IPtLC - Der Weg zum Transistor

Von andis77 · 1. Juni 2014 ·
Kategorien:
  1. I played the Ludic Century – Der Weg zum Transistor

    Transistor, das neueste Spiel der Bastion-Macher. Als Indie-Fan fühle ich mich verpflichtet mich darüber zumindest zu informieren. Auf superlevel.de vorbeigeschaut: Taktisches Gameplay, aber die Story ist schwer zu durchschauen, verkopft geradezu. Ein kurzes Video von Rainer Schauder auf Youtube angeschaut und dessen Blog-Beitrag dazu gelesen. Bestätigte das Bild von superlevel. Aber sollte ich schon wieder Geld ausgeben für ein Spiel? Gestern erst das Retro-Pixel Adventure "The Last Door" gekauft. Lovecraft'sche Story mit reduzierter Grafik aber stimmungsvollen State-of-the-Art-Sound. Aber auch Transistor reizt mich. Ich wollte doch sparen. Meine mir selber auferlegte monatliche Ausgabegrenze für Filme und Spiele liegt bei maximal 100€, inkl. Konsolen-Hardware. Letztes Jahr war mein Durchschnitt über 200€. Selbst ohne PS3 und PS4 waren es noch ca. 160€. Zu viel! Deswegen will ich dieses Jahr bei unter 100€/Monat bleiben, wenn möglich etwas weniger.

    Meine Regeln im Kopf, suchte ich nach einem Grund meinen Verlangen nachzugeben. Ich suchte ein beliebiges Letsplay-Video auf Youtube. Unkommentiert war es, wie es in der Masse der Let's Plays oft vorkommt. Aber das störte mich nicht. Die Sounduntermalung gefiel mir: Eine angenehme Frauenstimme singt zu einem jazzigen Elektrosound, angelehnt an die Gesangseinlagen der Varieté-Shows der 1920er. Im Taktikmodus wurde die Musik leiser und dumpfer. Allein dieser Soundeffekt brachte mich einen Schritt näher das Spiel - und den Soundtrack - zu kaufen.

    Ich aktualisierte meine Ausgaben-Exceldatei. Mails sortiert um die relevanten Einkäufe herauszufischen und eingetragen: 70,36€ für Mai bis jetzt. Mit Transistor + Soundtrack komme ich auf ca. 30€. Damit liege ich knapp über meiner Grenze und der Mai hat noch 8 Tage. Ach ja, ich habe ja vor kurzem "Warehouse 13 - Staffel 4" bei rebuy verkauft. Budget fließt auch zurück. Also nur 59,15€ im Mai ausgegeben. Trotzdem reicht es nicht für das bald erscheinende "Among the Sleep" und Transistor. Ach egal, ich kaufe mir Transistor.

    Welche Platform PS4 oder PC? Meine PS4 steht meistens nur rum. - Vermerk an mich selbst: Kaufe eine Konsole nicht am Release-Tag, denn die guten Exklusivtitel kommen später. - Kurz auf der PS4 nach einem Videostream von Transistor gesucht und gefunden. Die Anzeigen sind mir bei der Entfernung zum 40-Zoll Fernseher zu klein. Die wunderschön gezeichnete Grafik kann ich von der Couch auch nicht bewundern. Also für den PC. Bisher gibt es Transistor nur auf Steam. Vielleicht gibt es auf der Entwickler-Seite ein Humble-Widget? - Treffer! - Schon zahle ich den selben Betrag statt in Euro in Dollar. Selbst mit Umrechnungsabschlag zahle ich über Paypal nur 15 statt 20 Euro. Aber es bleibt keine Zeit zu spielen, schon nach 23 Uhr. Den Download bei Steam gestartet und den Rechner über Nacht angelassen.

