Witcher 3: Farbsättigung und Lichtstimmung

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  1. Momentan wird viel über die Grafik von The Witcher 3 - Wild Hunt diskutiert. Aufreger Nummer 1 ist das Downgrade der Grafik - alte Trailer und Screenshots sehen wesentlich besser aus als das aktuelle Spiel.

    Wie auch die Gamestar in einem Video-Vergleich festgestellt hat, gibt es tatsächlich Unterschiede bezüglich Texturqualität, Weitsicht, Effekten, etc. Dieses ‚Technische Downgrade‘ trägt jedoch letztendlich gar nicht so viel zur veränderten Bildwirkung bei wie erwartet. Der Unterschied liegt vor allem in der veränderten Lichtstimmung und der scheinbar deutlich erhöhten Farbsättigung, wodurch das Spiel einen ganz anderen, viel bunteren Look erhält.

    Schneller Vergleich: Aktueller Screenshot | Alter Screenshot

    Darüber regen sich die Spieler deutlich mehr auf als über die technischen Unterschiede, die man sowieso meist nur im direkten Vergleich erkennt – zumindest ist das mein Eindruck aus den Kommentarsektionen auf Gamestar, Youtube usw. Auch ich verstehe nicht, wieso die Farbstimmung so unpassend zum erwachsenen, rauen Witcher-Universum gewählt wurde.

    Viele Nutzer hoffen noch auf Farb-Presets oder eine Art Sättigungs-Regler, die mit dem Releasepatch nachgeliefert werden. In diesem Blogartikel möchte ich darauf eingehen, wie eine Lichtstimmung überhaupt erzeugt wird und im Zuge dessen die Frage beantworten, ob die Hoffnungen auf den Sättigungs-Regler berechtigt sind.

    Umsetzung in der RedEngine 2

    Meine Erklärungen basieren auf The Witcher 2 und dem zugehörigen Modkit. Die Engine von TW3 ist eine Weiterentwicklung dieser Engine. Es ist also davon auszugehen, dass viele Dinge dort ähnlich gemacht werden. Im Detail wird es Unterschiede geben, aber die Prinzipien sollten gleich bleiben.

    Eine bestimmte Lichtstimmung wird in der RedEngine über sogenannte ‚AreaEnvironments‘ erzeugt. Das sind, grob gesagt, für den Spieler unsichtbare Zonen, die in der Welt platziert werden. Jede Zone enthält ein bestimmtes Lichtsetting. Je nachdem, in welcher Zone sich der Spieler gerade aufhält, wird das entsprechende Lichtsetting angewandt.

    Hier ein paar Beispiele aus einer Testwelt, wie AreaEnvironments das Licht und die allgemeine Stimmung beeinflussen:

    AE 1 Mittags | AE1 Abends | AE3 Mittags | AE4 Mittags

    AE2 stammt aus dem Inneren einer Höhle und sieht draußen im Wald nur blöd aus, deshalb habe ich es rausgenommen.

    Definition einer bestimmten Lichtstimmung

    Die Lichtstimmung des jeweiligen AreaEnvironments wird über Parameter geregelt. Das sind Farb- oder Zahlenwerte, welche letztendlich den Look innerhalb derZone bestimmen.

    Die Meisten denken jetzt möglicherweise an drei Farbfelder, einen Sättigungsregler und einen Helligkeitsregler, aber so einfach ist die Sache nicht. Um einen bestimmten Look zu erzeugen, reicht es nicht nur, eine Lichtfarbe festzulegen. Es geht dabei um Globales Licht (nicht an eine bestimmte Lichtquelle gebunden), Sonnenlicht, Nebel, Wind, das Aussehen der Sonne selbst, Effekte wie Bloom, Ambient Occlusion und Lightshafts etc. etc. All diese Bereiche werden wiederum über eine Vielzahl von Parametern festgelegt, die wiederum für jede Tageszeit individuell eingestellt werden müssen – schließlich gibt es einen dynamischen Tag-Nacht-Zyklus.

    Hier ein Bild davon, mit welchen (und wie vielen) Einstellungen sich der Leveldesigner im Endeffekt herumschlagen muss.

