WASD-ADHS

Von TheVG · 12. Februar 2016 · Aktualisiert am 12. Februar 2016 ·
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  1. Unreal-Kid.

    So.

    Jetzt wisst Ihr´s.

    Moment, ich zocke nebenher.

    Mist, tot.

    Runde dauert noch.

    Okay, weiterschreiben.

    Thema ist klar, oder?

    Alter, was für ein Noob!!!

    Wegen dem verlieren wir jetzt!

    Also, Thema jetzt.

    Es geht um...

    Moment! Nächste Runde läuft.

    Och menno, Whatsapp.

    Was willer???

    Ach, heute abend saufen.

    Und zocken.

    Cool.

    .

    .

    .

    .




    So, mal ganz Galama jetzt, wir gehen in uns, ich spendiere auch eine Runde Tai Chi für alle, dazu auch einen leckeren Baldriantrunk und Traubenzucker – das fördert bekanntlich die Konzentrationsfähigkeit.

    Wenn wir uns beruhigt haben, dann können wir auch endlich angemessen über ein Thema diskutieren, das mir schon seit geraumer Zeit wie ein Floh im Ohr sitzt. Es geht darum, wie wir Spiele wahrnehmen, wie unbewusste Reaktionen entstehen, wann der Punkt erreicht ist, dass wir eventuell eine Pause einlegen sollten, und wie eine „Modekrankheit“ ein ganzes Medium beeinflussen kann.

    Also lehnt euch einfach entspannt zurück, lest den Text, reflektiert darüber (oder auch nicht) und schreibt mir gerne eure Meinung dazu. Wäre nur schade, wenn ihr bei all der Relaxerei einschlafen würdet...



    Geil auf Gefühle



    Noch anwesend? Gut, dann weiter im Text.

    Es ist gerade letztens mal wieder vorgekommen, dass sich meine bessere Hälfte über mich lustig gemacht hatte. Ich war ihr deswegen auch nicht böse gewesen, weil es so typisch für mich ist, wenn ich in einem Spiel so richtig „drin“ bin und gerade mit einem Gegner hadere, der mir permanent ans Leder will. Ich habe nur keine Ahnung, wie das konkret aussieht. Sie sagt mir dann, ich würde mich ständig im Stuhl hin und her bewegen und gleichzeitig die Zunge heraushängen lassen, es sähe so lustig aus. Mal kurz überdacht oder es nach der Aussage selbst reflektiert, bemerke ich tatsächlich, wie ich in Einklang mit meinen Tastenanschlägen mitgehe und auch feuchte Lippen habe. Links laufen, rechts laufen, weg vom Gegner, Knarre wechseln, Spezialangriff ansetzen – und ich selbst? Links lehnen, rechts lehnen, Kopf zurück, vor, „Mist, wo ist die Taste für den Spezialangriff?“. Der Bossgegner ist nicht gerade leicht zu besiegen, dafür haben die Programmierer gesorgt. Es gilt, leuchtende Schwachpunkte zu treffen, das auch mehrmals, danach muss ich den Schlund beballern, dazu noch den Projektilen und Tentakeln ausweichen, die regelmäßig auf mich einprasseln...

    Eine gefühlte Stunde später habe ich die harte Nuss endlich geknackt. Ich seufze stark und bin total glücklich über den Erfolg, lehne mich im Sessel zurück und betrachte mir gediegen die nächste Zwischensequenz. Ich versuche andererseits auch, mein Gefühlsleben zu erfassen, was gerade körperlich gerade mit mir passiert war. Während des Spielens war ich so stark auf die Spielmechanik konzentriert gewesen, dass ich ausgeschüttete Adrenalin gar nicht bewusst wahrnahm. Meine Schläfe schmerzt, vor Anstrengung hatte ich wohl die Zähne zusammengebissen und fühle nun die Nachwirkungen.

