Laßt uns mal wieder "Civilization" spielen!

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  1. Eigentlich sollte hier ein Text über das allererste Civilization stehen, aber leider hat der Autor dazu keine Zeit, weil der Krieg gegen die Mongolen alle Zeit in Kauf nimmt, außerdem in den nächsten Runden das Schießpulver erfunden wird und bald auch das nächste Weltwunder endlich fertig gebaut ist. Außerdem steht die Gründung einer nächsten Stadt an und noch vieles mehr…


    Okay, etwas Zeit gefunden, schreiben wir doch mal ein paar Zeilen über Civilization. Aber was kann man eigentlich darüber schreiben, was noch nicht erzählt wurde? Nun, wie wohl alle wissen, gehört Civilization zu den Rundenstrategiespielen und es geht darum eine Zivilisation aufzubauen, die möglichst lange überlebt. Beginnen tut man mit einer Einheit Siedler, die erste Aufgabe, eine Stadt gründen. Hat man diese gegründet geht es darum, diese weiter auszubauen, zu expandieren, also weitere Städte zu bauen und die im Dunkeln liegende Welt zu erforschen. Zwangsweise trifft man dabei irgendwann mal auf andere Zivilisationen, mit denen man handeln und Diplomaten austauschen kann, oder einfach Krieg führt. Im Laufe der Zeit erforscht man dabei neue Technologien, die bessere Militäreinheiten ermöglichen, und es erlauben die Städte gezielt auszubauen, z.B. mit Tempeln oder Kraftwerken. Auch verschiedene Weltwunder kann man bauen, die einmalig auf der Welt sind und diverse Boni bringen, zumindest solange bis sie technologisch überholt werden. Auch Staatsformen, wie Despotismus, Monarchie oder Kommunismus gibt es, jede mit unterschiedlichen Vorteilen, aber auch Nachteilen. So gibt es in der Demokratie keine Korruption (schön wär’s), aber Kriege werden erschwert, weil Militäreinheiten außerhalb der Heimatstadt für miese Stimmung sorgen. Gewonnen hat man das Spiel, wenn man entweder nur noch die einzige Nation auf der Welt ist, oder als erstes ein Raumschiff baut und Alpha Centauri erreicht.

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    Das Hauptmenü von Civilization.

    Civilization erschien 1991 für für IBM-kompatible PC und war gleich ein Volltreffer! Programmiert wurde es bekanntlich von Sid Meier, veröffentlicht von Microprose, der legendären Spieleschmiede, die so manches tolle Stück Spielesoftware auf dem Markt warf. 1992 folgte dann die Amiga-Version, die inhaltlich der PC-Version in Nichts nachstand, grafisch natürlich etwas farbarmer daherkam. Es folgten dann noch Versionen für den Atari ST, das Super Nintendo, Macintosh und sogar für die erste Playstation. 1996 folgte dann der zweite Teil, weitere folgten, mittlerweile ist die Serie beim sechsten Teil angekommen. Dazwischen gab es 1994 mit dem sehr guten Colonization sogar einen Ableger, der sich um die Besiedlung Nordamerikas drehte und 2008 ein Remake, auf Basis des vierten Civilization-Teils ein Remake bekam.

    Und wo kommt jetzt der Software-Pirat ins Spiel? Nun, der lernte Civilization irgendwann auf den Schul-PCs kennen und schätzen, wo jemand dieses Spiel, wohl ohne Wissens der Lehrer, installiert hat. Seine eigene Version bekam er aber erst 1994, übrigens mit kräftiger Mithilfe von Software 2000. Tatsächlich zog im Sommer des Jahres 1994 der Software-Pirat, damals noch etwas kleiner und weniger liquide, mit seiner Oma in die Stuttgarter Innenstadt um sich den damals brandneuen Bundesliga Manager Hattrick zu kaufen. Der schaffte es aber aufgrund von diversen Bugs nicht in die Ladenregale bzw. dort lange zu liegen. So genau weiß ich das nicht mehr. Fazit: Mission gescheitert, keine Bundesliga Manager Hattrick. Ganz ohne leere Händen wollte ich damals aber nicht wieder nach Hause. Da kam die Amiga-Version von Civilization gerade Recht. Den Bundesliga Manager Hattrick ging dann etwa ein halbes Jahr später in meinen Besitz über, nur mal so nebenbei erwähnt.

