Ich sehe schon die Scharen der Leser mit Fackeln und Mistgabeln auf mich zukommen für diese These die wohl jedem gegen den Strich geht. Wer will schon mehr für etwas zahlen als unbedingt nötig?
Lasst mich das Ganze relativieren: Spiele sind vielleicht nicht zu billig, verglichen mit anderen Dingen unseres Alltags sind sie jedoch erstaunlich preisgünstig.
Wir schreiben das Jahr 2000...
Und was für ein Jahr es für mich war! Ich rannte mit einer Latte des Grauens durch die Gegend. Respektive mein Paladin. In Diablo 2. Der Name der Waffe war ulkig aber sie war so ziemlich das Beste was ich je in nem Diablo fand.
In Erinnerung blieb mir aber nicht nur die Stangenwaffe meines Paladins sondern auch der Preis: Damals gabs noch den guten, alten Schilling in meiner schönen Alpenregion. Und für ein Diablo 2 legte man damals, also bei Release, exakt 599,- Schilling auf den Tresen.
Ich habe daher, mein Taschengeld war überaus bescheiden, monatelang im Vorhinein gespart und dann meine Eltern darauf hingewiesen das mein schulischer Erfolg eine kleine Zusatzbelohnung durchaus rechtfertigt.
599,- Schilling wären heute ziemlich genau 43,50 €. Das legte man anno 2000 also für einen Vollpreistitel hin.
Na und? Ist doch teurer geworden!
Ja es ist etwas teurer geworden in den letzten Jahren. 50 € bis 60 € muss man für einen AAA Titel heute schon auf die Theke knallen. Wenn wir aber mal ins Auge fassen wie andere Formen der Unterhaltung zulangen halten sich die ach so blutsaugenden Publisher doch sehr angenehm zurück.
Ich habe mich hingesetzt und mal Preise von früher und von heute so verglichen.
Ein Kinobesuch mit Popcorn und Cola kostet heute knapp 80% mehr als im Jahr 2000.
Ein Museumsbesuch kostet knappe 30% mehr als im Jahr 2000.
Und unsere allerliebste Spielezeitschrift? Die hat seit damals um über 40% zugelegt.
Wenn man dies alles zusammennimmt sind Spiele also nach wie vor ein erstaunlich günstiges Hobby. Zumindest am PC... Denn die günstigen Preise erkaufen wir uns durch allerlei andere Unannehmlichkeiten...
Womit wir zahlen
Letztendlich muss jeder Publisher, genau wie wir alle, seine Rechnungen und seinen Morgenkaffee (über 120% teurer) bezahlen. Er muss, wie wir, den Sprit (Zwischen 50 und 85% teurer) bezahlen um in die Arbeit zu kommen.
Dieses Wunder wird zum Einen möglich weil Spiele in der gesellschaftlichen Mitte angekommen sind und nunmehr Massenmarkt sind. Die Produktionskosten sind gestiegen, da aber dank Steam und Co. die Logistik auf nahe Null ist kann man die einmalig produzierte Ware beliebig oft an den Mann bringen.
Der Nachteil freilich ist das wir einmal gekaufte Spiele nicht mehr weiterverkaufen können. Und das wir ohne Internet praktisch gar nicht mehr spielen können ist ein anderer Preis den wir zahlen dürfen. Für mich als Österreicher ist das natürlich irrelevant: Wir haben hier eigentlich überall sehr gutes Internet. Selbst im tiefsten Graben bei meinen Eltern habe ich besseres Internet als meine Gildenkollegen aus Norddeutschland.
Sich ein Farcry über eine Uraltleitung zu ziehen ist jedoch sicher eine interessante Lebenserfahrung.
Ingameshops? Echtgeld AHs? Damals im Jahr 2000 wäre es undenkbar gewesen. In Diablo 3 hat es uns das Spiel gründlich verhagelt. Und in Deus Ex Mankind Divided mir den Magen umgedreht. Wir werden uns daran gewöhnen müssen.
Day One DLCs? Herausgeschnittene Spielinhalte? Das war im Jahr 2000 alles gar nicht vorstellbar. Im Jahr 2000 nannte man die Dinger Addons und das waren für sich schon fast komplette Spiele für die man den halben Preis des Originalspiels zahlte.
Wir haben uns daran gewöhnt und das wird noch viel buntere Blüten treiben.
Die bittere Wahrheit
Oder zumindest das was ich für die bittere Wahrheit halte: Wenn man sich die allgemeine Preis, und auch Lohnentwicklung in den westlichen Ländern ansieht wird schnell klar das Publisher und Entwickler weltweit sich extrem weiterentwickelt haben was "effizientes Arbeiten" betrifft. Das allein reicht aber nicht.
Mit DLCs, AHs, Ingameshops versucht man uns das durch die Hintertüre reinzudrücken was viele durch die Vordertüre nicht mögen: Preiserhöhungen. Die, wenn man sich ansieht wie frech die Preise sich in den letzten 15 Jahren entwickelt haben, nichtmal unverschämt sind.
Ich werde nie ein Fan von Ingameshop oder Echtgeld AH sein. Diese greifen mir zuweit in die Spielmechanik ein. Aber wenn DLCs und Seasonpasses der Weg sind um Spielern mit weniger Geld das Hobby zu ermöglichen und finanzierbar zu gestalten bin ich voll auf Seite der Entwickler und Publisher!
Wir alle wollen spielen. Aber wenn wir dies im Genuss unserer alten Rechte, ohne DLC Flut, mit dicken Handbüchern und Zusatzinhalten wollen... wollen wir dann auch den fairen Preis dafür zahlen?
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