Der Film und ich: Indiana Jones IV

Von Rand al'Thor · 20. Dezember 2009 · Aktualisiert am 8. Juli 2013 ·
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  1. "Kurz aber völlig sinnlos."

    Seit ich den Film gesehen habe, kriege ich dieses klassische Ghostbusters-Zitat nicht mehr aus dem Kopf. Okay, kurz ist der Streifen nicht wirklich, aber damit bleiben immerhin noch 75% Treffergenauigkeit. Und das ist doch gar nicht mal schlecht für freie Assoziation.

    Ich schicke mal voraus, dass ich weitaus schlimmeres erwartet habe. Meine Befürchtungen haben sich Gott sei Dank nicht bewahrheitet. Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels (IJudKdK) weiß phasenweise durchaus zu unterhalten, aber dazu später mehr. "Let's talk shittiness!"

    Fangen wir mit dem Plot an. Kristallschädel...ooooooooooookay. Den ganzen Alien-Schmuh kann ich insofern verzeihen, da das nunmal zu dem Mumbojumbo gehört, der sich um diese Schädel rankt. Die Schädel-Artefakte an sich sind ja durchaus Indy-esque (auch wenn sie mittlerweile als Fälschungen entlarvt sind) und wenn man dieses Thema aussucht, muss man es auch konsequent durchziehen. Aber warum müssen es überhaupt die Schädel sein? Die Stärke der Indy-Plots war es ja gerade, Ikonen-hafte Artefakte ins Zentrum der Handlung zu stellen. Die Kristallschädel sind aber ziemlich unbekannter Kram, wenn man mal von New-Age-Hippies absieht.

    Zugegeben, die Bundeslade war jetzt für Otto Normalverbraucher auch nicht gerade der bekanntesten Artefakte eines. Aber durch die Verbindung mit dem christlichen Glauben und dem alttestamentarischen Gott (der ja bekanntermaßen ein ziemlich schlecht gelauntes Kerlchen sein konnte) hatte das ganze in Nullkommanix eine mächtige Wirkung. Und der Gral als Quell des ewigen Lebens ist sowieso der Hammer. Lässt man derart emotional/kulturell "aufgeladene" MacGuffins weg, ist das Resultat ein mauer Indy. Nicht zuletzt, weil Lade und Gral auch noch entsprechend unheilvolle Eigenschaften mit sich bringen. Die Lade ist eine BFG, die ganze Armeen plättet, bevor die sagen können "Bitte plättet uns nicht". Nicht schön, wenn das Nazis vor sich hertragen. Und dank Gral-Gelage unsterbliche Nazi-Supersoldaten? Bad Mojo.

    Die Bedrohung durch die Kristallschädel ist dagegen ziemlich vage. Wenn man lange reinguckt, kriegt man Gehirnvereisung und spricht nur noch Reiserouten in Reimen. Ein poetisches TomTom sozusagen. Irgendwie wollen das die Russen in eine Psycho-Kontroll-Waffe umbauen. Wie sie sie das anstellen wollen, bzw. die kapitalistischen Westsäcke dazu bringen wollen, einer nach dem anderen 5 Minuten lang "Wer blinzelt hat verloren" mit den Schädeln zu spielen, bleibt aber genauso ungeklärt, wie die Frage, wie sie überhaupt darauf kommen, dass man aus unhandlichen Navigationsgeräten überhaupt so mir-nichts-dir-nichts ein Gehirn-Kontroll-Dingens bauen kann. Achja, Russen. Da ist gleich das nächste Problem: Keine Nazis = mauer Indy.

    Alles was ich bisher kritisiert habe, lässt sich problemlos anhand von Tempel des Todes und jetzt eben Königreich des Kristallschädels belegen. Also muss es stimmen. Keine Nazis, langweilige Artefakte, unspezifische Gefahr...Schnellstraße in die Mittelmäßigkeit. Umso unverständlicher ist dieser Faux-pas, angesichts der Tatsache, dass man doch im Grunde die Antwort für all diese Probleme im eigenen Haus liegen hatte. In Form des großartigen Adventures Indiana Jones and the Fate of Atlantis. Nazis, grandioser Mythos, konkrete Bedrohung. Aber nööööööööööö, lieber wartet man so lange, bis Harrison Ford zu alt ist, um nochmal glaubwürdig in die dreißiger Jahre verfrachtet zu werden. Verpasste Chance, Leute. Königreich des Kristallschädels bleibt über die gesamte Länge einfach ziemlich Wischiwaschi und damit (siehe oben) sinnlos.

