Deutschland - Politik- und Wahlsammelthread (Nächste Wahl: Europawahl am 09.06.2024)

Da gebe ich dir recht. Je mehr Parteien, die gegen die AfD sind, im Parlament vertreten sind, desto besser. Aber mit diesem Argument könnte natürlich auch die AfD kommen und auf die Nichtberücksichtigung von 23,4% der Wählerstimmen verweisen.

 

Dafür. Die Hürde kann auf den Müll.

 

Gut, ok, umso besser. Mein zweiter Punkt bleibt aber. Wobei ich mich frage, wieso Herr Mohring meint, sich mit dem Ergebnis an einer Regierung beteiligen zu dürfen. Ganz abgesehen davon, dass er nach dem Wahlkampf in einer Regierung mit der Linken imo eh nix verloren hätte.

 

Was heißt demokratisch legitimiert? Das ist eine viel weitgreiferende Frage. Ist man demokratisch legitimiert, wenn man das Mehrheits- oder das Verhältniswahlrecht hat? Ist die demokratische Legitimation in einer Präsidialdemokratie größer? Ist die Gewaltenteilung nicht auch eher "demokratieschwächend"?

Alles eine Definitionsfrage. Ich sehe das Problem und ich sehe die Vor- und Nachteile, habe aber darüber noch keine abschließende Meinung - der Denkprozess ist noch nicht zuende.`

Weißt jemand die "natürliche" Hürde?

Übrigens, was sagst du denn zur Argumentation bzgl. der 3% des BVerfG?

 

Dieses mauern gegen eine Koalition ist in meinen Augen eh Unsinn. Man kann ja gerne Vorbehalte gegen die Linkspartei haben (habe ich auch), aber Ramelow kommt nicht aus dem Nichts und hat das BL völlig unauffällig und solide regiert. Eigentlich wirkt er eher wie ein Sozialdemokrat. Nur sein Eiertanz um die DDR nervt, er hat sich aber mMn klar genug distanziert.

Die Linke ist auch nicht die AfD, die eine völlig andere Weltanschauung hat als der Rest der Parteien und von radikalen Kräften dominiert wird. Die gröbsten Differenzen liegen hauptsächlich bei Wirtschaft und Sozialem.

 

Was genau meinst du? Ich bin eh der Meinung, dass sich die Linkspartei da oft und deutlich genug von der DDR distanziert hat. Bei Ramelow wundert es mich etwas - der Mann kommt doch aus Niedersachsen.

 

Er weigert sich, die DDR als "Unrechtsstaat" zu bezeichnen. Das klingt erstmal ziemlich heftig, aber er hat dann präzisiert, dass die DDR kein Rechtsstaat war, sondern eine üble Diktatur, er unter einem "Unrechtsstaat" im historischen Kontext singulär herausragende Diktaturen versteht (z.B. Nazideutschland).

Ich würde mich dieser Einschätzung nicht anschließen, weil die DDR für mich brutal genug war, um sie als Unrechtsstaat zu bezeichnen, aber es klingt für mich jetzt auch nicht, als würde er der DDR hinterhertrauern oder sie sogar glorifizieren wollen. Das wäre für mich dann nämlich wirklich ein Grund, ihn als Politiker komplett abzulehnen.

 

Glaube ich nicht. Warum sollten sie zurück gehen? Einige sehen das hier in Deutschland ja auch als early retirement.

 

Sei mal ehrlich: Wie viele Flüchtlinge kennst du persönlich?

 

Ich schrieb einige nicht alle. Jetzt nicht wieder ne Diskussion anfangen.

 

Kennst du denn überhaupt einen einzigen?

 

Also, der BR bleibt dabei, dass eine Koalition aus CDU und AfD rechnerisch möglich sei... Mittlerweile wird auch Ramelow zitiert, dass er auch mit der CDU sprechen wird wie mit allen demokratischen Parteien.

 

Ich nicht. Da ich aber politisch engagiert bin, darf ich das Thema doch trotzdem diskutieren?

 

Ja kenne ich und du?

 

Darf man. Aber man sollte sich schon selber ein Bild machen, bevor man Menschen pauschal unlautere Absichten unterstellt.

