NIO ET5 im Test: Wenn ich keinen Tesla fahren würde, wäre das meine beste Alternative

Der NIO ET5 könnte mehr als nur eine Tesla-Alternative sein – vielleicht sogar eure neue erste Wahl.

Der NIO ET5 ist ein echter Hingucker und verfügt über ein Batteriewechsel-System. Der NIO ET5 ist ein echter Hingucker und verfügt über ein Batteriewechsel-System.

Seit mehr als drei Jahren fahre ich elektrisch – einen Tesla, um genau zu sein. Allerdings verleitet mich meine Neugier immer wieder dazu neue Elektrofahrzeuge, kurz EVs, auszuprobieren. 

Nicht etwa der Porsche Taycan oder der Audi e-Tron GT sind mir dabei auf besondere Art im Gedächtnis geblieben, sondern der NIO ET5, der nur kurze Zeit nach meiner Testfahrt auch als Touring, sprich Kombi, auf den Markt kam. Das Fahrzeug hat mich so sehr begeistert, dass ich fast meinen Tesla gegen ihn getauscht hätte.

Warum er so gut ist und warum ich ihn am Ende doch nicht selbst gekauft habe, erfahrt ihr im folgenden Test.

NIO hat mir den ET5 für den Testzeitraum kostenlos als Pressemuster zur Verfügung gestellt. Das Unternehmen hatte zu keinem Zeitpunkt Einfluss auf die Berichterstattung und bekam keine Vorabversion des Artikels zu sehen.

NIO ET5
NIO ET5
Elektrofahrzeuge sind nicht günstig. Auch der NIO ET5 ist da keine Ausnahme und startet bei rund 47.500 Euro. Allerdings bietet er für diesen Preis bereits ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Er besticht durch sein sportliches Design, eine hohe Reichweite und vor allem durch die sehr gute Verarbeitung. Gleichzeitig versprüht er mit dem kleinen Assistenten Nomi fernöstlichen Charme, der einen immer wieder schmunzeln lässt.
  • Sportliches Design
  • Hohe Reichweite
  • Viele Funktionen ohne Aufpreis integriert
  • Sprachassistent Nomi
  • Batterie lässt sich wechseln
  • Battery-as-a-Service bittet monatlich zur Kasse
  • Lädt deutlich langsamer als die Konkurrenz
Wissenswertes zum Test
So habe ich den NIO ET5 getestet

Ich konnte den ET5 für vierzehn Tage testen. Das Fahrzeug war werksneu und vollausgestattet. Innerhalb des Testzeitraums bin ich rund 2.000 km gefahren, habe öffentliche Ladesäulen und eine NIO-Power-Swap-Station ausprobiert.

Was ist NIO eigentlich?

Wenn ich Menschen vom NIO erzähle, werde ich sofort gefragt, welche Marke das sei. Es handelt sich dabei um einen chinesischen Hersteller von Elektrofahrzeugen, der erst seit rund eineinhalb Jahren auf dem deutschen Markt tätig ist und hierzulande mittlerweile fünf verschiedene Modelle vertreibt. 

Was gefällt mir am NIO ET5 besser als am Tesla Model Y?

Auf dem ersten Blick sieht man dem NIO ET5 seine Sportlichkeit an. Kein Wunder. NIO machte zuvor nämlich erste Gehversuche mit einem Supersportwagen. An den technischen Daten des ET5 lässt sich das ebenfalls schnell erkennen:

  • 489 PS
  • 4 Sekunden von 0 auf 100 km/h
  • 700 Nm Drehmoment
  • Allrad
  • bis zu 590 km Reichweite (WLTP)

Optik: Das Fahrzeug ist ein echter Hingucker. Nicht nur seine Stromlinienform wirkt optisch sehr ansprechend, sondern auch das Scheinwerfer-Design sowie die Rückansicht, die durch ihre durchgängige Rückleuchte an die Sportlichkeit eines Audis erinnert.

An den Türen gibt es gleich mehrere Details zu entdecken. Anders als bei meinem Tesla Model Y fahren die Türgriffe aus, um das Öffnen zu erleichtern, während die Soft-Close-Automatik die Türen wieder fest anzieht. Das rahmenlose Design trägt weiter zur sportlichen Ästhetik bei. 

Die Farbe nennt sich Sunbathe Yellow. Die Farbe nennt sich Sunbathe Yellow.

Interieur: Im Innenraum setzt sich der solide Eindruck nicht nur fort, sondern überrascht mit einem sehr angenehmen und vor allem hochwertigen Design. Laut NIO wird hier auf nachhaltige Materialien gesetzt, etwa Pflanzenfaser sowie recycelte PET-Flaschen.

Mein Testfahrzeug verfügt zudem über Sportsitze mit Belüftung sowie eine Massage-Funktion, die auf längeren Fahrten immer wieder zum Einsatz kam. Ein Highlight ist das große Panoramadach, das sich von den Vordersitzen über die Rückbank erstreckt und zusätzliches Licht hereinlässt, aber das Fahrzeug in den Sommermonaten nicht unnötig erwärmt.

