Epic vs. Valve – Die Konsequenzen eines Krieges

Von Tsabotavoc · 16. März 2019 ·
  1. Wir schreiben den Winter 2004. Die Grünen schlagen vor islamische Feiertage einzuführen und christliche abzuschaffen, AIDS breitet sich laut WHO aufgrund mangelnder Gleichberechtigung immer schneller aus, Goleo VI wird als Maskottchen für die Fußball-WM 2006 vorgestellt und Guantanamo Bay war auch damals schon kein cooler Ort und Etwas das man eigentlich schließen sollte. Ja es war ein bewegter Winter. Das meiste davon ging aber, zumindest für die Gamer unter einer Ankündigung unter: Half-Life 2 nötigte uns ein Zwangskonto bei Steam ab.

    Damals war der Begriff Shitstorm noch nicht geboren aber hätte es einen gegeben: Valve hätte einen geerntet. Stattdessen wurden sie von der deutschen Verbraucherzentrale verklagt.

    Valve nötigte der Welt Steam auf und das mit nicht besonders fairen Mitteln. Der Schreiber dieser Zeilen hatte genau aus diesem Grund damals Half Life 2 boykottiert und besitzt es auch heute noch nicht. Kurios bei einer Spielebibliothek die mittlerweile über 180 Titel beinhaltet.

    Kurz und gut: Wer glaubt das Gabe Newell ein ganz netter Kerl ist hat denn Schuss nicht gehört. Mit Halflife 2 hatten sie damals DAS Spiel schlechthin und das hat er eiskalt ausgenutzt um der Welt Steam aufs Auge zu drücken. Er hat es der Spielerwelt reingewürgt als wären wir eine Mastgans.

    Seitdem wurde Steams Untergang mehr als nur einmal herbeigewünscht oder herbeigefürchtet. Einer davon: Tim Sweeney der sich noch 2016 sogar Sorgen um Steam machte. Microsoft will Steam zerstören! Mit Zwangsupdates werde Microsoft Steam mehr und mehr kaputt machen. Microsoft, so orakelte er weiter, werde Steam nie ganz kaputt machen aber so viele Bugs einführen dass die Leute freiwillig zum Windows Store wechseln.

    Bis zur Sabotage von Steam durch Microsoft ist es dann nie gekommen. Wohl auch deshalb, weil man sich als Spielebetriebssystem Nr. 1 nur ungern den eigenen Markt zerschießt für einen bestenfalls fragwürdigen Vorteil.

    Der Gedanke den Tim Sweeney hatte ist dennoch interessant, zeigt es doch welche Methoden dem Herren so einfallen um Konkurrenz in die Knie zu zwingen.

    Epic Games hat einen cleveren Schachzug gemacht denn sie haben das getan was bisher in der Form kein Mitbewerber je getan hat. Sweeney hat das Mastgans-Szenario neu aufgelegt. Epic Games ist das Wohl des Kunden genauso scheißegal wie es das Gabe Newell einst 2004 war. Er geht direkt auf die zu, die die Spiele machen, und ködert diese. Finanziell unterstützt durch die Einnahmen aus Fortnite und sehr viel Chinageld bietet er Spieleentwicklern etwas das noch nie zuvor da war: Sicherheit.

    Bis vor Kurzem war es Mutmaßung aber spätestens seit dem Phoenix Point Deal ist klar das Epic nicht nur bessere Konditionen anbietet, sondern auch eine Mindestabnahmemenge zusichert. Ein gefährliches Spiel das vor allem auf die Gutmütigkeit der Käufer setzt. Man darf ruhig davon ausgehen, dass andere Exklusivdeals mit einem ähnlichen Paket vergütet wurden.

    Eine für Publisher und Entwickler sehr komfortable Situation denn selbst wenn sich ihr Spiel schlecht verkauft sind sie finanziell fein raus. Epic wiederum hofft dass das nicht zu lange der Fall sein muss.

    Die großen Publisher wiederum reiben sich die Hände. Ubisofts The Division 2 hat sich auf dem Epicstore, wenn man den Aussagen von Herrn Guillemot trauen darf, wohl eher mäßig verkauft. Das Spiel war insgesamt trotzdem der Kracher da es die Leute scharenweise in den Ubisoftstore trieb der über 500% Zuwachs bei den Verkäufen hatte.

    Für Ubisoft eine Win-Win-Situation. Ihr Spiel hat sich gut verkauft, sie haben ihren eigenen Store gepusht, niemand kann ihnen vorwerfen Verweigerern des Uplay-Stores keine Alternativen zu bieten und zeitgleich bekommt man wohl von Epic Games nochmals Geld überwiesen da die Umsatzziele nicht erreicht wurden. Würde ich sofort so wieder machen an seiner Stelle.

    Wie lange indes Tencent bei der ganzen Sache zusieht und wie lange Fortnite-Geld hier zur Quersubventionierung herangezogen wird darf man hinterfragen. Denn am Ende des Tages gilt: Die Zahlen müssen auch Sinn ergeben. Wenn der Epic Games Store nicht innerhalb von 12 Monaten ein deutliches Plus an Kunden bekommt wird auch hier rascher der Stecker gezogen als man schauen kann.

