Ignorierte Ideen

Von Yeager · 5. April 2017 · Aktualisiert am 6. April 2017 ·
Kategorien:
  1. FTL
    MechCommander
    Xcom2
    Jagged Alliance
    Total War Medieval 2
    Crusader Kings 2
    Stellaris
    Master of Orion 2
    Homeworld
    World of Tanks
    War Thunder
    Hearts of Iron


    Was haben all diese Spiele gemeinsam?
    Sie waren sehr erfolgreich, kamen gleichermaßen bei Kritikern und Spielern gut an, sie machten Spaß und noch etwas:

    Sie alle hatten eine Spielmechanik, die so gut war, dass man sie praktisch nie mehr wieder fand. Und das, obwohl die abgewandelten Spielideen auf der Hand lagen.
    Wie kann das sein? Schauen wir mal auf die Details:

    FTL

    Wir hauen mit einem Schiff vor einer uns verfolgenden Rebellenflotte ab, müssen dabei Quests annehmen, knappe Ressourcen verwalten, eine Handvoll Crewmember minutiös genau befehligen, unser Schiff ausbauen und uns auf den harten Finalgegner vorbereiten. Die Kämpfe laufen in pausierbarer Echtzeit ab und bestechen durch ihre taktische Tiefe bei gleichzeitig intuitiv verständlichem Ablauf. Easy to learn, hard to master eben. Die Perspektive ist Top Down und die Grafik entfaltet gerade wegen ihrem minimalistischen Stil eine Menge Charme. Eine durchschnittliche Partie dauert vielleicht mal ne Stunde und motiviert langfristig durch freigeschaltete neue Schiffe, die zum Experimentieren mit ganz anderen Strategien einladen. Das Spiel ist seit Release Kult.

    Stand-Alone Mechanik:

    MicroManagement + motivierender Schiffsausbau + Entdeckung

    Naheliegende abgewandelte Spielidee:

    Es wäre ein Leichtes sich ein vergleichbares Spiel vorzustellen, das jedoch nicht so kurz ist, bei dem nicht das Katz und Maus Spiel und die Hatz im Vordergrund stehen, sondern eine lang ausgelegte Entdeckungsreise durch ein prozedural generiertes Universum. Mehr Quests, mehr Gegner, mehr Sterne, mehr Entdeckungen, mehr Zeit, mehr alles. Nein, nicht immer ist mehr wirklich mehr. Hierbei wäre es das aber.

    Würde so etwas Spaß machen?

    Davon bin ich felsenfest überzeugt. Natürlich wäre es länger, natürlich wäre der Jagd-Aspekt weg oder schwächer. Aber dafür hätte man all die Dinge, die in FTL Spaß und es zum Kult machten und das Spielgefühl von Star Control, einem Spiel, das seit Ewigkeiten auf ein Revival wartet.

    Ist das probiert worden?

    Nein.

    Mech Commander

    In Echtzeit (denkbar wäre aber auch genauso gut rundenbasiert) befehligen wir einen Squad an unterschiedlichen Mechs, die von Piloten mit unterschiedlichen Skills gesteuert werden. Wir erfüllen verschiedene Missionsziele, müssen die maximale Tonnage, Engergiehaushalte, Umgebungsverhältnisse etc. beachten. Zwischen den Einsätzen stellen wir uns neue Mechs zusammen aus den erbeuteten, verbessern die vorhandenen, upgraden die Skills der Crew und bereiten uns auf den nächsten Einsatz vor.

    Stand-Alone Mechanik:

    MicroManagement + taktischer Kampf + MECHS!

    Naheliegende abgewandelte Spielidee:

    Einfach dasselbe nochmal, nur epischer: Eine Lizenz zum BattleTech Universum muss nicht dabei sein, es ist ohnehin nicht alles Gold, wo "Mad Cat" oder "Atlas" oben drüber steht. Will heissen: Mech-Spieler nehmen auch unbekannte Mechs, solange das Spielprinzip Spaß macht und durchdacht ist. Aber auch eine Überarbeitung im strategischen Sinne wäre denkbar: Eine groß angelegte Kampagne, in der wir unterschiedliche Planeten, Regionen und Ressourcen erobern müssen. Wo es eine Rolle spielt, für welchen nächsten Einsatz wir uns entscheiden und was wir links liegen lassen.

