Sie will es doch auch!

Von Nick2000 · 28. Juli 2016 · Aktualisiert am 1. August 2016 ·
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  1. Wird unser Frauenbild von der Darstellung weiblicher Charaktere in Computerspielen beeinflusst? Wenn ja, wie wird es beeinflusst? Und ist das überhaupt schlimm?

    Ich bin kürzlich in eine hitzige Diskussion mit drei anderen Usern geraten, die unter einer GS-News zu einem neuen Video von Anita Sarkeesian stattfand. Frau Sarkeesian ist ja bekannt dafür, die sexualisierte Darstellung von Frauen in vielen Computer-/Videospielen zu kritisieren und fragte sich diesmal, warum "female combatants" so selten sind. Frau Sarkeesian wurde in den Kommentaren wie immer heftigst angegriffen und teils beleidigt. Mir ging dabei vor allem auf den Senkel, dass die meisten User überhaupt nicht begriffen haben, dass ihre Kommentare und Beleidigungen vor Frauenfeindlichkeit nur so strotzten. Als sie von der GS gebannt wurden, kamen sie mit anderen nicks zurück und schrien so oft irgendwas von "Zensur!", dass ich mich an "Das Leben des Brian" erinnert gefühlt habe ("Jehowa!"). Ich will die Diskussion hier nicht wiedergeben (mit einer Ausnahme, s.u.), sondern versuchen - losgelöst von der Person Sarkeesian (um sie soll es hier nicht gehen!)- das grundlegende Problem zu umreißen (mehr geht hier nicht) und vielleicht auch etwas Problembewusstsein bei dem einen oder anderen zu schaffen. Ich werde mich bemühen, meine Meinung zum Thema sachlich zu halten und entschuldige mich jetzt schon für die Fälle, in denen ich es nicht schaffe.


    I. Ich Tarzan du Jane (Mann zu sein ist geil)

    Ich bin ein Durchschnittsmann. Ich bin fast 40 und Vater einer kleinen Tochter. Trotz meiner väterlichen Pflichten bin ich berufstätig, denn Mama sieht nach der Kleinen. Ganz schön angenehm, dass ich mich nicht groß einschränken muss. Dafür bringe ich ja auch das Geld nach Hause. Da kann meine Lebensgefährtin sich zusätzlich auch noch um das bisschen Haushalt kümmern. Ich bin im Großen und Ganzen sehr glücklich und zufrieden.

    Ich sehe zwar nicht aus wie Brad Pitt, aber das macht nichts. Mein gesellschaftlicher/beruflicher Wert und mein Erfolg werden nicht durch mein Aussehen bestimmt.

    Mein Leben ist auch vergleichsweise einfach. Ich kann z.B. ein paar Bierchen mit Freunden trinken und dann nachts alleine nach Hause gehen, ohne dass ich irgendwie ein unangenehmes Gefühl habe, wenn mir eine Frau entgegen kommt. Ich habe dann auch nicht das Bedürfnis, die Straßenseite zu wechseln. Genauso ist es, wenn ich hinter mir Schritte höre und feststelle, dass eine Frau hinter mir läuft. Ist mir schnuppe.

    Ich habe beruflich ein gutes Auskommen und verdiene mehr als alle meine bisherigen Freundinnen. Und ich habe viele Freundinnen gehabt. Dafür wurde mir von Kumpels meistens anerkennend Respekt gezollt. Negatives Feedback habe ich nie gekriegt. Mich nannte keiner Schlampe oder Bitch deswegen. Ich kann mich privat und beim Sport so anziehen wie ich will. Wenn ich z.B. in meiner kurzen Hose und mit freiem Oberkörper jogge, hält mir das keiner vor. Ich habe auch noch nicht erlebt, dass mir dann penetrant hinterher gestarrt oder gerufen wurde, was für einen geilen Arsch ich habe. Gepfiffen wurde allerdings mal. Von einem Bauarbeiter. Kein Witz. Da war ich noch besser in Form.

    Letztens war ich beruflich über Nacht in einer anderen Stadt. Ich bin dann abends noch alleine in eine Kneipe. Während der ganzen Zeit hat mich nicht eine einzige Frau gefragt, ob ich öfter da bin oder wo meine Flügel sind oder ob ich die ganze Nacht ihren Namen schreien möchte. Ich konnte in Ruhe mit dem iPad daddeln und ein zwei Bierchen trinken. War ein netter Abend.