    Am nächsten Morgen hatte ich zwar nicht Zeit zu spielen, das mache ich vor der Arbeit nie, aber den Soundtrack zu kaufen, herunterzuladen und auf mein Smartphone zu kopieren. Den neuesten Indiefresse-Podcast auch noch mit drauf. Während der Arbeit den Transistor-Soundtrack gehört, um mich trotz der Soundkulisse eines Großraumbüros auf meine Arbeit zu konzentrieren. Ich freute mich schon auf den Feierabend.

    Das Spiel angeworfen und in die Atmosphäre eingetaucht. Die Tristes der Arbeit vergessend. "Reality is Broken", Jane McGonical, Leitfigur der Gamification hat mit ihrem Buchtitel recht. Man wird in das Spiel rein geworfen. Die Protagonistin Red spricht kein Wort, dafür aber das Schwert, das sie aus der Wand herauszieht. Das Schwert ist der Erzähler, gleiche Stimmer wie der Erzähler bei Bastion. Anders als der Erzähler bei Bastion kennt dieser nicht die Zukunft, sondern kommentiert das Hier und Jetzt. Von der Story erfährt man wenig oder scheinbar nichts hilfreiches. Trotzdem folge ich jeden Brocken aufmerksam. "Hello World", sagt das Schwert draußen angekommen, wir sind "100 Blocks" weit weg und da hinten ist das "empty Set". Begriffe aus der Informatik. Kann die Story am Ende nur jemand mit Informatik-Know-how verstehen oder ist es mein persönlicher Blickwinkel, der die unscheinbaren Worte als relevant herausfiltert? Das Spiel erinnert mit seiner Grafik sehr an einen Cyberspace, eine künstliche Welt um die kryptischen Vorgänge eines Computers zu visualisieren. Die einzelnen Fertigkeiten, die man bei Personen findet oder bei erreichen des nächsten Levels auswählt, heißen "spark()", "switch()", "turn()" usw. Ähnlich den Befehlen in einem Computerprogramm. Das unterstützt meine These, dass Informatik-Wissen hilft, die Story zu entschlüsseln. Aber vielleicht interpretiere ich das nur rein, weil ich Software-Entwickler bin. Nicht-Informatiker sehen vermutlich etwas ganz anderes in den Informationsbrocken. Vielleicht wissen die Designer selbst nicht was die Story ist. Wollen sie vielleicht, dass jeder das Spiel für sich interpretiert?

    Kunst entsteht im Kopf des Betrachters. Das ist meine Meinung. Ich habe im Deutschunterricht nicht verstanden weswegen, Steppenwolf oder Berlin Alexanderplatz gute Literatur sein soll. Mich begeisterten zu dieser Zeit Bücher wie die Battletech-Romane, Terry Pratchett-Romane oder Herr der Ringe. Literatur-Kritiker würden diese Bücher vermutlich als Schund bezeichnen, aber für mich, waren und sind es fantastische Bücher. Vor allem bewundere ich Autoren, die ganze Universen in ihren Büchern entstehen lassen. Bücher wie Steppenwolf sind für mich im Vergleich banal. Dokumentation von etwas, was es schon gibt.

    Für mich ist es letztendlich egal, was die Entwickler von Transistor geplant hatten, so lange es meine Gedanken anregt und das Gameplay Spaß macht. Zumindest haben sie mich irgendwie dazu gebracht diesen Artikel zu schreiben. Er handelt zwar weniger, um ihr Spiel als viel mehr um mich und meine – kleine - Reise dahin. Waschmaschinentest vs. Reisebericht, so haben von mir geschätzte Podcaster, in ihrem ersten Radioauftritt die Kontroverse des Game-Journalismus treffend beschrieben. Ich meine, wir brauchen mehr Reiseberichte, um unseren Kritikern zu zeigen, dass Spiele nicht nur Zeitverschwendung sind.



    Feedback-Schleife erwünscht,
    Euer Noerddoktor

Kommentare

Um einen Kommentar zu schreiben, melde dich einfach an und werde Mitglied!
Top