Das Netflix der Games wird als der heilige Gral des Gamings beschworen. Doch wer profitiert wirklich? Wird die Netflixisierung der Spieleindustrie dem Konsumenten nur Vorteile verschaffen oder das Gaming, wie wir es kennen, für immer zugrunde richten?
Netflix der Spiele – eine dystopische Zukunftsvision
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Und so geht Gaming wie wir es kennen zugrunde – mit donnerndem Applaus.
Zugegeben, Prinzessin Amidala beklagte in der ikonischen Filmszene den Untergang der Freiheit, mir geht es jedoch um ein anderes Thema: Gaming. Ende März kündigte Google seinen Streamingdienst Stadia an. Im Juni an der E3 2019 bewarb Microsoft seine Streamingplattform xCloud und Ubisoft verkündete sein neues Abo-Modell «Uplay+». Während die Präsentatorinnen und Präsentatoren ihre Ankündigungen machten, applaudierten und jubelten ihnen Fans und Journalisten zu. Konsumenten träumen vom heiligen Netflix Gral: Für zehn Euro im Monat alle Games spielen, die man will und kein Geld ausgeben für einen High End PC. Klingt utopisch? Das ist es auch. Wer bei solchen Ankündigungen in Ekstase verfällt, denkt leider nur kurzfristig. Viel zurückhaltender reagieren Entwickler auf den Streaming- und Abo-Trend. Sie befürchten, dass auf lange Sicht der Reiz von Streaming-Plattformen klassische Vollpreisspieleentwicklung komplett verdrängen wird – mit katastrophalen Folgen für die Art und Weise, wie Spiele in Zukunft entwickelt werden.
Disclaimer:
In diesem Blogbeitrag zeichne ich bewusst eine dystopische Zukunftsvision von der Gameindustrie. Der Bösewicht: Streaming-Plattformen. Die Opfer: Entwickler und Konsumenten. Ich habe keine Kristallkugel und weiss nicht, wie sich die Zukunft entwickeln wird. Es liessen sich gegen viele Aussagen in diesem Blog gute Gegenargumente anbringen. Ich verzichte auf eine balancierte Diskussion, um den Text nicht aufzublähen. Mir geht es bloss darum, auf einige Gefahren hinzuweisen, zum Nachdenken und Diskutieren anzuregen. Der Blogbeitrag ist entsprechend wie eine fiktionale Geschichte zu lesen und nicht wie eine Auflistung von Fakten. Vielleicht ergibt sich ja eine fruchtbare Diskussion in den Kommentaren.
Streaming- und Abo-Dienste: kein Trend, sondern Tatsache
Während der E3 Pressekonferenz von Ubisoft fragte ein Gamestar Redakteur auf Twitter leicht sarkastisch: «Wer hat eigentlich jetzt noch keinen Gaming-Subscription-Dienst? Edeka?». Damit trifft er den Nagel auf den Kopf. Abo-Dienste und Streaming-Dienste sind kein ferner Zukunftstrend mehr, sondern haben ihren Eroberungsfeldzug längst begonnen und machen rasant Boden gut. Seit knapp einem Jahr begegnet uns der Begriff «Netflixisierung des Gamings» auf allen Plattformen des Internets. Zuletzt auch auf der Gamestar in Heiko Klinges Artikel.
Nvidia bietet den Shadow Play Service an, Playstation hat sein PS Now Abo, EA das Access Programm, Microsoft die xCloud, Ubisoft Uplay+, und Googles Stadia könnte der grosse Gamechanger werden, wenn die Technik das hält, was das Marketing verspricht. Capcom bietet Resident Evil 7 in Japan auf der Switch an, indem es das Spiel aus der Claud auf die Switch des Nutzers streamt. Die Spielerin oder der Spieler kauft dabei nicht das Spiel, sondern bezahlt für den Streamingdienst und wird nach sechs Monaten erneut zur Kasse gebeten. Apple, Amazon und Verizon flirten ebenfalls mit Game-Streaming und etliche kleinere Plattformen buhlen um ein Stück des Kuchens. Dieser Streaming-Kuchen wird laut Analysten auf mehrere Dutzend Milliarden Dollar geschätzt.
Der Direktor von Square Enix, Yosuke Matsuda, schrieb in einem öffentlichen Brief an Investoren Anfang dieses Jahres, dass Game-Streaming physische Spieleverkäufe obsolet machen würde zugunsten eines rein digitalen Vertriebs. Streaming würde ausserdem ein Abo-Modell begünstigen und Square Enix müsse eine Antwort auf diese Gegebenheiten finden.