    Trotz der Wehwehchen fühle ich mich richtig gut dabei. Ich hatte eine schwierige Aufgabe zu bewältigen und konnte sie erfolgreich zum Abschluss bringen - geiles Gefühl!



    Mehr, mehr, mehr



    Nachdem ich diese Emotionalitäten mehrmals durchlebt hatte und abschließend die Endcredits über den Bildschirm scrollen, kann ich mit Fug und Recht behaupten, ziemlich gefordert gewesen zu sein. Nun, da das Spiel vorbei ist, stehe ich im Grunde vor der Wahl: Nochmal spielen oder etwas anderes beginnen? Von nicht wenigen lese ich, dass sie sich sofort wieder dranstürzen. Vielleicht mit einem anderen Schwierigkeitsgrad, vielleicht mit anderer Spielweise. Sie setzen sich also einer weiteren, wahrscheinlich noch gesteigerten Form von Stress und Emotionen aus. Der Bossgegner von vorhin wird dann wohl noch heftiger attackieren, noch effektiver ausweichen, oder man muss noch mehr Treffer landen. Die Spirale schraubt sich stufenweise nach oben.

    Meinereiner hat dann nach so viel Erlebten erst mal genug davon. War ein Spiel entsprechend aufregend, fällt meine Wahl direkt danach auf etwas weniger Spektakuläres, nach einem Shooter wird dann entweder etwas Taktisches oder ein Casualgame herausgesucht. Zu sehr wirken die Spiel- und Storyerfahrungen noch nach, und wenn diese es wert sind, erhalten zu werden, möchte ich sie so lange wie möglich im Kopf behalten. Ein weiterer Aufregertitel würde dies nur beeinträchtigen.

    Ich dosiere mich also gerne selbst mit Gefühlen und Erfahrungen, die Spiele fähig sind zu vermitteln. Als ich etwa bei „Dead Space“ das große Gruseln erfuhr, konnte und wollte ich aus genannten Gründen keine unmittelbare, zweite Welle davon erleben. Man kann sich nämlich auch zu viel davon verabreichen, ähnlich gesteigerter Dosen an Drogen, weil weniger davon schon zur Gewohnheit geworden sind. Abstumpfen kann demnach den Effekt verringern, was wiederum die Sucht und Steigerung der Dosierung fördert. Die Spirale schraubt sich eben stufenweise nach oben...




    In Stein gemeißelt



    Auf Youtube kursieren oft alle möglichen Formen von Videos, in denen Let´s-Player und Kanalbetreiber ihre Spielerfahrungen dokumentieren. Oftmals sind sie nur akustisch vernehmbar. Mit Headsets bewaffnet wird dann via Fraps die eigene Leidenschaft festgehalten. Für mich ist es durchaus interessant, wie andere Spieler Solokampagnen erleben, etwa ob sich deren Emotionen in bestimmten Abschnitten mit meinen eigenen decken. Nicht selten ist das dann auch der Fall.

    Nur kann es auch passieren, dass die Stimmen oder eingefügten Selfievideos den Eindruck vermitteln, dass da jemand irgendwie regungs- und emotionslos ein Spiel abarbeitet. Okay, für´s Video könnte schon mal vorgedaddelt worden sein, und letztlich sind die Videos so etwas wie ein kommentierter Walkthrough. Doch gibt es auch die Blindspieler, die 18 Spielstunden lang mit einem Gesichtsausdruck dasitzen, als hätte man statt Schminke Beton auf ihr Gesicht geschmiert und den dazu über den ganzen Körper samt Bürosessel glibbern lassen. Keine Regung des Körpers, keine Mimik – es ist also der krasse Gegenentwurf zum Unreal-Kid.

    Kann sein, dass ich jetzt ein bisschen naiv wirke: Aber was geht dann in dem jeweiligen Spieler vor? Ist er völlig in Trance? Interessiert ihn die Geschichte gar nicht? Ist er so sehr konzentiert, dass sein Gehirn nur rein pragmatisch funktioniert? Es interessiert mich wirklich, was in so einem Kopf vorgehen mag, wenn man es schon nicht als Außenstehender erkennt.