    II. Nein heißt nein (Frau zu sein ist nicht so geil)

    Ich habe gerade (zugegebenermaßen etwas überspitzt) geschildert, was Frauen im Gegensatz zu Männern im Alltag oft zu erdulden haben. Nicht jede Frau an jedem Tag und manche öfter als andere, das ist klar. Aber im Großen und Ganzen trifft das schon ganz gut des Pudels Kern.

    Für mich war es ein Augenöffner, als wir vor ein paar Jahren beim Grillen im Freundeskreis angeregt diskutiert hatten, ob es Frauen heutzutage überhaupt noch schwerer haben als Männer, bzw. ob es überhaupt noch Alltags-Sexismus in einem nennenswerten Ausmaß gibt. Wir Kerle waren der Auffassung, dass wir als Männer doch mittlerweile voll emanzipiert waren und uns Frauen gegenüber ausschließlich respektvoll benahmen. Das änderte sich, als die obigen Beispiele (sogar noch deutlich mehr) aufkamen und jeder von uns Männern einsehen musste, dass er sich mehrfach so oder zumindest ähnlich verhalten hat.

    Am eindrucksvollsten war für mich, dass ausnahmslos alle Frauen in unserer Runde darin übereinstimmten, dass sie, wenn sie abends alleine oder nur mit anderen Frauen unterwegs sind, fast schon reflexartig die Straßenseite wechseln, wenn ihnen ein Mann entgegen kommt. Natürlich nicht immer, aber doch häufig. Manchmal auch nur in Gedanken. Der Mann muss dafür nichts besonderes machen, es reicht, dass er ihnen entgegen kommt. Unsere Freundinnen/Frauen sagten alle, dass sie wüssten, dass die meisten Männer keine bösen Absichten haben, aber man könne ja nie wissen. Und wenn es auch nur ein Spruch wie "Nabend Ladies" beim Vorbeigehen sei, wäre ihnen das trotzdem unangenehm.

    Sagt mal, geht’s noch?! Frauen wechseln die Straßenseite, weil da ein Mann lang läuft? Um einer unangenehmen Situation aus dem Weg zu gehen? Und ich spreche hier nicht von sexueller Gewalt, sondern nur von den Auswirkungen des Alltags-Sexismus. Die Aussage unserer Freundinnen/Frauen hat uns alle geschockt. Seit diesem Abend sind wir Kerle übrigens deutlich empfänglicher für Feminismus geworden. Und uns fällt mehr auf als früher.

    Das Ende unserer Diskussion war dann aber doch noch recht versöhnlich. Die Mädels meinten unisono, dass der Alltags-Sexismus zwar manchmal extrem nervig, im Großen und Ganzen aber noch erträglich wäre.

    Also alles cool?

    Mitnichten, mein junger Padawan. Nur weil wir nicht saudi-arabische Verhältnisse haben, ist nicht alles in Ordnung. "Noch erträglich" ist nicht cool, sondern hat ganz schön Luft nach oben. Meine Anekdote zu unserem Grillabend zeigt, dass auch Männer, die sich emanzipiert und aufgeklärt glaubten, noch dazulernen können. Wir alle haben schon mal Frauen - teils bewusst, teils unbewusst - schlecht oder unangemessen behandelt, nur weil sie Frauen sind. Mich interessiert dabei vor allem der unbewusste Teil, dass heißt das Verhalten von Männern, die ihr jeweiliges Verhalten und schon gar nicht sich selbst als "frauenfeindlich" begreifen würden. Woher kommt das? Was läuft da ab?

    III. Sie will es doch auch! (Die Frau als Objekt)

    Zitat:

    Ja, was glaubst du denn, was eine Frau, die sich selbst möglichst aufreizend und sexy kleidet damit bezwecken will?

    Glaubst du, sie will damit ihren hohen IQ unterstreichen?

    Nein, natürlich will eine Frau, die sich bewusst so kleidet, als Sexobjekt angesehen werden. Das ist ja der Sinn dahinter, wenn man "sexy" sein will (die Worte "sexy" und "Sexobjekt" haben nicht von ungefähr den Wortstamm "Sex").