    Okay, genug Meckerei auf der Makroebene, gehen wir für weitere Kritik mal ein bißchen näher ran.

    Shia LaBeouf: Gebt mir ein G! Gebt mir ein Ä! Gebt mir ein H! Gebt mir ein N!
    Meine Güte, wie langweilig und fehlbesetzt kann eine Filmfigur sein? Da hilft auch der Marlon-Brando-Gedächtnis-Look nichts. LaBeouf ist ein Milchgesicht, dem man die Rolle einfach nicht abnimmt und dabei ist Mutt (den Namen packe ich nichtmal mit der Kneifzange an) schon von vorneherein Indy-unwürdig. Aber nichtmal dafür reicht es. Wie Vater-Sohn-Dynamik geht, hat der Letzte Kreuzzug gezeigt. Hier ist dagegen absolut null Dynamik. Ganz ehrlich, wenn dieser Weichkeks am Ende des Films tatsächlich Indys Hut hätte aufsetzen dürfen, hätte ich einen Weg gefunden, Tritte in die Familienjuwelen per Post zu verschicken und dann Spielbergs und Lucas' Adresse rausgesucht.

    Allgemeiner Blödsinn: Die Fechtszene? Vollkommen überflüssig. Ihr habt den Schädel...bremsen, wenden, weg! Von den (obendrein auch noch mehrfachen) "Höhö, voll in die Eier"-Schenkelklopfern fang ich besser erst gar nicht an. Da kommt man sich ja vor wie in ner schlechten Simpsons-Episode.

    Und es ist ja nicht so, dass die Indy-Filme jemals ein Hort des Realismus gewesen wären. Aber die Lianenschwingerei und die Affen? Blödsinn. Die Wasserfälle? Ja, klar. Ein offenes Amphibienfahrzeug, das nach 30 Metern Sturz nicht nur zweimal (!) völlig intakt ist, sondern obendrein auch wieder aus dem Wasser auftaucht? Wie soll das denn bitte gehen? Und "ganz zufällig" ist es erst nach dem dritten und letzten Absturz kaputt? Und warum sind eigentlich die Insassen nicht kaputt? Dazu noch die turmbauenden Ameisen. Oh, bitte. Obendrein wird Indy auch noch in einem Kühlschrank von einer Atomexplosion einmal quer durch die Wüste von New Mexico gepustet und außer dass man ihm die Radioaktivität vom Puller schrubben muss ist er völlig unverletzt? Das alles ist so Zeug, wo man sich unwillkürlich für die Autoren fremdschämt.

    Dabei blitzt stellenweise immer wieder gutes altes Indy-Feeling durch. Bezeichnenderweise immer dann, wenn sich der Film mal nicht um das moderne "höha, schnella und weida" kümmert, sondern Indy einfach Indy sein lässt. Trockene Sprüche, Prügeleien und ein gerüttelt Maß an "Die Situation ist mal wieder viel zu groß für mich, aber wann hätte ich mich jemals durch sowas aufhalten lassen?"...das weiß zu gefallen.

    Nur ist das leider nicht genug, um aus einem mäßigen Indy-Film einen guten Indy-Film zu machen. So reiht sich IJudKdK leider irgendwo knapp unterhalb vom Tempel des Todes ein und erhöht die Zahl der Indy-Filme, die besser nicht gedreht worden wären, auf zwei. Für Tempel des Todes hat sich Spielberg später entschuldigt...bin gespannt, wann er das für Königreich des Kristallschädels macht.

    5/10


    Und nachdem Harrison Ford bereits Arbeiten an einem 5. Indy-Film bestätigt hat, bleibt zumindest das Fünkchen Hoffnung, dass bei Mr. Jones (als Gegenentwurf zu den ersten acht Star Trek Filmen) die Filme mit den ungeraden Nummern die besten sind.

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