    Bis aufs Blut



    Anders herum betrachtet kursieren auch Videos, die manchmal wie virales Marketing anmuten. Um das Spielgefühl anzupreisen, gibt es auch Filmchen zu bestaunen, in denen die gezeigten Spieler ihr... ähem... bestes Gefühlsrepertoire zur Schau stellen. Diese „Beweisorgie“ an offenkundig unechten Gefühlen lässt eigentlich nur den Schluss zu, dass man entweder mit reinen Spielamateuren oder amateurhaften Laienschauspielern gearbeitet hat. Erste haben noch nie solche Spiele gespielt, andere wissen um die beabsichtigte Emotion und overacten sie einfach mal für die Kamera. Dass der Unreal-Kid ebenfalls nicht echt ist, mag so manch realen Bezug auch nicht relativieren.

    Nun haben wir die Gegenseite des Spielers zum Thema, den Hyperaktiven, den Ausraster. Prinzipiell ist es gutzuheißen, seine aufgestauten Aggressionen in einem Spiel auszulassen. Wenn es jedoch schon passiert, dass ein Counter Strike-Spieler nach einem verlorenen Messerkampf den Gegner im realen Leben aufspürt und ihm ebensolches in die Brust rammt, dann läuft ja wohl irgend etwas in deren Köpfen nicht ganz rund.

    Aber auch in abgeschwächter Form, also auf ADHS-Niveau, empfinde ich solche Gefühlsausbrüche als befremdlich. Die Psyche treibt so manchen Schabernack mit einem Menschen, und ich will das jetzt auch nicht bagatellisieren geschweige denn brandmarken. Spiele sollen ja auch Emotionen wecken. Enttäuschungen im realen Leben können jedoch zu übermäßigen Reaktionen im Spiel führen. Gerade im Wettbewerb des Onlinespiels sollte man, wie es viele auch richtigerweise immer wieder predigen, das Spiel auch als Spiel betrachten. Ich kann mir auch schlecht vorstellen, dass abgesehen von E-Sport-Teilnehmern Gamer fundierte Erklärungen für ihre extremen Ausbrüche geben könnten. Der Druck, im Spiel erfolgreich zu sein und Fehler zu minimieren, ist für den Hobbygamer doch so wenig ausgeprägt, dass ich es nur sehr bedingt nachvollziehen kann, dass die Feierabendrunden im Multiplayershooter zur zweiten Projektarbeit hochstilisiert werden.

    Mit Graus erinnere ich mich noch an die Zeit, in der ich Counter-Strike gezockt hatte. Nicht nur, dass mich die ständig auftauchenden Nervbojen gestört hatten, sondern erschrecke ich auch heute noch darüber, wie ernst ich das Spiel damals genommen hatte. Da gab es Tage, an denen ich mit dem Ziel an das Spiel ging, eine gute K/D erzielen zu wollen und scheiterte kläglich daran – meine Ansprüche wurden böse enttäuscht, und das förderte den Frust sowie emotionale Spiralen nach „unten“.



    Krank



    Wir könnten uns jetzt wahrscheinlich stundenlang darüber streiten, inwiefern ADHS eine konkret körperliche Krankheit, eine Erfindung der Pharmaindustrie oder doch nur die Konsequenz aus zu hohem Zuckerkonsum sein mag. Wer darunter leidet, ist zumindest einer gewissen Gesundheitsgefährdung bzw. dem Spott und Hass anderer Mitspieler ausgesetzt.

