Spieler werden älter. Was hat sich verändert...was bleibt immer gleich? Bleiben die "Alten" auf der Strecke? Sind sie weiter voll dabei? Gibt es Angebote für diese Zielgruppe?
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Der Beitrag der Gamestar trifft einen interessanten Punkt
Die Gamestar persönlich geht in einem Plus-Artikel auf das Thema der "älteren" Spieler ein. Ich selbst zähle mich nach inzwischen knapp 4 Jahrzehnten "ingame" auch zu den Veteranen des Gaming. Im Gegensatz zu einem Großteil meiner Freunde und Mitspieler sind sowohl meine Spielzeiten wie auch meine Ausgaben für dieses Hobby relativ konstant auf hohem Niveau geblieben. Dennoch hat sich natürlich auch Vieles verändert. Die Szene. Die Spiele. Die Menschen.
Im Hinterkopf entsteht ein Projekt
Bereits vor mehr als 4 Jahren habe ich über ein kleines Projekt nachgedacht, dass in Gesprächen mit anderen Beteiligten den Arbeitsnamen "Let's Play Ü30/Ü40" hatte. Den YouTube-Channel hatte ich schnell angelegt, das entsprechende Design ist seit damals "fertig" in der Schublade, die nötige Technik für den geplanten Stream ist bis auf Kleinigkeiten bereits vorhanden.
Private Verschiebungen im Leben (Scheidung, Tod der Mutter) haben dann dafür gesorgt, dass ich diese Dinge erst Mal auf Eis legen musste, danach war leider durch den Wechsel der Arbeitsstelle mein Arbeitsaufkommen so groß, dass ich erst jetzt wieder mit den Gedanken spiele, diese Dinge doch noch umzusetzen.
Ältere Spieler finden sich oft abseits der Zielgruppen im Niemandsland
Natürlich ist es nun so, dass ein älterer Spieler nicht generell zu einer anderen "Rasse" von Spielern gehört. Wir teilen uns das Hobby, wir teilen uns die Freude und das Interesse. Aber die Ansprüche an die Spiele und vielleicht auch an die Umstände haben sich teilweise geändert im Gegensatz zu früher.
Ganz so alt bin ich dann nicht, dennoch stellt es natürlich eine Tendenz dar. Meine Großeltern waren noch nicht mit Pad vorstellbar - die Generation X als Nachfolger der Babyboomer sind durchaus auf einem anderen Weg...
Wo ich deutlich merke, dass ich nicht ganz in die aktuellen Schemen passe, ist auf YouTube. Ich sehe relativ viele Let's Play Videos - und fast immer sind die Streamer in etwa halb so alt wie ich. Es gibt kaum Angebote für Leute in meinem Alter, wo ein Mensch mitten im Leben mit entsprechender Verantwortung, Familie und Beruf eine Einschätzung zur Brauchbarkeit eines Spiels abgibt, der ich dann wirklich folgen kann.
Auch die Qualität eines Spiels bemisst ein Mensch jenseits der 30 oder 40 vielleicht anders als ein Teenager. Da geht es nicht um besser oder schlechter, es geht allein um Bedürfnisse, Erfahrung und Ansprüche. Naturgemäß haben die "Älteren" auch mehr Geld zur Verfügung um es in Spiele oder Hardware zu investieren - sind aber durch Lebenserfahrung auch kritischer und hinterfragen mehr, als es etwa der unter Hype stehende Fortnite-Spieler tun würde.
Der Anfang waren wenige Pixel und viel Fantasie
Zum Beginn meiner "Karriere" als Gamer durfte ich auf dem Arbeitscomputer meines Vaters (riesengroß, blau, Schriftsatz-Maschine) ein rudimentäres Ballerspiel spielen, bei dem etwas hin und her flog, was ich am Ehesten mit dem Geldspeicher von Dagobert Duck vergleichen würde. Wenn man dann im richtigen Moment die Space-Taste gehämmert hat, traf man genau in der Mitte dieses Ding. Ich war völlig fasziniert - das war 1980.