    Und genauso läuft das nunmal auch in der Kunst. Eine Frau, oder auch ein Mann, die betont "sexy" dargestellt werden, sollen den Betrachter natürlich dazu bringen, sie als "Sexobjekt" anzusehen.


    -Ende des Zitats-

    Das ist ein wörtliches und vollständiges Zitat eines meiner Diskussionspartner unter der Sarkeesian-News. Ich war echt baff, als ich das gelesen habe. Sie will es doch auch! Dem User war sichtlich nicht bewusst, dass genau diese Art des Denkens eine Folge des Alltags-Sexismus ist und er damit letztlich Sarkeesian sogar Recht gibt.

    Die meisten Frauen ziehen sich aus denselben Gründen "sexy" an, wie die meisten Männer auch. Sie wollen gut aussehen, als attraktiv erscheinen, vielleicht auch etwas für ihr Selbstwertgefühl tun. Die allerwenigsten Frauen ziehen sich aber "sexy" an, weil sie als Sexobjekt wahrgenommen werden wollen (Prostituierte einmal ausgenommen). Das wäre nämlich die Reduzierung einer Frau auf ihre Sexualität. Der User oben sagt sinngemäß: Es ist okay, dass ich die Frau als Sexobjekt betrachte, weil sie sich ja nur deswegen so anzieht, weil sie als Sexobjekt betrachtet werden will. Von diesem Gedanken ist es nicht mehr weit bis zum vermeintlich "anerkennenden Pfiff" oder irgend einer anderen plumpen Anmache. Der Mann empfindet das Verhalten der Frau als Aufforderung, sich ihr mit sexuellen Avancen zu nähern. Dass das der Frau unangenehm sein könnte, kommt dem User gar nicht in den Sinn. Sie will es doch auch, sonst würde sie sich nicht so anziehen. Was ist der Grund dafür, dass Männer gar nicht merken, dass sie sich frauenfeindlich verhalten? Woher kommt das dahinterstehende Frauenbild?

    Darüber könnte man seitenlange Abhandlungen erstellen. Kurz und vereinfacht gesagt ist nach meinem Verständnis die historisch (sozio-kulturell und religiös) über Jahrtausende gewachsene und gefestigte Rollenverteilung zwischen Mann und Frau verantwortlich. Die Frau ist dem Manne Untertan und hat ständig für die Fortpflanzung zur Verfügung zu stehen. Heute würde das kein vernünftiger Mensch mehr laut sagen, aber dennoch ist dieses archaische Frauenbild in nahezu allen Medien omnipräsent. In Filmen, in der Werbung und ja, auch in Computerspielen. Ob es nun eine halbnackte Frau ist, die sich lasziv auf einem Auto rekelt und suggeriert, dass sie und viele andere attraktive Frauen dem Käufer des Autos zu Willen sein werden, weil er mit dem Auto seinen sozialen Status unter Beweis stellt; oder die ständig geilen Bondgirls, die nicht mal ansatzweise "erobert" werden müssen, sondern nur als Belohnung für den Helden dienen; oder die Scharfschützin Quiet in MGS, die sich während Hubschrauberflügen schon mal stöhnend in mehr oder weniger eindeutigen Posen (oder besser Stellungen) übt oder Snake ungefragt mit zum Duschen nimmt. Von der lächerlichen Erklärung ihrer Nackheit ganz zu schweigen (sie hat eine Krankheit, aufgrund derer ihre Haut atmen muss und das geht nicht, wenn sie zu viel an hat, aha). Oder die Frauen, die sich Kratos in God of War oder dem Witcher reihenweise hingeben. Oder die Schulmädchen mit großen Kulleraugen und knappen Röckchen, unter denen Höschen hervorblitzen, in vielen japanischen oder japanisch inspirierten Titeln. Oder die "authentische Brustphysik" in DOA. Oder oder oder...

    All das ist im Allgemeinen nicht im mindesten für die eigentliche Story des jeweiligen Spiels relevant, sondern dient nur dazu, den Spieler aufzugeilen. Frauen werden dem Spieler als Belohnungen präsentiert. Ich habe kein Problem mit Sex und Erotik in den Medien oder in der Kunst. Ein Frau darf sexy und sich ihrer Sexualität bewusst sein und auch offensiv damit umgehen. Dann muss es aber auch zum Kontext passen und darf nicht nur als Belohnung für den Spieler und damit als bloße Wichsvorlage gedacht sein.