    Öffentliche Server mit leichtem Zugang und sehr laschen Regelauslegungen sind rege Anlaufpunkte für hyperaktive Spieler, die ihrer Hibbeligkeit zu gerne frönen. Man muss schon eine sehr ausgeprägte Stressresistenz besitzen, um ihren regelmäßigen Besuchen standhalten zu können. In vielen Facetten durchbrechen sie den Gepflogenheiten eines halbwegs geordneten Spiels, cheaten, glitchen, feuern ihre eigenen Teammates nieder oder nerven über die In-Voice-Funktion mit ihrem Quiekestimmchen. Wollen sie mal nicht den Gepflogenheiten des Onlinespiels entgegenstehen oder dem Serverfrieden den Garaus machen, ist ihre Spielweise unkollegial, aggressiv und abwertend. Die eigene Reizüberflutung geht über alles hinaus, was der Durchschnittsspieler unter MITspielen und angenehmen Zeitvertreib versteht.

    Wieviel am Krankheitsbild dran ist, lässt sich online nur erahnen. Ist es Absicht oder „nur“ die Auswirkung einer Krankheit, die man beim Betroffenen leider nicht abstellen kann? Fakt ist: Sie sind nicht geeignet, in normalen und teambasiereten Rundenkämpfen mitzuwirken. Der Unreal-Kid hat sich demnach schon am Ladebildschirm den Unmut der Nachbarn zugezogen – was wäre, wenn er dann noch ständig im Spiel stirbt und sich anhand seiner miesen Statistiken endgültig in Exstase geschrien hätte? Ich wage mal die Prognose, dass es keine fünf Minuten dauern würde, bis jemand Verantwortliches den Bannknopf drücken würde...

    Leider kann ich keine Angaben zum Spielerlebnis eines ADHS-Menschen im Solomodus machen. Lohnt es sich denn überhaupt, sich über die Vorgaben aufzuregen, die einem ein Programm vorsetzt, abgesehen von Bugs und Designfehlern? Im Grunde kann man sich weniger über sein eigenes Unvermögen echauffieren, weil Spiele unter anderem mit mehreren Schwierigkeitsgraden (oder einer solchen Lernkurve) kaum Anlass zur Kritik geben. Im Multiplayermodus sieht es dann doch anders aus. Andere Spieler sind eben weitaus unberechenbarer, man kann sie nicht in Schwierigkeitsgrade einsortieren. Und doch sollte man in dem Wissen an die Spiele herangehen, dass es immer bessere Spieler geben wird als man selbst. Dennoch können wohl manche solche Wahrheiten nicht akzeptieren und ernennen die Person vielleicht sogar zu ihrem Hasssubjekt (wir erinnern uns an den Messerkampf...). Doch was ist, wenn ADHS den Serverfrieden stört? Muss man dafür Verständnis zeigen? Sie eingrenzen und sie auf eigene Server lotsen?



    Irgendwo dazwischen



    Jeder hat wohl seine eigene Meinung darüber, wie man fühlt, agiert oder sich nach außen hin darstellt. Manche sitzen eben stoisch in ihren Sitzen, andere bewegen sich eben bei jeder Aktion mit und lassen die Zunge heraushängen, und wieder andere schreien eben die Nachbarn aus dem Bett.

    Würde man mich fragen, würde ich ihm keine eindeutige Antwort geben können. Gut – letzteres geht mal gar nicht, weil es den Hausfrieden bricht und es den Anschein hat, als ob der Spieler mit Enttäuschungen nicht klarkommt. Auch erstes kann vielleicht lange, lange später zu Auswirkungen führen. Implosionen haben eben einen viel heftigeren Effekt als Explosionen, und beim Menschen stellt sich das ähnlich dar. Dann würde wohl die „Bild“ wieder die Nachbarn bestechen und ihnen Statements wie „Er war doch so ruhig und freundlich“ aus der Nase ziehen...