    Würde so etwas Spaß machen?

    Anders herum: Ich wüßte keinen Grund, wie es das nicht machen könnte. Das ohnehin schon gute taktische Spielprinzip erhielte somit eine wertvolle strategische Komponente. Aber vor allem: Nach gefühlten tausend Jahren der Wartezeit gäbe es mal wieder ein vergleichbares Spiel!

    Ist das probiert worden?

    Nein.

    Xcom / Jagged Alliance

    Es hat schon seinen Grund, warum ich beide Spiele im selben Atemzug nenne. In beiden befehligen wir Squads, in beiden haben wir einen strategischen Master-Plan bei einer Vielzahl einzelner, taktischer, rundenbasierter Scharmützel. In beiden Fällen spielen besondere Fähigkeiten und Ausrüstung unserer Kämpfer, als auch die Umgebung der Kamfgebiete eine entscheidende Rolle. Xcom von Firaxis und dessen Nachfolger entschlackten das Aktionspunkteprinzip, was bei der Mehrheit gut ankam und für neue Spieler sorgte. Es spricht nichts dagegen dieses Prinzip bei zu behalten.

    Stand-Alone Mechanik:

    Strategischer Master-Plan + taktischer, rundenbasierter Kampf + Equipment + (im Falle von Xcom) Entschlackung auf das 2AP-Prinzip

    Naheliegende abgewandelte Spielidee:

    Spiele dieser Art allgemein oder speziell mit dem 2AP-Prinzip wären denkbar en masse. In fast jeder Ära, bei Fantasy, Weltkrieg oder SF-Szenarien. Die Möglichkeiten sind nahezu grenzenlos. Auch Spezifisches, wie etwa im Warhammer 40k-Gewand: Das letzte, vergleichbare dieser Art war Chaos Gate - und das war 1998! Auch Jagged Alliance wartet seit zwei Jahrzehnten auf einen würdigen Nachfolger. Was spräche dagegen es ähnlich aufzuziehen, wie das sehr erfolgreiche Xcom? Von mir aus auch im alten XAP-Prinzip, bei dem man also mehr als "nur" zwei Aktionspunkte pro Kämpfer hat.

    Generell sind squad- und rundenbasierte Spiele dieser Art nicht gerade wie Sand am Meer vorhanden. Bei meiner Steam-Rezi zu Xcom 2 wurde ich mehrmals von Lesern gefragt, ob ich noch weitere vergleichbare Spiele kenne. Wirklich vergleichbare? Halbwegs moderne? Da wird's dünn. Bei Jagged Alliance fiele mir da eigentlich nur Silent Storm ein, was aber auch schon Einiges auf dem Buckel hat und zumindest bei mir Probleme mit der Auflösung heutiger Monitore macht - und beim 2AP-Prinzip der Mystery-Western Hard West, der aber bei der Kampagne schwächelt, da es viele (zu) kurze sind und das Skillkonzept via Karten zu beliebig, zu flexibel ist, sodass keine echte Identifikation mit dem Kämpfer statt findet. Ausserdem der Thief-Xcom-Hybrid Invisible Inc., der wahnsinnig viel Spaß macht, aber auch allein auf weiter Flur steht und sich aufgrund seiner Stealth-Mechanik doch grundlegend anders spielt - und v.a. nicht lange genug, die Kampagne hat man nach nur 7 oder 8 Einsätzen durch. Im Warhammer-Universum wäre es Mordheim, das aber nur bedingt die o.g. Spielmechanik einsetzt und für das man leidensfähig sein muss, da es nichts anderes ist, als ein Darkest Dungeon in 3D. Ansonsten die Ur-Xcom Klone, von denen aber nur Xenonauts wirklich rund ist.