Ragnar Lodbrok Tørnquist, Gründer von Red Thread Games, ist überzeugt, dass die «Netflixisierung» der Videospielindustrie geschehen wird. Kurzfristig nütze dies – gerade kleinen – Entwicklern, langfristig sähe es aber anders aus. Wem gehören Spiele in der Cloud? Was bedeutet es ein Spiel in der Cloud «zu besitzen»? Wie werden Entwickler vergütet?
Die Frage scheint nicht mehr zu sein, ob sich Cloud-Gaming durchsetzt, sondern wann und was die Konsequenzen für Spielerinnen und Spieler sowie Entwicklungsstudios sind.
Spotify-Dystopie oder Netflix-Utopie?
Seitdem über Game-Streaming gesprochen wird, trifft man meistens zwei gegensätzliche Darstellungen an. Die eine ist positiv und malt ein Bild einer Welt, in der jeder Mensch, der einen Monitor oder TV besitzt auf high-end Niveau zocken und für ein monatliches Abo aus einer schier unendlichen Videospielbibliothek auswählen kann. Kleine Entwickler könnten über Streaming-Plattformen ein Millionenpublikum erreichen und der Content-Hunger der sich gerade etablierenden Plattformen, würde die Kreativität der Studios beflügeln und den Spielern eine nie gesehene Fülle an Spielevariation bieten.
Die andere Vision kauft den Milliarden-Konzernen die Marketing-Buzzwords nicht ab. In dieser Welt gibt kaum ein Konsument sechzig Euro für ein Spiel aus. Entwickler machen Spiele nur noch für Google Stadia und Microsofts xCloud, klassische Single-Player-Spiele sind verschwunden und durch Games-as-a-Service ersetzt worden. Studios können kaum noch ihre eigenen, kreativen Ideen umsetzen, sondern programmieren die Spiele, welche die Plattformbetreiber bei ihnen bestellen.
Diese entgegengesetzten Zukunftsvisionen haben mit Spotify und Netflix Präzedenzfälle. Musikerinnen und Musiker klagen über – und verklagen – moderne Musik-Streamingdienste wie Spotify oder Google Play Musik (Google? Wait a minute…). Selbst Superstars wie Taylor Swift verdienten für einen Song, der knapp 50 Millionen Mal gestreamt wurde, lediglich zwischen 280.000 und 390.000 Dollar. In der Musikindustrie verdienen Top Acts ihr Geld mit Konzerten und Werbeauftritten. Streaming und Plattenverträge sind weder für Superstars, noch für aufstrebende Künstlerinnen oder Künstler interessant. Doch was wäre ein Videospiel-Äquivalent zu Konzerten? Wir kennen die Antwort: Lootboxen, Mikrotransaktionen und Cash-grab-Mechaniken.
Seitdem Netflix die Art und Weise wie TV-Content produziert und konsumiert wird, revolutionierte, berichten viele Filmschaffende von einem goldenen Zeitalter in der Branche. Selbst untalentierte Schauspielerinnen und Schauspieler findet Rollen, Produzenten saugen Drehbücher auf wie Staubsauger und Netflix ist in einem Kaufrausch wie eine Teenagerin mit der Kreditkarte ihrer Eltern während des Sommerschlussverkaufs. Doch selbst diese Perspektive ist zu sehr durch die rosarote Brille gefärbt. Während Konsumenten und Arbeitnehmende aus der Filmindustrie zweifelsfrei von Netflix profitieren, haben die Produzenten oftmals das Nachsehen, was eine faire Gewinnbeteiligung angeht. Netflix hält die Abrufzahlen von Serien und Filmen geheim. Ein TV-Produzent hat kaum eine Möglichkeit herauszufinden, wie beliebt sein letztes Projekt war, um einen besseren Vertrag für das nächste Projekt auszuhandeln. Netflix kauft Serien für fixe Beträge ein. Gewinnbeteiligung gibt es kaum.
Wie würden Spiele-Entwickler vom Gaming-Netflix bezahlt werden? Wie werden im Streaming-Zeitalter Spiele überhaupt produziert? Spieleentwickler haben mehrfach bewiesen, dass sie schlecht mit fixen Budgets arbeiten und noch schlechter Deadlines einhalten können. Ein TV Studio kann in einem Jahr eine sehr gute Serie produzieren, ein Spieleentwickler kann oder kann nicht in fünf Jahren für den Betrag X ein Spiel entwickeln. Im schlimmsten Fall braucht er noch mehr Zeit und Geld. Sind Streaming Plattformen bereit, auch in zehn Jahren dieses Risiko einzugehen, oder werden sie Druck auf Entwickler ausüben, Spiele «effizienter» herzustellen, auf Kosten von Qualität und zum Leidwesen der Spieler?