Ich arbeite mit syrischen und afghanischen Flüchtlingen (die es an die weiterführende Schule geschafft haben) und nehme die als sehr ehrgeizig und fleißig wahr. Kein einziger entspricht auch nur ansatzweise dem Klischee vom faulen, frauenverachtetenden Idioten, der Deutschland nur als Cashcow sieht. Im Gegenteil, viele haben panische Angst davor, ihren Status wieder zu verlieren. Von anderen Schulen höre ich das Gleiche.

 

In dem Unternehmen, in dem ich arbeite, arbeiten seit kurzer Zeit auch einige Flüchtlinge, der Quote nach ziemlich viele. Bei uns ist eh alles ziemlich durchmischt an Menschentypen und zusätzlich multikulturell, wenn jemand irgendwie merkwürdig auftritt, sticht er/sie dennoch heraus. Und bislang konnte ich in dieser Menge noch keinen Flüchtling wirklich identifizieren, obwohl sie da und präsent sind, was unterstreicht wie gut sich diese Auswahl integriert.

 

Statistisch gesehen haben vor allem die Alten die Linke gewählt (38%), bei der Altersgruppe bis 25 ist die AfD vorne (23% vs 21% für die Linke). Die AfD wurde von Männern viel stärker gewählt als von den Frauen (29% vs 18%), die Frauen wählen her die Linke (32%) oder die CDU (24%).

Bei Wählern mit hohem Bildungsstand siegt die Linke klar vor der CDU (33% vs 21%), die AfD kommt hier auf “nur” 16% (27% bei Wählern mit geringem Bildungsstand, bei denen die Linke allerdings auch 30% erreicht).

 

Sind doch im Parlament vertreten.

 

Man könnte auch die Hürde auf 3% absenken, statt sie gleich ganz abzuschaffen. Das wären ja über eine Millionen Wähler bei einer Bundestagswahl.

 

Tjo.

 

Überhangmandate werden mittlerweile ausgeglichen. Die nicht profitierenden Fraktionen bekommen zusätzliche Listenplätze. Wie geschrieben: 2013 sind sogar auf Bundesebene mehrere Millionen Stimmen unter den Tisch gefallen. Die große Koaltion hatte in einem Bundestag ohne AfD, FDP und Piraten auf einmal > 80 % der Sitze im Bundestag, die so nicht durch die die eigentliche Wahl legitimiert waren. Dass verschwindend wenige Stimmen über viele Sitze entscheiden können, ist bei einer Sperrklausel kaum zu vermeiden. So wie beim Mehrheitswahlrecht bereits wenige Stimmen in einem knappen Wahlkreis diesen umkippen lassen können.

Problem: Auf Kommunalebene haben wir keine Sperrklausel. Das führt aber dazu, dass mittlerweile in vielen Gemeinden kleine Parteien und Wählergemeinschaften entstanden sind und den Einzug in den Stadtrat bzw. Gemeinderat geschafft haben. Diese kleinen Fraktionen sind tendenziell "giftiger", weil sie Präsenz zeigen müssen, um ihre Wahl zu rechtfertigen, d. h. nutzen ihre Möglichkeiten eifriger und sorgen so für längere Sitzungen.

 

Die Motivation hinter einer Prozenthürde sehe ich schon, ist aber für mich eine Ausrede für die reine Besitzstandswahrung der etablierten Parteien. Welch stärkeres Mittel gibt es für die Hand voll etablierter Parteien, um neue Konkurrenz klein zu halten als eine 5%-Hürde? Nix.

Von daher ist doch klar, dass alle Parteien dafür sind. Wo stünden heute CDU und SPD, wenn der Wähler wie bei der EU wüsste, dass auch die Wahl der grauen Panther oder Tierschutzpartei einen Effekt hat und nicht nur die von CDU, SPD, Afd, Grüne, Linke oder FDP? Da müssten die Etablierten noch mehr Federn lassen als heute.

Demokratisch wäre das ein echter Mehrgewinn, denn der größte Hemmschuh der heutigen Demokratie sind die Parteien mit ihren diktaturähnlichen Strukturen, wo alle streng auf Linie des jeweiligen Vorsitzenden sind. Mit individueller Freiheit hat das Abstimmverhalten der Abgeordneten wenig gemein. Für die Demokratie wäre es somit ein Segen, wenn es mehr Vielfalt gäbe und die Grenzen näher an inhaltliche Punkten stattfinden und nicht mehr so starr anhand von Partei- und Koalitionsgrenzen.