    Echte Konkurrenzen, sowohl in taktischer, als auch strategischer Hinsicht zu Xcom und Jagged Alliance?
    Fehlanzeige.

    Würde so etwas Spaß machen:

    Mit einem Wort:
    Ja!

    Ist das probiert worden?

    Mit einem Wort:
    Nein.

    @ Jan Theyssen @ King Art Games:

    Du liest doch ab und zu GS, vielleicht liest du das hier ja auch. Euer Schwesterstudio hat doch soviel ich weiß die Lizenz für Jagged Alliance. Schaut euch doch bitte mal die beiden JA's an, Silent Storm und die neuen Xcoms. Guckt euch an, ob und in wie weit ihr das ähnlich aufziehen könntet. Ist nur ein Vorschlag, wenn ihr einen anderen Weg findet, ist das auch okay. Einen Käufer kann ich euch schon mal garantieren: Mich :) Aber ich kann euch versprechen, dass es nicht bei mir allein bliebe. Die neuen Xcoms waren ein internationaler Erfolg. Wieso sollte das bei einem ähnlich funktionierenden Jagged Alliance aus DE nicht auch der Fall sein? Zumal ihr damit praktisch konkurrenzlos wärt. Ja, komplexe Spiele dieser Art - dann noch mit brauchbarer Grafik, Motion-Capturing Animationen, zerstörbarer Umgebung, langer Kampagne, ... - sind ein Wagnis. Unbezweifelt. Aber ein völliger Blindflug sind sie nicht.

    Total War Medieval 2 / Crusader Kings 2 / Stellaris / Homeworld / Master of Orion 2

    In der Total War Reihe funktionieren die einzelnen Spiele nach demselben Prinzip: Es gibt eine taktische Ebene, die in Echtzeit funktioniert und bei der Formationen von zusammen gefassten Einheitengattungen eine Rolle spielen (unter Anderem, natürlich auch Wetterverhältnisse, Umgebung, Schere-Stein-Papier, Fähigkeiten der kommandierenden Generäle etc. etc.) - und eine stragische Globalebene, bei der wir rundenbasiet unseren Feldzug planen, politische Intrigen starten, Bauten in Auftrag geben, Hochzeiten gestatten, Stammbäume beachten, Spione und Diplomaten einsetzen und so weiter. Die Unterschiede zwischen den jew. TW-Spielen liegen im Detail.

    Das schwedische Paradox Studio ist bekannt für seine sehr durchdachten und nicht minder komplexen Grand Strategy Spiele. Diese laufen in Echtzeit ab, es gibt eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen - und die Kämpfe sind unisono Sche...nicht ganz so pralle: Sie werden berechnet, Einflußmöglichkeiten gibt es wenig bis gar keine. Ja, man "sieht" meistens auch nichts, Stellaris macht da die mir bis dato einzig bekannte Ausnahme. Crusader Kings 2 setzt voll auf das Mittelalter. Es sprengt den Rahmen hier auf die einzelnen Elemente davon einzugehen, nur soviel:
    Es gibt eine Menge darin zu planen und zu beachten.

    Stand-Alone Mechanik:

    Actionreiche taktische Kämpfe (TW) + enorme Spieltiefe (Paradox)

    Naheliegende abgewandelte Spielidee

    Das Mittelalter mit seinen Burgen und Rittern, Prinzessinen und Intrigen, martialischen Schlachten Mann gegen Mann, Bannern, Schwerten und Rüstungen ist nicht nur im Bereich der Computerspiele seit jeher einer der beliebtesten Spielszenarien überhaupt. Wer hat nicht in seiner Kindheit mit Plastik-Rittern und Burgen aus Sand gespielt? Na gut, Handy-Ära, vielleicht sollte ich die Frage zurück ziehen. Ich jedenfalls hockte häufig draussen im Sandkasten ;-).