    Für mich ist maßvoller Umgang mit Spielen und seinen eigenen Reaktionen wieder mal die Lösung aller Dinge. Zu viel davon ist einfach nicht gesund. Man darf ruhig mal unvernünftig sein - McDonalds dem Gemüseauflauf vorziehen, auf´s Gas treten, wenn nur 80 km/h erlaubt sind, sich die Birne zuschütten, auch wenn es die Gehirnzellen zerstört, oder eben einen Schrei loslassen, weil einem der Bossgegner kurz vor knapp den Gnadenschuss verpasst. Aber bitte dann alles mit der nötigen Sorgfalt. Sich selbst einschätzen, seine Grenzen kennen, Fähigkeiten wissen, auch mal aufhören, wenn man einen schlechten Tag erwischt hat.




    Tja.

    So ist das.

    Jetzt geh ich zocken.

    Gleich steigt die Party.

    Wollte aber noch „Game of Thrones“ gucken.

    Mach ich eben beides.

    Nächste Runde.

    Ach nee, nicht der schon wieder.

    Hat mich getroffen.

    Die Sau.

    Ich bin voll.

    Wodka knallt grad.

    Mache ma einer Mussick!

    Yeah, voll der Beat, Alta!

    Opfa, der.

    Habbn Kill gmacht.

    Goil.

    Alles Noobs.

    Außer Mudda.

    .

    .

    .

    .




    Und wenn sie nicht gestorben sind, killen sie sich noch heute...

Kommentare

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  1. Kaliander
    Viele Punkte die du aufgreifst erinnern mich irgendwie an Fußballfans.
    Da nennt sich das aber Emotionen und nicht ADHS
  2. Sydox
    Mal aus dem Kontext gerissen, wo du schon das Fass "früher und heute" aufmachst: Dein Satz beschreibt, wie man auf Youtube Clicks generiert und in der Arbeitswelt z.T. auch Kunden bekommt. Leider.
  3. Bellasinya
    Gut möglich, einerseits sollen Kinder funktionieren andererseits möchte man liberal erziehen. Früher war das das sogenannte Einzelkind-Syndrom. Sie wurden verhätschelt mussten nicht teilen und hatten immer die volle Aufmerksamkeit. So das Klischee.
    Aber vor allem werden die Kinder wenn sie nerven gern ruhig gestellt. Früher war das ein Fernseher, heute sind es Konsolen und Smartphones. Ich war letztes Wochenende im Restaurant. 5 Kinder, alle hatten entweder einen 3DS ein Tablet oder ein Smartphone und haben darauf gespielt. Als das eine Mädchen den 3DS weglegen sollte hat sie sich das Handy der Mutter geschnappt und darauf weiter gespielt. Langeweile? Ein Fremdwort. Ich durfte meinen Gameboy nicht mal ins Restaraunt mitnehmen! Egal ob da noch ein anderes Kind war oder nicht. Still sitzen und sich benehmen war angesagt und Konversation betreiben.
    Heutzutage Umkehrschluss: wenn ich laut bin kriege ich was ich will damit ich ruhig bin. Da geht dann auch oft Wertschätzung verloren. Für mich ist mein Smartphone wertvoll, für viele Kinder selbstverständlich.
    Wenn allerdings Menschen von gleichauf immer nur ruhiggestellt werden, aber trotzdem funktionieren sollen? Was wird dann wohl daraus?
    Ein Kommilitone von mir wurde von seinen Eltern immer gesagt zu welchem Sport er gehen soll. Wurde da angemeldet. Hat sich selbst nie drum gekümmert. Jetzt wohnt er alleine. Organisation ist ein Fremdwort und wenn ihm niemand sagt, dass er zum Sport gehen soll, tut ers auch nicht.
    Kleine Entscheidungen sind zu viel Aufwand. Und vor allem weiß man ja gar nicht ob man das will.
    Aber da gibt es so viele Probleme...

