Six Sigma - Die Kunst Dinge kaputt gehen zu lassen

Von Tsabotavoc · 29. Juni 2016 ·
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  1. Ende der 80er stand Motorola vor einer massiven Krise: Motorola definierte sich selbst über seine Qualität und verstand die Welt nicht mehr. Wie konnte es sein das sich ihre Produkte nicht mehr so verkauften wie sie es gewohnt waren?

    Das Management fand viele Gründe doch nur einer sprach die Wahrheit aus: "Das Problem das Motorola hat ist, das unsere Qualität zum Himmel stinkt."

    Das war die Geburtsstunde von Six Sigma - Ein Qualitätsmanagementsystem welches bis heute die Menschheit geiselt und eine Produktsicherheit vorgaukelt die so niemals gegeben ist. Ist euch schon mal ein Smartphone runtergefallen und das Display hatte hundert Risse obwohl es doch Stürze aus einem Meter standhalten soll? Ist euer angeblich wasserdichtes Tablet im Bad abgesoffen? Oder habt ihr eine Grafikkarte eingebaut nur um festzustellen das euer Monitor schwarz bleibt? Auch der Neuwagen dessen Turbolader nach 30.000 km den Geist aufgibt sollte hier nicht unerwähnt bleiben.

    Das alles ist eine Folge eins QM-Systems in dem alles Mögliche und Unmögliche gemessen wird um daraus Schlüsse zu ziehen die so niemals halten würden. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Persönliche Faulheit. Mangelnde Ausbildung. Geldgründe. Oder schlicht und einfach das gewisse Aspekte sich nur schwer in Zahlen pressen lassen aber leider prozessrelevant sind.

    Beispiel: Eine Griffschnalle im Auto wird nach vielen Gesichtspunkten beurteilt. Farbe, Gewicht, Nachdruck beim Spritzen, Die Temperatur des Spritzgusswerkzeugs, Frequenz des Werkzeugs mit dem die Nietdome geschweißt wurden, Optik des Nietdoms, Mattheit der Griffoberfläche...

    Eine Autogriffschnalle kann locker über 100 Seiten an Daten produzieren. Ob sich auf diesen Seiten jedoch auch relevante Daten befinden ist eine ganz andere Frage. Genau das passiert nämlich immer seltener. Der Wulst an Daten die man über ein Produkt erzeugen kann führt auch gern dazu das man sich nur die Daten ansieht die man auch einfach in den Griff bekommen oder leicht quantifizieren kann.

    Ich sitze hier gerade vor einer Computermaus eines namhaften Herstellers. Die hat den Geist aufgab weil sich die Elektronik innendrin gelöst hat. Wie konnte das passieren? Die Antwort ist recht simpel: Die Nietköpfe mit denen die Elektronik fixiert ist sind thermisch überbeansprucht gewesen. Durch die Überbeanspruchung wird das Material nicht teigig sonder etwas dünnflüssiger. Der Nietkopf erhält Glanz und das überschüssige Material lässt sich leicht entfernen. Genau danach wird in der QM der Nietkopf dann beurteilt: Nach Form und Optik. Das ist einfach zu quantifizieren.

    Dumm nur dass das Material dabei kaputt geht und aufgrund von Eigenspannungen irgendwann abplatzt. Aber da kann man dann ja jede Menge hochbezahlte QM-Manager antanzen lassen die sich stundenlang mit diesem Thema auseinander setzen statt das Richtige zu tun: Macht nen Riffelkopf drauf. Lasst das Material teigig. Sieht aus wie Sau geht aber niemals kaputt. So etwas zu sagen ist natürlich ein Graus für jeden QM-Manager denn alles was er nicht quantifizieren und messen kann treibt ihm den Schweiß auf die Stirn.

    Was bleibt unterm Strich? Six Sigma ist ein wichtiges Werkzeug. Aber man muss es auch richtig nutzen. Was ich mir wünschen würde, wäre die Akzeptanz das gewisse Dinge technisch nur schwer zu quantifizieren sind und es keinen Sinn macht sie nach Punkten zu beurteilen die über die Funktion des Prozesses nichts aussagen. Das gewisse Dinge technisch besser sind wenn man eine Fertigungsmethode wählt die vielleicht nicht 20 Seiten Dokumentation zu einem Teil produzieren kann aber insgesamt für den Prozess sinnvoller ist.

    Ach was wurde eigentlich aus Motorola, den Erfindern des Six Sigma Verfahrens? Die haben konsequent weiter Verluste erwirtschaftet und sind schließlich nach Rekordverlusten in zwei Firmen aufgespaltet worden von denen eine nun Lenovo gehört. Mag sein das die Qualität bei Motorola gestunken hat. Das einzige Problem war es mit Sicherheit nicht.

Kommentare

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  1. Cr4sh
    Ich kenne 6 sigma nur als Sicherheit, mit der ein Ereignis die gleichen Ursachen hat, die man auch vermutet.

    Mag sein, dass genau dieses gleich benannte QM-Verfahren nicht taugt (das kann ich schlecht beurteilen, da ich nicht weiß, wie genau es funktioniert - aber dass es ein Bauteil dabei nur nach Form und Farbe, nicht aber nach etwa Verschleiß- und Hitzeverhalten beurteilt, kann ich mir nicht vorstellen), nichts destotrotz muss eine Art Qualitätssicherung gegeben sein, mit der sich Bauteile und komplette Produkte auch qualitativ, am besten nominell, vergleichen lassen, sonst könnte man sich die ganze QM sparen.

    Probleme bei QM sehe ich eher darin, dass sie oft von der produzierenden Firma selbst durchgeführt wird, was aufgrund von verschiedenen Faktoren (Termin- und Gelddruck, Erwartungshaltung, Unterschlagen von Problemen, um besser dazustehen, ...) keine gute Idee ist. Externe Tester sind aber teuer, brauchen viel zu lang und nerven ;)
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