The Music Machine - Alles, aber kein Musikspiel

Von Larger-Than-Life · 28. Januar 2017 · Aktualisiert am 30. Januar 2017 ·
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  1. The Music Machine hat mich erstaunt, zum Lachen gebracht und bedrückt, wie wenige andere Spiele. Und dabei verfügt es noch nicht einmal über eine Sprachausgabe. Dies ist eine Geschichte über ein unkonventionelles Drama, welches ich ohne amerikanische Hilfestellung wohl nie erlebt hätte.

    Muss Horror immer Angst machen?

    Eigentlich kann ich mit Halloween relativ wenig anfangen, wo ich auch als Kind nie als Gespenst mit Süßigkeitendurst um die Häuser gezogen bin. Aber als Anlass, mal wieder ein gepflegtes Gruselspiel einzulegen, taugt mir der Abend dann doch. Da die eigene Steam-Bibliothek aber nur Amnesia hergibt, was, wie ich später feststellen sollte, auch fantastisch ist aber eben nicht in die Maße eines Abends hineinpasst, landete ich während des Stöberns im Steam-Katalog schließlich bei The Music Machine. "Psycho-Horror" verrieten mir die User-Tags. Aha. Naja, sieht interessant aus, also in den Warenkorb und ab geht die Post!

    Der folgende Halloweenabend war eigenartig, fast schon unangenehm angenehm. Keine Jumpscares jagten mir die Schweißperlen auf die Stirn. Stattdessen saß ich da und sinnierte zu Klängen orchestraler Kirchenmusik über die Geschichte, die sich da gerade auf dem Bildschirm abspielt.




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    Wir fühlen uns ziemlich verloren in der Spielwelt.

    Ein Körper und zwei Menschen

    In The Music Machine schlüpfen wir in die Haut von Haley, einem dreizehnjährigen Mädchen. In The Music Machine bekommen wir Einblicke in die Gedankenwelt von Haley. Und in The Music Machine erfahren wir, was ein gewisser Quintin zu diesen Gedanken zu sagen hat. Dabei ist Quintin eigentlich tot. Als erwachsener Mann in seinen Dreißigern wurde er von Haley's Vater nach einem Missverständnis, an dem das junge Mädchen nicht gerade unschuldig war, ermordet. Daraufhin dringt der rachelüsterne Quintin in den Kopf von Haley ein. Mit einem Ziel: Das Mädchen auf eine, für ihn möglichst zufriedenstellende Art zu töten.

    Dabei verschlägt es die beiden auf eine scheinbar verlassene Insel, auf der ein Serienkiller erst in letzter Zeit mehrere Menschen ermordet hat. Nun durchstreifen wir das relativ weitläufige Areal und haben keine Ahnung, was wir überhaupt erwarten sollen. The Music Machine gibt uns keinerlei Hilfen an die Hand, was dazu führt, dass wir erstmal irritiert über die Insel stolpern, zudem verunsichert von Objekten, mit denen wir interagieren können, ohne aber spielrelevant zu sein.

    Wir stoßen auf verlassene Hütten mit modrig riechenden Betten oder Ruinen, die wohl nie ein fertiggestelltes Haus gebildet haben und als wir uns schon fragen, was wir auf dieser überaus eigenartigen Insel überhaupt machen sollen, entdecken wir eine mysteriöse Kapelle. Die Luft darin ist staubig, durch die Kirchenfenster dringt ein wenig gelbliches Licht ins Innere und fällt auf die namensgebende Music Machine, die uns das Reisen in andere Welten ermöglicht.



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    Sind das Wolkenkratzer? Hier wohnt jedenfalls niemand.

    Kontrastreich

    Haley kann nicht aus ihrem eigenen Willen handeln. Immer ist da Quintin, der Haley Steine in den Weg legt. Zum Glück ist Quintin ein Perfektionist. Es wäre doch langweilig, wenn sich das Mädchen mit den Folterwerkzeugen des Serienkillers umbringen würde. Also geht es durch all die Orte, die mit der Music Machine erreicht werden können. Quintin, immer auf der Suche nach Tötungsmöglichkeiten. Haley, fasziniert und von den fremden Welten regelrecht angezogen. Ja, die Beziehung der beiden zueinander ist eigenartig. Das Mädchen geht mit ihrem bevorstehenden Schicksal erstaunlich unbeschwert um, betrachtet Quintin sogar immer noch als Freund. Dieser dagegen ist überrascht, teils überfordert von den frechen, offenen Bemerkungen von Haley. Wir als Spieler bekommen die Gedanken so in einer sehr interessanten Form mit. Wir betrachten also ein Objekt im Spiel, zu dem uns Haley ihre Gedanken verrät. Diese Gedanken werden dann von Quintin kommentiert und oft entbrennt eine Diskussion zwischen den beiden. Denn ohne Quintins Einwilligung kann Haley nicht handeln. Das Storytelling ist dabei übrigens exzellent, Entwickler David Szymanski erweckt die Charaktere trotz fehlender Sprachausgabe vor dem fantasievollen Auge mit all ihren Facetten zum Leben.

    Sehr gut zur mysteriösen Geschichte passt auch der Look des Spiels, der sich durchgehend in einer einzigen Farbe im Kontrast zu Schwarz präsentiert. Dazu kommt ein hervorragender Soundtrack, der sich oft durch seine beruhigend, schleichend träge Wirkung auszeichnet, im geeigneten Moment aber auch ordentlich Spannung und Intensivität erzeugen kann.

    Ein narratives Erlebnis

    The Music Machine konzentriert sich auf seine Geschichte, wird philosophisch, regt zum Entschlüsseln der Story an, bietet aber nur selten ausgeprägte Spielmechaniken. Und auch wenn diese dann durchaus abwechslungsreich sind, sollte der Spieler keine ausgeprägten, komplexen Rätsel erwarten. Das Rätsel in The Music Machine ist die Geschichte selbst. Denn The Music Machine ist in jeder Hinsicht unzugänglich aber wer sich darauf einlässt, darf sich auf ein sehr dichtes, geschichtlich anspruchsvolles Erlebnis mit unglaublich authentischen Protagonisten freuen. Nur vielleicht nicht unbedingt an Halloween.



    Anmerkung: Die Bilder stammen von meinem Steam-Account.

    Über den Autor

    Larger-Than-Life
    Spielt quer durch alle Genres. Hat ein Faible für Adventures. Schreibt gerne über Spiele.

Kommentare

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  1. Kaimanic
    Danke für den Test. Es klingt interessant, aber ich bin mir nicht sicher, ob das etwas für mich ist.
      1 Person gefällt das.
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