US/Wir - SpoilerTalk: Deutungsansätze, Details und mehr

Dieses Thema im Forum "Medienforum" wurde erstellt von Zig-Maen, 25. März 2019.

  1. Zig-Maen Bat-Buchstabennudelsuppe

    Zig-Maen
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    Da der Film viele Ebenen behandelt und einige tolle Details birgt , die viele der vermeintlichen Ungereimtheiten gut erklären und zudem angenehm über den ganzen Film verteilt sind und zum Denken anregt, dachte ich, wir machen dazu Mal einen Thread auf, um nicht alles im "Was ich zuletzt gesehen habe" breit zu treten.

    Unwillkürlich wird man hier den Inhalt Spoilern, daher noch einmal eine Warnung an alle Interessierten. Was man wohl sicher sagen kann ist; der Film lohnt sich und ist auf jeden Fall einer der besseren Grusel/Horrorfilme. Auch wenn ich ein bisschen enttäuscht bin das es zu sehr ins Slashersujet abrutscht, macht der Film trotzdem extrem viel richtig ...

    Aber zum Inhalt. Hier Mal ein paar Gedanken.(ACHTUNG SPOILER Gefahr)

    Der Titel: US. Dazu sind mir gleich zwei Ideen gekommen, die eher Interessant sind und vielleicht weniger für den Film bedeuten, aber aus meiner Sicht eine spannende Beobachtung ist. Ich denke das der Film ein klarer Kommentar auf die Vereinten Staaten ist. Die Lebensweise der Wilsons ist schon fast dekadenkt und sie leben in einem Luxus und werden gleichzeitig völlig sorglos gegenüber denen, denen es nicht so gut geht. Und sie sind bereit Gewalt anzuwenden um ihren Status zu verteidigen. Und alles worum es geht ist, was der Nachbar noch so für geilen Scheiss hat. Es wirkt ein bisschen wie der Aufstand der Unterschicht und es ist erschreckend wie schnell sich die Familie damit einrichtet...

    2.Punkt: man kann den Film auch freudianisch lesen: das es im Untergrund sind die unkontrollierten animalischen Triebe und die die oben leben das Über ich. Jetzt wird es weit hergeholt aber: wo bleibt das "Wir"? Welche Rolle hat das miteinander, das soziale, in den psychologischen Dynamiken?


    3. Beobachtung: ich hab ab Anfang gar nicht gerafft das der Penner mit dem Jeremiah Schild ja der erste ist, der ausgetauscht wurde. Der junge hat ihn zuerst gesehen und kommt mehr oder weniger verschreckt zurück. Das fand ich ein entzückendes Detail.

    4. Die gedoppelte Mutter. Such wenn mir der Twist im Grunde sofort klar war, wie helli schon sagte, das macht den Film nicht aus. Aber aus meiner Sicht braucht es den Tausch: denn er stellt so die so wichtigen Fragen. Etwa, ob die Menschen in den Tunneln wirklich so schlecht sind? Ob die Untergrund Ma das über all die Jahre bewusst miterlebt hat oder als Trauma verschrieben hat. Hatte sie Angst, das sie wieder nach unten muss und war deswegen so verstört im Schlafzimmer? Oder hat sie die gesamte Geschichte vergessen und versucht ein normales Leben zu leben? Am Ende lächelt sie zu ihrem Sohn im Bewusstsein, das sie beide ähnlich sind und eigentlich eine Hybrid Familie sind die sich dort eingerichtet hat, wie ein 6er im Lotto lebt sie also wie die Made in Speck. Mit dem Wissen, das auch sie die anderen zurück gelassen hat und ihre eigene Welt nun bis aufs Blut verteidigt. Eine aus meiner Sicht gruselige Vorstellung.

    Soviel erstmal von mir. Die Videokasetten und der anfangsfilm sind mir auch aufgefallen wie auch die kleinen Hasen Referenzen im Film. Etwa die Tochter trägt am Anfang so ein Hasenshirt usw. Such eine klare Anspielung auf Alice im Wunderland und den Bau unter der Erde...
     
    Zuletzt bearbeitet: 25. März 2019
  2. hellermarie hält sich von diesen Kindern fern

    hellermarie
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    Was genau war denn mit den Videokassetten? Kann mich nur an Die Goonies erinnern. :D

    Ansonsten war für mich neben den Punkten 1 und 2 vor allem die Umgang der Menschen (oder der US-Bürger) mit ihrer eigenen Geschichte/Vergangenheit ein sehr zentraler Punkt des Films. Die Klone sind ein Werk der Menschheit - allerdings komplett in Vergessenheit geraten, sodass keiner an der Oberfläche mehr von ihnen weiß. Dementsprechend wird auch nicht geklärt, warum, wie und seit wann sie existieren. Verdrängung "dunkler" Seiten der Geschichte, die nicht mehr relevant für das Wohlergehen der aktuellen Generationen sind, und das auf Kosten anderer menschlicher Wesen. So meine ich, beispielsweise auch immer mal Hinweise und Symboliken, die auf amerikanische Ureinwohner hindeuten, entdeckt zu haben. Der Obdachlose mit dem Schild hat imo bewusst sehr "indianische" Gesichtszüge, vor dem Spiegelkabinett am Strand steht ein Materpfahl usw. Das Leben bzw. die Handlungen der Klone im Untergrund wird voll und ganz von den Menschen oben "aufdiktiert", sie werden still und heimlich unterdrückt, ohne, dass es den Menschen oben bewusst ist.