    Aber seit Jahren gibt es kaum noch Spiele mit diesem Szenario, und wenn, dann nur mit einem bestimmten Fokus. Seien es Handelssimulationen oder auf Realismus getrimmte RPGs. Die GS hatte auch vor Kurzem einen Artikel, der genau diese Aussage traf, Stichwort: "Gebt uns mehr Mittelalter!"

    Man stelle sich nun vor die actionreichen Kämpfe aus Total War Medieval kombiniert mit der Spieltiefe eines Crusader Kings!

    Würde so etwas Spaß machen?

    Du kannst planen, bis der Arzt kommt und du kannst kämpfen, bis sogar der Oberarzt kommt. Und das alles im Mittelalter, weit und breit ohne echte Konkurrenz in Sicht. Was wollte man dann noch mehr? Ja, selbstverständlich würde das Spaß machen! Das gilt nicht nur für das Mittelalter, sondern auch generell die Paradox-Spiele: Wie großartig und absolut einmalig wäre beispielweise ein Stellaris mit den Kämpfen aus Homeworld oder Master of Orion 2 in 3D?

    Noch allgemeiner:

    Mische Tiefe und Action!
    Wird das Ergebnis schlecht sein?
    Die Frage kann sich jeder selbst beantworten.

    @ Michael Graf:

    Du als größter lebender Fan von Homeworld und Dauer-Tester der TW- und der Paradox-Spiele: Was sagst du dazu?

    Ist das probiert worden?

    Jeder kennt die Antwort.


    World of Tanks / War Thunder / Hearts of Iron

    Wir fangen mit einem Lullu-Panzer einer bestimmten Nation im zweiten Weltkrieg an, heuern unsere Besatzung an, verteilen Skills - und kämpfen. Zusammen mit anderen, die uns beschimpfen, die sich mal absprechen, dann wieder nicht, die taktisch mal klug, mal eher nicht vorgehen und versuchen das gegnerische Team aufzureiben. Das Schadensmodell, das Schere-Stein-Papier Prinzip, die Umgebung, Taktiken, die Grafik, das Mitten drin, statt nur dabei Gefühl - all das erzeugt Spielspaß. Wenn man auf MMOs steht. Was aber ist mit Solisten? Und was ist mit der Immersion, wenn deutsche Pz. III und amerikanische Wolverines zusammen kämpfen? Was ist mit einer Kampagne?

    Stand-Alone Mechanik:

    Taktische Kämpfe + Historische Tanks + Umgebung + Schadensmodell + Schere Stein Papier Prinzip

    Naheliegende abgewandelte Spielidee:

    Man nehme dasselbe nochmal, subtrahiere MMO, ersetze es durch KI (ich glaube nicht, dass der Unterschied auffällt, sorry wegen Zynismus :)) und baue eine groß angelegte Kampagne. Genauer: Mehrere. Pro Nation eine. Je nach Ausgang eines Kampfes, in welchem man immer selbst dabei ist als Kommandant eines bestimmten Panzer-Typs, der im Laufe der Kriegsjahre durch spätere Modelle ersetzt wird, aber dennoch von uns gewartet, "geschmückt" und ausgebaut werden will, gibt es verzweigende Einsätze. Historischer und fiktiver, aber immer glaubwürdiger Art. So entstünden alternative Zeitlinien und immer mit dem Gefühl, dass man mitten drin ist. Man wäre zwar nur ein Kommandant unter vielen (KI-Kommandanten), hätte aber die eine oder andere Möglichkeit von Team-Kommandos ("Du da, gehe da hin und warte auf neue Befehle", "Du, Jagdpanzer, positionier dich oben auf dem Hügel, such dir nen Busch und feuere, sobald du ein Ziel hast") - das Repertoire und die Anzahl an zu kommandierenden anderen Tanks könnte auch vom eigenen Fortschritt, dem Rang, abhängen.

