Der verdammte rote Balken

Von Dikarus · 17. Januar 2018 ·
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  1. Ein Spiel kann niemals so komplex sein, wie das wahre Leben, sagt man. Und obwohl ich diese Aussage stark bezweifle; schließlich ist das Potenzial der Technik grenzenlos, ist der Lebensbalken in Spielen ein perfektes Beispiel dafür. Er ist eine perfekte Wahl, weil er 1. auf einen Blick zeigt, wie es um unseren Charakter bestellt ist, und zweitens der klassische rote Balken wohl das einfachste Mittel ist, um Leben darzustellen. Ernsthaft, denkt mal über ein einfacheres System nach. Gar nicht so einfach, oder? So effektiv und einfach zu machen der Balken auch ist, so funktionieren Körper nicht. Dazu erzähl ich mal diese Anekdote; in so ziemlich jedem Shooter haben so wohl der Held als auch der Gegner ein starres Lebenssystem, das ich ab jetzt LS nennen werde. Das bedeutet, dass, egal wo ich treffe, der Gegner den gleichen Schaden nimmt (Headshots jetzt mal außen vor). Das bedeutet, ich kann einen Gegner töten, indem ich auf seinen kleinen Zeh schieße.​

    Jetzt mal ernsthaft, egal wie schmerzhaft das ist, im wahrem Leben kann man nicht zehn mal auf den kleinen Zeh eines Menschen schießen und dann erwarten, dass er abfällt. In Shootern schon. Und es ist auch egal, wie wenig Schaden der Gegner beim Schuss auf den kleinen Zeh nimmt, ein bisschen Schaden nimmt er immer. Deshalb begrüße ich LS wie das in Fallout, in dem ich die Körperteile meiner Gegner abschießen kann und sie dann dort keinen Schaden mehr nehmen. Und jetzt was für die Rollenspieler unter euch: Jede Waffe verursacht Blutschaden, nicht nur euer legendärer Vampir-Schlagring. Ich als unabhängiger Spieleentwickler suche schon lange nach einem Weg, dieses Problem zu lösen. Also denkt jetzt nicht, ich hätte zu wenig Probleme (ich habe genug, glaubt mir, Tod dem Franzuntericht) und wolle nur ein wenig meckern. Nein, mir macht das selber zu schaffen. Ihr wollt nicht wissen, wie viele Stunden ich damit zugebracht habe, ein vernünftiges LS und SS (Schadens-System) zusammenzubasteln.

    Aber die Spieleindustrie wird besser. Hellblade: Senuas Sacrifice, Rimworld oder Rainworld zum Beispiel setzen auf sehr interessante LS. Während Rimworld es schafft, ein so realistisches LS zu kreieren, wie ich es noch nie gesehen habe, arbeitet Hellblade mit Visualisierung der Wunden an der Heldin und Rainworld verzichtet gleich ganz auf irgendeine Anzeige und gibt uns einen Instant-kill zu spüren, wenn wir uns nicht rechtzeitig aus den Mäulern der Monster befreien können. Aber vor allem im Multyplayer sieht man kaum etwas anderes als Lebensbalken (und bitte kommt mir nicht mit der Lebenskugel aus Diablo III und Konsorten. Das ist haargenau das selbe. Das ist so als wäre Assasins Creed plötzlich wie Assasins Creed. Kapiert? Dasselbe.

    In den Kommentaren wird wahrscheinlich argumentiert werden, das man insbesondere im PvP den schnellen Lebensbalken brauche. Ich sage nein. Zeig mir ein Multyplayer-Spiel, das eine andere Methode als diesen Balken benutzt (ernsthaft, ich weiß keins). Auch wenn der Balken so einfach erscheint, wie cool wäre es denn, in Beispielsweise For Honor mit so einem LS wie in Hellblade zu kämpfen. Die Kämpfer umkreisen sich, schätzen anhand ihrer Spielfiguren ab, wie viel ihre Kämpfer noch aushalten (im wahrem Leben schätzt man das nämlich auch und wirft nicht einen kurzen Blick auf die Smartwatch) und sehen mit leiser Panik, wie das Blut aus ihren sichtbaren Wunden fließt.

    Und wie atmosphärisch wäre den bitte This War of Mine mit einem LS wie dem von Rimworld, anstatt mit den unsäglichen BLAUEN Lebensbalken. Lebensbalken allein waren euch nicht genug, nein, ihr musstet auch noch gegen das heilige Gesetz der Videospiele verstoßen und sie blau machen (ich überlasse es an dieser Stelle dem Leser zu urteilen, wie viel von dem Satz ernst gemein war. Der Lebensbalken hat uns über einige schöne Jahrzehnte begleitet. Aber genauso wie die Minimap muss auch der Lebensbalken seinen letzten Lebenspunkt einbüßen und aussterben. Und genauso wie ich bei der Minimap skeptisch war, wird letztlich alles besser.​

    Über den Autor

    Dikarus
    Ich spiele gerne Basketball, Fechte (Degen) und (natürlich) spiele in meiner Freizeit. Außerdem lese ich gern und schreibe auch eigene Geschichten.
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Kommentare

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  1. Ritter des Herbstes
    Müsste mich jetzt arg irren, aber das stimmt doch so nicht nicht: Irgendwann ist das Körperteil eben verkrüppelt, Schaden wird da immer noch genommen.
    Gibt natürlich solche Systeme: Darksouls mit seinen Drachen, deren Schwänze man abschlagen kann fällt mir da immer ein, wobei die Mechanik da relativ aufgesetzt ist.

    Der Punkt ist doch viel mehr, dass man eben gar nicht dahin möchte, was du hier forderst, weil man damit die Belanglosigkeit des Tötens auslöscht.
    Sterbende in Spielen leiden eben üblicherweise nicht.


    Die letzten 10 Jahre Egoshootergeschichte haben gerade angerufen und weisen auf den grauen/blutigen Bildschirm hin.
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