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    Wir bauen unseren Palast aus, als Belohnung für einen guten Fortschritt im Spiel. Heute würde es wohl einfach ein Archivement geben. Den Mauszeiger gibt es übrigens nicht dazu.

    Im Nachhinein war das Problem mit dem Bundesliga Manager wohl das richtige Schicksal für mich, denn ich wage es zu bezweifeln, ob ansonsten jemals Civilization in meinen Besitz gelangt wäre. Und das wäre wirklich schade gewesen. Wie auch immer, zu Hause öffnete ich erstmals die Packung, freute mich über ein ordentliches Handbuch und vier Disketten, von denen ich auch gleich Sicherheitskopien anlegte. Hinzu kam noch eine weitere Leerdiskette, die für die Speicherung der Spielstände gedacht war. Dann legte ich die erste Diskette in das Laufwerk meines Amiga 500 ein und entdeckte, was für ein wundervolles Spiel Civilization doch war. Das begann schon mit dem Intro, daß mit mehreren Standbildern erzählte, wie sich zuerst die Erde aus einer Wolke aus Staub bildete, dann dort sich das erste Leben erstand, daß sich weiter entwickelten und schließlich die ersten Menschen, die dann begannen eine Zivilisation zu gründen. Etwas irritierend fand ich, daß sich diese Eröffnungssequenz nicht abbrechen ließ, zumindest nicht sofort. Tatsächlich wurde derweilen die Spielwelt erstellt, und das dauerte… Nun waren wir Amiga-Besitzer allerdings lange Ladezeiten von Disketten durchaus gewöhnt. Man konnte es ertragen.

    Auch gewöhnt waren wir Amiga-Besitzer an mehr oder weniger häufige Diskettenwechsel. Kaum ein Amiga 500 hatte eine Festplatte, meiner auch nicht. Eine Speichererweiterung um 512 Kbyte auf 1 Mbyte war schon das äußerste. Ich würde jetzt auch gern schreiben, daß das häufige Diskettenwechseln doch ziemlich auf den Sack ging, oder ich würde gern schreiben, daß es unglaublich toll war, wie Microprose es geschafft hat, daß man so gut, wie nie die Disketten wechseln muß, aber ich kann es nicht, weil ich es nicht mehr weiß. Ich habe es schlichtweg vergessen. Nun, dann wird es sich wohl auch in Grenzen gehalten haben.

    Später bekam ich dann einen Amiga 1200, der, noch ein bißchen später dann sogar eine Festplatte bekam. Auf Festplatte entfiel dann natürlich der Diskettenwechsel, dachte ich zuerst. Nachdem ich allerdings mein frisch installiertes Civilization startete und aufgefordert wurde, Diskette 2 (oder eine andere) einzulegen, verstand ich die Welt nicht mehr. Ein Blick ins Handbuch (oder einer Readme-Datei) löste das Problem und erklärte mir, die Bedeutung des Assign-Befehls. Kurz gesagt ist es ein Befehl, der dem Betriebssystem sagt: „Wenn du Diskette x suchst, schau mal auf der Festplatte im folgenden Unterordner nach…“. Eigentlich ganz nützlich. Natürlich gehörte dieser Befehl in vierfacher Ausführung in die Startup-Sequenz, oder besser in die User-Startup. Später schrieb ich mir ein Skript mit den Anweisungen, verpaßte dem Skript ein Icon und machte es mit dem Befehl IconX ausführbar. Das war gut für den Speicherplatz und Speicherplatz war damals etwas Wertvolles.

    Mit solchen Problemen muß man sich im Jahre 2020 natürlich nicht mehr aufhalten. Schwieriger ist eher die Frage, wie bekomme ich die physischen Amiga-Disketten in binärer Form als adf-Files auf den PC. Und wo sind die verfluchten Disketten überhaupt. Glücklicherweise findet sich im Internet so manchen, unter anderem auch adf-Files von der deutschen Version von Civilization, mit oder ohne Kopierschutz. Dabei entdecke ich sogar, daß es eine AGA-Version von Civilization gibt (kam 1994 von Software Demon heraus), wenn auch nicht auf Deutsch.