    Auch eine Kombination eines globalen Strategiespiels im Stile eines Hearts of Iron, bei dem in den Kämpfen aber auf genau diese Action-Ansicht geswitcht wird und ich die Kontrolle über einen Tank oder Flieger oder Schiff übernehme, wäre denkbar - was ebenfalls in die Richtung geht, die ich oben schon erwähnte:
    Man mische Tiefe mit Action.

    Und wenn ich mit meinem britischen Valentine im Sand der Wüste vor El Alamein rum-cruisere, dann weiß ich, dass da Mathildas sein werden, vielleicht auch Stuarts, vielleicht auch mal ein Churchill an meiner Seite, da drücke ich 3 von 2 Augen zu, wenn die nicht ganz korrekt sind, was das zeitliche Erscheinen angeht - aber kein russischer T34, der da nix verloren hat, den es dort nie gegeben hat - und schon gar kein deutscher Pz IV als Alliierter! Die Immersion wäre da, die Taktik wäre da, die Action wäre da und eine lange Kampagne, auf die ich mich freute. Ganz ohne Sozialstress, ganz ohne F2P, ohne Goldmunition, ohne Gilden, Teamspeak, penetrante pubertäre Macho-Sprüche, die mir zum Halse raushängen, ohne Halbstarken-Getue, ohne Besserwissereien, ohne Ranking-Ladder oder mystischem Matchmaking und so weiter und so fort. Nur ich allein mit meiner Kampagne und einer Menge Spielspaß. Müsste deswegen WoT oder WT verschwinden, wären MMOs damit obsolet? Nein, keineswegs. Das Eine schließt das Andere nicht aus.

    Würde das Spaß machen?

    Wenn man auf pubertäres Verhalten als quasi-religiöses Lebensgefühl dauerhaft verzichten kann?
    Ja.

    Wurde das probiert?

    Nein.

    Ignorierte Offensichtlichkeiten

    Nennt mich naiv. Nennt mich einen Träumer. Sagt mir nach, ich wäre ein arroganter, verzogener Besserwisser, der immer etwas finden wird, an dem er etwas auszusetzen hat. Sagt mir, dass das alles sich nur in der Theorie toll anhört, wenn überhaupt. Aber sagt mir nicht, dass man nicht auf diese Dinge kommen könnte!

    Das waren nur einige, wenige Beispiele, um den Blog überschaubar in seiner Länge zu halten. Mir würde da wesentlich mehr einfallen. Kostprobe gefällig? Wie wäre es zum Beispiel mit dem Spielgefühl aus Pirates! übertragen auf ein Raumschiff - als Weltraumpirat? Jeder, der irgendwann mal ein Spiel gespielt hat wird doch das Gefühl kennen: Man denkt das Prinzip weiter. Man fragt sich was wäre wenn.
    Machen das Spielentwickler nicht?

    Offene Geheimnisse

    Wir reden hier nicht über gut gehütete Geheimnisse, sondern über Dinge, die vor der Nase liegen. Auf die man ganz leicht selbst kommen kann. Ja, noch nicht mal muss: Die Foren sind voll von Verbesserungsvorschlägen und Ideen einzelner Spieler für die Zukunft. Ja, man muß filtern. Nicht jede Idee ist gut, nur weil es eine Idee ist. Und viele Dinge hören sich erst mal toll an, aber sobald man einen Prototypen gebaut hat - oder optimalerweise vorher schon auf dem Konzeptpapier ausprobierte - stellt man fest, nee, doch nicht so dolle, wie gedacht. Umgekehrt scheint genau dies in vielen Fällen eben nicht zu passieren, sonst kann ich mir einige Rückschritte in Sequels ggb. dem (guten) Vorgänger nicht erklären. Na, auch an Dragon Age gedacht, wie ich?

    Lernen von den Bes... wozu lernen?