    Zu ADHS:
    Ich glaube oft wird da auch falsch diagnostiziert. Es gibt einen Unterschied zwischen lebhaft und ADHS. Bei einem bekannten wurde es wohl fälschlicherweise diagnostiziert, er hat fast ein Jahrzehnt Ritalin genommen. Als er das dann mit 17-18 abgesetzt hat folgten Drogenprobleme. Seiner Aussage nach, weil etwas fehlte im Gehirn.
    Machte mich auch nachdenklich.

    Aber mit Respektlosigkeit und dieser Art sich aufzuführen, hat ADHS gar nichts zu tun. Das liegt an fehlender Sozialkompetenz, meiner Meinung nach.
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  4. TheVG
    Da würde ich mal spekulieren, dass man es gesellschaftlich mit dem Helikoptereltern-Syndrom in Verbindung bringen kann, vielleicht auch mit dem viel gescholtenen Individualismus. Erstes, weil die Erziehung auf Superlative ausgelegt ist - "Kind, mach deine Schule mit mindestens einem 1er-Durchschnitt fertig, sonst hast du keine Chance in der Welt.". Zweites ist in gewisser Weise ein übersteigertes Selbstwertgefühl, auch von Hause aus mitgegeben, was aber eher an kumpelhaften Eltern liegt, die sich eigentlich mal mehr wie Eltern verhalten sollten. Ich diskutiere auch nicht gerne mit solchen Menschen. Sie sind wirklich schlagfertig (bin ich nicht), aber oftmals um keine Antwort verlegen, auch wenn sie sich in der Defensive sehen. Dann wirst du als Gesprächspartner sofort mit deinen eigenen Defiziten kanoniert.
  5. TheVG
    Ich bin sicher niemand, der Leute gleich für jeden Mist, der an einem klebt, dumm anmacht. Ich habe selbst genügend Makel, da muss ich bestimmt niemandem seine noch vorhalten. Was natürlich überhaupt nicht geht, sind die von dir angesprochenen Stigmatisierungen und Ausgrenzungen, vor allem von Leuten, bei denen offenkundig auch nicht alles richtig tickt.

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  6. Yeager
    Zwischen den Neuronen ist ein Spalt, sie "berühren" sich nicht wirklich. Dort werden Neurotransmitter übertragen und anschliessend absorbiert. Bei ADS/ADHS kommt es vor, dass diese nicht immer und nicht vollständig absorbiert werden. Ergo verbleiben sie im neuronalen Spalt und können jederzeit neue Impulse auslösen. Die dadurch nicht selten unkontrolliert / sprunghaft wirken. Weil sie genau das auch sind, genau wie Ideen. Also eine Kaskade an Gedanken, Eindrücken etc., die man kaum steuern kann. Das KANN sich in gesteigerter Intelligenz auswirken, muss es aber nicht. Schon deswegen nicht, weil kein Mensch weiß, was Intelligenz wirklich ist. Daher ist auch nicht klar, ob ADHS überhaupt als Krankheit einzustufen ist - oder nicht eher als Besonderheit in Sachen informationsverarbeitender Infrastruktur.

    Auf jeden Fall ecken solche "Betroffene", also Leute wie ich, intersozial oft an - und genauso oft ergeben sich überhaupt erst dadurch negative Feedbacks, negativ gerichtete Reflektionen und die Selbstwahrnehmung als "jemand / etwas anderes" im Sinne von "anormal", abgegrenzt, stigmatisiert. Nicht zuletzt durch Vergleichswerte. Wie oft bekam ich schon zu hören, ich sollte mit dem Wippen meiner Beine aufhören, ob ich ein Restlegs-Legs-Syndrom hätte. Habe ich? Nein, mein Kopf stand unter Strom, ich fokussierte mich auf eine Sache und der Rest macht dann seins. Entweder gar nix (Statue) oder Hibbeln eben. Für mich ist das KEIN Problem. Weder nehme ich es als problematisch wahr, noch überhaupt wahr! Es ist völlig normal für mich - die Umwelt hat aber ein Problem damit. Für mich ist es kein Problem zu einem Thema 30 Minuten am Stück zu reden ohne Punkt und ohne Komma. Es ist keine geistige Leistung, ich erzwinge das nicht, sondern eine Info kommt nach der anderen, wie Tropfen in einem Wasserfall. Ganz von selbst, ohne mein Zutun. Will man dem Wasserfall nun vorwerfen, dass er ist, was er ist? DAS ist das wahre Problem bei ADHS: Die Anderen, die "Normalen", die, die - um in dem Bild zu bleiben - einen ruhigen See darstellen. Hat dasselbe Wasser, dieselbe Menge, dieselbe Qualität. Nur ist es ruhiger ;-)
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  7. TheVG
    Also, ich muss mal zugeben, dass ich ADHS ein bisschen wie ein Klischeelabel für den Text eingesetzt habe. Ich weiß nicht so recht, wie sich das physisch und psychisch genau darstellt, daher danke für eure Ausführungen.