Ältere Spieler brauchen mutmaßlich keine eigenen Spiele, sie haben Spaß an den gleichen Dingen wie jüngere Gamer. Aber vielleicht wären innerhalb der Spiele bestimmte Angebote angebracht - etwa was die Anforderungen an die nötige Spielzeit betrifft.
Meine Eltern haben an diesem Tag gelernt, womit sie ihren Sohn glücklich machen und vor Allem ruhig stellen können...und so kam an Weihnachten 1981 ein Atari 2600 ins Haus. Spiele wie Jungle Boy, Jungle Hunt und das von mir vergötterte Centipede bestimmten ab diesen Tag meine Gedanken. Heute erkennt man diese Farbansammlungen kaum noch als Spiel...damals reichte es aus, um meine wildesten Fantasien zu beflügeln.
Heute, 38 Jahre später, habe ich einen gänzlich anderen Anspruch an Spiele entwickelt. Ich möchte grandiose Optik, weitreichende Freiheiten und vor Allem Authentizität. Ich möchte meinen Charakter frei wählen dürfen, möchte nicht mit Logik-Hämmern erschlagen werden und vor Allem wünsche ich mir, dass man mich im Spiel selbst von der Spielwelt die mich umgibt "überzeugt". Grafik, Sound, Storytelling, Charakterentwicklung...es gibt so viele Schrauben, an denen man drehen kann. Schon innerhalb meiner Generation gibt es viele Menschen, die eine ganz andere Haltung pflegen. Zocker die 20 Jahre jünger sind haben dann ein gänzlich anderes Weltbild.
Heute habe ich mit großer Freunde auf Facebook einen Beitrag verfolgt, bei dem Spieler auf die Frage nach ihrem ersten Spiel geantwortet haben und diese Antworten teilweise noch mit Bildern bzw. Screenshots dieser Games aufgewertet wurden.
Was waren da für lustige Sachen dabei...unter anderem das Spiel "Lemmings". Nachdem ich mich ein wenig geärgert hatte, dass Lemmings keinen zeitgemäßen Nachfolger hat, wurde mir klar, dass ich beim Erscheinen des Originals schon 10 Jahre Zockerei auf dem Buckel hatte - obwohl ich anno '91 grade mal 16 Jahre alt war.
Werden wir übersehen?
Ich habe manchmal den Eindruck, dass die Spieler im höheren Alter nur dann als "Faktor" wahrgenommen werden, wenn es um Geld geht. In diversen Statistiken tauchen Hochrechnungen auf, wie viel Geld etwa im Sektor "35 - 45" ausgegeben wird wenn es um den Kauf von Games, Hardware oder Mikrotransaktionen geht.
Die einzigen "Angebote" die man uns macht sind Shortcuts wie in Battlefield, nach dem Motto "Wer nicht die Zeit hat sich alles zu erspielen, kann für nur 19,99 auch ohne die erbrachten Leistungen auf XYZ zugreifen..." - ich bin mir nicht sicher, ob eine ganze Industrie hier entsprechendes Potential einfach brach liegen lässt.
Die Hersteller von Autos, von Gebrauchsgegenständen, selbst von Nahrungsmitteln...sie Alle entdecken die veränderten Ansprüche der älteren Bürger als Chance auf Umsatz und auch auf Weiterentwicklung der Angebote. Auch in der Filmindustrie gibt es den Trend, wieder mehr anzubieten als die aktuellen Zielgruppen vielleicht einfordern.
Ich finde es nicht unbedingt ausreichend, wenn von uralten Spielen lieblose ""Remastered"-Versionen ausgespuckt werden, nur um mit der Nostalgie den letzten Cent aus einem Titel zu pressen. Wenn mit diversen Lego-Spielen und quietschbunten Jump-and-Run-Games gezielt für die Jüngsten entwickelt wird...warum soll das nicht auch in anderen Altersgruppen eine Möglichkeit sein?
Der Spieler selbst...