    Spiele-Designer sind genau dies: Designer.
    Sie sind Künstler, die etwas Neues, etwas Eigenes schaffen wollen - und nicht immer nur die alte Suppe von gestern immer wieder neu aufwärmen. Das kann ich sehr gut verstehen. Da wären aber zwei "Kleinigkeiten" zu bedenken:

    1. Neu ist nicht immer auch gut

      Ein Winterschuh mit dünnen Sohlen, aus dünnem Stoff und mit dünnem Profil mag ja durchaus eine Innovation darstellen. Aber eben keine gute. Nicht jede Neu-Entwicklung ist automatisch gut, nur weil sie neu ist und eine eigene Idee darstellt. Manchmal erfindet man das Rad eben besser nicht neu, sondern greift auf Bewährtes zurück, statt um jeden Preis die eigene, eher wackelige Idee durch zu drücken. Das ist zwar schlecht für den Künstler im Designer, aber Designer sind nicht nur Künstler und Spiele sind nicht nur Kunst, sondern auch ein Produkt, das ankommen will.

    2. Wenn neu, dann bitte richtig; Wenn kopiert, dann bitte richtig

      Aber sei es drum: Ich hätte nichts dagegen, wenn es laufend neue Ideen gäbe. Aber ist dies der Fall? In den meisten Fällen erleben wir doch so oder so nur Variationen von bereits Bekanntem. Man könnte auch böse sagen: Die Branche besteht überwiegend aus Plagiaten - und dann oftmals auch noch schlechten. Wenn neu, dann bitte richtig. Wenn kopiert, dann bitte richtig. Von den besten (Ideen) lernen sollte die Devise sein - nicht von irgend welchen.

    Speziell ist riskant aber Flop ist noch riskanter

    Ja, Entwicklung kostet Geld und birgt immer ein Risiko. Nur weil es einer vergleichsweise kleinen Gruppe an Hardcore-Spielern gefallen wird, heißt es noch lange nicht, dass die Masse darauf abfährt. Man läuft Gefahr auf den Kosten sitzen zu bleiben bei einem zu ambitionierten Projekt. Oder zu wenig Gewinn rein zu holen, während simplere, weitaus weniger riskante Projekt da im Vergleich mehr versprechen. Nun krieg das mal in der Management-Etage durch! Das ist mir alles klar, da mache ich mir nichts vor. Nur ist ein geflopptes Spiel auch keine Bereicherung, für niemanden.

    Geist in den Flaschen

    Was ich aber dennoch nicht verstehe ist, dass das Ignorieren von Konzepten, die sich bereits bewährt haben, die sehr gut ankamen, kein Einzelfall darstellt. Gar nicht davon zu reden wie selten die Kombination solcher guten Konzepte ist. Nur: Praktisch jedesmal wenn es eine solche gelungene Kombination gibt, ist das Game auch ein Volltreffer! Wird das nicht gesehen? Seit wann bin ich Spieler? Gut, gezockt habe ich immer, aber so richtig angefangen mit eigenem PC und so weiter ab circa 1991. Seitdem erlebe ich dieses Phänomen - und ich bin nicht der Einzige. Auch hier in diversen Kommentaren, Blogs, Forumsbeiträgen, auch bei Steam, Reddit oder sonstwo lese ich es immer wieder. Ich lese, dass Spieler sich beklagen, dass eine Firma den Geist eines Spiels nicht verstanden hat. Sie ignorierte, was es wirklich ausmachte, fokussierte sich auf Massentauglichkeit. Da wird auch beleidigt, was das Zeug hält. Wenn ein Entwickler als "Flasche" bezeichnet wird, ist das noch harmlos. Diese Reaktionen sind in meinen Augen No Go's, sie gehen zu weit. Obschon ich die Emotionen dahinter verstehen kann: Man kann als Spieler nicht nachvollziehen, wie ein bewährtes Konzept geradezu systematisch vor die Wand gefahren wird - und niemandem in der Entwicklung fällt es auf?