    Ihr könnt euch jetzt sicher vorstellen, wie lang (sehr lang!) es dauert, eine bestimmte Lichtstimmung mit Hilfe eines AreaEnvironments zu erstellen. Selbst wenn man verstanden hat, wofür all die Regler und Werte gut sind, ist es eine höllische Arbeit, ein AreaEnvironment zu erstellen, das zu jeder Tageszeit gut aussieht und die gewünschte Atmosphäre rüberbringt.

    Was bedeutet das für die Spieler?

    Wenn CDPR sich entschieden hat, die Lichtstimmung im Spiel zu ändern, war das kein Schnellschuss, der sich mit einem Schalter wieder rückgängig machen lässt. Es war eine bewusste Designentscheidung, die Stunden und Tage an Arbeit nach sich gezogen hat.

    Und selbst wenn CDPR nachträglich auf Druck der Community noch einen Regler zur Farbsättigung einbaut, der Spieler auf SweetFX zurückgreift oder einfach die Sättigungseinstellungen des Bildschirms verändert, kommt das nicht aufs Gleiche raus. Eine Lichtstimmung ist eine komplexe Angelegenheit, bei der sich unzählige Parameter gegenseitig beeinflussen und zu einem gelungenen Gesamtbild zusammensetzen – oder eben nicht.

    Eine kleine Analogie zum Schluss: Stellt euch vor, ihr habt ein Foto, das an einem sonnigen Tag aufgenommen wurde. Jetzt dürft ihr so lange die Farbsättigung herunterdrehen, bis es so aussieht, als wäre der Tag düster und bewölkt gewesen. Geht nicht? Ganz genau.

    Fazit

    Die Lichtstimmung von The Witcher 3 wird sich so schnell nicht ändern lassen. Ein Modder müsste (Modkit vorausgesetzt) alle AreaEnvironments bearbeiten, was extrem viel Arbeit ist. Alle kurzfristigen Lösungen sind letztendlich nur Pfusch. Vielleicht können sie den quietschbunten Eindruck etwas abmildern, werden aber niemals zu einem in allen Spielsituationen überzeugenden Ergebnis führen.

    Wenn nicht noch ein Wunder passiert, müssen wir uns mit dem bunten Look abfinden.



    Falls ihr bis hierhin durchgehalten habt, vielen Dank für’s Lesen! Kommentare, Lob und Kritik sind natürlich jederzeit willkommen. Allen, die sich fürs Modding zu TW2 (und voraussichtlich auch) TW3 interessieren, lege ich außerdem einen Besuch auf meinem Youtube-Kanal ans Herz.

    Über den Autor

    KlabautermannKM
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Kommentare

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  1. Wari
    ich steh total auf die farbsetting in dem titel, ist nunmal geschmacksache..

    optimalerweise sollte man den spielern eben ein paar settings zur auswahl geben..
      2 Person(en) gefällt das.
  2. SureAI
    Super Artikel!
    Aus eigenener Erfahrung kann ich sagen, dass dieser Prozess nicht in ein paar Tagen beendet ist, sondern eher so aussieht: http://9gag.com/gag/aObW1Q6
    ... und monatelanges Tweaking braucht.
    Gerade weil es sich um ein komplexes System handelt und sagen wir, eine Beleuchtungseinstellung kann auf einem Asset gut aussehen (beispielsweise im Wald) und an einer anderen Stelle einen Zaun so überstrahlen sodass er aussieht wie leuchtendes Plastik - Sodass auch Tweaks der Texturen notwendig werden, wenn die Beleuchtung angepasst wird.
    Btw. die hier geäußerte Kritik, dass viele Werte im Tweaking Beleuchtung jene gar nicht beeinflussen, stimmt so auch nicht ganz - Viele Shader und Effekte beeinflussen sich in der Regel sehr untereinander (Keine Ahnung ob das in der RedEngine auch so ist, aber ich gehe davon aus). Man kann z.B. keinen Kontrast im Bild ändern ohne die Eye Adaptation an die neuen Verhältnisse anzupassen - Und das zieht Rattenschwänze hinter sich her.
    Viele Beleuchtungsmods und ENBs verändern das Bild häufig so dass es an so einigen Stellen "merkwürdig" aussieht (oder künstlich), und bei einem Spiel das im Laden steht sollte man das vermeiden - Es sollte bei jeder Beleuchtungssituation realistisch aussehen. Da ist mehr Tweakingaufwand notwendig als sich die meisten Modder machen.