Natürlich ändert sich auch der Mensch selbst. Die Reaktionen lassen nach, die Augen werden schlechter, man kann nicht mehr zwischen 12 Spielen wechseln und alles gleich gut beherrschen. Ich muss mich online inzwischen auf 3 oder 4 Spiele beschränken, in denen ich gut mitspielen kann. Alles mitnehmen kann ich schon bestimmt 10 Jahre nicht mehr. Im Singleplayer bin ich oft maßlos überfordert mit der Größe der Spielwelten. Nicht was das "bespielen" angeht, ich liebe Far Cry oder Odyssey. Aber mir fehlt schlicht die Zeit, jedes Blatt und jeden Stein umzudrehen. Ich habe mir das bei Read Dead Redemption 2 zum ersten Mal seit Jahren wieder gegönnt, extra frei genommen und das Spiel wirklich frei von Zeitdruck und Verantwortung genossen.
Auch "jüngere" Erwachsene haben durch Beruf, Familie oder andere Bereiche irgendwann eine andere Haltung zu ihrem Hobby. Sie sind durch den entsprechenden Verdienst in der Lage mehr Geld zu investieren, haben dafür aber auch veränderte Ansprüche.
Online spielen tu ich auch anders als früher. Mein "Partner" ist ein junger Kollege, der mit seinen 21 Jahren mit mir 2er-"Blackout" in CoD spielt. Meine eher ruhige, taktische Art das Spiel zu spielen macht ihn oft völlig verrückt. Auch wenn er bisher keine Solo-Siege einfahren konnte, ich dagegen schon Einige - es kommt für ihn nicht in Frage meine Spielweise zu adaptieren. Er will Action, er will dass sich was dreht - ich will gewinnen.
Das Gleiche ist in FIFA der Fall. Ich habe seit Jahren die gleichen, teilweise hoch veranlagten Mitspieler...die können alle Tricks, haben 75% Ballbesitz, schießen 20 x auf mein Tor pro Spiel - ich schieße 4 mal, treffe 3 mal und gewinne 3 zu 1. Ich möchte ein schönes Fußballspiel haben, die Jungs schauen Video-Tutorials, um möglichst die Fehler und Schwächen des Spiels zu nutzen um dann 3 mal das gleiche Tor zu erzielen - andere Ansprüche an das Spiel.
Generell andere Haltung ?!
Nun kann ich als einzelne Person ja nur mutmaßen über die Ansprüche und Wünsche anderer Leute, und die wenigen Unterhaltungen zu dem Thema kann ich kaum als repräsentativ bezeichnen. Für mich stellt es sich subjektiv so dar, dass ich an mein Hobby über die Jahre eine wirklich völlig andere Erwartungshaltung entwickelt habe. Früher wollte ich schnellen Erfolg und möglichst alles "mitnehmen", schon allein um dabei zu sein und mitreden zu können.
Heute, im Jahr 2019, sollen mich die Spiele ablenken, entspannen, herunterfahren. Ich möchte für mein Geld gut unterhalten werden und einen Ausgleich haben zum stressigen Alltag in der Klinik, wo ich stets mit voller Konzentration und hoher Verantwortung eingebunden bin. Ich wünsche mir stimmige, fehlerfreie Programme, die durch starkes Matchmaking und faire Regeln Frust vermeiden.
Ich bin seit jeher bereit, richtig Geld in die Hand zu nehmen für mein Hobby. Das war nie anders - nur meine Möglichkeiten haben sich deutlich verändert. Einer meiner Freunde spielt NUR FIFA. Er hat nur Zeit für dieses eine Spiel. Der verdient deutlich mehr als ich, hat aber auch ein kleines Kind und einen ebenso stressigen Job wie ich. Er überlegt sich gut, für WAS er Geld in die Hand nimmt und noch mehr, wofür er seine Freizeit aufbringt. Wir können beide nicht das ganze Wochenende "Weekend-League" spielen - trotzdem bekommt er wenn er online spielt regelmäßig Gegner zugewiesen, die mehrere Ligen über ihm spielen und deutlich stärkere Teams haben. Er fühlt sich oft extrem frustriert und obwohl ich seine Flucherei lustig finde, verstehe ich die Problematik sehr gut.
Ein aktuelles Beispiel ist "Ninja" und sein Boykott, weil ihm der neue Patch bei Fortnite nicht passt. Das ist der Gamestar mehrere Berichte wert. Ein junger Kerl beklagt sich, weil ihm trotz Millionen-Verdienst schwerer gemacht wird, weitere Millionen an Preisgeld zu erspielen. Dass der Patch möglicherweise - ich weiß es nicht - "normalen" Spielern hilft, nicht noch weiter in Rückstand zu geraten mit dem 1% an Topspielern, spielt in der Wahrnehmung keine Rolle.