    Nicht ignorierte Selbstkritik

    Ich weiß nicht, vielleicht liest sich der Blog arrogant und besserwisserisch. Mea culpa dann, denn so ist er gar nicht gemeint. Die einen stellen Spiele her und wollen sie verkaufen, wollen sicher aber auch, dass die anderen Spaß damit haben. Und jene anderen geben gerne das Geld aus, wenn die Sache Spaß macht. Eigentlich ist es ein faires Geben und Nehmen, eigentlich könnten beide Seiten zufrieden sein. Ja, Fails gibt es mit Sicherheit auf beiden Seiten. Man wird vielleicht wirklich irgendwann arrogant als Spieler und merkt es nicht einmal. Man wird besserwisserisch, obwohl man das gar nicht sein will. Eigentlich will man nur spielen - aber man sieht die Möglichkeiten und wartet, aber es kommt nichts. Dann fragt man sich, ob man das als Einziger gesehen hat und stellt spätestens beim Lesen von Foren fest:
    Nein.

    Ich weiß auch nicht, ob ich dieses Phänomen jemals verstehen werde. Vielleicht will ich es auch gar nicht verstehen. Vielleicht ist der Fehler eher bei mir, oder allgemein dem, der sich beklagt, der "Aber es liegt doch auf der Hand!" ruft. Nämlich die Annahme, dass das, was für ihn offensichtlich wäre es für jeden anderen oder doch wenigstens die meisten auch sein müsste. Hinterher ist man schließlich immer schlauer. Aber ist man das wirklich?
    Schwer zu beurteilen, sehr schwer.

    Wie seht ihr das?





    Yeager

    Über den Autor

    Yeager
    Chuck Yeager durchbrach als erster Mensch die Schallmauer.
    <br/>Ich stolperte über seinen Namen als damals noch kleiner Junge beim Gucken von "Der Stoff aus dem die Helden sind".
    <br/>Sein Name gefiel mir, wurde zum Nick und blieb es.

Kommentare

Um einen Kommentar zu schreiben, melde dich einfach an und werde Mitglied!
  1. Ritter des Herbstes
    Zunächst mal sei gesagt, das einige dieser Konzepte durchaus weitergeführt worden.
    Grade FTL hat dutzende Spiele, ähm, inspiriert. Die waren halt alle (soweit von mir gespielt) nicht sonderlich gut.
    Was Xcom angeht, also, das Alte: Mit Xenonauts hats einen sehr liebevollen Klo...geistigen Nachfolger bekommen, von dem auch seit Jahr und Tag ein zweiter Teil im Gespräch ist.
    JA ist halt außerhalb von Deutschland nie sonderlich groß gewesen- an dieser Stelle sei die entspreche Folge von StayForever beworben.

    Bin mir aber nicht so sicher, ob da wirklich glaubhafte Anlehnungen noch möglich sind- spontan würde ich sagen, dass viele Spacesims und quasi alles, was "Endless" im Namen hat in die Richtung gehen- da liegt der Schwerpunkt halt mehr auf dem Metaspiel.

    Das die Paradoxspiele ein schauderhaftes Kampfsystem haben, würde ich übrigens unter "klar subjektiv" packen. Ne Meinung, die ich durchaus verstehen kann, aber offensichtlich finden genug Spieler das ganz dufte- sonst könnte ich mir jedenfalls nicht erklären, warum es HOI auf mittlerweile 4 Teile geschafft hat.

    Allgemein würde ich behaupten, dass diese "ist doch logisch"-Dinger, und die werden wir alle hin und wieder haben, relativ schnell wegargumentiert werden können.
    Entweder scheitert sowas an der Umsetzbarkeit (Eve als Metagame für einen Schooter, anyone?) oder daran, dass bei sowas am Ende gar nicht so viel spaß macht, wie es klingt.
    Deshalb gibts ja auch die hier so gerne verspotteten Dauer-Early-access Titel. Da dachte sich halt wer "wäre doch cool, wenn..." und es stellte sich raus, cool liest sich das, cool spielt sich das aber irgendwie selten.