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  3. andi5lebt
    Jo dieses Hängenbleiben an Ecken, der Nerv wenn man versucht aus dem Wasser zu klettern. Das nervt. Etwas looten wenn daneben ein Feuer zum an und ausmachen ist? Das hat schon in Witcher 2 irrsinnig genervt.
    Das gezirkle wenn man versucht eine Tür zu treffen is ja ein nerviger Aspekt den man auch von GTA und co kennt.

    Aber zur Farbe:
    Es gab mal irgendein Spiel da konnte man die Sättigung wählen weil angeblich düster für Europa besser geht, während der amerikanische Markt es angeblich nur bunt mag. War das nicht gar Witcher 2? Weiß nimmer genau.
    Generell sehe ich aber nicht warum eine Welt mit einem düsteren Storyhintergrund nicht bunt sein darf.
    Nur weil Kiregsfilme schwarz weiß waren?
  4. Ginfizz
    Äh...ich dachte immer, die Originalversion ist die letzendlich veröffentlichte und alles andere ist Work in Progress? Da haben wir doch schon des Pudels Kern der überhöhten Erwartungen.
  5. occide
    Die Aussage bezog sich auf die Texturen, das habe ich wohl nicht klar ausgedrückt. Ich persönlich habe keine Ahnung, wo die Limits einer PS4 oder XBOX One liegen, kann mir aber nicht erklären, warum sonst man heutzutage derart kleine Texturen verwendet. Die Grafiker bei CDPR werden sicher keine Amateure sein.

    EDIT: Und da das wahrscheinlich auch jeder falsch versteht: Ich finde W3 nicht ansich schlecht. Würde ich es schlecht finden, würde ich es deinstallieren und evt. noch bei Steam o. Amazon entsprechend bewerten. Ich schreibe meine Kritikpunkte, weil ich finde, dass das Spiel es verdient hat, ordentliche Texturen zu bekommen, ein besseres Menü, dass man diese unsäglichen, sich wiederholenden Ladescreens wegklicken kann, etc. pp.
  6. Ginfizz
    Vielen Dank für die Erklärungen, ich hoffe nur, dass viele sie lesen. Wer als Fotograf mit Photoshop bastelt, der weiß, wie schwierig es ist, bestimmte Stimmungen und Gegebenheiten zu verändern. Das klappt wirklich nur bedingt.

    Ich gebe zu, dass TW3 schon kräftige Farben hat - aber ich frage mich auch, wieviele von den Komikern, die jetzt was neues zu meckern gefunden haben, eigentlich ihr Urteil aufgrund eines kalibrierten Bildschirms fällen. Sowas haben die meisten doch gar nicht.

    Die tollen Vorschläge, doch am Monitor direkt was rumzuregeln, haben mir da wirklich nur noch ein müdes Grinsen entlockt...
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  7. gandalf72
    Bei Arcania konnte man doch die Farbsättigung zwischen amerikanisch und europäisch umstellen. Schade dass das nicht beim Witcher geht.
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  8. endokin
    HAha^^ erst das Game quasi 2 3 Monate non stop hypen, klar EA Titel, und dann kommt sowas. Sprachlos ob der unseriösen Berichterstattung hier.
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  9. reliefpfeiler
    Na dann hoffen wir einfach mal, dass sich die Entwickler entweder selbst nochmal hinsetzen und diverse "Grundlichtstimmungen" entwerfen, zwischen denen man wählen kann oder, dass sie entsprechende Modkits zur Verfügung stellen, die derartige Eingriffe ermöglichen.

    Ich bin mir sicher, dass einige Modder diese Herausforderung nur zu gern angehen würden.

    Guter Artikel übrigens, nur wenige ahnen, wie viel Aufwand und Komplexität sich bereits hinter den einfachsten Abläufen und Gebilden verbergen, die sich in einem Spiel finden.
  10. Stirrling
    Also Farbsättigung am Display oder im Treiber senken.....
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