    Derzeit ist das aber meistens nicht der Fall. Und durch diese weitere Festigung der Vorstellung einer immer willigen/verfügbaren Frau, die schwach ist und beschützt werden muss, wird unser aller Frauenbild nachteilig beeinflusst. Das wirkt sich dann auch im realen Leben aus. Frauen verdienen weniger Geld und kommen seltener in Führungspositionen als Männer. Frauen werden von Männern öfter sexuell belästigt als umgekehrt. Scheiße, es gibt sogar Studien, nach denen Mädchen weniger Taschengeld als Jungs bekommen! Und für das alles ist das derzeit vorherrschende Frauenbild mitverantwortlich. Und dieses Frauenbild wird leider auch durch die Darstellung von Frauen in vielen (nicht allen) Computerspielen gefestigt. Dazu gibt es zwar noch keine längerfristigen Untersuchungen, aber mir fällt kein Grund ein, warum es bei Spielen anders sein sollte, als bei allen anderen Medien.

    IV. Und was will uns der Dichter damit sagen?

    Ich will bei Euch Bewusstsein für die Problematik schaffen. Eure Meinung müsst ihr Euch selbst bilden. Die stark sexualisierte Darstellung von Frauen in Computerspielen ist nicht alleine verantwortlich für das derzeitige Frauenbild, nicht mal ein wesentlicher Faktor, aber doch ein Teil des Ganzen. Ich will Computerspiele weder zensieren noch den Designern ihre künstlerische Freiheit nehmen. Ich will auch keinem meine Meinung aufdrücken, wie man Befürwortern einer differenzierten Betrachtung des Frauenbildes in Computerspielen oft vorwirft. Und ich behaupte auch nicht, dass Spieler raus gehen und Frauen vergewaltigen oder auch nur ein anderes Frauenbild haben als der Rest der Gesellschaft. Aber auch Gamer dürfen ihre Augen vor der Problematik nicht verschließen. Wenn wir Computerspiele als Kunst und Kultur begriffen wissen wollen, müssen wir uns auch an denselben Standards messen lassen.

    Aber es gibt zum Glück auch ein paar positive Gegenbeispiele. Z.B. Max und Chloe aus Life Is Strange (was für ein fantastisches Spiel) oder Lara Croft nach dem Reboot. Hoffentlich zukünftig auch die Protagonistin von Horizon: Zero Dawn. Der gesellschaftliche Wandel ist auch in der Spielebranche merkbar, wenn auch nur schwach und gegen viele Widerstände. Ich bin aber überzeugt, dass wir das schaffen können.

    Dafür muss die Mehrheit der Gamer aber erst einmal erkennen, dass es ein Problem gibt. Und dass ihnen trotzdem nichts weggenommen werden soll. Attraktive Frauen sollen nicht aus Computerspielen entfernt, sondern über ihre Sexualität hinaus dargestellt und definiert werden. Das kann dann eigentlich nur ein Gewinn für alle sein. Wenn dafür Gamer gemeinsam einstehen und eine differenzierte Frauendarstellung aktiv von den Herstellern einfordern, wird sich bestimmt etwas ändern (siehe das Beispiel von Blizzard und der Änderung einer nicht zu einer Heldin passenden Pose in Overwatch). Klar wird es auch dann noch Perlen wie den "Yandere Simulator" geben und das kann meinetwegen auch so sein. Muss ich ja nicht spielen. Hauptsache, im Großen und Ganzen vollzieht sich ein Wandel.

    Und dann, irgendwann, werden Frauen nachts nicht mehr die Straßenseite wechseln, nur weil ihnen ein Mann entgegen kommt. Wie geil wär das denn? Man(n) wird ja wohl noch träumen dürfen.







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    Nick2000
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Kommentare

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  1. Carduelis
    Nur mal ein Gedankenspiel: nehmen wir einmal an, es gibt tatsächlich in der Tendenz geschlechtsspezifische Unterschiede im Verhalten, die eine biologische Ursache haben. Sicher, wir sind Kulturwesen, wir leben überwiegend in selbstgeschaffenen Symbolwelten, wie der Philosoph Ernst Cassirer sagen würde. Aber dennoch ist aus der Psychologie bekannt, wie sich emotionale Zustände modulierend auf höhere Kognitive Fähigkeiten auswirken. Und emotionale Zustände wiederum können sich durch vorausgehende kognitive Tätigkeiten verändern, aber auch durch physiologische Prozesse, etwa durch Hormone, eine Krankheit etc.