    Also in Stufe 1 würde ich sagen "Erstmal schauen, gibts das wirklich nicht?" weil, ganz ehrlich, die Zeiten, in dennen der Markt wirklich überblickbar war, sind halt vorbei.
    Und in Stufe 2- einfach mal ne 2. 3. und 4. Meinung einholen.
    Ich hab das hin und wieder selbst, dann werf ich meine gar großartige Idee vom Perfekten Spiel bei uns in die Skype oder Discord Gruppe- und darf zusehen, wie die zerflettert wird.
  2. Reddok
    "Expect your ideas to die." Troy Leavitt (Behind the Screens wenn ich mich recht erinnere)

    "Die Leute bekommen Beulen am Kopf vor Ideen, aber Ideen sind nicht das wichtigste." Björn Pankratz (Gestern auf Youtube: DevPlay)

    Man kann eben nicht vorher sagen, ob es was wird oder nicht.

    Okay du hast hier schon benutzte Dinge zusammengemixt. Aber das ganze ist bestimmt nicht so einfach, wie es vielleicht aussieht.
  3. Takamisakari
    Na toll, jetzt hast du wieder den Finger in die Wunde gelegt. ^^

    Ich tendiere inzwischen dazu, dieses "Phänomen" als "Trauerspiel" zu betiteln.

    Allen voran ist die mangelnde Kommunikation zwischen Spielern und dem Entwickler zu nennen, wo man sich oft auch fragen muss, wozu es überhaupt offizielle Foren gibt, wenn die Inhalte sowieso nicht ernst genommen werden. Als Moderatoren werden oft nur Fans eingesetzt, die aber auch keinen Interessen-Austausch mit dem Entwickler führen.

    Unter all den Spielern gibt es aber wiederum Entwickler, die sich einer Sub-Genre-Lücke annehmen und diese auszufüllen versuchen. So kommt es zu Indie-Hits, die dann später von größeren Publishern/Entwicklern nachgeahmt, ausgeschlachtet und vercasualisiert werden, ehe das Sub-Genre wieder in der Bedeutungslosigkeit verschwindet und der Kreislauf, wenn überhaupt, von vorne beginnt.

    Ich für meinen Teil trauere im Bereich von Fahrspielen folgenden (bisher) nicht (wieder) realisierten Konzepten nach:
    » Auf der Basis von DiRT 3 (beste Arcade-Physik, ideal für Gamepad) hätte Codemasters ein reines Drift-Spiel veröffentlichen können, das Gymkhana aus DiRT 3, die Drift-Wettbewerbe aus GRID und weitere mit dem Querfahren verbundene Modi beinhaltet hätte. Ein Strecken-/Parcour-Editor wäre das Sahnehäubchen.
    » TDU 2 war für mich der Vorgeschmack auf ein großartiges Konzept, das bisher nicht realisiert wurde: Die Kombination aus Open World und Sim-Fahrphysik. Dazu noch das freie Bewegen mit dem Charakter sowie lebensgestaltender Features. Leider gab es keinen Nachfolger und "The Crew" ging in die völlig falsche Richtung (brutale Vercasualisierung).
    » Mit "Level R" gab es einst ein reines Online-Spiel, das vielfältige Renn-Serien und (einmalige) (Fun-)Modi vereinte. Es wurde stetig weiterentwickelt, wodurch es sich jedoch das eigene Grab schaufelte (verschlimmbesserte Fahrphysik, grausame Lobby). Schade, dass es bis heute kein annähernd ähnliches Spiel gibt.
      1 Person gefällt das.
  4. Yeager
    Danke :)
    Ja, habe ich auch auf dem Radar. Aber auch ne Befürchtung, dass es zu viel Adventure / Art Style / Spheric Music und zu wenig Spiel wird. Hoffe sehr, dass ich mich irren werde.
  5. ChuckieFR
    Klasse Beitrag!
    Erst mal nur eine kurze Antwort: die bei FTL vorgeschlagene abgewandelte Spielidee klingt ein wenig nach "The Long Journey Home", das man sicher auf dem Radar haben sollte.
      1 Person gefällt das.
Top