    Ebenfalls cool finde ich die Tatsache, dass man in der Regel erstmal von einem Rassismusproblem ausgeht, weil es ja um eine farbige Familie geht. Irgendwann merkt man allerdings, dass das gar nicht das Problem ist, sondern dass der eigentliche Feind ebenfalls ein Mensch, genau wie die "normalen" Menschen selbst, ist. :D

    Und das Motiv der Schere, das immer wieder auftaucht, finde ich auch interessant. Wie funktioniert eine Schere? Man führt etwas zusammen, um etwas zu trennen. Passt ja ganz gut. :D
     
  3. der.Otti arachnophiler Fant

    der.Otti
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    St. Ottilien
    Mein RIG:
    CPU:
    stöhnt
    Grafikkarte:
    hält im Winter warm
    Motherboard:
    ist die Mutter allen Übels
    RAM:
    guckt desinteressiert
    Laufwerke:
    laufen ab Werk
    Soundkarte:
    spuckt große Töne
    Gehäuse:
    eines Einsiedlerkrebs
    Maus und Tastatur:
    werden hart geklickt
    Betriebssystem:
    hält den Müll zusammen
    Monitor:
    für die Ganzkörperüberwachung
    Das mit dem Obdachlosen hab ich komplett übersehen, dass er der erste war der ausgetauscht wurde. :huh:

    Zwei Gedanken/Themen, die mir ebenfalls zuallererst nach dem Film durch den Kopf schossen:

    "Wir selbst sind unser größter Feind". War noch mit am offensichtlichsten und geht auch ein wenig in die Richtung der animalischen Triebe, die Zig erwähnt. Das, fand ich, kam sehr deutlich rüber, wenn die "andere Familie" zum ersten Mal auftaucht. Der Vater geht ja hinaus und spricht sie an und sagt sie sollen vom Grundstück verschwinden. Wenn er dann das zweite Mal mit dem Baseballschläger hinaus geht und droht, den Schädel einzuschlagen ist es genau sein Doppelgänger, der tatsächlich auf ihn zumarschiert und den Eindruck erweckt, als wolle er genau dies tun, während Gabe dann doch zu dem Zeitpunkt noch zu zivilisiert ist und schnell wieder ins Haus flüchtet.

    Der zweite Punkt:
    Absolut, auch wenn ich persönlich das nicht nur auf die USA bezogen hab bisher, ich hatte das unabhängig als ein "da draußen gibt es Menschen, die nicht so viel Glück hatten wie wir" gesehen, sowohl in die Richtung der Misshandlung der Doppelgänger, am allermeisten aber natürlich auch in Richtung arm/reich.

    Dazu mal kurz gefragt: gibt es im englischen/amerikanischen eine ähnliche Metapher ala "die Schere zwischen arm und reich"? Das würde nämlich auch super passen, da diese Kluft gemeinhin ja immer größer wird, beide Seiten aber trotzdem unmittelbar miteinander verbunden sind.

    Genau, die Goonies, welche ebenfalls im Untergrund gefangen sind. :D Und da stand auch noch "Der Mann mit den zwei Gehirnen", passt ebenso gut rein, da ja auch die Doppelgänger geistig mit ihrer Hälfte aus der Oberwelt verbunden sind. Die anderen Titel standen da sicherlich genauso wenig aus Zufall, hab ich allerdings nicht erkannt.

    Was diese geistige Verbindung angeht eine Frage:

    Gab es irgendwo einen Hinweis/Ansatz für eine Erklärung, warum die Doppelgänger manchmal einen eigenen Willen haben, manchmal aber ihr Oberwelt-Ich widerspiegeln (am deutlichsten bei Jason/Pluto)? Das war ein Thema, zu welchem ich mir etwas mehr Details gewünscht hätte, aber bis auf die VHS-Kasette zu "Der Mann mit..." ist mir da nichts weiter aufgefallen.

    Edit: wo ich so drüber nachdenke... die Klone sollte ja ursprünglich dazu dienen, die Menschen an der Oberfläche zu kontrollieren. Vielleicht ist das ja einfach nur ein Randerscheinung des fehlgeschlagenen Experiments. :hmm:
     
    Zuletzt bearbeitet: 25. März 2019
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