    Ist es nicht wichtig, so etwas auch zu wissen, wenn für soziale Gerechtigkeit gesorgt werden soll? Nur das, was bekannt ist, kann berücksichtigt werden. Ich finde es jedenfalls seltsam, wenn bestehende Unterschiede (wie beim Gehalt) nur durch Diskriminierung erklärt werden. So einfach ist das nicht.

    Und nicht jeder Unterschied ist gleichzusetzen mit einer Ungerechtigkeit.

    PS: Oben habe ich mehrmals erwähnt, dass solche Fragen wissenschaftlich untersucht werden können. Falls es einige hier nicht wissen: seit Jahren werden in Deutschland kritische Wissenschaftler diffamiert, unabhängig von ihrem Renommee, wenn die Forschungsergebnisse nicht zur Ideologie und dem politischen Programm des "Genderismus" passt.

    PPS: In Norwegen wurde über Jahrzehnte gendersensibel erzogen und trotzdem waren die Unterschiede in der Berufswahl vorhanden, sie sind sogar größer als in anderen Ländern, was als "Gender Paradox" bezeichnet wurde. Es gab darüber aber keine wissenschaftlichen Diskurse, weil die politisch unterstützte Ideologie dies verhindert hat. Erst als ein Soziologe und Komiker mit einer guten Fragetechnik die "Wissenschaftler" der norwegischen Gender Studies interviewt hat und dies in mehreren TV Sendungen ausgestrahlt wurde, war das Schweigen gebrochen. Am Ende hat das alles 2011 zu3 Schließung des Instituts für derartige Studien in Norwegen geführt.

    Hier wurde also ohne wissenschaftlichen Hintergrund, nur wegen irgendwelchen Annahmen (*), eine Gesellschaft umerzogen. (Siehe Punkt a) in meinem letzten Beitrag.)

    Und wie in Norwegen ist es auch eine Minderheit in Deutschland, die unter dem Deckmantel der Wissenschaft, aber ohne sich wissenschaftlichen Diskursen zu stellen (denn Abweichler werden diffamiert), ihr politisches Programm an Universitäten und Schulen versucht umzusetzen.

    Der Fall in Norwegen zeigt, dass man eben alle Ursachen / Faktoren kennen muss, die zu einer bestimmten Situation, die man ändern möchte, führen. Wobei man auch kritisch hinterfragen muss, wer etwas ändern will und warum er etwas ändern will und ob es dafür überhaupt eine demokratische Legitimation gibt.

    (*) Die Annahme ist gewesen, dass alle Unterschiede eine Frage der Erziehung sind.
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  2. Carduelis
    Gehen wir das doch einmal richtig an?

    1. Statistische Auswertungen zeigen, dass Frauen in Deutschland deutlich weniger verdienen als Männer, nämlich 22% nach dem statistischen Bundesamt. Und der Unterschied ist umso größer, je besser die Qualifikation.

    2. Als Grund für diesen Unterschied wird allgemein erst einmal eine Diskriminierung von Frauen angenommen. (Man beachte, die Diskriminierung von Frauen als Ursache in so einem Fall ist eine Annahme und keine Tatsache!)

    Gibt es Alternativen zu dieser Annahme?

    a.) Es gibt Geschlechtsunterschiede bei der Studienwahl. (Und ein Zusammenhang zwischen Studienwahl und Karriere und damit Verdienstchancen sind wohl kaum zu leugnen -> hier könnte man eher Fragen, ob alle Berufsgruppen fair bezahlt werden. Aber das hat dann eben wenig mit einer Diskriminierung der Geschlechter zu tun.)

    (Hier könnte jetzt jemand einwenden, dass alle statistischen Unterschiede im Verhalten zwischen Mann und Frau kulturell bedingt sind, also ihre Ursache in einer unterschiedlichen Behandlung von Mann und Frau schon ab der Geburt an haben. Natürlich ist dieser Einwand nicht das Ergebnis wissenschaftlicher Forschung. Inwiefern physiologische und kulturelle Faktoren zu statistischen Unterschieden zwischen Männern und Frauen führen, muss die Forschung zeigen.