    Jedoch versucht mal online, so manche Ausraster zu deuten. Erst wird gemunkelt, das wäre mit Absicht, dann später ist die betroffene Person "krank". Es ist demnach auch so ein bisschen das Wiedergeben von Einschätzungen anderer Spieler.

    Aber: Es soll ja ein bisschen das Klischee bedienen, dass es gerne widerlegt werden kann ;)

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  8. Sydox
    Zuerst: Erst beim Unterpunkt "Krank" habe ich letztendlich komplett verstanden, worauf dein Blog hinaus will. Als Feedback :-)

    In Kürze: Stichwort Roter Faden. Du hast eine Kernfrage/These, die du in der Einleitung etablierst. Dann arbeitest du auf diese These hin und gibst am Ende zusammenfassend (Reflektion/Fazit) an, ob deine These damit stimmt oder nicht. Die einzelnen Überschriften kann man dahingehend abstimmen, sodass die Blöcke aufeinander aufbauen und zum Thesenbeweis hinführen.
    Auch zum Thema "hinführen": Welche Info braucht mein Leser, um Info Y zu verstehen und einzuordnen?

    Zum Thema:
    Ich selber habe ADS (die ruhige Variante, nicht die hibbelige), bin Selbstständiger und kann sagen, dass ADS und ADHS keine Modeerscheinung ist. Zumindest in einigen Fällen nicht. Bei mir hat es eine chemische Blutanalyse gezeigt.

    Wie ich nun in Spielen bin? Rational, ruhig und wie alle Anderen auch. Wenn ich mal laut werde, ist es ein Endboss, der mir beim dritten mal mit ca. 1% Leben die finale Klatsche gibt. Aber das ist normal.

    Früher war ich aktiver ESL Spieler in Jedi Academy. Ausraster gab es nie. Eher von meinen Teamkollegen, die auch nach mehreren Liga-Matches nicht begriffen haben, wieso ich den Spitznamen "Mähdrescher" bekommen habe. Wenn ich reinspringe, müssen alle Teamkollegen schnell weg...

    Zumindest ADS wirkt sich kaum auf das Spielen und die Arbeit aus. Ich merk's eigentlich nur richtig, wenn ich an einem Tag verdammt viele unterschiedliche Projekte abhandeln muss und dementsprechend Prioritäten setzen muss, ohne dass ich auf neue Projekte abschweife.

    Allerdings merke ich bei der jüngeren Generation, dass sie viel zu schnell an die Decke gehen. Ich weiß nicht wieso. Einige nehmen Spiele zu ernst! Sie fühlen sich selber so überlegen, dass Teamkollegen bei Kleinigkeiten sofort niedergeflamed werden. Das kenne ich allerdings auch aus dem Büro. Einige können mit Konkurrenz nicht umgehen.. Oder wenn sie an einem "Lose" beteiligt sind, der aus ihrer Sicht an den Teamkollegen liegt.
    Es ist in meinen Augen eher ein falsche Eifer, der an einem Hobby ausgelassen wird. Vielleicht, weil ein anderes Ventil fehlt.
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  9. Bellasinya
    Ich glaube wovon du sprichst ist eher eine Art kindischen Frusts, der sich äußert, wenn man nicht mit dem Verlieren umgehen kann, weniger die Krankheit ADHS an sich.