"Ninja" boykottiert Fortnite, weil ihm eine Änderung nicht gefällt. Inwiefern es richtig ist, dass solche Influencer den Weg der Spiele bestimmen, stellt ein interessantes Thema dar.
Generell habe ich den Eindruck, dass ganz abgesehen vom Alter der "normale" Spieler nicht mehr maßgeblich ist. Streamern und E-Sport-Stars werden die Games auf den Leib geschneidert - verdient wird aber bei denen, die das Spiel kaufen und anonym wegen des Spaßes an der Freude spielen. Während dann ein Teenager vielleicht noch begeistert zu den Stars der Szene aufsieht und deren YT-Channel schaut oder über Twitch alles verfolgt, fragen wir Älteren uns doch immer wieder, ob man uns verarschen will. Wir mussten uns den Dingen beugen, die die Hersteller der Games beschlossen haben. Als in Counterstrike von einer Beta zur Nächsten die Waffen plötzlich nicht mehr aus der Vorrunde auf den Boden lagen, war das ein harter Schlag - an Mimimi dachte da keiner...wir haben es einfach gemacht.
Heute soll alles möglichst kostenlos sein...möglichst zugänglich...und möglichst cool. Ich persönlich bin gespannt wie konsequent Blizzard nun World of Warcraft Classic umsetzen wird...und wie sehr die User dann kotzen, die WoW Vanilla nie gespielt haben. Nicht "jeder kann alles", sondern knallharte Raids und Instanzen, die keine Fehler verzeihen, extrem durchstrukturierte Gilden, stundenlanges Farmen von Tränken und Items und regelmäßiges Scheitern trotz ewig investierter Zeit. Ich bin fast sicher, dass das nicht so kommen wird...wer sollte das noch spielen? Am Ende wir "Alten", die wir noch das Original kennen?
Ein Fazit zu ziehen ist schwer
Inwieweit die Industrie den Bereich jenseits der 35 Jahre als eigenständigen Bereich erkennen wird oder bereits erkannt hat, kann man nur schwer einschätzen. Die Zeit wird es zeigen, ein übersättigter Markt macht es ganz von Alleine nötig, neue Türen zu öffnen. Dürfte eine spannende Geschichte werden. Kreativität wird wohl helfen.
Und die Jungen sollten sich vielleicht klar machen, dass auch sie von der Zeit eingeholt werden...und sie dann mit anderen Ansprüchen, Wünschen und Voraussetzungen an unsere Stelle treten werden.Über den Autor
1975 auf die Welt losgelassen bekam ich 1982 von meinen Eltern zu Weihnachten ein Atari 2600 überreicht - seitdem nahm die Spirale ihren Lauf. Ich bin seit inzwischen etwa 40 Jahren "ingame". Durch verschiedene Berufe, Beziehungen, eine Ehe, Wohnorte und Weltanschauungen hindurch waren in meinem Leben in den letzten 25 Jahren nur 3 Sachen konstant: Motorräder. Heavy Metal. Gaming.
Bakefish, Gargamosch, Doda und 14 anderen gefällt das.
Recent Reviews
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"Ach bin ich alt ;)"
- 5/5, 5 out of 5, reviewed 6. April 2019
Sehe mich sehr oft wieder
Sehr gut geschrieben und irgendwie findet man sich immer wieder, vermisse die c64 Zeit.
Der Bundesliga Manager Pro, mit Maradona beim FC Schalke
Oder die XWing Zeiten auf meinem 386, hey dafür wurde sogar ne soundkarte sowie 256kb Speicher gekauft und der EMS Speicher wie blöd optimiert
Als Rebel assualt raus kam musst jeder nen CD Laufwerk haben
Dann kam die C@C Zeit (was ich die vermisse), da wurden Nächte durchgehockt.
CS 1.0 wie blöd gespielt, später Source.
Gothic 1 hach.....
Ja werde alt
Kommentare
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