    Aber: mal angenommen, es wäre so, die Unterschiede in der Tendenz zwischen Männern und Frauen wären nur durch die unterschiedliche Behandlung bereits ab der Geburt bedingt: dann stellt sich die Frage, was wir tun sollen? Die gesamte Gesellschaft umerziehen? Und welchem Ideal wollen wir dabei folgen? (Hier ist ein Blick nach Norwegen interessant... ))

    b.) Viele Frauen reduzieren nach der Geburt eines Kindes ihr berufliches Engagement. (Hier könnte man Fragen, warum das so ist. Wir haben jetzt sicher beide keine Zeit, hier nach Studien zu suchen, aber solche Fragen lassen sich wissenschaftlich untersuchen.)

    Ich erinnere mich gerade an einen Artikel aus der FAZ, in dem es hieß, dass Männer vor allem dann Karriere machen können, wenn ihnen eine Frau den Rücken frei hält und dass sich zeigt, dass bei Frauen, die Karriere machen, ein Mann ihnen den Rücken frei hält, also sich um die Familie und anderes kümmert, dass dieser Fall aber seltener ist, weswegen Frauen auch aus diesem Grund benachteiligt sind. Aber auch das hat nichts mit einer Diskriminierung zu tun. Solche Entscheidungen muss jedes Paar für sich treffen. Hier auch wieder schlicht davon auszugehen, dass lediglich anerzogene Rollenvorstellungen und dergleichen die Ursache dafür sind, was für Entscheidungen Paare treffen, finde ich zu einfach. Damit erklärt man viele Menschen für unmündig.

    c.) Frauen verhandeln bei Gehaltsverhandlungen schlechter. Beachte, auch das ist erst einmal nur eine Annahme. Fakt ist nur, dass es Unterschiede gibt, wenn Männer und Frauen um das Gehalt verhandeln müssen. Es gibt aber keinen Grund, hier einfach von Diskriminierung als Ursache auszugehen. So eine Frage lässt sich wissenschaftlich untersuchen.

    Jeder dieser Faktoren, einschließlich einer Diskriminierung von Frauen, kann seinen Anteil am Unterschied haben. Meine Vermutung ist, dass A und B einen großen Anteil haben.
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  3. jan_w
    Naja, ich finde ehrlich gesagt, man braucht da auf keiner Seite von dem Pferd fallen. Es gibt sowohl biologisch/genetisch bedingte, als auch kulturell bedingte Verhaltensmuster bei den Geschlechtern - eine klare Trennung ist nicht wirklich immer möglich.

    Insbesondere sollte man bedenken, dass der Mensch bereits eine beträchtliche Kulturentwicklung hinter sich hat. Mag dies vielleicht auf frühere (und insbesondere sehr frühe) Epochen der Menschheit nicht so zugetroffen haben, so ist unsere Lebenswirklichkeit dennoch im "hier und heute" fast ausschließlich durch soziale Konstrukte bestimmt, die keine biologisch relevante Dimension mehr besitzen.