Ein riesiges Panoramadach sorgt für viel Licht im Innenraum. Ein riesiges Panoramadach sorgt für viel Licht im Innenraum.

Apropos Rückbank: Dort ist viel Platz für bis zu drei Passagiere. Dabei sitzt es sich auch auf dem Mittelplatz noch gut, da es keinen Mittelsteg im Fußraum gibt. 

Features: Neben der Belüftung, Heizung und Massage finden sich auf den Vordersitzen noch weitere Funktionen. Anders als bei Teslas kleinen Modellen gibt es hier noch eine Armatur mit Display hinter dem Lenkrad, die über Fahrmodus, Geschwindigkeit, Ladestand, Navigation und mehr informiert.

Dadurch schafft NIO einen Mehrwert gegenüber einem Tesla und macht für viele den Umstieg von einem klassischen Fahrzeug auf ein Elektroauto einfacher.

Auch Innen macht der NIO ET5 einiges her und ist sehr gut verarbeitet. Auch Innen macht der NIO ET5 einiges her und ist sehr gut verarbeitet.

Das große 12,8-Zoll-Display in der Mitte dient als Kontrollzentrum. Dort könnt ihr Fahrzeugeinstellungen vornehmen, die Klimaanlage anpassen, die Navigation starten und sogar verschiedene Düfte aktivieren. Die Bedienung fällt dabei sehr intuitiv aus und man erreicht die wichtigsten Einstellungen per Shortcut am unteren Bildschirmrand.

Als besonders spannend habe ich die Batteriedaten empfunden, die mich nicht nur über den Verbrauch aufklären, sondern mir auch prozentual anzeigen, für welche Funktionen (Fahren, Fahrerassistenz, Klima, Batterie, Diverses) Energie aufgewendet wurde. Damit kann man seinen Verbrauch deutlich besser einschätzen und gegebenenfalls auch einsparen. 

Das große AMOLED-Display zeigt alle wichtigen Informationen an. Das große AMOLED-Display zeigt alle wichtigen Informationen an.

Eine 4K-Dashcam ist integriert, während im und um das Fahrzeug herum zahlreiche weitere Kameras und Radarsensoren verbaut sind, um das Fahrzeug zu überwachen und mit Spurhalte-Assistent und adaptiver Geschwindigkeitsregelung sicher zu manövrieren. Dazu ist übrigens auch ein LiDAR-System verbaut, das mittels Laser Hindernisse erkennen soll.

Und dann ist da noch die Sprachassistenz names Nomi.

Nomi: Was ist das?

In jedem NIO ist eine Sprachassistenz namens Nomi zu finden. Mit ihr lassen sich einige Basisfunktionen im Fahrzeug ausführen. Anfragen wie bei Siri oder Google Assistant sind hingegen (noch?) nicht möglich.

Optional (wie in meinem Testfahrzeug) ist Nomi auch als kleine, sich drehende Kugel auf dem Armaturenbrett verfügbar und begrüßt euch beim Einsteigen oder spielt witzige Animationen ab, während Musik läuft.

Ich empfand Nomi nie als nervig und fand sie auch nach den zwei Wochen noch immer charmant. Zukünftig soll Nomi eine GPT-Integration für mehr Interaktionsmöglichkeiten erhalten.

Sprachassistenz Nomi bringt Charme in den NIO. Sprachassistenz Nomi bringt Charme in den NIO.

App: Auch mit installierter App wird das Smartphone leider nicht zum Autoschlüssel wie beim Tesla, aber die NIO-App ist dennoch sehr gut durchdacht.

Sie bietet euch neben News aus der NIO-Welt die Option, mit anderen NIO-Fahrern zu chatten, Zubehör zu kaufen, Probefahrten zu buchen oder auch Funktionen wie die Steuerung der Klimaanlage oder die Überwachung des Ladevorgangs. Insgesamt ist sie sehr übersichtlich und intuitiv gehalten und bietet durch ihre verschiedenen Bereiche einen echten Mehrwert für den Fahrer.

Die App bietet alle nötigen Features an und verbindet euch mit der NIO-Community. Die App bietet alle nötigen Features an und verbindet euch mit der NIO-Community.

Reichweite: Für viele Leute ist natürlich die Reichweite wichtig. Die variiert je nach Batteriegröße. Ich hatte das Glück, dass in meinem Fahrzeug eine 100-kWh-Batterie verbaut war. Dadurch war zumindest theoretisch eine Reichweite von 590 km nach WLTP möglich. Wenn man bereits ein Auto – egal, ob Verbrenner oder EV – gefahren ist, weiß man, dass das fast nie realisierbar ist. 

Mit dem NIO ET5 konnte ich dennoch eine Strecke von mehr als 410 km (größtenteils Autobahn) fahren. Im kombinierten Stadt- und Über-Land-Verkehr ist vermutlich noch mehr möglich.