Die Streaming-Dystopie
Die folgenden Abschnitte werden einige Probleme des Game-Streamings benennen und gehen absichtlich vom «worst-case» Szenario aus. Ich will nicht behaupten, dass dieses zu 100% eitreffen wird, sondern zeige nur auf, was sein könnte.
Ich gehe von drei Prämissen aus:
1. Google, Microsoft und die anderen Streaming-Giganten entwickeln eine zuverlässige Streaming-Technologie und Infrastruktur, die Highend PCs und Konsolen tatsächlich überflüssig macht.
2. Die Preise der Abo-Modelle sind so gewählt, dass es für eine Mehrheit von Spielerinnen und Spielern tatsächlich attraktiver wird, ein Abo zu haben, als Spiele einzeln zum Vollpreis (60 Euro) zu kaufen.
3. Aufgrund von 1 und 2 entwickeln Studios fast ausschliesslich für Streaming-Plattformen, da sie durch Vollpreisverkäufe kaum noch Absätze erzielen.
Es ist alles andere als sicher, ob diese drei Prämissen tatsächlich eintreten werden. Aber wenn sie es tun, könnte das langfristig für Entwickler sowie Spieler ins Negative umschlagen.
Das Problem der Sichtbarkeit
Wie prominent wird ein Spiel in der Spielebibliothek eines Spiele-Dienstes angezeigt? Mit diesem Problem haben kleine Indie-Studios bereits jetzt auf Steam&Co zu kämpfen. Das Problem würde aber auf Streaming-Plattformen verstärkt, die einem Anbieter gehören, der eigene Studios hat. Diese würden gegenüber Indie-Entwicklern sicherlich bevorzugt. Es gibt bereits Gerüchte, dass Verizon auf seiner Plattform zahlenden Entwicklern oder Publishern mehr Bandbreite gewähren wird. In diesem Fall könnten grosse AAA-Studios Verizon Geld zahlen, damit ihre Spiele flüssiger laufen als diejenigen von der Konkurrenz. Konsumenten hätten natürlich das Nachsehen und würden aus Frust die Spiele nichtzahlender Entwickler kaum anrühren, wenn sich die Bandbreite auf das Spieleerlebnis negativ auswirkt.
Wie wird bezahlt?
Eine etwas philosophische, aber für Entwickler absolut zentrale Frage ist, wie Streaming-Plattformen Wert bemessen. Für Steam ist dies sehr einfach. Spiel X hat sich eine Million Mal verkauft zu Preis Y, wovon Steam 30% abkriegt. Damit weiss Steam ziemlich genau, welchen Wert ein Spiel für seine Plattform hat. Ausserdem weiss es auch der Entwickler. Dank Big-Data kann ein Studio Gewinnprognosen machen und abschätzen, wie sich ein Spiel verkaufen wird. Damit hat es eine gute Verhandlungsgrundlage, wenn es mit Partnern Deals aushandelt.
Doch wie soll das im Zeitalter des Streamings funktionieren? Wenn Google seine metrischen Daten – wie Netflix – für sich behält und Konsumenten keine Vollpreistitel mehr kaufen, weil Streaming finanziell attraktiver ist, wie soll dann ein Entwickler wissen, was sein Spiel überhaupt wert ist? Die Entwickler verhandeln dann um ein Stück eines Kuchens, von dem sie gar nicht wissen, wie gross er ist. Wie wird in diesem Kontext Wert überhaupt bemessen? Klicks? Spielstunden? Wie viel Geld, respektive Wert, bringt eine Spielminute dem Plattformbetreiber ein? Ein AAA-Spiel könnte mehr Spielstunden aufweisen als ein Indie-Titel. Allerdings könnte der Indie-Titel für viele User der Grund sein, warum sie ein Abo abschliessen. Kann Google dies irgendwie messen und wird es dann den Indie-Entwickler irgendwie entlöhnen? Wohl kaum.
Auf diese Fragen gibt es heute keine Antworten, aber es lässt sich erahnen, dass in diesem Szenario der Plattformbetreiber am längeren Hebel sitzt.