    Es gibt diese Menschen, die wurden immer in den Himmel geloobt, durften immer gewinnen und haben das als Status Quo verinnerlicht. Eine Niederlage ist da verheerend.
    Ebenso kannte ich einen, der hat sich immer damit aufgeputscht was er alles besser konnte als ich. Oder dass ich schlecht in diesem oder jenem Spiel bin. Es war völlig egal ob ich auf der höchsten Schwierigkeitstufe war, während er noch auf der niedrigsten rumkrebste. Wichtig war dieser Triumph über mich und über andere. Und wenn es dann doch mal zu im durchdrang, dass er eben nicht der beste war, hieß es "ist doch nur Spaß" (dann aber ein sehr schlechter und vor allem kauf ich dir das nicht ab so oft wie du das sagst) aber vor allem ein Stürzen in das Gefühl "ich bin nichts wert".

    Das ist keine Krankheit sondern ein Streben um Anerkennung, es geht darum keine Fehler zu machen, perfekt zu sein, und wenn das nicht der Fall war. Nunja, dann sind die anderen Schuld.

    Zum Text selbst:
    gut zu lesen, gut formuliert, Argumentation jedoch wie oben erwähnt meiner Meinung zu sehr auf Klischees gestützt.
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  10. Yeager
    Die guten, alten Klischees :D

    Ich habe ADHS.
    Wie wirkt es sich aus?
    Simpel: Alle Gedanken sind gleichzeitig parat. Einer ruft den nächsten auf, raus kommt eine Endlos-Kaskade an Eindrücken und zu verarbeitenden Informationen. Und nun trenne mal das Wichtige vom Unwichtigen! Sei sozial, denke an deine Umwelt, mache nicht solche Sätze wie diese hier, mit lauter Nebensätzen, gespickt voller Kommata, weil andere das ins Koma führen kann, angeblich, was für dich der Normalzustand ist - und du ihn auch nicht als etwas Besonders wahrnimmst. Ein guter Kumpel hat mal zu mir gesagt: "Was du sagst, hat durchaus Hand und Fuss - aber nach spätestens 5 Minuten möchte man nur noch schreien! Alter, ein PUNKT ist ein PUNKT - das Ende eines Satzes! Mach Gebrauch davon!" :)

    Das bringt mich abermals zum Nachdenken.
    Folge?
    Noch mehr mitdenken müssen, als sonst:
    Wie kann ich anderen etwas vermitteln, ohne sie zu erschlagen mit Gedanken? Eigentlich nur über Selbstzensur, oder?

    Und im Game?
    Sieht man mir nichts an. Gut, die Augenbrauen sind noch falkenartiger zusammen gezogen, als sonst. Maximale Konzentration auf das, was ich da tue. Zumindest in Solo-Spielen. In MP-Titeln kommt's darauf an. Aber diese unreflektierten "Ich-teile-meiner-Umwelt-jetzt-einfach-mal-alles-mit-egal-ob-sie-es-hören-will-oder-nicht"...Nee, lass mal. Umgekehrt würde mich das auch wahnsinnig machen, denn ich müsste ja über all dies nachdenken. Obwohl, nein, das stimmt nicht, manchmal ist es entspannend zu sehen, dass man nicht der Einzige ist. Dann entspannen sich die Augenbrauen-Muskeln wieder. Dann bewege ich mich auch wieder. Vorher hätte man mich für eine Statue halten können. Klar, musste alle Energie aufbringen, um mich auf EINE Sache (Singular!) zu konzentrieren. Da blieb keine Rechenpower mehr übrig für's motorische Zentrum :D
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