 

Ich habe 2015 die Ankunft der Flüchtlinge am Münchner Hauptbahnhof live mitbekommen. Und du kannst dir ja sicher denken, welche Positionen die Jusos diesbezüglich vertreten. Viele engagieren sich nach wie vor vor Ort für Geflüchtete.

 

Wobei ich den Applaus am Bahnhof nach wie vor für das falsche Signal halte - den Menschen muss geholfen werden und wir müssen sie anständig behandeln und fördern, aber wir müssen ihre Ankunft nicht bejubeln. Das kann auch falsche Erwartungen wecken und wirkt auf Skeptiker wie ein Dammbruch.

Es muss schon klar sein, dass die Aufnahme von Flüchtlingen für das Land eine Belastung ist und man im Gegenzug vorbildliches Verhalten, Kooperations- und Kompromissbereitschaft erwartet. Eine Grundskepsis kann ich von daher verstehen. Nur eben keine pauschalen Urteile oder gezielte Herabwürdigung.

 

Die 5%-Hürde als Folge der Weimarer Republik mit ihren über weite Strecken handlungsunfähigen Parlamenten entstanden, und genau diese Parlamente kann auch keiner wieder haben wollen. Über die Höhe der Hürde kann man sicherlich diskutieren, aber sie ganz abzuschaffen bringt mehr Probleme als sie Probleme löst.

Und in diesem Zusammenhang kann ich dabba nur beipflichten. Viele der kleinen, oft lokalen Parteien, die ohne solche Hürden in die kommunalen Regierungen einziehen, verursachen dort exakt nichts Positives, sondern erweisen sich nur als Sand im Getriebe (mehr wollen sie auch gar nicht sein - meist allein schon deswegen, weil "dagegen sein" der billigste und einfachste Weg ist und konstruktives Arbeiten aufwändiger ist).

 

Ich würde die Hürde ganz pragmatisch erst einmal auf 4% senken und für einige Jahre beobachten, Inwiefern dies negative und positive Auswirkungen hat. Überwiegt der Vorteil den Nachteil könne man sie im Weiteren sukzessive reduzieren. Die Hürde mit einem Mal komplett abzuschaffen würde ich ebenso ablehnen, obwohl ich das Ziel teile. Aus den Erfahrungen der Weimarer Republik und vor dem Hintergrund der Zersplitterung der polit. Landschaft im Land würde ich es allerdings auch nicht überstürzen.

 

@Ulsterman
Dann macht man meinetwegen eine 1% Hürde draus, um ganz exotische Verhältnisse zu unterbinden. 5% jedenfalls sind viel zu hoch und nützen ausschließlich den Parteien, die stets weit darüber liegen. Das sind keine Hand voll und für mich ist es somit undemokratisch.

 

Oder man lässt so lange Parteien in das Parlament, bis nur noch maximal X% draußen sind. In der Praxis dürfte das die meisten Kleinstparteien draußenhalten.

 

Da gibt es ja einige statistische Methoden um eine Zersplitterung wie zu Zeiten der Weimarer Republik zu vermeiden. Von daher halte ich das "ohne 5%-Hürde zersplittert unser Bundestag" eh für vorgeschoben um Diskussionen aus dem Weg zu gehen.

 

Welche z.B.? Ich denke wir argumentieren hier alle durchaus ehrlich und schieben nichts vor, um eine Diskussion zu vermeiden. Meine Sorge bzgl. der Zersplitterung ist ernst gemeint.

 

Vor allem kann man die Weimarer Republik nicht mit unserer heutigen Republik anhand der 5% vergleichen.

 

Natürlich kann man es vergleichen. Ob der Vergleich sinnvoll ist hängt vom Erkenntnisinteresse ab.

 

Man kann auch Elefanten und Mäuse vergleichen. Bringt nur selten as. Und die Weimarer Republik hatte weitaus schlimmere Probleme als die Kleinstparteien. Es haben nicht Kleinstparteien Hitler zum Reichskanzler gemacht, es haben nicht Kleinstparteien Saalschlachten fabriziert, es haben nicht Kleinstparteien bei Putschversuchen milde Strafen verhängt (außer sie kamen von Links, dann gab es die volle Härte).....