«Value» auf Streaming-Plattformen: limbische Resonanz
Heutzutage wird der Wert eines Spiels durch seine objektiv ermittelbaren Verkaufszahlen und monetären Einnahmen gemessen. Bei einer Streaming-Plattform würde sich dies fundamental verändern. Hier kommt das Konzept der limbischen Resonanz zutragen. Dieser «fancy» klingende, wissenschaftliche Begriff bezeichnet das, was sich zum Beispiel in Social-Media-Sucht äussert: wie lange sich ein User mit einer Software beschäftigt. Social Media Plattformen wie Facebook und Instagram sind so erfolgreich, weil sie das limbische System im Gehirn der User sehr gut stimulieren. Das limbische System ist der Teil unseres Gehirns, der für die unbewussten Funktionen unseres Nervensystems verantwortlich ist. Je mehr dieses stimuliert wird – durch Bilder zum Beispiel – desto länger beschäftigt sich ein User mit einer Software.
Mir ist dies zuletzt bei Facebook aufgefallen. Irgendwann, nach einem Update, konnte ich meine App nicht mehr mit dem üblichen Button schliessen. Jedes Mal, wenn ich die App beenden wollte und auf den entsprechenden Button klickte, scrollte meine Timeline nach oben und Facebook schmiss mir ein neues Bild an den Kopf, von dem es wusste, dass es mir besonders gefallen wird. Das Ergebnis: Unbewusst verbrachte ich mehr Zeit in der App, als vor dem Update und Facebook verdiente mehr Geld an mir.
Dasselbe erwartet uns bei den Spielen der Zukunft. Google, die Datensammlerin schlechthin, wird unser Spieleverhalten permanent analysieren und merken, in welchen Situationen wir spielen und wann wir das Spiel beendet. Es wird wissen, welcher Content uns gefällt und welcher nicht. Moderne Spiele werden uns per KI Inhalte vorsetzen, die auf unsere persönlichen Präferenzen zugeschnitten sind. Damit wird es viel schwerer ein Spiel zu beenden. Das Gefühl «nur noch eine Runde» wird durch KIs induziert, die unser limbisches System stimulieren, welches wiederum unseren Körper mit Hormonen überschüttet.
Spiele, welche diese Mechaniken besser umsetzen, werden von Streaming-Plattformen bevorzugt und Entwickler kriegen dadurch Anreize, nur noch solche Spiele herzustellen. Das klassische Single-Player-RPG wird in diesem Umfeld aus dem AAA Bereich verschwinden und zu einer Indie-Nische werden.
AAA wird zu riskant – GaaS als Antwort
Wenn die Konsumenten nicht mehr bereit sind 60 Euro – oder mehr – für ein Spiel zu bezahlen, wie werden Entwickler AAA-Titel noch finanzieren können? In einer Streaming-Welt wird es kaum möglich sein alle zwei Jahre ein Assassins Creed zu veröffentlichen, dessen Produktion möglicherweise bis in den dreistelligen Millionenbetrag gehen könnte. Games as a Service muss man einmal teuer entwickeln und bindet – wenn sie erfolgreich sind – Kunden über Jahrzehnte hinweg. Man packe Mechaniken ein, die eine hohe limbische Resonanz provozieren, schmücke es mit Mikrotransaktionen und Lootboxen aus und strecke den Content künstlich in die Länge (Grind); schon hat man das perfekte Rezept für ein Streaming-Spiel. Klassische narrativgetriebene Singleplayer Spiele sind nicht für lange Spielstunden ausgerichtet. Meine Schmerzgrenze bei einem Singleplayer Spiel ist bei ca. 150 bis 200 Stunden erreicht. GaaS binden jetzt schon Spieler für mehrere Tausend Stunden. Es ist wahrscheinlich, dass grosse Streaming-Anbieter vor allem solche Spiele fördern werden.
Diese Entwicklung wird das kreative Spektrum der Spielelandschaft stark beschränken. Weil sich Studios nicht aus Verkäufen von Vollpreistiteln finanzieren können, sind sie auf Geldspritzen der Streaming-Anbieter angewiesen und diese werden hauptsächlich Spiele bestellen, die eine hohe Spielerbindung aufweisen. Neue IPs (intellectual properties) auf AAA-Niveau wird es kaum noch geben. Fortsetzungen von etablierten Marken weisen ein geringeres Risiko auf. Die Anzugträger auf der Teppichetage werden sich irgendwann die Frage stellen, warum sie dreistellige Millionenbeträge für eine neue Blockbuster-IP ausgeben sollen, wenn ihnen ein neues Candy-Crush mehr Kundenbindung, Werbeeinnahmen und Userdaten einbringt.
Wie realistisch ist diese dystopische Zukunftsaussicht?