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    Die Spielwelt. Es bringt ziemlich viel, wenn man sein Reich ordentlich ausdehnt.

    Für diesen Blog wählte ich auch tatsächlich die AGA-Version. Die sieht einfach besser aus, als die originale Amiga-ECS-Version, die erstaunlich farblos daherkommt. Dafür nahm ich gern die englische Sprache in Kauf, was im Großen und Ganzen kein großes Problem darstellen. Nur die englische Bezeichnung für die ein oder andere Technologie war mir halt nicht so ganz geläufig.

    Nach der Installation und dem Start, beginnt das Spiel erstmals mit einem Auswahlfenster im DOS-Style, indem man die Wahl hat, zwischen einer Steuerung mit „Maus+Tastatur“ und „Tastatur only“. Was für eine Frage? Natürlich nimmt man da „Maus+Tastatur“. Alles andere macht doch keinen Sinn! Das man so etwas überhaupt fragen muß. Hm, wahrscheinlich ist diese Frage wohl noch ein Überbleibsel von der Original-MS-DOS-Version.

    Doch danach beginnt das Spiel, die Musik ertönt, das Intro beginnt. Im Hauptmenü entscheide ich mich für ein neues Spiel, ein altes zum laden gibt es ja noch nicht. Und auf einer Karte zu spielen, die der Erde nachempfunden ist, möchte ich jetzt auch nicht. Alternative kann man sich auch eine Spielwelt anhand von diversen Parameters designen, also anhand von Alter, Form der Kontinente, Temperatur… Danach beginnt das eigentliche Intro, indem wieder die Entstehung der Welt erzählt wird, und die auf meinen virtuellen Amiga 1200 immer noch eine gefühlte Ewigkeit dauert. Anschließend suche ich mir eine Nation aus, die ich führen will, den Schwierigkeitsgrad und die Anzahl der maximal vorhandenen Zivilisationen auf dem Planeten, also maximal sieben.

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    Ein Bild aus dem Intro. Wir lernen, wie die Welt entsteht, sich das erste Leben entwickelt, Intelligenz entsteht und schließlich eine Zivilisation. Beim ersten Mal sehenswert, leider aber erst abbrechbar, sobald die Spielwelt aufgebaut ist. Und das dauert...

    Los geht es mit einer einsamen Siedlereinheit, die irgendwo eine Siedlung gründen soll, am besten natürlich am Meer oder an einem Fluß, von da an soll sich mein Reich ausdehnen und irgendwann die gesamte Welt beherrschen. Für die erste Etappe an diesem Samstagnachmittag habe ich mal ca. eine halbe Stunde eingeplant. Schnell habe ich einen Siedlungsplatz gefunden. So eine Siedlung ist natürlich erstmals schutzlos, also eine Einheit Krieger gebaut, zum Schutz der Stadt, und dann noch schnell eine zweite, die das Umland erkunden soll und einen geeigneten Platz für die zweite Stadt zu finden. In der Zwischenzeit ist hoffentlich meine erste Stadt soweit gewachsen, damit sie eine neue Siedlereinheit bauen kann, die dann die zweite Stadt gründen soll. Und dann soll noch eine dritte dazu kommen, für Stadt Nr. 3 und außerdem sollen die Städte mit Straßen verbunden werden. Und natürlich müssen auch Mienen und Bewässerungsanlagen angelegt werden. In der Zwischenzeit erkunden meine Kämpfer das Umland, entdecken Dörfer, wo sie Schätze, Wissen, oder Räuberbanden finden, wenn man Pech hat. Wenn man Glück hat, findet man einen fortschrittlichen Stamm, der sich als neue Stadt gleich anschließt. Mittlerweile springt die Forschung an, die Bronzeverarbeitung hat meine Zivilisation erforscht, ich kann jetzt die Phalanx bauen, die effektiver meine Städte schützt. Und auch das Rad wurde erfunden, was Streitwägen ermöglicht. Zum Dank darf ich meinen Palast ausbauen.

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    Rustikale Diplomatie. Eine Stadt wechselt in unseren Besitz dank des "diplomatischen" Vorgangs der Eroberung. Nur möglich, wenn man sich in einen Krieg befindet.