    Das große Problem mit den Exklusivdeals ist, dass sie längst nicht exklusiv genug sind. Ubisoft würde nie blöd genug sein ihr Spiel nur im Epic-Store anzubieten. So wie sie in der Vergangenheit nichts nur auf ihrem Store veröffentlicht haben. Vor allem da man ja am Ende des Tages erst wieder Uplay braucht um den Titel nutzen zu können!

    Metro Exodus war ein Erfolg. Aber nicht am PC. Es verkaufte sich exzellent für die Konsolen, viel besser als sein Vorgänger Last Light. Finanziell hat es sich also, wenn man den potenziellen Scheck von Epic Games in Betracht zieht, mit Sicherheit gelohnt.

    Der Flurschaden ist aber auch recht beachtlich: Selbst wenn man davon absieht das hinter dem Epic Games Store eines der ekeligsten Unternehmen der Menschheitsgeschichte steht mit direktem Draht zur kommunistischen Partei Chinas… Selbst wenn man außer Acht lässt das in den Launcher Funktionen eingebaut wurden die an Spyware grenzen und das die Aussagen des Geschäftsführers dem Kunden so hart ins Gesicht schlagen dass es an Hohn grenzt… selbst dann hat der Epic Store ein Problem.

    Der Store funktioniert mit Sicherheit wunderbar so lange es nur um die Handvoll Titel geht, die es aktuell dort zu haben gibt. Ich erwarte mir aber 2019 mehr von einem Store. Ich will Vorschläge, ich will Kuratoren, ich will Reviews, ich will Foren in denen ich mich austauschen kann. Ich will Guides, Artworks, etc…

    Und allein das wird mich davon abhalten den Epic Store zu nutzen. Man kann Steam nämlich viel vorwerfen aber nicht, dass es im Laufe der Jahre nicht auch sehr viel Komfort und Features rausbrachte die primär nur für Kunden gedacht sind.

    Für uns PC-Spieler stehen alles in allem düstere Zeiten an denn selbst wenn der Epic Store scheitert: Die Zeiten in denen man praktisch alles im Steamstore bekam sind wohl endgültig gezählt. Ubisofts UPlay hat nun spätestens dank dem Epic Games Store, kurioserweise, seinen festen Platz als Verkaufsplattform erlangt.

    Und all die Spiele die auf dem PC scheitern? Nun hier steht dann der Nachfolger klar in Fragezeichen. Denn so unklug seinerzeit die Aussage eines der Entwickler von Metro Exodus zu den Boykottplänen der Spieler auch war: Er hat den Nagel auf den Kopf getroffen. Wenn Spiele am PC floppen, aber auf der Konsole erfolgreich sind, wird es einen Teil danach möglicherweise nicht mehr für den PC geben.

    Dazu kommt natürlich eine andere Horrorüberlegung die sich in den Köpfen vieler nun wieder breit macht: Was wenn Steam tatsächlich pleite geht? Von einem Tag auf den anderen sind Spielebibliotheken im Wert von tausenden von Euros unbrauchbar.

    Was tut Valve dagegen? Erstaunlich wenig aber das war auch in der Vergangenheit so. Reisende soll man nicht aufhalten und Rückkehrern die Tür nicht verschließen scheint das Motto des Tages zu sein. Und daran wird sich hoffentlich auch nichts ändern.

    Denn eines sollte Epic Games klar sein: Steam ist der 900 Pfund Gorilla der PC Spieleindustrie um den man kaum herumkommt. Zumindest nicht, wenn man nicht zu den ganz Großen der Branche gehört. Valve spielte bisher eher die Rolle des sanften Riesens der zwar könnte aber nicht will. Was passiert wenn der 900 Pfund Gorilla sich erstmal in Bewegung versetzt und seinerseits zum Konter ansetzt möchte ich mir nicht vorstellen.

    Denn egal wer hier am Ende des Tages gewinnt: Wir, die Kunden, haben auf jeden Fall dabei verloren. Konkurrenz ist gut. Sie ist wichtig und sinnvoll. Aber erst jetzt verstehe ich wie wichtig eine fair spielende Konkurrenz ist wie zB. GOG.

    Valve hat mit Epic hier seinen vermutlich ernstesten Konkurrenten gefunden. Und das primär deshalb weil dieser Konkurrent auf diejenigen um die es eigentlich geht komplett scheißt und über Leichen geht um ans Ziel zu kommen. Uns. Die Spieler. Die, die den ganzen Blödsinn am Ende des Tages berappen.

    2004 haben es die Leute mit sich machen lassen. Heute auch?

    Über den Autor

    Tsabotavoc
    Mein erster Computer war ein C64, mein erstes Spiel Wizards of Wor. Ich war dabei als Ragnaros noch echt bedrohlich war und man in Echtzeitstrategiespielen maximal 6 Einheiten gleichzeitig kontrollieren konnte. Ja ich bin langsam echt alt!
    Bakefish und Misie Gaming gefällt das.

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