Bei der Langstrecke lag der Verbrauch bei rund 21 kWh pro 100 km und einer Reisegeschwindigkeit von 120 bis 130 km/h. Im Alltag lag ich hingegen bei etwa 17 kWh pro 100 km, wodurch die WLTP-Reichweite zumindest rechnerisch möglich scheint.

Im Vergleich dazu liege ich mit meinem Tesla Model Y Performance etwa 2 bis 4 kWh unter dem Verbrauch des NIO, wodurch der Tesla trotz kleinerer Batterie eine ähnliche Reichweite auf der Autobahn bietet.

So gut mit der NIO ET5 optisch gefällt, persönlich würde ich den Touring vorziehen. So gut mit der NIO ET5 optisch gefällt, persönlich würde ich den Touring vorziehen.

Was gefällt mir nicht am NIO ET5?

Ladezeiten: Wo Licht ist, ist leider auch Schatten - und beim NIO ET5 fällt der leider in einen wichtigen Bereich. Während man das Fahrzeug Zuhause, wie nahezu alle anderen EVs auch, mit maximal 11 kW aufladen kann, ist unterwegs mit der 100-kWh-Batterie eine maximale Ladeleistung von 125 kW möglich.

Mein Tesla erreicht unterdessen kurzzeitig bis zu 250 kW und ein Hyundai Ioniq 5 sgoar bis zu 350 kW. Dadurch sind Ladevorgänge mit dem NIO langwierig. Jedoch funktioniert die Ladeplanung gut und passt die Route gegebenenfalls an einen erhöhten Verbrauch an.

Battery-as-a-Service: NIO bietet die Möglichkeit an, einfach die Batterie in einer NIO-Power-Swap-Station zu tauschen. Der Vorgang dauert nur fünf Minuten, um sich wieder mit einer zu 90 Prozent geladenen Batterie auf die Weiterfahrt machen zu können.

Der NIO fährt sich vollautomatisch in die Power-Swap-Station und erhält innerhalb von fünf Minuten eine neue Batterie. Der NIO fährt sich vollautomatisch in die Power-Swap-Station und erhält innerhalb von fünf Minuten eine neue Batterie.

Das Konzept ist sehr interessant, aber aktuell fehlt es noch an solchen Stationen. Batterietausch ist auch nur dann möglich, wenn man die Batterie nicht gekauft hat, sondern das Abo-Modell nutzt. Das kostet zwischen 169 Euro (75 kWh) und 289 Euro (100 kWh) monatlich, zwei Batteriewechsel monatlich sind inklusive. 

Damit spart man beim Kauf natürlich viel Geld (bis zu 21.000 Euro) und muss sich auch keine Sorgen um die Batteriegesundheit machen, zahlt aber einen zusätzlichen Betrag zur monatlichen Rate - und zwar dauerhaft.

Allerdings sei dazu gesagt, dass sich der Batteriekauf rechnerisch erst lohnt, wenn man das Fahrzeug länger als sechs Jahre behalten möchte.

Heckfenster: So schön der ET5 designt ist, mir fiel sofort das kleine Heckfenster auf, durch das man nur wenig erkennen kann. Sowohl das langgezogene Panoramadach als auch die Kofferraumöffnung sind dafür verantwortlich. 

Apropos Kofferraum: Der fällt beim ET5 mit 386 Liter leider klein aus. Die Kombivariante hat 450 Liter, während das Tesla Model 3 stattliche 561 Liter bietet, wenn man Unterbodenfach sowie Frontkofferraum einrechnet. Letzterer fehlt dem NIO völlig, während das Unterbodenfach nur 8 Liter misst.

Fazit der Redaktion

Benjamin Otterstein
@benotterstein

Im vergangenen Jahr habe ich einige Fahrzeuge getestet und am positivsten ist mir der NIO ET5 im Gedächtnis geblieben. Kurzzeitig hatte ich sogar überlegt, ob ich damit mein Tesla Model 3 Performance ersetze. Sowohl die weggefallene Umweltprämie als auch die attraktivere Finanzierungsoption für das Tesla Model Y haben mich am Ende davon abgehalten. 

Selten habe ich es so genossen, ein Auto zu fahren. Die Verarbeitung und Reichweite sind top. Das Batteriewechsel-System ist einfach und unkompliziert. Auch der allgemeine Komfort begeisterte mich sofort, während Nomi dem NIO eine persönliche Gute Laune-Note verlieh.

Vergleicht man den NIO ET5 mit anderen EVs, dann stimmt auch das Preis-Leistungs-Verhältnis, wobei er gewiss kein Schnäppchen ist und seine kleinen Eigenheiten hat. Wer das nötige Kleingeld hat und sich ein EV im Preisbereich von 45.000 bis 60.000 Euro mit Premium-Features zulegen möchte, sollte den ET5 unbedingt in Erwägung ziehen. Eine Testfahrt ist via App schnell gebucht. 

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