    Zumindest geht es, wie ich finde, beim Thema Sexismus hauptsächlich um soziale Gerechtigkeit und eine Verbesserung der Lebensqualität für *alle* Geschlechter. Biologische Betrachtungen sind da irgendwie wenig zielführend. Denn sie haben für die Diskussion ja keine qualitativ verwertbaren Inhalte. Wer dies meint, läuft ein bisschen Gefahr in Richtung "naturalistischer Fehlschluß" abzudriften.
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  4. Nick2000
    Willst du damit sagen, dass das Verhandlungsgeschick und Durchsetzungsvermögen von Männern grundsätzlich besser sein soll, als das von Frauen? Also quasi genetisch bedingt? Bin mir nämlich nicht sicher, ob ich dich richtig verstehe.
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  5. Nick2000
    Das ist mir zu einfach. Selbst wenn wir mal unterstellen wollen, dass Frauen Angst "eingeredet" wird, würde das ja höchstens für die letzten 2-3 Jahrzehnte gelten, davor war Gewalt gegen Frauen ja ein gesellschaftliches Tabuthema und längst nicht so präsent wie heute. Mich würde mal interessieren, ob du grundsätzlich auch Handlungsbedarf siehst, oder ob du meinst, dass Frauen und Männer schon "gleich genug" behandelt werden.
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  6. Darth Leviathan
    Kann ich ebenfalls bestätigen.
    Ich spiele GTA Online seid release 2013 immer mal wieder. Erst auf der PS3 dann auf dem PC. Letztes Jahr habe ich zusätzlich zu meinem männlichen Charakter einen weiblichen Charakter erstellt und dann ging es los ständig irgendwelche Sprüche und Annäherungsversuche vor allem auf Deutschen Servern (bin selber männlich kann man im Spiel auch ganz schnell schon alleine aufgrund meines Namens feststellen) vielleicht denken die Leute auch ich sei ein Mädchen weil der Charakter ganz im Gegensatz zu den meisten anderen im Spiel auch was an hat :D
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  7. Nick2000
    Die Artikel fand ich sehr interessant, danke dafür. Wenn du mal die Quelle beim Spiegel liest, auf die der Stern verweist, wird das Experiment aber sehr relativiert. Wenn man Entscheidern 4 Videos vorspielt und sie dann sagen sollen, wem sie eher eine Gehaltserhöhung geben, ist das leider nicht sehr repräsentativ. Es bleibt aber doch ein interessantes Experiment, wenn auch ohne statistische Relevanz.
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  8. Carduelis
    Damit sind doch Anzeigen gemeint? Nicht jede Anzeige führt zu einer Verurteilung. Und nicht jede Anzeige bedeutet, dass es tatsächlich eine Vergewaltigung gegeben hat. (Die tatsächliche Anzahl kann also - falls es eine hohe Dunkelziffer gibt - darüber oder darunter liegen)

    Aber davon unberührt bleibt der deutliche Unterschied bei der Anzahl der Anzeigen. Allerdings wird auch gesagt, dass Männer solche Dinge viel seltener Anzeigen. Die tatsächliche Zahl könnte hier also deutlich höher sein.

    Das nur als Anmerkung... ansonsten stimme ich dir zu.
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  9. NikolajNeron
    Dieses Argument wird immer wieder gebracht und es ist einfach überhaupt nicht überzeugend. Man muss auch die Art von Gewalt berücksichtigen. Die Art vor der sich Frauen fürchten, ist meist sexuelle Gewalt, sprich: Vergewaltigung. Im Jahr 2015 gab es 6.264 offiziell registrierte (!) Vergewaltigungsopfer. Davon waren 5.932 weiblich und 332 männlich. Männer haben im Allgemeinen keine Angst vergewaltigt zu werden. Ich kann jede Frau verstehen, die die Straßenseite wechselt, noch dazu wenn sie ständig mit Alltagssexismus konfrontiert ist, was diese Furch auch noch verstärkt (vom einfachen hinterherpfeifen bis zur völlig plumpen Anmache). Woher weiß eine Frau denn im Vorhinein wie weit ein ihr völlig fremder Mann bereit ist zu gehen, wenn er sich in dieser Weise verhält? Vom Trauma eines sexuellen Übergriffs muss ich sicher nicht erst reden. Männer sind zum allergrößten Teil nicht in Gefahr eine solche Erfahrung zu machen.
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  10. Carduelis
    Mein allgemeines Frauenbild?

    Das hat sich über die Jahre fast in Luft aufgelöst. Ich kenne ein zu großes Spektrum an Frauentypen: devote Frauen, dominante Frauen, promiskuitive Frauen, sittsame Frauen, Frauen die keine Kinder wollen, Frauen die unsensibel und egoistisch sind, Frauen die nett und einfühlsam sind, Frauen die Physik studiert haben... und so weiter.

    Das sage ich nicht nur unterbewusst. Und ich finde das nicht frauenfeindlich. Du kannst nicht einfach davon ausgehen, dass jeder signifikante Unterschied zwischen Gruppen von Männern und Frauen auf die Unterteilung einer Gruppe von Menschen in Männer und Frauen und den damit verbundenen Stereotypen zurückzuführen ist!

    Nur weil wir wollen - und ich will das auch - dass zwischen Männern und Frauen kein Unterschied gemacht werden soll, bedeutet das nicht, dass es nicht Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt.

    Die Menschen sind eben nicht gleich! Aber wir wollen in bestimmten Situationen von den Unterschieden zwischen den Menschen absehen und sie so behandeln, als ob sie gleich wären.
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