke:

    Seine Frisur ist jetzt noch schlechter, förmlich zusammen geklappt und er hat zugenommen.
    Ansonsten hat sich nicht viel verändert. Er hält sich immer noch für den Grössten, seine intellektuellen Möglichkeiten passen immer noch auf jede Briefmarke und seine Einstellung zum anderen Geschlecht ist wie eh und je. Sein Weltbild blieb unverändert, das die Welt in die Guten und Coolen (er allein), seine Fans (Frauen) und die Schlechten, Uncoolen und Hässlichen (der Rest) einteilt. Ausserdem hat er weiterhin Großes vor, nämlich Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika zu werden. Um das "Nuke(th)em" endlich mal in die Tat umsetzen zu können.
    Sein grösster Trick dabei: Er hat sich umbenannt.
    Da er aber noch nie etwas von Reden und Schreiben hielt, hat er seinen Nachnamen mangels Kenntnissen falsch geschrieben. Er sollte eigentlich "Triumph" lauten. Er fand, der würde gut zu ihm passen.
    Durch den Fehler wurde aber nur "Trump" draus.
      5 Person(en) gefällt das.
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