    Meine halbe Stunde dauert mittlerweile schon etwas mehr als 45 Minuten, dann treffe ich die ersten Vertreter einer anderen Zivilisation. Das kurze Gespräch startet mit dem Austausch von Wissen, dann gibt es ein paar Drohungen, am Ende einen Friedensvertrag. Ich will mehr über den Kontrahenten wissen, schicke einen Diplomaten in eine seiner Städte und errichte dort eine Botschaft. Man könnte ja eine Karawane hinschicken und eine Handelsroute aufbauen. Bringt ja schließlich Geld.

    Meine halbe Stunde dauert mittlerweile länger als 60 Minuten, aber jetzt aufhören geht nicht. Schließlich steht das erste Weltwunder vor der Vollendung, was ich noch erleben will. Und außerdem ist auch gleicht die nächste Technologie erforscht. Sollte ich meine Staatsform vielleicht auf Monarchie ändern? Gute Frage. Nach 90 Minuten bin ich im Krieg, mit gleich zwei Gegner gleichzeitig. Aufhören geht jetzt nicht, die Runde muß noch sein, weil gleich die nächste Stadt hoffentlich in meinen Besitz übergeht. Und außerdem gibt es da einen Kontinent der erforscht werden will. Also, eine Runde geht noch. Und dann noch eine, und noch eine. Und weil gerade mein Panzerschiff von einer Phalanx versenkt wurde (was meiner Meinung nach unmöglich ist), muß die nächste Runde auch noch gespielt werden. Zum Glück habe ich an diesem Tag keine Verpflichtungen. Ihr seht also, Civilization ist kein Spiel für nur eine halbe Stunde. Außer die halbe Stunde ist eine „sehr lange“ halbe Stunde. Zeit ist ja relativ, bekannter weise.

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    Unsere Wissenschaftler haben das Geheimnis der Eisenbahn entdeckt. Was nicht überliefert wird, ob unsere Eisenbahn auch pünktlich ist.

    Als ich mich von Rechner endlich loseisen kann, hat die „halbe Stunde“ sage und schreibe 180 Minuten gedauert. Und keine davon war irgendwie langweilig. Ein wirklich faszinierendes Spiel! Civilization ist fordernd, jede Entscheidung will wirklich überdacht werden, aber interessant und spannend. Und es gibt einem viele Möglichkeiten, wie man vorgeht. Man kann es aggressiv spielen, also auf militärische Eroberung setzen, oder eher defensiv, friedlich siedeln, mit den Kontrahenten auf Dialog setzen und der Diplomatie den Vorzug geben. Dabei ist das Spiel angenehm komplex, wenn auch nicht so umfangreich, wie die Nachfolger. So gibt es noch keine unterschiedlichen Religionen, die eine Einfluß nehmen. Wie immer, kann man das aber auch als Vorteil sehen. Erst gegen Spielende, wenn man in die Neuzeit kommt, und Kontrahenten schon stark abgeschlagen sind, wird es etwas langwierig. Die hemmungslos veraltete Grafik stört dabei übrigens so gut, wie überhaupt nicht und die kleinen Zwischenszenen, wenn z.B. ein neuer wissenschaftlicher Durchbruch erzielt wurde, oder z.B. eine neue Kathedrale in einer Stadt gebaut wurde, sind auch heute noch nett anzuschauen. Auch die spärlichen Soundeffekte und Musikstücke gehen in Ordnung.

    So kommen wir zur entscheidenden Frage: Sollte man Civilization auch heute noch spielen? Nein, außer man hat viel Zeit, alle anderen Spiele schon durch, keine sozialen Kontakte und meidet Sonnenlicht und frische Luft. Denn es ist verdammt schwer, Civilization zu beenden. Tolles Spiel, aber gefährlich suchterregend!

    Über den Autor

    Software-Pirat
    Irgendwann bekam der Software-Pirat mal einen NES zu Weihnachten geschenkt, obwohl er sich bislang für Video-Spiele nicht interessierte. Aber von da an ging es los. Später kam noch ein Amiga 500 ins Kinderzimmer, dann einen Amiga 1200. Ein PC gab es erst später. Seitdem gehören PC-Spiele zum Hobby des Software-Piraten.

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