In diesen Szenarien kommen meistens die Entwickler schlecht weg. Doch wie sieht es mit Konsumenten aus? Diese können nur von den drei genannten Prämissen profitieren (Streaming, Abopreise, keine Vollpreistitel), da sie für ein monatliches Abo fast jedes Spiel zocken können, das sie sich wünschen. Die These dieses Artikels ist, dass der oder die Konsument/in nur kurzfristig von dieser Entwicklung profitiert, nämlich so lange, bis sich die Streaming-Plattformen endgültig durchgesetzt haben. Sobald die grossen Betreiber alle Karten in der Hand haben, wird den Entwicklern und Spielern ein eisiger Wind entgegenwehen. Die Qualität der Spiele wird leiden, das Portemonnaie der Gamer wird leiden und die kreative Vielfalt wird sinken. Doch wie wahrscheinlich ist diese düstere Zukunft?
Google&Co haben ein Problem, das sie nicht allein lösen können: Internetinfrastruktur. Selbst wenn es ihnen gelingt in den nächsten zehn Jahren die Gamestreaming-Technologie weiterzuentwickeln, wird ein grosser Teil der Bevölkerung keinen Zugriff auf Breitbandinternet haben. Damit Stadia sich durchsetzt, braucht Google nicht die ganze Bevölkerung, sondern gerade genug Leute mit Breitbandinternet, um Stadia profitabel zu machen. Wenn aber Streaming die Vollpreisspiele ablösen soll, müssen fast alle Spielerinnen und Spieler über schnelle Internetleitungen verfügen. 5G könnte die Antwort sein. Zumindest wenn man den Marketingabteilungen glaubt, soll es einen grossen Teil der Bevölkerung mit super schnellem Internet und sehr geringen Latenzzeiten versorgen. Eigentlich perfekt für Streaming. Doch wir wissen noch nicht, wie zuverlässig 5G funktionieren wird und ob die Netzbetreiber tatsächlich ein flächendeckendes 5G Netzwerk aufbauen werden. Solange es eine grosse Anzahl von Menschen ohne Zugang zu Breitbandinternet gibt, wird es auch einen Markt für Vollpreistitel geben.
Damit die Streaming-Plattformen sich durchsetzen, müssen die Entwickler in der formativen Phase – also jetzt – freiwillig mitmachen. Zurzeit haben die grossen Publisher und AAA-Studios bessere Karten in der Hand als Google oder Microsoft. Es gibt Hinweise, dass sich die Industrie gegen das Game-Netflix mit Händen und Füssen wehrt. Googles Phil Harrison hat auf der E3 in einer Pressekonferenz bestätigt, dass Ubisofts Uplay+ auch auf Stadia erscheinen wird. Das Magazin Rockpapershotgun hat diese etwas unklare Aussage aufgeschlüsselt. Publisher können ihre Abo-Dienste auch auf Google Stadia verkaufen und/oder ihre Spiele zum Vollpreis anbieten. Nicht jedes Spiel wird automatisch im 9.99-Dollar-Abo enthalten sein. Dies geschieht wahrscheinlich auf Wunsch der Publisher und Entwickler, die damit verhindern wollen, dass Google ein neues Monopol erschliesst und zum Netflix der Games avanciert.
Ob wir im Jahr 2030 unsere Spiele nur noch über Stadia, xCloud, PS Now oder ähnlichen cloudbasierten Plattformen spielen, kann noch niemand mit Sicherheit sagen. Ich erwarte, dass Streaming-Betreiber sowie Publisher und Entwickler in den nächsten Jahren versuchen werden, den Konsumenten ein Hybridmodell schmackhaft zu machen. Google Stadias Preispolitik ist ein Hinweis hierfür. Der Kunde bezahlt mit dem Abo für den Streaming-Dienst und eine «kleine» Bibliothek an Spielen, währenddessen er die Blockbuster zum Vollpreis kaufen muss. Für mich macht dieses System am meisten Sinn, da die Streaming-Dienste und die Entwickler gleichermassen profitieren. Der Kunde kommt auch gut weg, da er sich die Investition in einen teuren Gaming-PC sparen kann und Komfortfunktionen wie Crossplay und Play-anywhere geniessen kann. Ob sich dieses Modell durchsetzt, wird der Markt in den nächsten Jahren zeigen.
Über den Autor
Ich beschreibe mich nicht gerne, darum hier einige Stimme von Freunden und Bekannten:
"Nicht gerade der hellste Stern am Himmel" - New York Times
"Braucht die Welt das?" - Joko&Klaas
"Er wurde adoptiert" - Meine Mutter
"And you call me dumb?!" - Donald Trump
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