 

Ganz spontan gefragt könnte man die Sperrklausel als Möglichkeit an bestimmte Bedingungen koppeln.
Könnte z.b. so aussehen:
- 5%-Sperrklausel, wenn Anzahl der Parteien oberhalb von 5% >= x Parteien (z.B. x = 8 Parteien)
- sofern weniger als x Parteien oberhalb von 5% sind, Berücksichtigung der Parteien < 5%, sofern ihre abgerundeten Anteile zumindest einem Mandat entsprächen
-- die Parteien unterhalb von 5% so lange berücksichtigen, bis der Bundestag auf die festgelegte Anzahl von x Parteien aufgefüllt ist und auch nur dann, wenn die obige Anteilsbedingung erfüllt ist.

Zulassungsbedingungen teilmathematisch () beschrieben:

• Grundbedingung: 5% Sperrklausel zum Eintritt in den Bundestag, zugelassen zum Bundestag wird eine Anzahl von x (z.B. = 8) Parteien
• erweiterte Zulassungsmöglichkeit: Stimmenanteil der betrachteten Partei*Anz verfügbarer Mandate >= 1
  Bedingungen: n(Parteien mit 5+%) < x; gilt solange wie n(Parteien mit 5+%+zusätzliche Parteien)<=x

So wären fast immer auch Parteien mit Stimmanteilen unterhalb der 5% vertreten. Das würde der Diversität beitragen, dazu anregen sich auch mit bis dato unbekannten Alternativen auseinanderzusetzen und so neue Parteien fördern. Ist sicher nicht komplett durchdacht, soll aber auch nur ein Beispiel für ein Alternativsystem sein. Und vielleicht gibt es auch irgendeinen Grund, dass dieses System absoluter Mist wäre. Durch eine direkte Ablehnung verwehrt man sich halt der Möglichkeit bessere Lösungen zu finden bevor es richtig versucht wurde.

 

Doch, je nach Fragestellung bringt das allerlei. Beides sind Tiere, sogar Säugetiere. Die Sinnhaftigkeit eines Vergleiches hängt nicht davon ab, was ich vergleiche, sondern was ich aus welchem Grund vergleiche. Dass die Weimarer Republik größere Probleme als Kleinstparteien besaß ist wiederum kein Argument, dass Kleinstparteien kein Problem seien. Sie waren ein Faktor unter Weiteren. Allerlei Staaten in Europa haben eine Sperrklausel. Ich sage ja nicht, dass es fünf Prozent sein müssen, aber ich würde umgekehrt auch nicht komplett auf eine Sperrklausel verzichten wollen.

Ich habe nicht den Eindruck, dass hier irgendjemand die Diskussion vermeidet und ohne Nennung von Gründen auf die 5% besteht. Es werden lediglich Bedenken beim kompletten Verzicht auf eine Sperrklausel eingebracht und die Existenz der Sperrklausel begründet und teils verteidigt. Ich kann mir ebenso allerlei Systeme vorstellen. Ganz banal wäre auch: halt eine Sperrklausel von 1%. Da geht viel. Ich störte mich nur an deiner Unterstellung, dass die Verteidigung der Prozenthürde insgeheimer Unwille wäre, überhaupt darüber reden zu wollen. Wir reden ja immerhin.

 

Wo sind die maximalen Sitze im Bundestag?

Das Ding wirs schließlich jede Wahl größer statt kleiner oder stabil zu bleiben.

 

Das hat doch das BVerG schon gekippt und hat sich bloß durch den Verschleppungsdrang der GroKo noch nicht geändert

 

Aso?
Wusste ich gar nicht aber hab das auch nicht weiter verfolgt

 

@UrbanForest Bei Umsetzung deiner Methode hätten wir wahrscheinlich über kurz oder lang 2 Probleme: Erstens ist es, "typisch deutsch", recht kompliziert und zweitens würde es wahrscheinlich eben dadurch Möglichkeiten eröffnen, dass das Ganze wieder vom BVerfG gekippt wird (so wie unser Wahlrecht zum Beispiel).